Bundespatentgericht, Urteil vom 15.12.2020, Az. 1 Ni 12/19

1. Senat | REWIS RS 2020, 12134

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitssache – „Kraftfahrzeugschloss“ – patentfähiger Hilfsantrag 3 – erfinderische Tätigkeit - mangelnde Patentfähigkeit des Hauptantrags, sowie der Hilfsanträge 1, 1a, 1b, 2, 2a und 2b


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 10 2009 029 041

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2020 durch die Präsidentin [X.], den [X.] Heimen, den [X.] Dipl.-Phys. Univ. Dr.-Ing. [X.], den [X.] [X.] und den [X.] Dipl.-Ing. Univ. Sexlinger

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 10 2009 029 041 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des [X.] trägt die Klägerin zu 1/3, die Beklagte zu 2/3.

II[X.] Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Mit ihrer Klage vom 30. November 2018 begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des Patents [X.] 2009 029 041 mit der Bezeichnung "[X.]fahrzeugschloss", das am 31. August 2009 angemeldet und dessen Erteilung am 24. August 2017 veröffentlicht wurde (Streitpatent). Das Streitpatent, dessen eingetragene Inhaberin die Beklagte ist, ist in [X.] und umfasst in der erteilten Fassung zehn Ansprüche, den Patentanspruch 1 und die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 sowie den Verwendungsanspruch 10.

2

Der Patentanspruch 1 gemäß Streitpatentschrift hat folgenden Wortlaut:

3

Schloss für ein [X.]fahrzeug, mit einem Gesperre umfassend eine [X.] (1) mit einer [X.] und einer [X.], und umfassend eine Sperrklinke (6) für das Verrasten der [X.] (1) in der [X.] und in der [X.], wobei

4

die Sperrklinke (6) in der [X.]position ein schließendes Moment aufweist, und wobei

5

die Kontur der Sperrklinke (6) so beschaffen ist, dass in der [X.]position die Sperrklinke (6) ein öffnendes Moment aufweist,

6

dadurch gekennzeichnet, dass

7

die Sperrklinke (6) einen ersten Konturbereich (9) für die [X.] und einen davon abweichenden Konturbereich (10a, 10b) für die [X.] aufweist.

8

Wegen des Wortlauts der zumindest mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

9

Der Patentanspruch 10 gemäß Streitpatentschrift hat folgenden Wortlaut:

Verwendung eines Schlosses gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche als [X.]fahrzeugschloss.

Die Klägerin hat zunächst die Nichtigkeit im Umfang der der Patentansprüche 1, 7, 8 und 9 geltend gemacht. Mit [X.] vom 21. September 2020, eingegangen per Fax am selben Tag, greift sie das Streitpatent nunmehr in vollem Umfang an. Die Beklagte hat der Nichtigkeitsklage widersprochen und verteidigt das Streitpatent in geltender Fassung, hilfsweise in der Fassung der [X.] bis 3b, eingereicht mit Schriftsatz vom 18. September 2020 bzw. 20. November 2020.

Der Patentanspruch 1 wird vom Senat wie folgt gegliedert (die hilfsweise hinzugefügten bzw. abgeänderten Merkmale sind entsprechend den jeweiligen Hilfsanträgen gekennzeichnet):

M0 Schloss für ein [X.]fahrzeug, mit

M1 einem Gesperre umfassend

M1.1 eine [X.] (1)

[X.] mit einer [X.] und

M1.1b einer [X.],

[X.] und umfassend eine Sperrklinke (6)

[X.].1 für das Verrasten der [X.] (1) in der [X.] und in der [X.], wobei

[X.].1a die Sperrklinke (6) in der [X.]position ein schließendes Moment aufweist, und wobei

[X.].1a

[X.].1b die Kontur der Sperrklinke (6) so beschaffen ist, dass in der [X.]position die Sperrklinke (6) ein öffnendes Moment aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.].2a die Sperrklinke (6) einen ersten Konturbereich (9) für die [X.] und

[X.].2b einen davon abweichenden Konturbereich (10a, 10b) für die [X.] aufweist,

M1.3

M1.3.1b

M1.3.1a

M1.3.1a

[X.].3

M1.4

M1.4.1

M1.4.2

Wegen des genauen Wortlauts des Patentanspruchs 1 und der darauf rückbezogenen Patentansprüche sowie des Verwendungsanspruchs in den jeweiligen Hilfsanträgen wird auf die von der Beklagten eingereichten Anspruchsätze verwiesen.

Die Klägerin stützt ihre Klage auf den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit, § 81 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 1 bis 5 [X.] Sie hält den Gegenstand gemäß Streitpatent für nicht neu und auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend. Hinsichtlich der hilfsweise verteidigten Fassungen beruft sie sich auch auf den [X.] der unzulässigen Erweiterung, § 81 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.] Die Klägerin stützt ihren Vortrag u.a. auf die folgenden Druckschriften und Unterlagen:

NKL2   

[X.] 2007 045 228 [X.],

NKL3   

[X.]3 55 576 [X.],

[X.]   

[X.] 2007 003 948 [X.],

[X.]   

[X.] 2009 021 297 [X.],

[X.]   

Aktenbestandteil der Patentanmeldung [X.] 2006 055 438.8,

[X.]   

Aktenbestandteil der internationalen Patentanmeldung PCT/[X.]2007/001974, hier Prioritätsbescheinigung des [X.] über die Einreichung der Patentanmeldung [X.] 2006 055 438.8,

[X.]   

[X.] 2008 061 524 [X.],

[X.]   

[X.] 39 05 504 [X.].

Die Klägerin vertritt hinsichtlich der Patentfähigkeit des Gegenstands des erteilten Patentanspruchs 1 die Auffassung, dass dieser jeweils neuheitsschädlich durch die den Druckschriften bzw. Unterlagen [X.], [X.], [X.], [X.] oder [X.] entnehmbare Lehre vorweggenommen sei. Dies gelte auch für die Gegenstände nach den Unteransprüchen sowie für den Verwendungsanspruch. Diese seien ebenfalls neuheitsschädlich getroffen, zumindest beruhten diese nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In diesem Zusammenhang gehörten insbesondere auch die Anmeldeunterlagen der unveröffentlichten Patentanmeldung 10 2006 055 438.8 (Dokument [X.]) zum neuheitsschädlichen Stand der Technik. Denn unstreitig gehörten diese, deren Priorität von der am 29. Mai 2008 als Druckschrift [X.] veröffentlichten [X.] Patentanmeldung 10 2007 003 948.6 in Anspruch genommen werde, zu deren Anmeldeunterlagen. Die Klägerin vertritt dazu die Ansicht, dass durch die Möglichkeit der Akteneinsicht beim [X.] in die Anmeldeunterlagen der Patentanmeldung 10 2007 003 948.6 das im Übrigen nicht offengelegte Dokument [X.] zum vorveröffentlichten Stand der Technik gehöre. Außerdem habe zu diesem Dokument als Dokument [X.] über die [X.]/[X.]2007/001974 eine Möglichkeit zur Akteneinsicht und damit Kenntnisnahme durch die Öffentlichkeit bestanden. Dem Dokument [X.] sei nach der Klägerin ein Schloss (Schlosseinheit) 2 für ein [X.]fahrzeug zu entnehmen, das ein Gesperre mit einer [X.] und einer einzigen Sperrklinke 5 umfasse. Die [X.] weise dabei eine [X.] (Figur 1) und eine [X.] (Figur 5) auf, wobei die Sperrklinke 5 die Funktion des Verrastens der [X.] in der [X.] und in der [X.] sicherstelle. Ferner sei die Kontur der Sperrklinke 5 so beschaffen, dass diese ein öffnendes Moment in der [X.]position (vgl. Erläuterung zu Figur 1) aufweise. In der [X.]position sei die Sperrklinke 5 mit einem schließenden Moment ausgestattet, wie sich aus Figur 5 ergebe. Schließlich zeige die Zusammenschau, dass die Sperrklinke in Vor- und [X.] zwei unterschiedliche Konturbereiche im Sinne der streitpatentgemäßen Lehre aufweise, ihr seien somit sämtliche Merkmale des streitpatentgemäßen Gegenstandes zu entnehmen.

