Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.08.2013, Az. X ZR 19/12

10. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3224

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsberufungsverfahren: Voraussetzungen für die Zulassung neuer Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel bestehend aus technischen Informationen einer Entgegenhaltung bzw. Rechercheergebnissen - Tretkurbeleinheit


Leitsatz

Tretkurbeleinheit

1. Ein neues Angriffsmittel, das aus im zweiten Rechtszug neu eingeführten technischen Informationen einer Entgegenhaltung hergeleitet werden und das Klagevorbringen stützen soll, ist im Patentnichtigkeitsberufungsverfahren unabhängig davon nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, ob Vorveröffentlichung und technischer Inhalt der Entgegenhaltung außer Streit stehen. Für Dokumente, die eine von der Erfindung wegführende technische Entwicklung belegen könnten und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen, gilt Entsprechendes.

2. Beruft sich der Kläger darauf, eine Entgegenhaltung erst durch eine nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchgeführte Recherche aufgefunden zu haben, ist das hierauf gestützte Angriffsmittel nur dann nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn der Kläger dartut, dass die Entgegenhaltung mit einem sachgerecht gewählten Suchprofil bei der für die Begründung der Patentnichtigkeitsklage durchgeführten Recherche nicht aufgefunden werden konnte.

Tenor

Die Berufung gegen das am 9. November 2011 verkündete Urteil des 5. Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des am 7. März 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität einer [X.] Voranmeldung vom 8. März 2002 angemeldeten, auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 342 656, das eine Fahrradkurbeleinheit und ein Montagewerkzeug betrifft. Es umfasst 40 Ansprüche, deren erster in der Verfahrenssprache lautet:

1. A bicycle crank arm apparatus comprising:

an [X.] (59) being adapted to be rotatably supported within a bottom bracket (33) of a bicycle frame, said [X.] having an [X.] body (348) with a first end portion (350) and a second end portion (354), wherein the second end portion has an [X.] peripheral surface;

an [X.] bolt [X.] [X.] portion of the [X.] (59); a crank arm (60B) having an [X.] mounting boss (332) defining an opening for receiving the second end portion (354) of the [X.] therein, wherein the [X.] mounting boss (332) includes a first fastener for tightening the crank arm mounting boss around the second end portion of the [X.] (59); and wherein the [X.] mounting boss (332) is positioned axially inwardly of the [X.] bolt (380),

c h a r a c t e r i z e d   i n   t h a t   said [X.] (59) further comprises a projection extending radially outwardly from one of the first and second end portions (350, 354) of the [X.] body (348), wherein the projection is dimensioned and positioned to be located externally of the bottom bracket (33) so [X.] (60A) to prevent the crank arm (60A) from moving axially outwardly.

2

Die Klägerin hat das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 25 angegriffen. Sie hat geltend gemacht, Patentanspruch 1 gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus, und der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 25 sei nicht patentfähig, weil er jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Dafür hat die Klägerin sich erstinstanzlich auf die [X.] Offenlegungsschriften 100 32 778 ([X.]) und 23 59 437 ([X.]) sowie auf die [X.] Patentschrift 4 201 120 (D3) gestützt.

3

Die Beklagte hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang nur beschränkt verteidigt. Das Patentgericht hat es in diesem Rahmen für nichtig erklärt, soweit es über die aus dem Tenor seines Urteils vom 9. November 2011 ersichtliche Fassung der Patentansprüche 1 bis 22 hinausgeht und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

4

I. 1. Das Streitpatent betrifft eine zur Montage in der Tretlageraufnahme des Rahmens vorgesehene [X.]. Solche Baugruppen umfassen üblicherweise eine Welle (im Folgenden in Anlehnung an die Übersetzung der [X.]chrift: Achse), die sich gelagert durch die Tretlageraufnahme hindurch erstreckt, sowie zwei an der Achse befestigte [X.]e für Pedale zum Antrieb des Fahrrads über eines oder mehrere zumeist am rechten [X.] befestigte vordere Zahnräder (Kettenräder) und an der Hinterradachse angebrachte Ritzel sowie eine Antriebskette.

