Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.08.2013, Az. X ZR 19/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3219

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X [X.]
Verkündet am:

27. August 2013

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Tretkurbeleinheit
[X.] §
117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3
a)
Ein neues [X.], das aus im zweiten Rechtszug neu eingeführten technischen Informationen einer Entgegenhaltung hergeleitet werden und das Klagevorbringen stützen soll, ist im Patentnichtigkeitsberufungsverfah-ren unabhängig davon nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz
1 Nrn. 1 bis 3 ZPO
zuzulassen, ob Vorveröffentlichung und techni-scher Inhalt der Entgegenhaltung außer Streit stehen. Für Dokumente, die eine von der Erfindung [X.] technische Entwicklung belegen könn-ten und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen, gilt Entsprechendes.

b)
Beruft sich der Kläger darauf, eine Entgegenhaltung erst durch eine nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchgeführte Recherche aufgefunden zu haben, ist das hierauf gestützte [X.] nur dann nach §
531 Abs.
2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn der Kläger [X.], dass die Ent-gegenhaltung mit einem sachgerecht gewählten Suchprofil bei der für die Begründung der Patentnichtigkeitsklage durchgeführten Recherche nicht aufgefunden werden konnte.

[X.], Urteil vom 27. August 2013 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin Schuster
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 9.
November 2011 verkündete Urteil des 5.
Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des am 7.
März 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität einer [X.] Voranmeldung vom 8.
März 2002 [X.], auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1
342
656, das eine Fahrradkurbeleinheit und ein Montagewerk-zeug betrifft. Es umfasst 40
Ansprüche, deren erster in der [X.] lautet:
1.
A bicycle crank arm apparatus comprising:
an [X.] (59) being adapted to be rotatably supported within a bottom bracket (33) of a bicycle frame, said [X.] having an [X.] body (348) with a first end portion (350) and a second end por-tion (354), wherein the second end portion has an outer peripheral
surface and a threaded inner peripheral surface;
1
-
3
-
an [X.] bolt (380) having a threaded outer peripheral surface [X.] end portion of the [X.] (59); a crank arm (60B) having an [X.] mounting boss (332) defining an opening for receiving the second end portion (354) of the [X.] therein, wherein the [X.] mounting boss (332) includes a first fastener for tightening the crank arm mounting boss around the second end portion of the [X.] (59); and wherein the [X.] mounting boss (332) is posi-tioned axially inwardly of the [X.] bolt (380),
characterized in that said [X.] (59) further [X.] (350, 354) of the [X.] body (348), wherein the projection is dimensioned and positioned to be lo-cated externally of the bottom bracket (33) so [X.] ([X.]) to prevent the crank arm ([X.]) from moving axially outwardly.
Die Klägerin hat das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche
1 bis 25 angegriffen. Sie hat geltend gemacht, Patentanspruch
1 gehe über den In-halt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus,
und
der Gegenstand der Ansprüche
1 bis 25 sei nicht patentfähig, weil er jedenfalls nicht auf einer erfin-derischen Tätigkeit beruhe. Dafür hat die Klägerin sich erstinstanzlich auf die [X.] Offenlegungsschriften 100
32
778 ([X.]) und 23
59
437
([X.]) sowie auf die [X.] Patentschrift 4
201
120
([X.]) gestützt.
Die Beklagte hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang nur be-schränkt verteidigt. Das Patentgericht hat es in diesem Rahmen für nichtig er-klärt, soweit es über die aus dem Tenor seines Urteils vom 9.
November 2011 ersichtliche Fassung der Patentansprüche
1 bis 22 hinausgeht und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der 2
3
-
4
-
sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem [X.] entgegen.
Entscheidungsgründe:
[X.] 1.
Das
Streitpatent betrifft eine zur Montage in der [X.] des Rahmens vorgesehene [X.]. Solche Baugruppen umfassen üblicherweise eine Welle (im Folgenden in Anlehnung an die Über-setzung der [X.]chrift: Achse), die sich gelagert durch die [X.] hindurch erstreckt, sowie zwei an der Achse befestigte [X.]e für Pedale zum Antrieb des Fahrrads über eines oder mehrere zumeist am rechten [X.] befestigte vordere Zahnräder (Kettenräder) und an der Hinterrad-achse angebrachte Ritzel sowie eine Antriebskette.
2.
In der Beschreibung des [X.] wird angesprochen, dass Kettenräder und Ritzel üblicherweise für den unbeeinträchtigten Gebrauch des Fahrrads korrekt fluchten müssten. Zur dafür erforderlichen seitlichen Ausrich-tung der Achse sehe ein bekanntes Verfahren vor, diese drehbar und zentriert innerhalb eines rohrförmigen Elements zu lagern und dabei in seitlicher Rich-tung durch an gegenüberliegenden Enden des rohrförmigen Elements [X.] zu halten. Achse und rohrförmiges Element würden dann in die Tretlageraufnahme eingesetzt und die benötigte seitliche Position der Achse werde eingestellt, indem Adapter, deren Außenumfangsflächen mit ei-nem Gewinde versehen seien, auf beiden Seiten unterschiedlich weit in die Tretlageraufnahme eingeschraubt würden. Die [X.]chrift kritisiert [X.], dass die Adapterelemente lang genug sein müssten, um die vielen unter-schiedlichen seitlichen Positionen abzudecken, die für die Achse in Betracht kommen. Das habe zur Folge, dass regelmäßig ein Abschnitt der mit einem 4
5
-
5
-
Gewinde versehenen Außenumfangsfläche eines jeden Adapterelements frei liege und die Gewinde deshalb häufig verschmutzten oder verrosteten. Auch müssten Achse, rohrförmiges Element und Lagerbaugruppen zumeist als Ein-heit ausgetauscht werden.
3.
Das Patentgericht hat das Problem, deren Lösung das Streitpatent unausgesprochen -
eine Aufgabe ist in seiner Beschreibung nicht formuliert -