Jedenfalls fehle es an erfinderischer Tätigkeit, da der zuständige Fachmann ausgehend von der Druckschrift [X.] oder dem Dokument [X.] allein aufgrund routinemäßiger Überlegungen zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatentes gelange.

Hinsichtlich der Hilfsanträge ist die Klägerin der Auffassung, dass diese teilweise wegen unzulässiger Erweiterung nicht zulässig seien. Sie seien jedenfalls aber nicht patentfähig, weil die aufgenommenen Merkmale nicht neu seien, zumindest aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

Der Hilfsantrag 1 sei nach Auffassung der Klägerin unzulässig erweitert, weil hinsichtlich des Merkmals M1.3.1a

Auch der Gegenstand nach Hilfsantrag 2 sei nicht patentfähig, denn die Druckschrift [X.] leite den Fachmann bereits an, das schließende Moment über die [X.]position umzusetzen. Nach Auffassung der Klägerin handele es sich dabei auch um ein fachübliches Vorgehen.

Hinsichtlich des Gegenstandes nach Hilfsantrag 3 vertritt die Klägerin die Auffassung, dieser sei gegenüber der Lehre der Druckschrift [X.] in Verbindung mit dem aus der Druckschrift [X.] bekannten Betätigungselement 6 nicht erfinderisch. Auch dieses weise einen Arm 9 für das Ausheben des [X.] auf. Zudem beinhalte es einen Arm mit einer Aussparung für den Zapfen der dortigen Sperrklinke und einen Arm 14 zum Betätigen. Der [X.] nach der Druckschrift [X.] entspreche dem Blockadehebel nach der Druckschrift [X.], so dass der Fachmann lediglich die bekannte Anordnung übertragen müsse; die Verwendung dreiarmiger Hebel in der Betätigungsmechanik entspreche dabei dem Fachkönnen.

Die Hilfsanträge mit dem Zusatz "a" seien gegenüber den unmittelbar vorrangigen Hilfsanträgen nicht eingeschränkt und deshalb ebenfalls nicht patentfähig.

Die Hilfsanträge mit dem Zusatz "b" seien bereits unzulässig, weil sich der [X.] die Orientierung der Drehrichtung nicht entnehmen lasse. Im Übrigen sei das jeweils neu hinzugefügte Merkmal durch die Druckschriften [X.] und [X.] vorweggenommen.

Die Klägerin beantragt,

das Patent [X.] 2009 029 041 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der [X.], 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 3, 3a oder 3b, eingereicht mit Schriftsatz vom 18. September 2020 bzw. mit Schriftsatz vom 20. November 2020 erhält.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und verteidigt die angegriffenen Patentansprüche in der erteilten Fassung. Sie ist der Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Sie beruft sich dazu u.a. auf die folgenden Druckschriften und Unterlagen:

D1    

Amtsblatt der Europäischen Union L. 120/1 vom [X.] – "Regelung Nr. 11 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa ([X.]/[X.]) – Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der [X.]fahrzeuge hinsichtlich der Türverschlüsse und Türaufhängungen" ([X.]/[X.]/[X.]/343),

D2    

Richtlinie 70/387/EWG des Rates vom 27. Juli 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Türen von [X.]fahrzeugen und [X.]fahrzeuganhängern,

D3    

Registerauszug zu [X.] 2009 021 297.3 vom 14. Februar 2019,

D4    

Aktenauszug aus der Patentanmeldungsakte zu [X.] 2007 003 948.6, hier: Antragsformular für die Erteilung eines Patents,

D5    

Auszug aus [X.] 100. Jg / 19 – Seite 418,

D6    

Titelblatt zu WO 2008/061491 [X.],

D7    

Auszug [X.] / PCT "Akteneinsicht beim Internationalen Büro (1) u. (2)",

D8    

kolorierte Figuren 1 und 5 aus [X.].

Sie ist der Auffassung, dass die Patentanmeldung [X.] 2006 055 438.8 ([X.]) bei der Prüfung der Patentfähigkeit nicht berücksichtigt werden dürfe, da sie nicht zum Stand der Technik gehöre. Aufgrund der Inanspruchnahme der inneren Priorität durch die Patentanmeldung 10 2007 003 948.6 ([X.]) gelte sie vor der [X.] als zurückgenommen und unterliege demnach auch nicht der Akteneinsicht. Nur im Fall einer tatsächlichen Akteneinsicht in die [X.] 10 2007 003 948.6 ([X.]) gelange das Dokument [X.] zur Kenntnis und gehöre dann zum Stand der Technik. Dies sei hier vor dem Zeitrang des Streitpatents aber nicht geschehen. Die Akteneinsicht sei, wenn überhaupt, erst nach der Anmeldung des Streitpatentes erfolgt.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, keine der entgegengehaltenen Druckschriften sei neuheitsschädlich. Die Druckschrift [X.] zeige bereits nicht die Verwendung einer einzigen Sperrklinke. Auch weise der Gegenstand der Druckschrift [X.] keine unterschiedlichen Konturbereiche für die [X.] und die [X.] auf. Der nachveröffentlichten Druckschrift [X.] fehle jedenfalls das öffnende Moment des streitpatentgemäßen Gegenstandes, da sie eine selbsthemmende Anordnung zeige. Auch von dem Inhalt des Dokuments [X.] werde der Gegenstand nicht vorweggenommen oder nahegelegt, da dort die [X.] in der [X.] kein schließendes, sondern im verriegelten Zustand stets ein öffnendes Moment auf die Sperrklinke übertrage und die unterschiedlichen Konturbereiche fehlten.