5

2. In der Beschreibung des [X.] wird angesprochen, dass Kettenräder und Ritzel üblicherweise für den unbeeinträchtigten Gebrauch des Fahrrads korrekt fluchten müssten. Zur dafür erforderlichen seitlichen Ausrichtung der Achse sehe ein bekanntes Verfahren vor, diese drehbar und zentriert innerhalb eines rohrförmigen Elements zu lagern und dabei in seitlicher Richtung durch an gegenüberliegenden Enden des rohrförmigen Elements installierte [X.] zu halten. Achse und rohrförmiges Element würden dann in die Tretlageraufnahme eingesetzt und die benötigte seitliche Position der Achse werde eingestellt, indem Adapter, deren Außenumfangsflächen mit einem Gewinde versehen seien, auf beiden Seiten unterschiedlich weit in die Tretlageraufnahme eingeschraubt würden. Die [X.]chrift kritisiert daran, dass die Adapterelemente lang genug sein müssten, um die vielen unterschiedlichen seitlichen Positionen abzudecken, die für die Achse in Betracht kommen. Das habe zur Folge, dass regelmäßig ein Abschnitt der mit einem Gewinde versehenen Außenumfangsfläche eines jeden Adapterelements frei liege und die Gewinde deshalb häufig verschmutzten oder verrosteten. Auch müssten Achse, rohrförmiges Element und [X.] zumeist als Einheit ausgetauscht werden.

6

3. Das Patentgericht hat das Problem, deren Lösung das Streitpatent unausgesprochen - eine Aufgabe ist in seiner Beschreibung nicht formuliert - bezweckt, darin gesehen, dass ein Tretkurbelmechanismus für ein Fahrrad bereitgestellt werden solle, dessen Bauteile trotz Einstellbarkeit der Achse auf unterschiedliche [X.] vor [X.] und [X.] geschützt positioniert werden könnten und die weitgehend einzeln für sich austauschbar seien. Dazu stellt Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils (im Folgenden nur: Patentanspruch 1) eine Fahrradkurbelarmvorrichtung unter Schutz, welche aufweist (in eckigen Klammern die vom Patentgericht verwendeten Gliederungsziffern):

1. eine Achse (59) [2],

1.1 die so ausgebildet ist, dass sie in einer Tretlageraufnahme eines [X.] (33) drehbar gelagert werden kann [2.1], und

1.2 deren Achsenkörper (348) einen ersten (350) und einem zweiten Endabschnitt (354) aufweist [2.2],

2. einen Flansch (366) [6], der

2.1 sich vom ersten Endabschnitt (350) des [X.] (348) in radialer Richtung nach außen erstreckt [extending radially outwardly from the first end portion] [6.1],

2.2 so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außerhalb der Tretlageraufnahme (33) befindet [6.2],

2.3 so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines (ersten) Fahrradkurbelarmes ([X.]) zur Anlage kommt, um zu verhindern, dass sich der [X.] ([X.]) in axialer Richtung nach außen bewegt, [6.3, 6.4]

3. einen [X.] (380) [3], der

3.1 eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsfläche aufweist [3.1] und

3.2 in die [X.] (368) des zweiten Endabschnitts (354) der Achse eingeschraubt ist [3.2], der eine Außenumfangsfläche aufweist und an seiner Innenumfangsfläche (368) mit einem (Gegen-) Gewinde versehen ist [2.3, 2.4],

4. einen (zweiten) [X.] (60B) [4] mit einem [X.] [mounting boss] (331) [4.1], das

4.1 eine Öffnung (332) zur Aufnahme des zweiten Endabschnitts (354) der Achse begrenzt, [4.2]

4.2 eine erste Befestigungseinrichtung zum Festziehen des [X.] um den zweiten Endabschnitt (354) der Achse umfasst [4.3, 4.4] und

4.3 axial innenseitig vom [X.] (380) positioniert [positioned [X.]] ist.[5]

7

4. a) Das mit "[X.]" übersetzte Merkmalselement "axle mounting boss" (Merkmale 4, 4.2) bezeichnet in der maßgeblichen Terminologie des [X.] in der [X.] nicht die Öffnungen in den [X.], durch die diese auf die Achse aufgesteckt werden. Diesen sind vielmehr eigene Bezugszeichen zugeordnet (308, 332). Ebenso wenig ist dieser Begriff auf die ringnutähnliche radiale Vertiefung am Außenrand der Öffnung bezogen, in die der Flansch in einer gezeigten Ausführungsform eingelassen wird. Mit "axle mounting boss" wird in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und in der erteilten Fassung des [X.] vielmehr der die Öffnungen 308 und 332 umschließende Körper der Kurbeln ohne radiale [X.] beschrieben.