bezweckt, darin gesehen, dass ein Tretkurbelmechanismus für ein Fahrrad be-reitgestellt werden solle, dessen Bauteile trotz Einstellbarkeit der Achse auf un-terschiedliche [X.] vor [X.] und [X.] geschützt [X.] werden könnten und die weitgehend einzeln für sich austauschbar seien. Dazu stellt Patentanspruch
1 in der Fassung des angefochtenen Urteils (im Folgenden nur: Patentanspruch
1) eine Fahrradkurbelarmvorrichtung unter Schutz, welche aufweist (in eckigen Klammern die vom Patentgericht verwen-deten Gliederungsziffern):
1.
eine Achse
(59) [2],
1.1
die so ausgebildet ist, dass sie in einer [X.] eines Fahrradrahmens
(33) drehbar gelagert werden kann [2.1], und
1.2
deren Achsenkörper (348) einen ersten
(350) und einem zweiten Endabschnitt
(354) aufweist [2.2],
2.
einen Flansch
(366) [6], der
2.1
sich vom ersten Endabschnitt
(350) des Achsenkör-pers
(348) in radialer Richtung nach außen erstreckt [ex-tending radially outwardly from the first end portion] [6.1],
2.2
so dimensioniert und positioniert ist, dass er sich außer-halb der Tretlageraufnahme
(33) befindet [6.2],
2.3
so dass er gegen eine äußere Seitenfläche eines ([X.]) Fahrradkurbelarmes
([X.]) zur Anlage kommt, um zu 6
-
6
-
verhindern, dass sich der [X.]
([X.]) in axialer Richtung nach außen bewegt, [6.3, 6.4]
3.
einen Achsbolzen
(380) [3], der
3.1
eine mit einem Gewinde versehene Außenumfangsflä-che aufweist [3.1]
und
3.2
in die Innenumfangsfläche
(368) des zweiten [X.]s (354) der Achse eingeschraubt ist [3.2], der eine Außenumfangsfläche aufweist und an seiner Innenum-fangsfläche
(368) mit einem (Gegen-) Gewinde versehen ist [2.3, 2.4],
4.
einen (zweiten) [X.]
(60B) [4]
mit einem Achsbefesti-gungsauge [mounting boss]
(331) [4.1], das
4.1
eine Öffnung
(332) zur Aufnahme des zweiten [X.]s (354) der Achse begrenzt, [4.2]
4.2
eine erste Befestigungseinrichtung zum Festziehen des [X.] um den zweiten Endabschnitt (354) der Achse umfasst [4.3, 4.4]
und
4.3
axial innenseitig vom Achsbolzen
(380) positioniert [posi-tioned axially inwardly of the [X.] bolt] ist.[5]
4. a)
Das mit "[X.]"
übersetzte Merkmalselement "[X.] mounting boss"
(Merkmale 4, 4.2) bezeichnet in der maßgeblichen Termi-nologie des [X.] in der [X.] nicht die Öffnungen in den [X.], durch die diese auf die Achse aufgesteckt werden. Diesen sind vielmehr
eigene Bezugszeichen zugeordnet
(308, 332). Ebenso wenig ist dieser Begriff auf die ringnutähnliche radiale Vertiefung am Außenrand der Öffnung bezogen, in die der Flansch in einer gezeigten Ausführungsform eingelassen wird. Mit "[X.] mounting boss"
wird in den ursprünglichen Anmeldungsunterla-gen und in der erteilten Fassung des [X.] vielmehr der die [X.]
-
7
-
gen
308 und 332 umschließende Körper der Kurbeln ohne radiale Bereichsein-grenzung beschrieben.
b)
Der technische Sinngehalt der mit Patentanspruch
1 unter Schutz gestellten Vorrichtung erschließt sich im Lichte der Erläuterung ihrer Montage in der Beschreibung (Rn. 23 = Rn. 32 der Übersetzung). Der Achsbolzen
380 ist dafür vorgesehen, die axiale Position des [X.] einzustellen, nachdem die Achse zunächst von außen durch die Öffnung
308 im Achsbefes-tigungsauge
304 des kettenradseitigen [X.]s [X.] gesteckt wurde, so dass dieser axial außen vom [X.] gehalten wird. Dann wird die Achse durch die Tretlageraufnahme [X.] und der [X.]
60B mit der Öffnung
332
im [X.]
331 auf den zweiten [X.]
354 der Achse aufgesetzt. Der am [X.]
60B anliegende Achsbol-zen
wird dann so weit in die mit einem
Gewinde versehene Innenumfangsflä-che
368 der Achse eingeschraubt, bis die gewünschte laterale Achsposition des [X.]s erreicht ist, um diesen jetzt mit der ersten Befestigungseinrichtung festzuziehen (Merkmal 4.2). In dem in Rn. 23 der Beschreibung vorgestellten Ausführungsbeispiel werden im Zusammenhang mit dem Einbau der an-spruchsgemäßen Vorrichtung noch [X.] 124A und [X.], zu denen [X.]
154A und [X.] gehören, die der [X.] des erwünschten Spiels zwischen den Tretkurbelarmen [X.] und 60B und der Tretlageraufnahme dienen (vgl. Figur 2).
I[X.]
Das Patentgericht hat, soweit es die Klage abgewiesen hat, ange-nommen, der Gegenstand von Patentanspruch
1 werde nicht dadurch unzuläs-sig erweitert, dass ein Achsbolzen
380 und eine erste Befestigungseinrichtung ohne Einbeziehung der [X.] 154A und [X.] vorgesehen seien. Den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sei nicht nur die gemeinsame Verwen-dung dieser Bauteile zu entnehmen, sondern auch der Aufbau der [X.] ohne solche Distanzelemente, und zwar in dem dort formulierten Patentan-8
9
-
8
-
spruch
1.
Die weitere Beschränkung des erteilten Patentanspruchs
1 durch Be-anspruchung eines Flansches anstelle des ursprünglich vorgesehenen [X.] sei ebenfalls zulässig, weil ein Flansch eine Ausführungsform
eines Vorsprungs darstelle.
Seine Annahme, der Gegenstand von Patentanspruch
1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, hat das Patentgericht im Wesentlichen wie folgt [X.]. Die in [X.] offenbarte Fahrradkurbelarmvorrichtung zeige keinen Flansch im Sinne der Merkmalsgruppe
2 und keine Befestigungseinrichtung im Sinne von Merkmal
4.2. Dabei biete [X.] eine komplette Lösung für die [X.], die sich das Streitpatent stelle (oben I
3). Davon ausgehend habe keine Notwendigkeit zu einer Abänderung der dort vorgeschlagenen Anordnung [X.].
Eine hinreichend konkrete Anregung zur Auffindung des Gegenstands von Patentanspruch
1 gebe auch [X.] nicht. Der dortige kettenradseitige [X.] der Achse könne zwar als ein einstückig an die Achse angeformtes [X.] und insoweit als Flansch interpretiert werden; dieser sei jedenfalls aber nicht zur Verhinderung einer Bewegung des [X.]s in axia-ler Richtung nach außen gestaltet. [X.] zeige auch keinen Achsbolzen und die damit zusammenhängenden Merkmale. Aus fachlicher Sicht möge zwar die einstückige Ausgestaltung von Achse und [X.] als nachteilig erkannt werden; die Schrift lege insoweit aber allenfalls nahe, auch den [X.] auf der Seite des [X.] über eine Keilverzahnung und eine Befestigungsein-richtung (Figur
3 von [X.], Bezugszeichen
15) an der Achse zu befestigen. So-weit es den Aspekt des Schutzes vor Rost-
und Verschmutzung betreffe, rege [X.] allenfalls zur Übernahme der Staubkappe (Figur
1, Bezugszeichen
8) an, nicht aber zur Verwendung eines Achsbolzens.