Die Beklagte führt zur erfinderischen Tätigkeit weiter aus, keine der vorgetragenen Kombinationen führe in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents, denn der Stand der Technik zeige bevorzugt mehrteilige Sperrklinken. Es werde dem Fachmann somit keine Anregung gegeben, eine einteilige, streitpatentgemäße Anordnung vorzusehen. Insbesondere eine Kombination der Druckschrift [X.] (mit zwei [X.]) mit der Druckschrift [X.] (mit nur einer Gesperre-Ebene) liege für den Fachmann fern, da es sich um technologisch unterschiedliche Ansätze handele.

Die Beklagte vertritt ferner die Auffassung, sämtliche Hilfsanträge seien zulässig, insbesondere sei ihr jeweiliger Gegenstand ursprünglich offenbart worden. Gemäß Hilfsantrag 1 werde klargestellt, dass der Blockadehebel in der [X.]stellung nicht benötigt werde, um die Sperrklinke zu blockieren. Der Fachmann werde andere, nicht streitpatentgemäße Möglichkeiten, etwa eine Feder, wählen, um die Sperrklinke an der [X.] zu halten. Der Hilfsantrag 2 konkretisiere die streitpatentmäßige Geometrie des [X.], im Stand der Technik gebe es kein naheliegendes Vorbild ohne eine weitere Gesperre-Ebene. Mit Hilfsantrag 3 werde das Betätigungselement 12 als dreiarmig konkretisiert. Hinweise auf dieses Merkmal fehlten im Stand der Technik, es sei auch nicht nahegelegt. Das dem Dokument [X.] entnehmbare Gesperre benötige keinen dreiarmigen Hebel, bei der Druckschrift [X.] stehe die Anordnung mit zwei [X.] dem entgegen.

Die Hilfsanträge mit dem Zusatz "a" trügen der von der Klägerin behaupteten "unzulässigen Erweiterung" in Bezug auf Merkmal M1.3.1a

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet, soweit mit ihr hinsichtlich der erteilten Fassung und der [X.], 1a, 1b, 2, 2a und 2b der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gemäß §81 i.V.m., §21 Abs. 1 Nr.1, 22, §§ 1 bis 5 [X.] geltend gemacht wird. Demgegenüber erweist sich der [X.] in der Fassung des [X.] als ursprünglich offenbart sowie patentfähig, so dass das Streitpatent teilweise für nichtig zu erklären ist, soweit es über diese Fassung hinausgeht.

I.

1. Zum Gegenstand des Streitpatents

Die Erfindung betrifft gemäß dem Absatz [0001] der Streitpatentschrift, im folgenden [X.] genannt, ein Schloss für ein Kraftfahrzeug.

Ein Schloss für ein Kraftfahrzeug umfasse ein [X.] mit einer drehbar gelagerten [X.] für die Aufnahme eines Schließbolzens, wobei das [X.] wiederum eine Sperrklinke aufweise, mit der die [X.] verrastet werden könne.

Die [X.] eines Kraftfahrzeugschlosses verfüge üblicherweise über einen gabelförmigen Einlaufschlitz, in den der Schließbolzen einer Fahrzeugtür oder Klappe, beispielsweise Motorhaube oder Kofferraumklappe, gelange, wenn die Tür/Klappe geschlossen werde. Der Schließbolzen verdrehe dann die [X.] von einer Öffnungsstellung in eine Schließstellung. Habe die [X.] die Schließstellung erreicht, so werde sie in dieser Position über die Sperrklinke verrastet. Der Schließbolzen könne dann den Einlaufschlitz der [X.] nicht mehr verlassen. Diese Raststellung werde [X.] genannt (vgl. Absätze [0002] und [0003] der [X.]).

Es gebe auch Kraftfahrzeugschlösser mit einer zweiten Verrastungsposition, nämlich die so genannte [X.]. Die [X.] diene dazu, die entsprechende Tür oder Klappe abzufangen, wenn diese beim Schließen die [X.] nicht erreiche. In der [X.]stellung sei die [X.] folglich nicht vollständig geschlossen, jedoch werde eine Öffnungsbewegung der [X.] durch eine Sperrklinke bereits verhindert. Darum werde auch der Bereich der [X.], der die Sperrklinke in dieser Position aufnimmt, als [X.] bezeichnet. In der [X.] schließlich sei die [X.] vollständig geschlossen. Die [X.] stelle also einen Übergangszustand zwischen geöffnetem und geschlossenem Zustand dar und werde aus Sicherheitsgründen vorgesehen. Gleichzeitig sei es jedoch aus Gründen der Bedienerfreundlichkeit erwünscht, dass sich das Schloss aus der [X.] mit möglichst kleinem Kraftaufwand öffnen lasse. Hiervon dürfe jedoch die Sicherheit und Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden (vgl. Absätze [0004] und [0005] der [X.]).

Herkömmliche [X.] von Schlössern für Kraftfahrzeuge seien konstruktiv so ausgelegt, dass über die Verrastung ein schließendes Moment erzeugt werde, das mit Hilfe der Betätigungseinrichtung zum Öffnen des [X.]s überwunden werden müsse. Dabei sei unter einem "schließendes Moment" gemeint, dass die Sperrklinke nicht aufgrund eines durch die [X.] ausgeübten Drucks aus ihrer Raststellung heraus gedrängt werden könne. Bevorzugt übertrage ein Druck der [X.] ein solches Drehmoment auf die Sperrklinke, so dass die Sperrklinke in ihre Rastposition hineingezogen bzw. hineingedrängt werde (vgl. Absätze [0006] und [0007] der [X.]).

Gemäß Absatz [0014] der [X.] sei es daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein mit geringem Kraftaufwand zu öffnendes Schloss bereitzustellen, bei dem in einfacher Weise die Position [X.] auf der gleichen [X.]-Ebene wie die Position [X.] sicher bereitgestellt werden könne.

2. Zum Fachmann

Als Fachmann ist für das Verständnis des Streitgegenstandes sowie bei der nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik von einem Durchschnittsfachmann auszugehen, der als Hochschulingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik ausgebildet ist und der sich bei einem Fahrzeughersteller oder Zulieferer mit der Entwicklung und Konstruktion von Kraftfahrzeugschlössern befasst und auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung verfügt.

II. Zur erteilten Fassung

Der [X.] in der erteilten Fassung erweist sich gegenüber der [X.] als nicht neu im Sinne des § 3 [X.] und daher als nicht patentfähig, so dass insoweit der [X.] des § 81 [X.] i.V.m. §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 22 [X.] gegeben ist.

1. Zur Auslegung

Zur Ermittlung der technischen Lehre, die sich aus Sicht des hier maßgeblichen Fachmanns ergibt, ist der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, unter Heranziehung der den Patentanspruch erläuternden Beschreibung und Zeichnungen durch Auslegung zu ermitteln (vgl. [X.], 410 – Kettenradanordnung). Dies darf allerdings weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen ([X.]Z 160, 204, 209; GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).