8

b) Der technische Sinngehalt der mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Vorrichtung erschließt sich im Lichte der Erläuterung ihrer Montage in der Beschreibung (Rn. 23 = Rn. 32 der Übersetzung). Der [X.] 380 ist dafür vorgesehen, die axiale Position des [X.] einzustellen, nachdem die Achse zunächst von außen durch die Öffnung 308 im [X.] 304 des kettenradseitigen [X.]s [X.] gesteckt wurde, so dass dieser axial außen vom [X.] gehalten wird. Dann wird die Achse durch die Tretlageraufnahme [X.] und der [X.] 60B mit der Öffnung 332 im [X.] 331 auf den zweiten Endabschnitt 354 der Achse aufgesetzt. Der am [X.] 60B anliegende [X.] wird dann so weit in die mit einem Gewinde versehene [X.] 368 der Achse eingeschraubt, bis die gewünschte laterale Achsposition des [X.]s erreicht ist, um diesen jetzt mit der ersten Befestigungseinrichtung festzuziehen (Merkmal 4.2). In dem in Rn. 23 der Beschreibung vorgestellten Ausführungsbeispiel werden im Zusammenhang mit dem Einbau der anspruchsgemäßen Vorrichtung noch [X.] 124A und 124B beschrieben, zu denen [X.] 154A und [X.] gehören, die der Festlegung des erwünschten Spiels zwischen den Tretkurbelarmen [X.] und 60B und der Tretlageraufnahme dienen (vgl. Figur 2).

9

II. Das Patentgericht hat, soweit es die Klage abgewiesen hat, angenommen, der Gegenstand von Patentanspruch 1 werde nicht dadurch unzulässig erweitert, dass ein [X.] 380 und eine erste Befestigungseinrichtung ohne Einbeziehung der [X.] 154A und [X.] vorgesehen seien. Den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sei nicht nur die gemeinsame Verwendung dieser Bauteile zu entnehmen, sondern auch der Aufbau der [X.] ohne solche Distanzelemente, und zwar in dem dort formulierten Patentanspruch 1. Die weitere Beschränkung des erteilten Patentanspruchs 1 durch Beanspruchung eines Flansches anstelle des ursprünglich vorgesehenen Vorsprungs sei ebenfalls zulässig, weil ein Flansch eine Ausführungsform eines Vorsprungs darstelle.

Seine Annahme, der Gegenstand von Patentanspruch 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, hat das Patentgericht im Wesentlichen wie folgt begründet. Die in [X.] offenbarte Fahrradkurbelarmvorrichtung zeige keinen Flansch im Sinne der [X.] und keine Befestigungseinrichtung im Sinne von Merkmal 4.2. Dabei biete [X.] eine komplette Lösung für die Aufgaben, die sich das Streitpatent stelle (oben [X.]). Davon ausgehend habe keine Notwendigkeit zu einer Abänderung der dort vorgeschlagenen Anordnung bestanden.

Eine hinreichend konkrete Anregung zur Auffindung des Gegenstands von Patentanspruch 1 gebe auch [X.] nicht. Der dortige kettenradseitige Endabschnitt der Achse könne zwar als ein einstückig an die Achse angeformtes [X.] und insoweit als Flansch interpretiert werden; dieser sei jedenfalls aber nicht zur Verhinderung einer Bewegung des [X.]s in axialer Richtung nach außen gestaltet. [X.] zeige auch keinen [X.] und die damit zusammenhängenden Merkmale. Aus fachlicher Sicht möge zwar die einstückige Ausgestaltung von Achse und [X.] als nachteilig erkannt werden; die Schrift lege insoweit aber allenfalls nahe, auch den [X.] auf der Seite des [X.] über eine Keilverzahnung und eine Befestigungseinrichtung (Figur 3 von [X.], Bezugszeichen 15) an der Achse zu befestigen. Soweit es den Aspekt des Schutzes vor Rost- und Verschmutzung betreffe, rege [X.] allenfalls zur Übernahme der Staubkappe (Figur 1, Bezugszeichen 8) an, nicht aber zur Verwendung eines [X.]s.

[X.] führe ebenfalls nicht zum Gegenstand von Patentanspruch 1. Die dort offenbarte Vorrichtung weise keine Befestigungseinrichtung nach Maßgabe von Merkmal 4.2 auf und keinen [X.] mit der Merkmalsgruppe 3. Unterstelle man den Austausch der aus [X.] ersichtlichen Sicherungsmutter gegen einen [X.] zum Einschrauben in ein Innengewinde der Achse als für den Fachmann angesichts des Problems der [X.] und Korrosion ausgesetzten freiliegenden Gewindeabschnitte naheliegende Maßnahme, ergäbe sich dabei trotzdem keine streitpatentgemäße Befestigungseinrichtung zum Festziehen des [X.]s um einen Endabschnitt der Achse, erst recht nicht um denjenigen Endabschnitt, der mit einem Innengewinde versehen sei und den [X.] aufnehme. Vor Verschmutzung schütze eine solche Befestigungseinrichtung nicht. Kombinationen aus den drei genannten [X.] führten ebenfalls nicht zum Gegenstand von Patentanspruch 1.

III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Berufung haben keinen Erfolg.

