Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2022, Az. V ZR 133/21

5. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 6183

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Gegenstand

Grundstückskaufvertrag: Schadensersatz bei arglistigem Verschweigen einer negativen Bodenbegutachtung; Grundsätze der sekundären Darlegungslast


Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 21. Juni 2021 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Berufung der Kläger gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 18. Dezember 2020 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger kauften im Jahre 2017 von der Beklagten ein Grundstück in einem Baugebiet zum Zwecke der Bebauung mit einem Einfamilienhaus unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem notariellen Kaufvertrag ist u.a. [X.]olgendes geregelt:

2

„I. 4. Der Grundbesitz ist unbebaut […]. Der Veräußerer weist den Erwerber weiter darauf hin, dass es auf dem Grundbesitz eine vorherige Bebauung (Wohnblöcke) gab.

3

[…]

4

V. 4. Dem Erwerber ist bekannt, dass der Vertragsgegenstand in einer [X.] gelegen ist und dass daher zusätzliche Pflichten zu erfüllen sind, wie bspw. Kontaktaufnahmen mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst vor Baubeginn.

5

V. 5. Der Erwerber beabsichtigt, auf dem Vertragsgegenstand ein Wohnhaus zu errichten. Der für das Baugebiet gültige Bebauungsplan (B-Plan) Nr. 58 „[X.]        “ der Stadt M         ist dem Erwerber nach eigener Angabe hinreichend bekannt. […].“

6

Die Beklagte hatte im Jahre 2014 die Planfassung für den Satzungsbeschluss zum „vorzeitigen Bebauungsplan Nr. 58 zum Gewerbe- und Mischgebiet I     straße“ in Auftrag gegeben. Dort heißt es unter Ziff. 4.3.2 unter der Überschrift „Schutzgut Boden“:

7

„[X.]ür das Plangebiet liegt kein Baugrundgutachten vor. Aufgrund der früheren Bebauung ist jedoch davon auszugehen, dass die oberste Schicht des Baugrundes in den Bereichen, in denen früher Wohnhäuser standen, in der Regel aus künstlicher Auffüllung besteht. Mächtigkeit und Zusammensetzung der verschiedenen [X.] variieren. Es ist mit Tragschichten der vorhandenen Straßen, verschiedenen Grabenverfüllungen und sonstigen [X.] zu rechnen. […]. Innerhalb des [X.] steht nur im Bereich der früheren wohnungsnahen Grünflächen gewachsener Boden an, so dass natürliche Bodenfunktionen nur noch eingeschränkt möglich sind. In den zurückgebauten Bereichen sind Bodenmaterialien aufgefüllt worden, so dass insgesamt nur Siedlungsböden vorhanden sind.“

8

Die Kläger erhielten von dem für die Beklagte tätigen Makler vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages eine „Plangrundlage“ und einen „Auszug B-Plan“. Nach Bebauung des Grundstücks stellten sie bei der Anlage des [X.] auf dem unbebauten Grundstücksteil eine für einen Kleinbagger undurchdringliche Schicht und Betonreste fest. Sie forderten die Beklagte erfolglos auf, „vorgefundenes Recyclingmaterial bis zu einer Tiefe von 70 cm“ zu beseitigen und zu entsorgen sowie mit Erde aufzufüllen.