10
11
-
9
-
[X.] führe ebenfalls nicht zum Gegenstand von Patentanspruch
1. Die dort offenbarte Vorrichtung weise keine Befestigungseinrichtung nach Maßgabe von Merkmal
4.2 auf und keinen Achsbolzen mit der Merkmalsgruppe
3. Unterstelle man den Austausch der aus [X.] ersichtlichen Sicherungsmutter gegen einen Achsbolzen zum Einschrauben in ein Innengewinde der Achse als für den Fachmann angesichts des Problems der [X.] und Korrosion ausgesetzten freiliegenden
Gewindeabschnitte naheliegende Maßnahme, ergäbe sich dabei trotzdem keine streitpatentgemäße Befestigungseinrichtung zum Festziehen des [X.]s um einen Endabschnitt der Achse, erst recht nicht um denjenigen Endabschnitt, der mit einem Innengewinde versehen sei und den Achsbolzen aufnehme. Vor Verschmutzung schütze eine solche Befesti-gungseinrichtung nicht. Kombinationen aus den drei genannten [X.] führten ebenfalls nicht zum Gegenstand von Patentanspruch
1.
II[X.]
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Berufung ha-ben keinen Erfolg.
1.
Zu Recht hat das Patentgericht keine unzulässige Erweiterung da-rin gesehen, dass die mit Patentanspruch
1 unter Schutz gestellte Vorrichtung keine [X.]
154A und [X.] einschließt, obwohl solche Elemente in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen beschrieben sind. Nach der Recht-sprechung des [X.] kommt es für den [X.] der Patentanmeldung zwar, worauf die Berufung noch zutreffend hinweist, auf die Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen an. Das zielt aber auf den häufig erhobenen Einwand, die erteilten Patentansprüche gingen über den Gegenstand der in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen formulierten [X.] hinaus, und stellt in diesem Zusammenhang klar, dass es für den Of-fenbarungsgehalt auf die Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterla-gen und auf das ankommt, was aus ihnen aus fachmännischer Sicht unmittel-bar und eindeutig als zur Erfindung gehörend hervorgeht (vgl. [X.], Urteil vom 12
13
14
-
10
-
22. Dezember 2009 -
X ZR 28/06, [X.], 513 Rn. 29 mwN -
Hubglieder-tor
II). Als zur Erfindung gehörend ist eine bestimmte Ausführungsform auch dann offenbart, wenn sie nur in den mit den Anmeldungsunterlagen eingereich-ten Ansprüchen beschrieben ist, nicht aber daneben auch in der Beschreibung oder dort -
wie hier geltend gemacht -
mit bestimmten zusätzlichen Elementen, wie den hier in Rede stehenden [X.]n (vgl. hierzu beispielsweise [X.], Urteil vom 8.
Juli 2010 -
Xa
ZR
124/07, [X.],
910 Rn.
46 -
Fäl-schungssicheres Dokument).
2.
Die Zulässigkeit der beschränkten Verteidigung durch Einfügun-gen in der Merkmalsgruppe
2 stellt die Klägerin ebenfalls zu Unrecht infrage. Dafür kann offen bleiben, ob der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die Beschränkung des [X.] insoweit vor dem Patentgericht hingenommen und sei deshalb im Berufungsverfahren mit Angriffen gegen deren Überein-stimmung mit der Ursprungsoffenbarung ausgeschlossen, verfahrensrechtlich durchgreift. Denn jedenfalls wird der Gegenstand von Patentanspruch
1 durch Merkmale der Merkmalsgruppe
2 nicht unzulässig erweitert.
a)
Fehl geht die Berufung in ihrer Annahme, der Fachmann sehe den in der Beschreibung erwähnten und den Zeichnungen zu entnehmenden Flansch nicht
als ein für die Erfindung wesentliches Bauteil an, das er bereits beim Lesen der Beschreibung entsprechend verallgemeinere. In den ursprüng-lichen Anmeldungsunterlagen ist unmittelbar die Funktion des [X.], die Tretkurbel [X.] in ihrer Position axial außen an der Achse zu [X.] ([X.] Patentanmeldung 1
342
656
A2 Abs. 20 ff.: "