1. Zu Recht hat das Patentgericht keine unzulässige Erweiterung darin gesehen, dass die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung keine [X.] 154A und [X.] einschließt, obwohl solche Elemente in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen beschrieben sind. Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt es für den [X.] der Patentanmeldung zwar, worauf die Berufung noch zutreffend hinweist, auf die Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen an. Das zielt aber auf den häufig erhobenen Einwand, die erteilten Patentansprüche gingen über den Gegenstand der in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen formulierten Ansprüche hinaus, und stellt in diesem Zusammenhang klar, dass es für den [X.] auf die Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und auf das ankommt, was aus ihnen aus fachmännischer Sicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend hervorgeht (vgl. [X.], Urteil vom 22. Dezember 2009 - [X.], [X.], 513 Rn. 29 mwN - [X.]). Als zur Erfindung gehörend ist eine bestimmte Ausführungsform auch dann offenbart, wenn sie nur in den mit den Anmeldungsunterlagen eingereichten Ansprüchen beschrieben ist, nicht aber daneben auch in der Beschreibung oder dort - wie hier geltend gemacht - mit bestimmten zusätzlichen Elementen, wie den hier in Rede stehenden [X.]n (vgl. hierzu beispielsweise [X.], Urteil vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.], 910 Rn. 46 - Fälschungssicheres Dokument).

2. Die Zulässigkeit der beschränkten Verteidigung durch Einfügungen in der [X.] stellt die Klägerin ebenfalls zu Unrecht infrage. Dafür kann offen bleiben, ob der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die Beschränkung des [X.] insoweit vor dem Patentgericht hingenommen und sei deshalb im Berufungsverfahren mit Angriffen gegen deren Übereinstimmung mit der Ursprungsoffenbarung ausgeschlossen, verfahrensrechtlich durchgreift. Denn jedenfalls wird der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch Merkmale der [X.] nicht unzulässig erweitert.

a) Fehl geht die Berufung in ihrer Annahme, der Fachmann sehe den in der Beschreibung erwähnten und den Zeichnungen zu entnehmenden Flansch nicht als ein für die Erfindung wesentliches Bauteil an, das er bereits beim Lesen der Beschreibung entsprechend verallgemeinere. In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ist unmittelbar die Funktion des Flansches beschrieben, die Tretkurbel [X.] in ihrer Position axial außen an der Achse zu halten ([X.] Patentanmeldung 1 342 656 [X.] Abs. 20 ff.: "[X.] 308 of crank arm [X.] ..."). Nichts anderes bringt die [X.] zum Ausdruck. Soweit in Merkmal 2.3 zusätzlich beschrieben ist, dass die Anlage des Flansches an einer äußeren Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes verhindern soll, dass sich der [X.] in axialer Richtung nach außen bewegt, handelt es sich lediglich um eine zusätzliche Wirkungsbeschreibung dessen, was mit der [X.] insgesamt bereits zum Ausdruck gebracht ist.

b) Dass der Flansch sich "in radialer Richtung nach außen erstreckt", deckt sich unmittelbar mit den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ("a radially outwardly extending flange", aaO Abs. 20). Soweit in der beschränkt verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 - überflüssigerweise - außerdem formuliert ist, dass sich der Flansch "radial außerhalb vom ersten Endabschnitt 350" erstrecke, wird mit dieser Übernahme aus der missglückten [X.] Übersetzung der Patentschrift von Patentanspruch 1 nichts Zusätzliches hinzugefügt. Maßgeblich bleibt im Übrigen ohnehin der Wortlaut in der [X.], in der das Streitpatent im Übrigen besser beschränkt zu verteidigen gewesen wäre.

c) Die Anordnung des Flansches "außerhalb der Tretlageraufnahme" (Merkmal 2.2) mag in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sein, ergibt sich aber aus Figur 3 und ist aus fachmännischer Sicht, für die nach den unangefochtenen Feststellungen des Patentgerichts auf einen Fachschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau abzustellen ist, der bei einem Fahrradhersteller oder -zulieferer mit der Konstruktion von Tretkurbelmechanismen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt, nach Art der mit Patentanspruch 1 beanspruchten Vorrichtung ohnehin eine technische Selbstverständlichkeit.

d) Soweit der Flansch nach dem Wortlaut der beschränkten Fassung von Patentanspruch 1 gegen eine "äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes" zur Anlage kommt, liegt darin keine unzulässige Erweiterung, weil die "äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes" in der Diktion des [X.] derjenigen des [X.]s entspricht und aus Letzterem entgegen der Ansicht der Klägerin keine abgrenzbare Beschränkung der radialen Erstreckung des Flansches hergeleitet werden kann (oben [X.] a).

3. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durch das Patentgericht wird von der Berufung nicht erschüttert und ist rechtlich auch sonst nicht zu beanstanden.

Der dem Streitpatent erstinstanzlich entgegengehaltene Stand der Technik lässt den Gegenstand von Patentanspruch 1 schon deshalb nicht als nahegelegt erscheinen, weil weder eines der drei Dokumente [X.] bis [X.] für sich noch vorstellbare Kombinationen der Schriften eine hinreichend konkrete Anregung für die erfindungsgemäße Vorrichtung boten, deren technischer Sinngehalt, wie ausgeführt, insbesondere darin zu sehen ist, dass die axiale Relativposition des [X.] mithilfe des in ein Innengewinde der Achse zu schraubenden Bolzens 380 festgelegt werden kann, um den Arm danach an dieser Position festzuziehen (oben [X.] b).

Wegen der Würdigung der Dokumente [X.] bis [X.] für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und bemerkt ergänzend mit Blick auf das schriftsätzliche Berufungsvorbringen und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung: Die Aufgabe hat das Patentgericht durch Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung richtig ermittelt. Ist, wie vorliegend, keine Aufgabe formuliert, kommen die in der Beschreibung erwähnten, mit den bekannten Lösungen verbundenen Probleme als Anhaltspunkte für die zutreffende Auslegung des Patentanspruchs in Betracht, aus dessen [X.] sich wiederum die Aufgabe im Sinne des tatsächlich gelösten technischen Problems ableiten lässt ([X.], Urteil vom 4. Februar 2010 - [X.], [X.], 602 Rn. 27 - Gelenkanordnung). Dies schließt nicht aus, dass bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit auch andere technische Probleme zu berücksichtigen sind, zu deren Lösung der Fachmann veranlasst sein kann, die technische Lehre der Erfindung vorzuschlagen oder jedenfalls in Erwägung zu ziehen (Urteil vom 11. März 2011 - [X.], [X.], 607 Rn. 12, 14 - kosmetisches Sonnenschutzmittel III).

Um vom Gegenstand von [X.] zum Gegenstand von Patentanspruch 1 zu gelangen, wäre es nicht damit getan, in der in [X.] gezeigten Tretkurbelvorrichtung die Sicherungsmutter durch einen [X.] zu ersetzen, wie er etwa zur Arretierung der [X.] in [X.] vorgesehen ist. Denn weder in [X.] noch in [X.] ist die axiale [X.] angelegt, die dem Bolzen innerhalb der Lösung des [X.] zukommt. Deshalb ist nicht ersichtlich, was ohne rückschauende Betrachtung fachlichen Anlass hätte geben sollen, [X.] insoweit abzuwandeln. Außerdem bestünde aus fachlicher Sicht kein Anlass, die Befestigung des dem [X.] des [X.] entsprechenden [X.]s 14 in [X.] kurzerhand durch die in [X.] gezeigte zu ersetzen, die das Streitpatent nur bei isolierter Betrachtung von Merkmal 4.2 aufzugreifen scheint. Denn das [X.] zum Hinterrad, das den eigentlichen Gegenstand von [X.] bildet, bringt es, wie aus den Figuren ersichtlich, mit sich, dass Kettenräder auf beiden Seiten der Rahmenrohre angebracht sind, so dass für ein Festziehen einer dem [X.] 60B entsprechenden Tretkurbel unter Schließung eines Spalts zwischen zwei [X.] 337 und 338 (vgl. Figuren 6 und 7 des [X.]) [X.] selbst unter der Voraussetzung kein Raum ist, dass dieses Dokument fachlich für die Montage von [X.] überhaupt herangezogen wird. Der Anregungsgehalt von [X.] geht deshalb jedenfalls nicht über die vom Streitpatent verwendete Anbringung und Halterung des [X.]s [X.] hinaus.

4. Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit der Berufungsvortrag neues Vorbringen im Sinne des § 117 [X.] in Verbindung mit § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO darstellt, soweit sich die Klägerin für die nach ihrer Auffassung naheliegende Kombination einer Tretkurbelvorrichtung nach der [X.] mit einer Befestigung des dem [X.] des [X.] entsprechenden [X.]s, wie sie in der [X.] gezeigt ist, alternativ zur [X.] erstmals in der Berufungsbegründung auch auf die [X.] Patentschrift 549 498 ([X.]), das US-Patent 4 406 504 ([X.]), die [X.] [X.] 8-258779 ([X.]), die [X.] Patentschrift 887 207 (Übersetzung = D6) sowie - pauschal - auf weitere Schriften ([X.] - [X.]4) beruft, in denen Klemmmechanismen für Fahrradkurbeln mit [X.] beschrieben seien. Denn die Klägerin leitet hieraus nichts ab, was über die [X.] hinausginge.