9

Mit der Klage verlangen sie - soweit noch von Interesse - von der Beklagten Ersatz der voraussichtlichen Kosten für diese Maßnahmen i.H.v. 30.630 € nebst Zinsen sowie Umsatzsteuer i.H.v. 5.819,70 € hierauf nach Durchführung der Mängelbeseitigung sowie die [X.]eststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren Kosten, die durch die Beseitigung der Recyclingschicht sowie der Schutt- und Mauerreste und Gesteinsbrocken aus Abbruchmaterial unterhalb des [X.] auf dem Grundstück der Kläger entstehen, zu erstatten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, wollen die Kläger ihre Klageanträge weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch der Kläger auf Schadensersatz scheide aus, da die Beklagte sich auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen könne. Ein arglistiges Verhalten der [X.] in Bezug auf den von den Klägern behaupteten Mangel könne nicht angenommen werden. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob es sich bei dem im Boden enthaltenen Recyclingschutt um einen offenbarungspflichtigen Mangel i.S.d. § 444 BGB handele und ob die Beklagte diesen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages gekannt oder zumindest für möglich gehalten habe. Auch könne als wahr unterstellt werden, dass der den Klägern vor Vertragsschluss übergebene Auszug des Bebauungsplans die maßgebliche Ziff. 4.3.2 nicht enthalten habe und die Kläger davon ausgegangen seien, es handele sich um den vollständigen Bebauungsplan. Denn jedenfalls fehle es an der subjektiven Seite der Arglist, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte gewusst oder damit gerechnet habe, dass die Kläger den Fehler nicht kennen. Aufgrund der in Ziff. I.4. und Ziff. V.5. des notariellen Kaufvertrages und in der Begründung zum vorzeitigen Bebauungsplan unter Ziff. 4.3.2 gegebenen Informationen habe die Beklagte davon ausgehen können, dass den Klägern bekannt gewesen sei, dass der Bereich, in dem die Wohnblöcke gestanden hätten, künstlich aufgefüllt worden sei und dass das Material variieren könne. Darauf, dass sie vor Vertragsschluss den Bebauungsplan nicht gekannt hätten, könnten sich die Kläger wegen ihrer gegenteiligen Bestätigung in dem notariellen Kaufvertrag nicht berufen. Da der Bebauungsplan öffentlich zugänglich und einsehbar sei, habe die Beklagte davon ausgehen können, dass die Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten. Die Kläger hätten nicht dargelegt, dass der veröffentlichte Bebauungsplan die in Ziff. 4.3.2 gemachten Angaben nicht enthalten habe. Hiervon sei auch nicht auszugehen, denn die Angaben seien in dem vorzeitigen Bebauungsplan enthalten gewesen, bei dem es sich um die nach § 9 Abs. 8 [X.] erforderliche Begründung zu dem Bebauungsplan handele.

II.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine arglistige Täuschung der Kläger durch die Beklagte über vorhandene Mängel an dem verkauften Grundstück nicht verneint werden.

1. Das Berufungsgericht nimmt im Ausgangspunkt zutreffend an, dass den Klägern Schadensersatzansprüche aus § 437 Nr. 3 i.V.m. § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 und 2 BGB nur zustehen können, wenn die Beklagte - die eine Garantie für eine bestimmte Beschaffenheit des Grundstücks nicht übernommen hat - sich nach § 444 BGB nicht auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann, weil sie den Klägern einen Mangel des Grundstücks arglistig verschwiegen hat.

2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, ein arglistiges Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels liege nicht vor, weil es an dem subjektiven Element der Arglist auf Seiten der [X.] fehle.

a) Zugunsten der Kläger ist, da das Berufungsgericht dies ausdrücklich offengelassen hat, für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass es sich bei dem im Boden des verkauften Grundstücks enthaltenen Recyclingmaterial, den Schutt- und Mauerresten und Gesteinsbrocken (nachfolgend zusammenfassend nur „Schutt“) um einen offenbarungspflichtigen Mangel des Grundstücks handelt, von dem die Beklagte Kenntnis hatte. Weiter ist zugunsten der Kläger davon auszugehen, dass die Beklagte ihnen diesen Mangel nicht offenbart hat, weil der den Klägern von dem Makler übergebene Auszug des Bebauungsplans die Angaben unter Ziff. 4.3.2 des vorzeitigen Bebauungsplans nicht enthielt. Damit liegen die objektiven Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung der Kläger durch die Beklagte über den Mangel vor.

b) Die subjektiven Voraussetzungen der Arglist lassen sich nicht mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen, die Kläger hätten nicht vorgetragen, dass ihre Unkenntnis der Ausführungen in Ziff. 4.3.2 des Bebauungsplans der [X.] bekannt gewesen sei. Dies verkennt die Darlegungslast hinsichtlich der subjektiven Vorstellungen der [X.] hinsichtlich der Kenntnis der Kläger von dem Mangel.