[X.] extending flange
366 is disposed at the extreme end portion 350 for abutting against the laterally outer surface of [X.] mounting boss 308 of crank arm [X.]

"). Nichts anderes bringt die [X.] zum Ausdruck. So-weit in Merkmal
2.3 zusätzlich beschrieben ist, dass die Anlage des Flansches an einer äußeren Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes verhindern soll, dass 15
16
-
11
-
sich der [X.]
in axialer Richtung nach außen bewegt, handelt es sich le-diglich um eine zusätzliche Wirkungsbeschreibung dessen, was mit der Merk-malsgruppe
2 insgesamt bereits zum Ausdruck gebracht ist.
b)
Dass der Flansch sich "in radialer Richtung nach außen erstreckt", deckt sich unmittelbar mit den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ("a radial-ly outwardly extending flange", [X.]O Abs. 20). Soweit in der beschränkt vertei-digten Fassung von Patentanspruch
1 -
überflüssigerweise -
außerdem formu-liert ist, dass sich der Flansch "radial außerhalb vom ersten Endabschnitt
350"
erstrecke, wird mit dieser Übernahme aus der missglückten [X.] Über-setzung der Patentschrift von Patentanspruch
1 nichts Zusätzliches hinzuge-fügt. Maßgeblich bleibt im Übrigen ohnehin der Wortlaut in der [X.], in der das Streitpatent im Übrigen besser beschränkt zu verteidigen gewe-sen wäre.
c)
Die Anordnung des Flansches "außerhalb der Tretlageraufnahme"
(Merkmal
2.2) mag in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sein, ergibt sich aber aus Figur
3 und ist aus fachmän-nischer Sicht, für die nach den unangefochtenen Feststellungen des Patentge-richts auf einen Fachschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau
abzustel-len ist, der bei einem Fahrradhersteller oder -zulieferer mit der Konstruktion von Tretkurbelmechanismen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt, nach Art der mit Patentanspruch
1 beanspruchten [X.] ohnehin eine technische Selbstverständlichkeit.
d)
Soweit der Flansch nach dem Wortlaut der beschränkten Fassung von Patentanspruch
1 gegen eine "äußere Seitenfläche eines [X.]"
zur Anlage kommt, liegt darin keine unzulässige Erweiterung, weil die "äußere Seitenfläche eines Fahrradkurbelarmes"
in der Diktion des Streitpa-tents derjenigen des [X.]s entspricht und aus Letzterem ent-17
18
19
-
12
-
gegen der Ansicht der Klägerin keine abgrenzbare Beschränkung der radialen Erstreckung des Flansches hergeleitet werden kann (oben I
4
a).
3.

Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durch das Patentge-richt wird von der Berufung nicht erschüttert und ist rechtlich auch sonst nicht zu beanstanden.
Der dem Streitpatent erstinstanzlich entgegengehaltene Stand der [X.] lässt den Gegenstand von Patentanspruch
1 schon deshalb nicht als nahe-gelegt erscheinen, weil weder eines der drei Dokumente [X.] bis [X.] für sich noch vorstellbare Kombinationen der Schriften eine hinreichend konkrete Anre-gung für die erfindungsgemäße Vorrichtung boten, deren technischer Sinnge-halt, wie ausgeführt, insbesondere darin zu sehen ist, dass die axiale Relativ-position des [X.] mithilfe des in ein Innengewinde der Achse zu schraubenden Bolzens
380
festgelegt werden kann, um den Arm danach an dieser Position festzuziehen (oben I
4
b).
Wegen der Würdigung der Dokumente [X.] bis [X.] für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und bemerkt ergänzend mit Blick auf das schriftsätzliche Berufungsvorbringen und die Erörterungen in der mündli-chen Verhandlung: Die Aufgabe hat das Patentgericht durch Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung richtig ermittelt. Ist, wie [X.], keine Aufgabe formuliert, kommen die in der Beschreibung erwähnten, mit den bekannten Lösungen verbundenen Probleme als Anhaltspunkte für die zutreffende Auslegung des Patentanspruchs in Betracht, aus dessen Leis-tungsergebnis sich wiederum die Aufgabe im Sinne des tatsächlich gelösten technischen Problems ableiten lässt ([X.], Urteil vom 4.
Februar 2010

Xa
ZR
36/08, [X.], 602 Rn.
27

Gelenkanordnung). Dies schließt nicht aus, dass bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit auch andere techni-20
21
22
-
13
-
sche Probleme zu berücksichtigen sind, zu deren Lösung der Fachmann [X.] sein kann, die technische Lehre der Erfindung vorzuschlagen oder [X.] in Erwägung zu ziehen (Urteil vom 11. März
2011 -
X ZR 72/08, [X.] 2011, 607 Rn. 12, 14 -
kosmetisches Sonnenschutzmittel
III).