5. Soweit sich die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung auf die [X.] [X.] 63-133488 ([X.]) beruft und in dem nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz vom 28. August 2012 einen selbständigen Angriff auf diese Schrift stützt, die in Kombination mit der Entgegenhaltung [X.] den Gegenstand des [X.] nahelege, erstreckt sich der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts nach § 117 [X.] in Verbindung mit den entsprechend anzuwendenden Vorschriften der § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO hierauf nicht.

a) Trotz des ihr unmittelbar nach Eingang der Berufungsbegründung erteilten Hinweises hat die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keinen Gesichtspunkt dargetan, unter dem das neue [X.] nach diesen Vorschriften zugelassen werden dürfte.

Es betrifft weder einen Gesichtspunkt, den das Patentgericht erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hätte (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), noch wird von der Berufung ein Verfahrensmangel, insbesondere in Gestalt eines unzureichenden Hinweises nach § 83 Abs. 1 [X.] gerügt (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Eine Zulassung käme daher nur dann in Betracht, wenn die unterbliebene Geltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf Nachlässigkeit der Klägerin oder deren Prozessbevollmächtigten beruhte (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

Hierzu hat die Klägerin angegeben, zwischen den [X.]en seien mehrere gerichtliche Auseinandersetzungen anhängig, die mehrere Patentverletzungsklagen der Beklagten und einige gegen die [X.] anhängige [X.] Einspruchsverfahren einschlössen. Zuletzt habe die Beklagte eine neue Verletzungsklage auf Basis des [X.]n Patents 2 202 141 erhoben. Gegen dieses Patent sei am 31. Mai 2012 Einspruch eingelegt und zu dessen Vorbereitung eine umfassende Recherche des Stands der Technik durchgeführt worden, bei dem der in das Berufungsverfahren eingeführte Stand der Technik zutage gefördert worden sei.

b) Diese Begründung ist schon deshalb ungeeignet, eine nachlässige Prozessführung auszuschließen, weil von den in der Berufungsbegründung erstmals erwähnten [X.] nicht weniger als fünf, nämlich die [X.] Patentschrift 549 498 ([X.]), die [X.] Patentschrift 61 009 ([X.]1) und die [X.] 4 728 218, 4 704 919 und 5 010 785 ([X.]2 bis [X.]4) bereits auf dem Deckblatt der [X.]chrift als [X.] aufgeführt sind und [X.] darüber hinaus in der Beschreibung des [X.] abgehandelt wird. In der geltend gemachten Pauschalität kann daher die Behauptung nicht zutreffen, dass erst eine erneute Recherche die Klägerin in die Lage versetzt hat, weiteren Stand der Technik in das Patentnichtigkeitsverfahren einzuführen.

c) Im Übrigen kann fehlende Nachlässigkeit nicht damit begründet werden, die Recherche, die den neu eingeführten Stand der Technik zutage gefördert habe, sei erst in der Berufungsinstanz durchgeführt worden. [X.] ist vielmehr, warum diese Recherche auch bei sorgfältiger Prozessführung in erster Instanz (noch) nicht veranlasst war. An einer solchen Darlegung fehlt es hier; sie ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung.