aa) Zwar trägt der Käufer, wenn die Vertragsparteien - wie hier - einen Haftungsausschluss vereinbart haben, nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den [X.] ausfüllen. Allerdings kommen dem Käufer Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute, soweit zu den Voraussetzungen der arglistigen Täuschung negative Tatsachen zählen, wie etwa hinsichtlich der unterbliebenen [X.]. Insoweit muss er lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2010 - [X.], [X.], 43 Rn. 12 sowie zur [X.], Urteil vom 6. März 2020 - [X.], [X.], 1116 Rn. 10 mwN).

bb) Dies gilt auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist, soweit es um innere Tatsachen geht, etwa - wie hier - um die Frage, ob der Verkäufer glaubt, der Käufer habe bereits hinreichende Kenntnis von dem Mangel. Legt der Verkäufer nicht dar, dass er dem Käufer den Mangel offenbart hat, behauptet er aber gleichzeitig, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer (anderweitig) aufgeklärt worden sei, etwa durch ihm vorliegende Unterlagen, ist es Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund derer er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2010 - [X.], [X.], 43 Rn. 15).

cc) Mit diesen Maßstäben ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu vereinbaren, es sei Sache der Kläger, darzulegen, dass ihre Unkenntnis der Ausführungen in Ziff. 4.3.2 des Bebauungsplans der [X.] bekannt gewesen sei. Vielmehr obliegt es der [X.] im Rahmen der sie treffenden sekundären Darlegungslast, dazu vorzutragen, weshalb sie davon ausgegangen ist, die Kläger hätten bei Vertragsschluss trotz unterbliebener [X.] durch die Beklagte Kenntnis von dem Mangel gehabt.

c) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Kläger in dem notariellen Kaufvertrag erklärt haben, ihnen sei der für das Baugebiet gültige Bebauungsplan hinreichend bekannt, denn dieser Umstand lässt die sekundäre Darlegungslast der [X.] nicht entfallen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats schließt die für den Käufer bestehende Möglichkeit, sich die Kenntnis des Mangels selbst zu verschaffen, die Pflicht des Verkäufers zur [X.] des Mangels nicht von vornherein aus. So darf ein verständiger und redlicher Verkäufer zwar davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich Kenntnis von einem Mangel des [X.] zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit aber nicht ohne weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht ohne weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen, etwa eine Baubeschreibung, auf Mängel des [X.] hin durchsehen wird (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 12. November 2010 - [X.], [X.], 43 Rn. 10 f.).

bb) Nach diesen Maßstäben konnte die Beklagte nicht deshalb davon ausgehen, dass die Kläger Kenntnis des Mangels hatten, weil diese erklärt hatten, den Bebauungsplan zu kennen.

(1) Selbst wenn die Beklagte den Klägern vor Vertragsschluss einen vollständigen Bebauungsplan übergeben hätte oder wenn sie angenommen haben sollte, die Bestätigung der Kläger in dem Kaufvertrag beziehe sich auf den vollständig öffentlich ausgelegten bzw. veröffentlichten Bebauungsplan, konnte sie nicht davon ausgehen, den Klägern sei auch der konkrete offenbarungspflichtige Mangel, also das Vorhandensein von Schutt auf dem [X.] bekannt. Denn ein Verkäufer kann regelmäßig nicht erwarten, dass der Käufer den Bebauungsplan ohne besonderen Anlass auf mögliche Angaben zu Mängeln des [X.]s hin durchsieht. Auch im vorliegenden Fall hatten die Kläger mangels entsprechenden Hinweises der [X.] keinen Anlass, den 60 Seiten umfassenden Bebauungsplan darauf durchzusehen, ob dieser möglicherweise Angaben zu einer negativen Beschaffenheit des Bodens des von ihnen zu erwerbenden Grundstücks enthält. Ein solcher Anlass bestand für sie auch nicht deshalb, weil ihnen - jedenfalls durch die Angabe in dem Kaufvertrag - bekannt war, dass es sich bei dem Grundstück um eine [X.] handelt. Denn der Verdacht des Vorhandenseins von Kampfmitteln aus Kriegszeiten oder wegen vormaliger militärischer Nutzung des Grundstücks steht in keinem Zusammenhang mit der Verfüllung des Bodens mit Recyclingmaterial, Schutt- und Mauerresten und Gesteinsbrocken bei dem Abriss von Wohngebäuden. Die Kläger hatten auch sonst keinen Grund zu der Annahme, dass über den Verdacht von Kampfmitteln hinaus der Boden des zu erwerbenden Grundstücks beeinträchtigt sein könnte. Deshalb ist im Ergebnis unerheblich, ob der Bebauungsplan - wozu das Berufungsgericht im Übrigen auch keine Feststellungen getroffen hat - tatsächlich öffentlich ausgelegt bzw. im [X.] veröffentlicht wurde.