Um vom Gegenstand von [X.] zum Gegenstand von Patentanspruch
1 zu gelangen, wäre es nicht damit getan, in der in [X.] gezeigten [X.] die Sicherungsmutter durch einen Achsbolzen zu ersetzen, wie er etwa zur Arretierung der [X.] in [X.] vorgesehen ist. Denn weder in [X.] noch in [X.] ist die axiale [X.] angelegt, die dem Bolzen innerhalb der Lö-sung des [X.] zukommt. Deshalb ist nicht ersichtlich, was ohne rück-schauende Betrachtung fachlichen Anlass hätte geben sollen, [X.] insoweit ab-zuwandeln. Außerdem bestünde aus fachlicher Sicht kein Anlass, die Befesti-gung des dem Tretkurbelarm
60B des [X.] entsprechenden Kurbel-arms
14 in [X.] kurzerhand durch die in [X.] gezeigte zu ersetzen, die das [X.] nur bei isolierter Betrachtung von Merkmal 4.2 aufzugreifen scheint. Denn das [X.] zum Hinterrad, das den eigentlichen Gegen-stand von [X.] bildet, bringt es, wie aus den Figuren ersichtlich, mit sich, dass Kettenräder auf beiden Seiten der Rahmenrohre angebracht sind, so dass für ein Festziehen einer dem [X.]
60B entsprechenden Tretkurbel unter Schließung eines Spalts zwischen zwei Befestigungszipfeln
337 und 338 (vgl. Figuren 6 und 7 des [X.]) [X.] selbst unter der Voraussetzung
kein Raum ist, dass dieses Dokument fachlich für die Montage von [X.] überhaupt herangezogen wird. Der Anregungsge-halt von [X.] geht deshalb jedenfalls nicht über die vom Streitpatent verwendete Anbringung und Halterung des [X.]s
[X.] hinaus.
4.
Es bedarf keiner Entscheidung, inwieweit der Berufungsvortrag neues Vorbringen im Sinne des §
117 [X.] in Verbindung mit § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO darstellt, soweit sich die Klägerin für die nach ihrer Auffassung na-23
24
-
14
-
heliegende Kombination einer Tretkurbelvorrichtung nach der [X.] mit einer Be-festigung des dem Tretkurbelarm
60B des [X.] entsprechenden Kur-belarms, wie sie in der [X.] gezeigt ist, alternativ zur [X.] erstmals in der [X.] auch auf die [X.] Patentschrift 549 498 ([X.]), das US-Patent 4 406 504 ([X.]), die [X.] [X.] 8-258779 ([X.]), die [X.] Patentschrift 887 207 (Übersetzung = D6) sowie -
pauschal -
auf weitere Schriften ([X.] -
[X.]4) beruft, in denen Klemmmechanismen für Fahr-radkurbeln mit [X.] beschrieben seien. Denn die Klägerin leitet hieraus nichts ab, was über die [X.] hinausginge.
5.
Soweit sich die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung auf die [X.] [X.] 63-133488 ([X.]) beruft und in
dem nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz vom 28. August 2012 einen selbständigen Angriff auf diese Schrift stützt, die in Kombination mit der Entgegenhaltung [X.] den Gegenstand des [X.] nahelege, erstreckt sich der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts nach §
117 [X.] in Verbin-dung mit den entsprechend anzuwendenden Vorschriften der § 529 Abs. 1 Nr.
2, §
531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO hierauf nicht.
a)
Trotz des ihr unmittelbar nach Eingang der Berufungsbegründung erteilten Hinweises hat die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keinen Gesichtspunkt dargetan, unter dem das neue [X.] nach diesen Vorschriften zugelassen werden dürfte.
Es betrifft weder einen Gesichtspunkt, den das Patentgericht erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hätte (§ 531 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1 ZPO), noch wird von der Berufung ein Verfahrensmangel, insbesondere in Gestalt ei-nes unzureichenden Hinweises nach § 83 Abs. 1 [X.] gerügt (§
531 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 ZPO). Eine Zulassung käme daher nur dann in Betracht, wenn die unterbliebene Geltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf Nachlässigkeit 25
26
27
-
15
-
der Klägerin oder deren Prozessbevollmächtigten beruhte (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
Hierzu hat die Klägerin angegeben, zwischen den [X.]en seien mehre-re gerichtliche Auseinandersetzungen anhängig, die mehrere [X.] der Beklagten und einige gegen die [X.] anhängige [X.] Einspruchsverfahren einschlössen. Zuletzt habe die
Beklagte eine neue Verletzungsklage auf Basis des [X.]n Patents 2
202
141 erhoben. Gegen dieses Patent sei am 31.
Mai 2012 Einspruch eingelegt und zu dessen Vorbereitung eine umfassende Recherche des Stands der Technik durchgeführt worden, bei dem der in das Berufungsverfahren eingeführte Stand der Technik zutage gefördert worden sei.
b)
Diese Begründung ist schon deshalb ungeeignet, eine nachlässige Prozessführung auszuschließen, weil von den in der Berufungsbegründung erstmals erwähnten [X.] nicht weniger als fünf, nämlich die [X.] ([X.]), die [X.] Patentschrift 61 009 ([X.]1) und die [X.] 4 728 218, 4 704 919 und 5 010 785 ([X.]2 bis [X.]4) be-reits auf dem Deckblatt der [X.]chrift als [X.] aufgeführt sind und [X.] darüber hinaus in der Beschreibung des [X.] abgehandelt wird. In der geltend gemachten Pauschalität kann daher die Behauptung nicht zutreffen, dass erst eine erneute Recherche die Klägerin in die Lage versetzt hat, weiteren Stand der Technik in das Patentnichtigkeitsverfahren einzuführen.
c)
Im Übrigen kann fehlende Nachlässigkeit nicht damit begründet wer-den, die Recherche, die den neu eingeführten Stand der Technik zutage geför-dert habe, sei erst in der
Berufungsinstanz durchgeführt worden. [X.] ist vielmehr, warum diese Recherche auch bei sorgfältiger Prozessführung in [X.] Instanz (noch) nicht veranlasst war. An einer solchen Darlegung fehlt es 28