Allein aus Ausführungsbeispielen darf nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, als es dessen Wortlaut für sich genommen nahelegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll ([X.], 779 – Mehrgangnabe). Begriffe in den Patentansprüchen sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift und unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln versteht (st. Rspr., vgl. [X.], 845 – Drehzahlermittlung; [X.], 311 – Baumscheibenabdeckung; [X.], 858 – [X.]). Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe somit gleichsam ihr eigenes Lexikon dar ([X.], 909 – Spannschraube).

Danach betrifft der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung gemäß Merkmal [X.] ein Schloss, das für den Einsatz in einem Kraftfahrzeug geeignet ist. Dieses Schloss beinhaltet ein [X.] (Merkmal [X.]), welches wiederum gemäß Merkmal [X.].1 eine [X.] umfasst.

Ein solche [X.] ist im fachüblichen Sinn ein um eine Achse drehbares Bauteil, welches sich zwischen einer Öffnungsstellung und einer Schließstellung verdrehen lässt. Dabei ist die [X.], zur Gewährleistung einer "Fallenfunktion" – wiederum fachüblich – mit einem in ihre Öffnungsrichtung wirkenden Moment beaufschlagt, so dass sie bestrebt ist, sich selbständig von der Schließstellung in die Öffnungsstellung zu verdrehen. Um trotz dieses wirkenden Moments ein sicheres Verschließen in der Schließstellung zu gewährleisten, ist die [X.] deshalb in ihrer Schließstellung verrastet, worauf auch die für die Schließstellung verwendete Bezeichnung "Hautrastposition" hindeutet.

Darüber hinaus ist zwischen der [X.] und der Schließstellung der [X.] eine mit dem Begriff "Vorrastposition" bezeichnete Zwischenstellung vorgesehen, in der die [X.] ebenfalls Verrasten kann. Eine solche [X.] dient etwa dazu, die entsprechende Tür oder Klappe beim Schließvorgang abzufangen, wenn diese die [X.] nicht erreicht (vgl. Absätze [0004] und [0005] der [X.]).

Zur Bewirkung der jeweiligen Verrastung der [X.] in der [X.]- und [X.] umfasst das [X.] gemäß den Merkmalen [X.] und [X.].1 eine Sperrklinke, die dazu gemäß den Merkmalen [X.] und [X.] mit einer auf der [X.] vorgesehenen "[X.]", im Sinne einer an dieser vorgesehenen [X.]kontur, bzw. "[X.]", im Sinne einer an dieser vorgesehenen [X.]kontur, verrastet.

Der in Merkmal [X.] verwendete Begriff "eine Sperrklinke" ist im Gesamtkontext des Streitpatents hierbei im Sinne einer numerischen Anzahl, also als "eine einzige Sperrklinke" auszulegen. So weist Absatz [0016] der [X.] bereits darauf hin, dass die Erfindung u.a. darin bestehe, dass im Unterschied zur Lehre der Druckschrift [X.] gerade nur eine einzige Sperrklinke für die [X.]- und [X.] verwendet werde. Dies wird so auch im letzten Satz des Absatzes [0018] der [X.] aufgegriffen, in dem ausgeführt ist, dass eine zweite Sperrklinke für die [X.] nicht benötigt wird. Trotz dieser Beschränkung auf nur eine einzige Sperrklinke schließt dieses Verständnis allerdings weitere Bauteile innerhalb des Schlosses, wie etwa einen Blockadehebel, nicht aus, sofern durch diese weiteren Bauteile zumindest nicht unmittelbar die Verrastung der [X.] in der [X.] oder [X.] bewirkt wird.

Gemäß dem Wortlaut des Merkmals [X.].1a weist die Sperrklinke in der [X.] ein "schließendes Moment" auf. Dies bedeutet unter Berücksichtigung der Ausführungen in Absatz [0007] der [X.], dass die Sperrklinke nicht aufgrund eines durch die [X.] ausgeübten Drucks aus ihrer Raststellung heraus gedrängt werden kann. Hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass die [X.] bzw. das Zusammenwirken der Konturen von [X.] und Sperrklinke auch das schließende Moment bedingt. Zwar wird im [X.] an die Definition des Begriffs "schließendes Moment" (Satz 2 des Absatzes [0007] der [X.]) als bevorzugt dargelegt, dass, wenn ein Druck der [X.] ein solches Drehmoment auf die Sperrklinke überträgt, die Sperrklinke in ihre Rastposition hineingezogen bzw. hineingedrängt wird, ebenso wie das in [X.]. 2 und [X.]. 5 dargestellte und in den Absätzen [0043] und [0048] der [X.] beschriebene Ausführungsbeispiel eine solche Wirkungsweise zeigt. Allerdings darf hieraus nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, denn dieses vorgenannte Ausführungsbeispiel zeigt die Lehre des Hauptanspruchs bloß exemplarisch auf. Insofern gibt der geltende Patentanspruch 1 nicht vor, dass das "schließende Moment" der Sperrklinke in der [X.] durch ein formschlüssiges Verrasten eines [X.]es der Sperrklinke mit einem dazu korrespondierenden Korrekturbereich der [X.] bewirkt werden muss. Vielmehr lässt er offen wodurch das "schließende Moment" der Sperrklinke bewirkt wird.

Das Merkmal [X.].2a bewirkt diesbezüglich ebenfalls keine Beschränkung. Zwar schreibt dieses Merkmal vor, dass ein erster vorbestimmter [X.] auf der Sperrklinke vorgesehen ist, der in der [X.] mit dem korrespondierenden [X.] der [X.], der [X.], in Kontakt tritt. Allerdings lässt es auch dieses Merkmal darüber hinaus offen, ob das "schließende Moment" gerade aus dem Zusammenspiel der Konturen der vorgegebenen Sperrklinke und der [X.] bzw. speziell der [X.] resultiert oder anderweitig bewirkt wird.

In der [X.] der [X.] weist die Sperrklinke gemäß Merkmal [X.].1b ein "öffnendes Moment" auf. Im wörtlichen Gegensatz zu dem vorstehend erläuterten Begriff "schließendes Moment" bewirkt das "öffnende Moment" in der [X.], dass die Sperrklinke aufgrund eines durch die [X.] ausgeübten Drucks aus ihrer Raststellung [X.] wird. Dem weiteren Wortlaut des Merkmals [X.].1b folgend - und insoweit konkretisierender als zuvor für die [X.] -, ist die Kontur der Sperrklinke hierfür so beschaffen, dass diese in der [X.] das "öffnende Moment" aufweist. In der [X.] besitzt die Kontur der Sperrklinke im Kontaktbereich mit der [X.] somit eine Form, die geeignet ist, im Zusammenspiel mit der korrespondierenden Gegenkontur der [X.], der [X.], dieses "öffnende Moment" zu bewirken.