Sie hat sich zum einen ergänzend darauf berufen, die nachträglich eingeführten Dokumente hätten nur bei einer breiter als die für das erstinstanzliche Verfahren durchgeführte angelegten Recherche ermittelt werden können, die entsprechend umfangreicher ausgefallen wäre. Dies ist in Bezug auf die [X.], die in den zweitinstanzlichen Ausführungen der Klägerin eine hervorgehobene Position einnimmt und deren Zulassung nach dem Vorstehenden allein der Prüfung bedarf, schon deshalb nicht ohne - von der Klägerin nicht gegebene - weitere Erläuterung stichhaltig, weil die Schrift derselben Gruppe derselben Unterklasse der internationalen Patentklassifikation wie das Streitpatent angehört ([X.] 3/00). Im Übrigen setzt die Darlegung mangelnder Nachlässigkeit bei der Ermittlung des für die Begründung des Klageangriffs relevanten Standes der Technik voraus, dass der Kläger konkret [X.], wie er das Suchprofil seiner erstinstanzlichen Recherche angelegt hat, warum er ein solches Profil gewählt hat und nicht dasjenige, das zur Ermittlung des in zweiter Instanz neu angeführten Stands der Technik geführt hat, und dass bei dem gewählten Suchprofil der in zweiter Instanz vorgebrachte Angriff gegen die Patentfähigkeit des Gegenstands des [X.] in erster Instanz nicht geführt werden konnte. Erst durch eine solche - im Streitfall fehlende - Darlegung wird der Beklagte in die Lage versetzt, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die erstinstanzliche Recherche sorgfältiger Prozessführung entsprochen hat, und dem [X.] die Prüfung ermöglicht, ob die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO für die Zulassung des neuen Vorbringens vorliegen. Nach § 112 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c [X.] gehören die Tatsachen, aufgrund deren neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 117 [X.] zuzulassen sind, deshalb auch zu den [X.], die bereits die Berufungsbegründung enthalten muss, wenn sie die Zulässigkeit der Berufung tragen sollen. Es war erklärtes Regelungsziel des [X.], das [X.] zu einem Instrument der Fehlerkontrolle und -beseitigung umzugestalten (Begründung zum Entwurf zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, [X.] 2009, 307, 316). Dem reformierten Patentgesetz liegt das gesetzgeberische Bekenntnis zu einem Patentnichtigkeitsverfahren zugrunde, in dem der Streitstoff in erster Instanz prinzipiell abschließend festgelegt wird und der später nur unter den Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung der §§ 529 bis 531 ZPO erweitert werden kann. Mit dieser Zielsetzung wäre die Gestattung eines unter den Vorbehalt subjektiver Zweckmäßigkeit gestellten, prinzipiell zwischen den beiden Instanzen des [X.] unterscheidenden Patentrechercheaufwands unvereinbar.

Soweit die Klägerin mit Blick auf den [X.]n Ursprung von [X.] zum anderen darauf verwiesen hat, dass [X.] Dokumente erst ab 2006 in einschlägige Datenbanken eingepflegt worden seien und auch das nicht rückwirkend, weist die Beklagte überzeugend darauf hin, dass die Klägerin in Anbetracht der Marktstellung der Beklagten bei der Herstellung von Fahrradkomponenten gesteigerten Anlass hatte, ihre Recherche auf [X.] Dokumente zu erstrecken. Im Übrigen hat die Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erläutert, worauf es zurückzuführen ist, dass sie die Entgegenhaltung [X.], die vor 2006 veröffentlicht wurde (1988), im Berufungsverfahren, aber nicht in erster Instanz vorzulegen vermocht hat.

d) Zur Darlegung fehlender Nachlässigkeit reicht es, anders als die Klägerin zu meinen scheint, grundsätzlich auch nicht aus, dass das Patentgericht in seinem Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.], wie hier, keine Frist zur Ergänzung ihres Vorbringens gesetzt hat. Die Verfügung des Vorsitzenden, in dem das Patentgericht die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass die von ihr geführten, auf die [X.] [X.] bis [X.] gestützten Angriffe ein Naheliegen des Gegenstands des [X.] voraussichtlich nicht begründen könnten, gab ihr Anlass zu der Prüfung, ob eine Ergänzung des Klagevorbringens möglich und geboten war. Der Verzicht des Patentgerichts auf die in § 83 Abs. 2 [X.] vorgesehene Fristsetzung begünstigte die Klägerin dabei insoweit, als es ihr danach gestattet war, als Reaktion auf den erteilten Hinweis mit diesem in sachlichem Zusammenhang stehende [X.] ohne Bindung an eine gesetzte Frist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in das erstinstanzliche Verfahren einzuführen, ohne eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] fürchten zu müssen. Die unterbliebene Fristsetzung durch das Patentgericht bietet aber keine Handhabe dafür, das in erster Instanz insoweit gänzlich Unterlassene in der Berufungsinstanz außerhalb des entsprechend § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO gesteckten Rahmens nachzuholen.

e) Das neue, auf die [X.] gestützte [X.] ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb zuzulassen, weil die öffentliche Zugänglichkeit der Schrift vor dem [X.] und der ihr zu entnehmende technische Informationsgehalt unstreitig wären.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] erfasst der Begriff der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel im Zivilprozess zwar nur streitiges und daher beweisbedürftiges Vorbringen ([X.], Urteil vom 18. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 138, 142; Beschluss vom 23. Juni 2008 - [X.], [X.]Z 177, 212 Rn. 10). Zur Begründung hat der [X.] insbesondere darauf hingewiesen, dass dem Zweck des Zivilprozesses eine Auslegung der Vorschrift widerspreche, nach der das Gericht sehenden Auges auf einer falschen, von keiner [X.] vorgetragenen tatsächlichen Grundlage entscheiden müsste ([X.]Z 161, 138, 143). Diese Erwägungen können auf die Einführung von neuem Stand der Technik im Patentnichtigkeitsverfahren, dessen Besonderheiten der Gesetzgeber des [X.] in § 117 [X.] durch die Anordnung einer lediglich entsprechenden Anwendung des § 531 Abs. 2 Rechnung getragen hat (s. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/11339, [X.]; [X.], [X.], 996, 998 f.), aber nicht übertragen werden.