29
30
-
16
-
hier; sie ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung.
Sie hat sich zum einen ergänzend darauf berufen, die nachträglich einge-führten Dokumente hätten nur bei einer breiter als die für das erstinstanzliche Verfahren durchgeführte angelegten Recherche ermittelt werden können, die entsprechend umfangreicher ausgefallen wäre. Dies ist in Bezug auf die [X.], die in den zweitinstanzlichen Ausführungen der Klägerin eine hervorgehobene Po-sition einnimmt und deren Zulassung nach dem Vorstehenden allein der [X.] bedarf, schon deshalb nicht ohne -
von der Klägerin nicht gegebene -
wei-tere Erläuterung stichhaltig, weil die Schrift derselben Gruppe derselben [X.] der internationalen Patentklassifikation wie das Streitpatent angehört
([X.] 3/00). Im Übrigen setzt die Darlegung mangelnder Nachlässigkeit bei der Ermittlung des für die Begründung des Klageangriffs relevanten Standes der Technik voraus, dass der Kläger konkret [X.], wie er das Suchprofil seiner erstinstanzlichen Recherche angelegt hat, warum er
ein solches Profil gewählt hat und nicht dasjenige, das zur Ermittlung des in zweiter Instanz neu angeführ-ten Stands der Technik geführt hat,
und dass bei dem gewählten Suchprofil der in zweiter Instanz vorgebrachte Angriff gegen die Patentfähigkeit des Gegen-stands des [X.] in erster Instanz nicht geführt werden konnte. Erst durch eine solche -
im Streitfall fehlende -
Darlegung wird der Beklagte in die Lage versetzt, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die erstinstanzliche Re-cherche sorgfältiger
Prozessführung entsprochen hat, und dem Bundesge-richtshof die Prüfung ermöglicht, ob die Voraussetzungen des §
531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO für die Zulassung des neuen Vorbringens vorliegen. Nach §
112 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c [X.] gehören die Tatsachen, aufgrund deren neue Angriffs-
und Verteidigungsmittel nach § 117 [X.] zuzulassen sind, deshalb auch zu den [X.], die bereits die Berufungsbegründung enthalten muss, wenn sie die Zulässigkeit der Berufung tragen sollen. Es war erklärtes Regelungsziel des [X.], das [X.] zu 31
-
17
-
einem Instrument der Fehlerkontrolle und -beseitigung umzugestalten ([X.] zum Entwurf zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, [X.] 2009, 307, 316). Dem reformierten Patentgesetz liegt das [X.] Bekenntnis zu einem Patentnichtigkeitsverfahren zugrunde, in dem der Streitstoff in erster Instanz prinzipiell abschließend festgelegt wird und der [X.] nur unter den Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung der §§
529 bis 531 ZPO erweitert werden kann. Mit dieser Zielsetzung wäre die Gestattung eines unter den Vorbehalt subjektiver Zweckmäßigkeit gestellten, prinzipiell zwischen den beiden Instanzen des Nichtigkeitsverfahrens unter-scheidenden [X.] unvereinbar.
Soweit die Klägerin mit Blick auf den [X.]n Ursprung von [X.] zum anderen darauf verwiesen hat, dass [X.] Dokumente erst ab 2006 in ein-schlägige Datenbanken eingepflegt worden seien und auch das nicht rückwir-kend, weist die Beklagte überzeugend darauf hin, dass die Klägerin in [X.] der Marktstellung der Beklagten bei der Herstellung von Fahrradkompo-nenten gesteigerten Anlass hatte, ihre Recherche auf [X.] Dokumente zu erstrecken. Im Übrigen hat die Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erläutert, worauf es zurückzuführen ist, dass sie die Entgegenhaltung [X.], die vor 2006 veröffentlicht wurde (1988), im Berufungsverfahren, aber nicht in [X.] Instanz vorzulegen vermocht hat.
d)
Zur Darlegung fehlender Nachlässigkeit
reicht es, anders als die Klä-gerin zu meinen scheint, grundsätzlich auch nicht aus, dass das Patentgericht in seinem Hinweis nach §
83 Abs. 1 [X.], wie hier, keine Frist zur Ergänzung ihres Vorbringens gesetzt hat. Die Verfügung des Vorsitzenden, in dem das Patentgericht die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass die von ihr geführten, auf die [X.] [X.] bis [X.] gestützten Angriffe ein Naheliegen des Gegenstands des [X.] voraussichtlich nicht begründen könnten, gab ihr Anlass
zu der Prüfung, ob eine Ergänzung des Klagevorbringens möglich 32
33
-
18
-
und geboten war. Der Verzicht des Patentgerichts auf die in § 83 Abs. 2 [X.] vorgesehene Fristsetzung begünstigte die Klägerin dabei insoweit, als es ihr danach gestattet war, als Reaktion auf
den erteilten Hinweis mit diesem in sachlichem Zusammenhang stehende [X.] ohne Bindung an eine gesetzte Frist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in das erstinstanzliche Verfahren einzuführen, ohne eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] fürchten zu müssen. Die unterbliebene Fristsetzung durch das Patentgericht bietet aber keine Handhabe dafür, das in erster Instanz inso-weit gänzlich Unterlassene in der Berufungsinstanz außerhalb des entspre-chend §
531 Abs.
2 Satz
1 Nrn. 1 bis 3 ZPO gesteckten Rahmens nachzuholen.
e)
Das neue, auf die [X.] gestützte [X.] ist entgegen der [X.] der Klägerin auch nicht deshalb zuzulassen, weil die öffentliche Zu-gänglichkeit der Schrift vor dem [X.] und der ihr zu entnehmende tech-nische Informationsgehalt unstreitig wären.
[X.])
Nach der Rechtsprechung des [X.] erfasst der [X.] der neuen Angriffs-
und Verteidigungsmittel im Zivilprozess zwar nur streiti-ges und daher beweisbedürftiges Vorbringen ([X.], Urteil vom 18.
November 2004