Gemäß Merkmal 1.2.2b weist die Sperrklinke hierzu einen [X.] auf, der von dem ersten [X.] (Merkmal [X.].2a) abweicht. Die beiden [X.]e der Sperrklinke sind demnach in ihrer Ausgestaltung der [X.] und der [X.] der [X.] in den jeweiligen Positionen zuzuordnen und unterschiedlich auf der Gesamtkontur der Sperrklinke verortet.

Obwohl die Sperrklinke in der [X.] ein "öffnendes Moment" aufweist, sie also bestrebt ist, bei Druck durch die [X.] aus der [X.] [X.] zu werden, soll sie trotzdem gemäß Merkmal [X.].1 das Verrasten der [X.] in der [X.] bewirken. Dies suggeriert dem Fachmann zwingend eine weitergehende Vorrichtung oder ein Bauteil, das die Sperrklinke in der [X.] trotz ihres "öffnenden Moments" hält, denn anderweitig wäre ihre geforderte [X.] nicht gewährleistet. Im zugehörigen Ausführungsbeispiel ist dies exemplarisch etwa der [X.], ohne dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 jedoch auf einen solchen beschränkt ist.

2. Zur Patentfähigkeit

2.1 Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des [X.] der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Der [X.] ist dabei kein anderer als er auch sonst im Patentrecht zugrunde gelegt wird. Offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen [X.] bedarf, sondern "mitgelesen" wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der [X.] durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt (vgl. [X.], 382-388, [X.]; [X.], 330-333, Elektrische Steckverbindung).

Auch das Dokument [X.] zählt zum maßgeblichen Stand der Technik. Denn es unterlag als Prioritätsdokument gemäß §§ 40 Abs. 6, 31 Abs. 2 [X.] zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents dem allgemeinen Akteneinsichtsrecht (vgl. [X.], Urteil vom 29.02.2000, [X.]. [X.]; so auch [X.], Urteil vom 19.12.2019, [X.] 4a O 69/18, [X.] 2019, 37383). Ob darüber hinaus auch die Prioritätsbescheinigung der [X.] 2006 055 438.8 für die internationale Anmeldung PCT/[X.]/001974 vorveröffentlicht wurde, kann deshalb dahinstehen.

Dem Dokument [X.] ist ein Schloss ([X.]) 2 für ein Kraftfahrzeug 3 zu entnehmen, das ein [X.] mit einer [X.] 4 und einer einzigen Sperrklinke 5 umfasst. Die [X.] 4 weist dabei eine [X.] 18 und eine [X.] 17 (vgl. [X.]uren 1 und 5) auf, wobei die Sperrklinke 5 die Funktion des Verrastens der [X.] 4 in der [X.] 18 und in der [X.] 17 sicherstellt.

Aus dem Dokument [X.] gehen somit die Merkmale [X.], [X.], [X.].1, [X.], [X.] [X.] und [X.].1 hervor.

Abbildung Abbildung

[X.]ur 1 des Dokuments [X.] ([X.]) [X.]ur 5 des Dokuments [X.] ([X.])

Darüber hinaus weist die Sperrklinke 5 einen Kontaktbereich (Kontaktpunkt bzw. -fläche) 8 auf, der so beschaffen ist, dass in der [X.] die Sperrklinke 5 durch einen von der [X.] 4 auf diesen Kontaktbereich 8 ausgeübten Druck automatisch in eine geöffnete Stellung bewegt wird (vgl. Seite 8, Zeilen 7 bis 24). Daher ist die Kontur der Sperrklinke 5 so beschaffen, dass in der [X.] die Sperrklinke 5 ein öffnendes Moment aufweist. Das Merkmal [X.].1b ist aus diesem Grund ebenfalls vorbekannt.

In der [X.] wird die Sperrklinke 5 trotz ihres "öffnenden Moments" jedoch an einer Schwenkbewegung gehindert. Dies wird durch einen diese Schwenkbewegung in der [X.] blockierenden [X.] realisiert. Um dennoch – etwa bei Öffnung des Türschlosses – eine Schwenkbewegung der Sperrklinke 5 zu ermöglichen, ist der [X.] aktiv zu bedienen (vgl. Seite 8, Zeile 26 bis Seite 9, Zeile 13).

Allerdings ist die Funktion des [X.]s 12 nicht allein auf diese Blockadefunktion in der [X.] beschränkt. Vielmehr übt der [X.] darüber hinaus in der [X.] eine [X.] der Sperrklinke 5 in Richtung der [X.] 4 aus (vgl. Seite 10, Zeilen 4 bis 15), so dass in dieser Position die entsprechende Kontur der Sperrklinke 5 mit einer Ausnehmung der [X.] 4, die für die [X.] 17 vorgesehen ist, zusammenwirkt bzw. – so wörtlich – in diese eingreift. Dieses Zusammenwirken bzw. Eingreifen muss dabei zwingend derart ausgestaltet sein, dass ein durch die [X.] 4 auf die Sperrklinke 5 ausgeübter Druck kein Herausdrängen der Sperrklinke 5 aus der [X.] 17 mehr bewirken kann, denn ansonsten wäre eine Verrastung im Sinne der fachüblichen Funktion der [X.] eines Schlosses nicht gegeben. So muss die Verrastung in der [X.] auch bei großen, in Öffnungsrichtung der [X.] auf diese wirkenden Kräfte, diesen Kräften standhalten können. Beispielsweise darf in diesem Zusammenhang etwa eine in der [X.] verrastete [X.] nicht mehr allein durch ein manuelles Ziehen an dieser Tür wieder geöffnet werden können.

Soweit die Beklagte mit Verweis auf die Patentansprüche 7 und 8 darlegt, dass das Dokument [X.] lehre, dass die Sperrklinke 5 immer und somit auch in der [X.] ein "öffnendes Moment" aufweise und die notwendige Verrastung in der [X.] ebenfalls durch einen entsprechenden Eingriff des [X.]s 12 realisiert werde – vergleichbar mit dessen Eingriff in der [X.] –, kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Denn die in den Patentansprüchen 7 und 8 des Dokuments [X.] beschriebenen Verfahrensschritte zielen ausschließlich auf die [X.] der [X.] 2. So wird in Patentanspruch 7 ein Verfahren beansprucht, das zur Betätigung einer [X.] eines Kraftfahrzeugs dient, bei dem die Sperrklinke in einem "verriegelten Zustand" mit der [X.] zusammenwirkt. Der Begriff "verriegelter Zustand" ist jedoch ausschließlich mit der [X.] der [X.] gleichzusetzen und umfasst nicht auch die [X.] der [X.]. Dies belegen etwa die [X.]urenbeschreibungen zu den [X.]uren 1 und 5. So zeigt die [X.]ur 1 die [X.] 2 in der [X.]; die zugehörige [X.]urenbeschreibung (Seite 7, Zeile 16 bzw. Seite 7, Zeile 29) bezeichnet dies als den "verriegelten Zustand", während die [X.]urenbeschreibung der [X.] zu [X.]ur 5 (Seite 7, Zeile 25) explizit von dem Zustand der [X.] spricht. Diese Auslegung wird auch von dem auf den Patentanspruch 7 rückbezogenen Patentanspruch 8 gestützt, der explizit die [X.] 16 in diesem Zusammenhang heraushebt.