bb) Über die Patentfähigkeit des Gegenstands des [X.] entscheidet, ob der Stand der Technik die unter Schutz gestellte technische Lehre vorwegnimmt oder dem Fachmann hinreichende Anregungen vermittelt, bekannte technische Lösungen zu dieser technischen Lehre abzuwandeln oder weiterzuentwickeln. Der Stand der Technik besteht dabei aus der regelmäßig unüberschaubaren Vielzahl von Druckschriften und sonstigen [X.], aus der sich Bausteine für die dem Kläger des Patentnichtigkeitsverfahrens obliegende Darlegung ergeben können, dass und inwiefern der Gegenstand des [X.] neuheitsschädlich getroffen oder dem Fachmann nahegelegt gewesen sei. Von den eher seltenen Fällen abgesehen, in denen relevante Bestandteile des Standes der Technik aus einer vom Kläger behaupteten offenkundigen Vorbenutzung bestehen oder der Zeitpunkt streitig ist, zu dem eine bestimmte technische Lehre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, besteht der im Rechtsstreit erörterte Stand der Technik im Wesentlichen aus amtlich veröffentlichten Patentdokumenten oder anderen Veröffentlichungen feststehenden Datums und ist daher in aller Regel als solcher unstreitig. Ein [X.] wird aus dem typischerweise ebenso unbegrenzten wie unüberschaubaren Stand der Technik jedoch erst durch die Darlegung des [X.], welchen konkreten Beitrag welche Bestandteile welcher Entgegenhaltung zu der geltend gemachten mangelnden Patentfähigkeit leisten sollen ([X.], Urteil vom 28. August 2012 - [X.], [X.]Z 194, 290 Rn. 36 - Fahrzeugwechselstromgenerator). Obwohl über die Patentfähigkeit letztlich die rechtlichen Schlussfolgerungen entscheiden, die aus den (potentiell) relevanten Beiträgen zur Beurteilung der Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit zu ziehen sind, ist das Patentgericht weder verpflichtet noch auch nur berechtigt, von sich aus zu ermitteln, worin diese relevanten Beiträge liegen könnten. Andernfalls könnte sich der Kläger darauf beschränken, eine Vielzahl von [X.] vorzulegen oder auch nur aufzulisten, und es dem Patentgericht überlassen, deren Inhalt auszuwerten und zu prüfen, ob und inwiefern sich hieraus Anhaltspunkte für eine mangelnde Patentfähigkeit ergeben. Damit würde das Patentgericht jedoch seine Aufgabe verfehlen, unparteiisch zu wägen, ob der Klagevortrag das Klagebegehren rechtfertigt, und sich in die Rolle eines Klägerhelfers begeben; dafür bietet indes auch der Amtsermittlungsgrundsatz keine Grundlage. Dies erhellt, dass im Patentnichtigkeitsverfahren die unstreitige Zugehörigkeit einer bestimmten Entgegenhaltung zum Stand der Technik keinen tauglichen Maßstab für die Qualifikation als (neues) [X.] bilden kann. [X.] ist vielmehr die Darlegung des [X.], welche bestimmten technischen Informationen, die der Fachmann einer bestimmten Entgegenhaltung oder bestimmten [X.] entnehmen kann, das Klagebegehren rechtfertigen sollen. Für [X.], die eine von der Erfindung [X.] technische Entwicklung belegen könnten und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen, gilt Entsprechendes.

cc) Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klägerin auch im Termin noch keine Übersetzung des Beschreibungsteils der Entgegenhaltung [X.] aus dem [X.] in die [X.] Sprache vorgelegt hat, die einen unstreitigen Inhalt der von der Entgegenhaltung gegebenen technischen Information begründen könnte und es dem Senat in der Sache ermöglicht hätte, den [X.] der Schrift zu würdigen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck    

       

Gröning    

       

Richter am [X.]
Dr. [X.] kann wegen
Urlaubs nicht unterschreiben.

       

       

       

       

Meier-Beck

       

Hoffmann    

        

Schuster    

       

Meta

X ZR 19/12

27.08.2013

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 9. November 2011, Az: 5 Ni 36/10 (EP), Urteil

§ 117 PatG, § 529 Abs 1 Nr 2 ZPO, § 531 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO, § 531 Abs 2 S 1 Nr 2 ZPO, § 531 Abs 2 S 1 Nr 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.08.2013, Az. X ZR 19/12 (REWIS RS 2013, 3224)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3224

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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