(2) Dies gilt umso mehr im Hinblick darauf, dass die Beklagte den Klägern vor Abschluss des Kaufvertrages einen Auszug des Bebauungsplans hatte übergeben lassen, der - wie zu unterstellen ist - die den Mangel betreffenden Angaben unter Ziff. 4.3.2 nicht enthielt. Sollte es sich so verhalten, wären besonders hohe Anforderungen an den von der [X.] im Rahmen der sie treffenden sekundären Darlegungslast zu haltenden Vortrag zu stellen. Die Beklagte müsste erläutern, weshalb sie davon ausgegangen sein will, dass sich die in dem Kaufvertrag abgegebene Erklärung der Kläger, den Bebauungsplan zu kennen, nicht auf den ihnen übergebenen Auszug bezogen habe, sondern Grund zu der Annahme bestand, die Kläger hätten darüber hinaus auch den öffentlich ausgelegten oder im [X.] veröffentlichten Bebauungsplan eingesehen und die daraus ersichtlichen Mängel der Bodenbeschaffenheit zur Kenntnis genommen.

III.

Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben; es ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die in dem Boden des [X.]s vorhandene Recyclingschicht, die Schutt- und Mauerreste und die Gesteinsbrocken aus Abbruchmaterial einen offenbarungspflichtigen Sachmangel darstellen, von dem die Beklagte Kenntnis bzw. mit dem sie gerechnet und den sie billigend in Kauf genommen hatte. Ist dies der Fall, wird der [X.] Gelegenheit zu geben sein, im Rahmen der sie treffenden sekundären Darlegungslast ergänzenden Vortrag dazu zu halten, wie die Kläger über diesen Mangel aufgeklärt wurden bzw. weshalb die Beklagte davon ausgegangen ist, eine solche Aufklärung sei erfolgt. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass es für die [X.] des etwaigen, in der Verfüllung des Bodens mit Schutt liegenden Mangels weder objektiv noch subjektiv ausreichte, wenn die Beklagte den Klägern lediglich Unterlagen übergeben haben sollte, die Angaben zur Bodenbeschaffenheit enthielten, ohne die Kläger auf die diesbezügliche Bedeutung der Unterlagen gesondert hinzuweisen.

2. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht ein falsches Verständnis von dem Begriff des vorzeitigen Bebauungsplans gehabt haben dürfte.

a) Anders als das Berufungsgericht wohl meint, handelt es sich hierbei nicht um einen vorläufigen Plan, der später durch einen endgültigen Bebauungsplan ersetzt wird. Der Begriff des vorzeitigen Bebauungsplans ist in § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] legal definiert. Nach dieser Vorschrift kann ein Bebauungsplan aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). „Vorzeitig“ ist ein solcher Bebauungsplan also nur in dem Sinne, dass er ungeachtet des [X.] aus § 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] erlassen werden kann, obwohl ein wirksamer Flächennutzungsplan (noch) nicht vorliegt (vgl. BVerwG, [X.], 197; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 8 Rn. 11).


Brückner     

      

Haberkamp     

      

Hamdorf

      

Malik     

      

Laube     

      

Meta

V ZR 133/21

23.09.2022

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 21. Juni 2021, Az: 12 U 7/21

§ 280 BGB, §§ 280ff BGB, § 437 Nr 3 BGB, § 444 BGB, § 2a BauGB, § 8 BauGB, §§ 8ff BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.09.2022, Az. V ZR 133/21 (REWIS RS 2022, 6183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6183

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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