Darüber hinaus ist eine Blockade der Sperrklinke 5 durch den [X.] in der [X.] dem Dokument [X.] nicht explizit zu entnehmen. Eine solche Blockade ist auch für den Fachmann weder zwingend noch nahegelegt. Vielmehr schließt sie sich grundsätzlich aus. Denn wird unterstellt, dass in der [X.] der [X.] mit der zugehörigen "Nase" der Sperrklinke 5 – etwa in zeitlicher Fortführung des in [X.]ur 5 dargestellten Zustands und vergleichbar zu dem Kontakt in der [X.] (vgl. [X.]ur 1) – in Kontakt tritt und so eine Schwenkbewegung der Sperrklinke 5 von der [X.] weg blockiert, so wäre zwar – zielführend – ein Verrasten in der [X.] in Öffnungsrichtung der [X.] 4 gegeben. Allerdings würde diese Verrastung bzw. Blockade auch eine Drehung der [X.] 4 von der [X.] in die [X.] unterbinden, denn die [X.] 18 der [X.] 4 würde bei dieser Bewegung mit der "Nase" der dann blockierten Sperrklinke 5 in Kontakt treten und diese Bewegung verhindern (vgl. [X.]ur 5). Ein fachübliches Verbringen der [X.] von der [X.] in die [X.] – etwa durch ein Zudrücken der Tür – wäre dann nicht mehr möglich.

Somit weist die Sperrklinke 5 in der [X.] zwingend ein "schließendes Moment" auf. Auch das Merkmal [X.].1a ist daher aus dem Dokument [X.] vorbekannt.

Nach der [X.]ur 5 liegt die [X.] 17 der [X.] 4 in der [X.] an der äußeren Kontur der Sperrklinke 5 im Kontaktpunkt 8 an, so dass die Sperrklinke 4 gemäß Merkmal [X.].2a mit diesem Kontaktpunkt 8 einen ersten [X.] für die [X.] 17 aufweist.

Die [X.]ur 1 offenbart einen weiteren Kontaktpunkt, an dem in der [X.] die Sperrklinke 4 mit der [X.] 18 der [X.] 4 kontaktiert. Dieser ist in der [X.]ur 1 ebenfalls mit dem Bezugszeichen 8 versehen, wobei es sich nicht nur um einen singulären Punkt, sondern im Wesentlichen auch um einen kleinen Bereich bzw. eine kleine Fläche handeln kann (vgl. Seite 8, Zeilen 10 bis 15). Im Vergleich der beiden [X.]uren ist – aufgrund der eingezeichneten Positionen der Kontaktpunkte wie auch aufgrund der Lage der jeweiligen Sperrklinke und der [X.] zueinander – unmittelbar erkennbar, dass diese beiden durch die Kontaktpunkte vorgegebenen [X.]e voneinander beabstandet sind und somit im Sinne der vorstehenden Auslegung voneinander abweichen. Somit geht auch das Merkmal [X.].2b aus dem Dokument [X.] hervor.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist in seiner Gesamtheit daher vollständig aus dem Dokument NKL 6 vorbekannt.

2.2 Einer Beurteilung der weiteren Ansprüche in der erteilten Fassung bedarf es nicht, zumal die Beklagte mit der Stellung von [X.] zu erkennen gegeben hat, diese weiteren Ansprüche nicht selbstständig zu verteidigen. Auch im Übrigen hat die Beklagte nicht geltend gemacht – noch ist ersichtlich –, dass die Ausgestaltungen nach den [X.] oder dem Nebenanspruch (Anspruch 10) zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit führen könnten ([X.] GRUR 2012, 149 – Sensoranordnung; [X.], 862 – [X.]; [X.] GRUR 2017, 57 – Datengenerator).

III. Zu den Hilfsanträgen

1. Fassung nach dem Hilfsantrag 1

Der [X.] gemäß Hilfsantrag 1 ist aus denselben Gründen wie der [X.] in der erteilten Fassung nicht schutzfähig.

1.1 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 weist gegenüber dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung die folgenden weiteren zusätzlichen Merkmale auf:

[X.].3

[X.].3.1b

[X.].3.1a

Neben den in den Merkmalen [X.].1 und [X.] definierten [X.] und Sperrklinke umfasst das [X.] nach Merkmal [X.] nun gemäß Merkmal [X.].3

Ob über das Merkmal [X.].3.1b

Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Sperrklinke in der [X.] nicht durch andere Bauteile als den Blockadehebel an einem Herausschwenken blockiert werden kann oder dass der Blockadehebel in der [X.] anderweitig mit der Sperrklinke zusammenwirkt, sofern er sie nur nicht in Öffnungsrichtung am Herausschwenken "blockiert".

1.2 Die Merkmale [X.].3

Das Merkmal [X.].3.1a

Soweit die Klägerin in Merkmal [X.].3.1a

1.3 Der Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 ist ebenfalls gegenüber der [X.] nicht neu im Sinne des § 3 [X.].

Wie vorstehend bereits dargelegt, umfasst die dem Dokument [X.] entnehmbare [X.] 2 einen [X.], der in der [X.] trotz des "öffnenden Moments" der Sperrklinke 5 diese an einer Schwenkbewegung hindert, in dem er diese blockiert. Der [X.] stellt daher einen Blockadehebel im Sinne der Merkmale [X.].3

Eine Blockade der Sperrklinke 5 durch den [X.] auch in der [X.] ist darüber hinaus dem Dokument [X.] nicht zu entnehmen. Vielmehr schließt sich, wie vorstehend ebenfalls bereits dargelegt, eine solche Blockade in der [X.] aus, da anderweitig eine Verdrehung der [X.] von der [X.] in die [X.], der Funktion eines [X.]schlosses zu wider, unterbunden wäre.

Aus diesem Grund ist auch das Merkmal [X.].3.1b

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 ist daher in seiner Gesamtheit durch den Inhalt des Dokuments [X.] vorweggenommen.

Einer Beurteilung der weiteren Ansprüche in der Fassung nach Hilfsantrag 1 bedarf es aus den vorstehend genannten Gründen nicht.

2. Fassung nach den Hilfsanträgen 1a und 1b

Dahinstehen kann, ob die [X.]a und 1b zulässig sind, weil jedenfalls keiner der Gegenstände des Anspruchs 1 in den jeweiligen Fassungen nach den [X.] 1a und 1b patentfähig ist.