IX
ZR
229/03, [X.]Z 161, 138, 142; Beschluss vom 23.
Juni 2008

GSZ
1/08, [X.]Z 177, 212 Rn. 10). Zur Begründung hat der [X.] insbesondere darauf hingewiesen, dass dem Zweck des Zivilprozesses eine Auslegung der Vorschrift widerspreche, nach der das Gericht sehenden Auges auf einer falschen, von keiner [X.] vorgetragenen tatsächlichen Grundlage entscheiden müsste ([X.]Z 161, 138, 143). Diese Erwägungen können auf die Einführung von neuem Stand der Technik im Patentnichtigkeitsverfahren, des-sen Besonderheiten der Gesetzgeber des Patentrechtsmodernisierungsgeset-zes in § 117 [X.] durch die Anordnung einer lediglich entsprechenden Anwen-dung des §
531 Abs. 2 Rechnung getragen hat (s. dazu die Begründung des 34
35
-
19
-
Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/11339, [X.]; [X.], [X.] 2012, 996, 998 f.), aber nicht übertragen werden.
bb)
Über die Patentfähigkeit des Gegenstands des [X.] ent-scheidet, ob der Stand der Technik die unter Schutz gestellte technische Lehre vorwegnimmt oder dem Fachmann hinreichende Anregungen vermittelt, be-kannte technische Lösungen zu dieser technischen Lehre abzuwandeln oder weiterzuentwickeln. Der Stand der Technik besteht dabei aus der regelmäßig unüberschaubaren Vielzahl von Druckschriften und sonstigen Entgegenhaltun-gen, aus der sich Bausteine für die dem Kläger des Patentnichtigkeitsverfah-rens obliegende Darlegung ergeben können, dass und inwiefern der Gegen-stand des [X.] neuheitsschädlich getroffen oder dem Fachmann nahe-gelegt gewesen sei. Von den eher seltenen Fällen abgesehen, in denen rele-vante Bestandteile des Standes der Technik aus einer vom Kläger behaupteten offenkundigen Vorbenutzung bestehen oder der Zeitpunkt streitig ist, zu dem eine bestimmte technische Lehre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, besteht der im Rechtsstreit erörterte Stand der Technik im Wesentlichen aus amtlich veröffentlichten Patentdokumenten oder anderen Veröffentlichungen feststehenden Datums und ist daher in aller Regel als solcher unstreitig. Ein [X.] wird aus dem typischerweise ebenso unbegrenzten wie unüber-schaubaren Stand der Technik jedoch erst durch die Darlegung des [X.], welchen konkreten Beitrag welche Bestandteile welcher Entgegenhaltung zu der geltend gemachten mangelnden Patentfähigkeit leisten sollen ([X.], Urteil vom 28. August 2012 -
X [X.], [X.]Z 194, 290 Rn. 36 -
Fahrzeugwechsel-stromgenerator). Obwohl über die Patentfähigkeit letztlich die rechtlichen Schlussfolgerungen entscheiden, die aus den (potentiell) relevanten Beiträgen zur Beurteilung der Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit zu ziehen sind, ist das Patentgericht weder verpflichtet noch auch nur berechtigt, von sich aus zu [X.], worin diese relevanten Beiträge liegen könnten. Andernfalls könnte sich der Kläger darauf beschränken, eine Vielzahl von [X.] vorzule-36
-
20
-
gen oder auch nur aufzulisten, und es dem Patentgericht überlassen, deren Inhalt auszuwerten und zu prüfen, ob und inwiefern sich hieraus Anhaltspunkte für eine mangelnde Patentfähigkeit ergeben. Damit würde das Patentgericht jedoch seine Aufgabe verfehlen, unparteiisch zu wägen, ob der Klagevortrag das Klagebegehren rechtfertigt, und sich in die Rolle eines Klägerhelfers bege-ben; dafür bietet indes auch der Amtsermittlungsgrundsatz keine Grundlage. Dies erhellt, dass im Patentnichtigkeitsverfahren die unstreitige Zugehörigkeit einer bestimmten Entgegenhaltung zum Stand der Technik keinen tauglichen Maßstab für die Qualifikation als (neues) [X.] bilden kann. [X.] ist vielmehr die Darlegung des [X.], welche bestimmten technischen In-formationen, die der Fachmann einer bestimmten Entgegenhaltung oder be-stimmten [X.] entnehmen kann, das Klagebegehren rechtferti-gen sollen. Für [X.], die eine von der Erfindung [X.] technische Entwicklung belegen könnten und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen, gilt Entsprechendes.
cc)
Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klägerin auch im Termin noch keine Übersetzung des Beschreibungsteils der Entgegenhaltung [X.] aus dem [X.] in die [X.] Sprache vorgelegt hat, die einen un-streitigen Inhalt der von der Entgegenhaltung gegebenen technischen Informa-tion begründen könnte und es dem Senat in
der Sache ermöglicht hätte, den [X.] der Schrift zu würdigen.
37
-
21
-
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck
[X.]
Richter am Bundesgerichtshof
Dr.
[X.] kann wegen [X.] nicht unterschreiben.

Meier-Beck

[X.]
Schuster
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 09.11.2011 -
5 Ni 36/10 (EP) -

38

Meta

X ZR 19/12

27.08.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.08.2013, Az. X ZR 19/12 (REWIS RS 2013, 3219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3219

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 19/12 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitsberufungsverfahren: Voraussetzungen für die Zulassung neuer Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel bestehend aus technischen Informationen einer Entgegenhaltung …


I-2 U 91/02 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


35 W (pat) 450/09 (Bundespatentgericht)

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "Fahrradkurbelbaugruppe" Aussetzung – Schutzfähigkeit –


X ZR 160/11 (Bundesgerichtshof)


X ZR 18/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 19/12

X ZR 72/08

X ZR 99/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.