2.1 Zum Hilfsantrag 1a

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1a weist gegenüber dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 anstelle des Merkmals [X.].3.1a

[X.].3.1a

Abweichend zu Merkmal [X.].3.1a

Ein Schloss für ein Kraftfahrzeug in einer die Merkmale nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1a aufweisenden Ausführung beruht, ausgehend von der Lehre des Dokuments [X.], jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des § 4 [X.].

Im Hinblick auf die ansonsten gleichermaßen in Kombination beanspruchten Merkmale [X.] bis [X.].2b sowie [X.].3

Wie vorstehend ausgeführt, muss in der [X.] das Zusammenwirken bzw. Eingreifen von [X.] 4 und Sperrklinke 5 dabei zwingend derart ausgestaltet sein, dass ein durch die [X.] 4 auf die Sperrklinke 5 ausgeübter Druck kein Herausdrängen der Sperrklinke 5 aus der [X.] 17 bewirken kann, da nur dann eine Verrastung im Sinne der fachüblichen Funktion der [X.] eines Schlosses gegeben ist. Eine explizite technische Umsetzung zur Realisierung dieser zwingend notwendigen Bedingung offenbart das Dokument [X.] hingegen nicht. Vielmehr überlässt es dies weitestgehend dem Belieben des Fachmanns. Allerdings gibt es ihm aber durch die Darstellung von Drehbewegungspfeilen in den [X.]uren 3 und 5 einen Hinweis, für die Sperrklinke 5 eine gegenüber dem [X.] deutlich vergrößerte Kraft oder ein deutlich vergrößertes Moment vorzusehen. Denn in Bezug auf den [X.] und dessen [X.] ist in den [X.]uren nur ein kleiner Drehbewegungspfeil eingezeichnet, während in Bezug auf die Sperrklinke ein deutlich größerer und breiterer Drehbewegungspfeil dargestellt ist.

Für den Fachmann ist es daher naheliegend, die ihm bereits in dem Dokument [X.] zur [X.] offenbarte Lehre aufzugreifen, wonach die Konturen der Sperrklinke und der [X.] im Kontaktpunkt so auszubilden sind, dass bei Druck durch die [X.] ein entsprechendes Moment auf die Sperrklinke ausgeübt wird. Er wird daher die Konturen der Sperrklinke 5 und der [X.] 4 so ausbilden, dass die [X.] 4 in der [X.] auf die Sperrklinke 5 ein "schließendes Moment" überträgt und daher der [X.] in der [X.] nicht benötigt wird, um ein Herausschwenken der Sperrklinke 5 aus der betreffenden Rastposition zu blockieren.

Das Merkmal [X.].3.1a

Soweit die Beklagte ausführt, dass es für den Fachmann ausgehend von der Lehre des Dokuments [X.] vielmehr naheläge, an der Sperrklinke 5 eine Feder, etwa eine Drehfeder, vorzusehen oder die in dem Dokument [X.] offenbarte [X.] des [X.]s 12 entsprechend zu dimensionieren, kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Denn [X.] der Feder oder die [X.] wären in diesem Fall so zu dimensionieren, dass diese im Wesentlichen eine Blockade der Sperrklinke – mit einem dann "öffnenden Moment" in der [X.] – bewirkten, um so die Verrastung im Sinne der fachüblichen Funktion der [X.] eines Schlosses zu realisieren. Dies würde aber funktionell gleichbedeutend einer Blockade durch einen Blockadehebel dann wiederum eine Verdrehung der [X.] von der [X.] in die [X.] unterbinden.

2.2 Zum Hilfsantrag 1b

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1b entspricht dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1a unter Hinzufügung des folgenden Merkmals:

[X.].3

Das Merkmal [X.].3

Dieses Merkmal ist jedoch bereits dem Dokument [X.] zu entnehmen. So weisen dort zu Beginn des Öffnungsvorgangs sowohl die [X.] 4 wie auch die Sperrklinke 5 die gleiche Drehrichtung auf. Dies ist im Besonderen durch die in [X.]ur 3 eingezeichneten Drehbewegungspfeile der [X.] 4 und der Sperrklinke 5 veranschaulicht.

Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1b dem ausgehend von dem Dokument [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhenden Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1a somit nur ein Merkmal hinzufügt, welches ebenfalls bereits aus dem Dokument [X.] bekannt ist, beruht in der Folge auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1b nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Einer Beurteilung der weiteren Ansprüche in der Fassung nach den [X.] 1a und 1b bedarf es wiederum nicht.

3. Fassung nach dem Hilfsantrag 2

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 laut Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des § 4 [X.]. Er ist daher ebenfalls nicht patentfähig.

3.1 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1, wobei jedoch das Merkmal [X.].1a durch das folgende Merkmal [X.].1a

[X.].1a

Das Merkmal [X.].1a

3.2 Das Merkmal [X.].1a

3.3 Ein Schloss für ein Kraftfahrzeug in einer die Merkmale nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aufweisenden Ausführung beruht ausgehend von der Lehre des Dokuments [X.] jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des § 4 [X.].

Im Hinblick auf die ansonsten gleichermaßen in Kombination beanspruchten Merkmale [X.] bis [X.].1, [X.].1b, [X.].2a und [X.].2b sowie [X.].3

Wie zu Hilfsantrag 1a – dort insbesondere Merkmal [X.].3.1a

Das Merkmal [X.].1a

Einer Beurteilung der weiteren Ansprüche in der Fassung nach Hilfsantrag 2 bedarf es wiederum nicht.

4. Fassung nach den Hilfsanträgen 2a und 2b

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a weist gegenüber dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 anstelle des Merkmals [X.].3.1a

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2b entspricht dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2a unter Hinzufügung des Merkmals [X.].3

Zur Auslegung dieser Merkmale und zu dem Naheliegen des Merkmals [X.].3.1a

Die Gegenstände der jeweiligen [X.] in den Fassungen nach den [X.] 2a und 2b sind ebenfalls nicht patentfähig.

Einer Beurteilung der weiteren Ansprüche gemäß der Hilfsanträge 2a und 2b bedarf es wiederum nicht.

5. Fassung nach dem Hilfsantrag 3

Demgegenüber erweist sich aber der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 3 gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als schutzfähig, §§ 1 ff. [X.].

5.1 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 weist gegenüber dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 die folgenden weiteren zusätzlichen Merkmale auf:

[X.].4

[X.].4.1

[X.].4.2

Neben den in den Merkmalen [X.].1, [X.] und [X.].3

Darüber hinaus umfasst das Betätigungselement einen zweiten Hebelarm, der auf die Sperrklinke einwirken kann, so dass das Betätigungselement gemäß Merkmal [X.].4.1

Ferner umfasst das Betätigungselement einen dritten Hebelarm, der dem Betätigen des [X.] an sich dient, um das Schloss zu öffnen.

Das Betätigungselement stellt in technischer Sicht somit einen um einen Drehpunkt schwenkbaren zumindest dreiarmigen technischen Hebel dar, der mit seinen drei Hebelarmen jeweils mit dem Blockadehebel und der Sperrklinke zusammenwirkt und sich über den dritten Hebelarm bedienen, also verschwenken, lässt. Eine darüberhinausgehende konstruktive Ausbildung des Betätigungselements, etwa in einer armartigen Bauweise, gibt der Patentanspruch hingegen nicht vor.

5.2 Die Merkmale [X.].4

5.3 Der nunmehr beanspruchte [X.] erweist sich mit diesen zusätzlichen Merkmalen auch als neu und erfinderisch gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

So lehrt das Dokument [X.] auf Seite 9, Zeilen 10 bis 14, dass der [X.] bei Beginn der Öffnungsbewegung der [X.] 2 aktiv in die sich öffnende Position verfahren wird, wie dies durch die Pfeile in [X.]ur 2 angedeutet wird. Dies bedingt für den Fachmann zumindest die Existenz eines am [X.]s angreifenden Elements zur Bedienung des [X.]s. Das Merkmal [X.].4

Hinsichtlich der konstruktiven Ausbildung dieses [X.] sind jedoch weder der Beschreibung noch den [X.]uren des Dokuments [X.] weitere Informationen zu entnehmen, so dass die konstruktive Umsetzung der Bedienung des [X.]s 12 und damit die Ausgestaltung des [X.] dem Wissen und den Kenntnissen des Fachmanns zuzurechnen ist.

Dass er dabei als Bedienelement einen Hebel mit drei Armen vorsieht, wobei ein Arm unmittelbar auf die Sperrklinke einwirkt, so dass die Sperrklinke aus der [X.] und/oder der [X.] bewegt werden kann, liegt jedoch ausgehend von der durch das Dokument [X.] vermittelten Lehre nicht nahe. Denn diese gibt dem Fachmann keinen Anlass, mittels des Betätigungselements die Sperrklinke unmittelbar zu bewegen, da vielmehr vorgesehen ist diese in der [X.] alleinig aufgrund ihres öffnenden Moments und in der [X.] aufgrund der durch den [X.] bewirkten [X.] sowie ihres, für den Fachmann naheliegenden, schließenden Moments zu bewegen (vgl. Seite 4, Zeilen 18 u. 29).

Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden [X.] nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen ([X.], 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

Eine solche Anregung kann auch die Druckschrift [X.] nicht geben. Diese offenbart zwar ebenfalls ein Schloss, [X.] 1, für ein Kraftfahrzeug mit einem [X.]. Sie lehrt diesem zugehörig aber nicht nur, wie vorliegend beansprucht, eine einzige Sperrklinke, sondern eine zweiteilige Sperrklinke 3, 6, die für das Verrasten der [X.] in der [X.] und in der [X.] sorgt, wobei in der [X.] die erste Sperrklinke 3 und in der [X.] die zweite Sperrklinke 6 jeweils mit der [X.] 2 verrastet (vgl. Absätze [0029], [0037], [X.]uren 1 und 7).

Die zweite Sperrklinke 6 ist dabei als ein mehrarmiger Hebelarm ausgebildet. Dieser umfasst einem ersten Hebelarm, [X.] 9, der einen Blockadehebel 5 aus einer blockierenden Stellung herausschwenken kann (vgl. Absatz [0031], [X.]ur 2), und einen zweiten Hebelarm, [X.] 14, der dazu dient das Schloss zu betätigen (vgl. Absatz [0031], [X.]ur 2). Darüber hinaus beinhaltet die zweite Sperrklinke 6 eine Ausnehmung 25, die mit einen Mitnehmer 26 der ersten Sperrklinke 3 aufgrund von Sicherheitsaspekten zusammenwirken kann (vgl. Absatz [0035], [X.]ur 3), falls die anliegenden Kräfte nicht ausreichen sollten, die erste Sperrklinke 3 bestimmungsgemäß zu bewegen.

Selbst wenn der Mitnehmer 26 im Sinne des Merkmals [X.].4.2

Aus diesem Grund kann weder die dem Dokument [X.] entnehmbare Lehre, noch eine Kombination dieser mit der [X.] der Druckschrift [X.] das in Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 3 beanspruchte Schloss dem Fachmann nahelegen.

Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften oder Unterlagen hat die Klägerin weder schriftlich, noch in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 aufgegriffen. Deren Gegenstände liegen auch nach Sicht des Senats vom Streitgegenstand noch weiter ab als der zuvor berücksichtigte Stand der Technik. Sie können daher ebenfalls keine Anregungen zum Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 3 geben.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist daher patentfähig und die Klage insoweit erfolglos.

Die Merkmale der abhängigen Patentansprüche 2 bis 7 gehen über reine Selbstverständlichkeiten hinaus, sie begegnen insoweit keinen Bedenken. Solche hat die Klägerin auch nicht vorgebracht.

Vorstehende Ausführungen gelten darüber hinaus sinngemäß für die in der Fassung nach Hilfsantrag 3 gemäß [X.] 8 beanspruchte Verwendung eines Schlosses gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche. Auch diese ist daher zulässig und patentfähig.

6. Fassung nach den Hilfsanträgen 3a und 3b

Auf die weiteren Hilfsanträge 3a und 3b kam es insoweit nicht an.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO. Vor dem Hintergrund, dass das Streitpatent in der erteilten Fassung und auch im Umfang der [X.], 1a, 1b, 2, 2a und 2b keinen Bestand haben konnte, sondern erst für die nicht unwesentlich eingeschränkte Fassung der Patentansprüche nach Hilfsantrag 3 eine Patentfähigkeit der jeweiligen Gegenstände festgestellt wurde, bewertet der Senat das Unterliegen der Beklagten mit 2/3 und das der Klägerin mit 1/3 des Gegenstandswerts.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

1 Ni 12/19

15.12.2020

Bundespatentgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

nachgehend BGH, 18. Oktober 2022, Az: X ZR 36/21, Urteil

§ 22 Abs 1 PatG, § 21 Abs 1 PatG, § 3 PatG, § 4 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 15.12.2020, Az. 1 Ni 12/19 (REWIS RS 2020, 12134)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 12134


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 36/21

Bundesgerichtshof, X ZR 36/21, 18.10.2022.


Az. 1 Ni 12/19

Bundespatentgericht, 1 Ni 12/19, 15.12.2020.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 36/21 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitssache: Unterlagen eines Patentanmeldungsverfahrens als der Öffentlichkeit zugängliche Akten; Geltung für eine frühere Patentanmeldung - …


X ZR 15/21 (Bundesgerichtshof)


6 Ni 7/22 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache – „Schloss mit Blockadehebel nebst austariertem Schwerpunkt“ – patentfähiger Hilfsantrag 2 – zur wirksamen …


I-15 U 101/19 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


6 Ni 6/22 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache - "Mehrklinken-Gesperre mit Rasthaken" – fehlende Patentfähigkeit – mangelnde Neuheit


Referenzen
Wird zitiert von

I-15 U 101/19

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.