Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2018, Az. B 1 KR 6/18 R

1. Senat | REWIS RS 2018, 3952

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Leistungen zur Teilhabe - Zuständigkeitsklärung - Rentenversicherungsträger - erstangegangener Rehabilitationsträger - Anerkennung der Zuständigkeit gegenüber dem Leistungsberechtigten - Antrag auf Altersrente vor Ende der Rehabilitationsmaßnahme - Zuständigkeitswechsel nach Leistungsbewilligung und vor Erfüllung der Leistungspflicht - Beibehaltung der Zuständigkeit im Außenverhältnis bis zur vollständigen Leistungserbringung - Wechsel der Zuständigkeit im Innenverhältnis der Leistungsträger - nachrangige Zuständigkeit im Erstattungsverhältnis - Prüfung einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB 10 - gleich bleibende Leistungen - Verschiebung der Rechtsgrundlage keine wesentliche Änderung - Möglichkeit einer Kostenerstattung nach den Grundsätzen des vorläufig leistenden Leistungsträgers)


Leitsatz

1. Bewilligt ein erstangegangener Rehabilitationsträger in Bejahung seiner Zuständigkeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, bleibt er im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten jedenfalls bis zur vollständigen Erfüllung der Leistungspflicht hierfür zuständig, auch wenn sich danach die Innenzuständigkeit im Erstattungsverhältnis zu einem anderen Träger ändert.

2. Bewilligt ein erstangegangener Rehabilitationsträger einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe und verliert er danach vor Erfüllung der Leistungspflicht im Innenverhältnis zu einem anderen Träger seine Primärzuständigkeit, begründet dies im Erstattungsverhältnis zum anderen Träger eine nachrangige Zuständigkeit.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des [X.] vom 16. Januar 2018 und des [X.] vom 11. September 2015 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 7169,50 Euro zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für eine medizinische Rehabilitation (Reha).

2

Die klagende Rentenversicherungsträgerin bewilligte dem bei ihr und bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherten [X.] (im Folgenden: Versicherter) auf seinen Antrag (28.10.2008) eine stationäre Leistung zur medizinischen Reha (14.11.2008). Dabei wies sie darauf hin, dass ihre Zuständigkeit ua nur gegeben sei, wenn der Versicherte bis zum Ende der [X.] keine Altersrente von wenigstens 2/3 der Vollrente beantrage. Der Versicherte beantragte Altersrente (19.11.2008). Er erhielt die medizinische Reha (29.12.2008 bis [X.]) und ab [X.] Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt (Bescheid vom [X.]). Die Klägerin forderte von der Beklagten Erstattung ihrer Aufwendungen für die Reha: Wegen des [X.] sei die Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ([X.]) ausgeschlossen. Daher habe die Zuständigkeit der Beklagten bestanden. Die Beklagte lehnte dies ab. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung, zuletzt gerichtet auf Zahlung von 7169,50 [X.] (4917,30 [X.] Pflegekosten, 16,40 [X.] Reisekosten, 1222,40 [X.] Übergangsgeld <[X.]> und 1013,40 [X.] Beiträge zur Sozialversicherung) zurückgewiesen: Ein Erstattungsanspruch bestehe weder nach § 14 Abs 4 S 1 [X.]B IX noch nach den §§ 102 ff [X.]B X (Urteil vom 16.1.2018).

3

Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren einen Teilvergleich geschlossen. Hiernach war auch eine medizinische Reha nach § 40 Abs 2 [X.]B V erforderlich und hatte die Klägerin im Falle ihrer fortdauernden Leistungszuständigkeit Krankengeld ([X.]) in Höhe des [X.] und mit gleicher Wirkung, zudem Pflegekosten, Fahrkosten und Beiträge zur Sozialversicherung mit Ausnahme jener zur gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) zu leisten, sodass in diesem Fall die Beklagte 7169,50 [X.] zu zahlen hat.

4

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 48 Abs 1 S 1 [X.]B X, § 103 Abs 1 [X.]B X und § 14 Abs 4 S 1 [X.]B IX.

5

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 16. Januar 2018 und des [X.] vom 11. September 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 7169,50 [X.] zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 [X.] SGG). Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht zurückgewiesen. [X.]- und SG-Urteil verletzen revisibles Recht. Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagte hat der Klägerin deren Aufwendungen für die stationäre Reha des Versicherten zu erstatten. Anspruchsgrundlage des Zahlungsanspruchs ist im Wesentlichen § 104 Abs 1 [X.]. Die Klägerin kann sich als nachrangig zuständiger Träger auf diese anwendbare, nicht ausgeschlossene Rechtsnorm stützen (dazu 1.). Deren weitere Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt (dazu 2.). Die Beklagte hat auch die ihr rechtsgrundlos geleisteten Beiträge zu erstatten (dazu 3.).

8

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist im Wesentlichen § 104 Abs 1 [X.] (idF durch Art 10 [X.] zur Einführung des [X.] im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften vom [X.], [X.] 1983). Die Norm bestimmt: "Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs 1 [X.] vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis hat. [X.] verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. … " Diese Rechtsnorm ist anwendbar (dazu a). Die Klägerin ist ein nachrangig zuständiger Träger (dazu b). Ein Fall des § 103 [X.] liegt nicht vor (dazu c). Ausschlussgründe für eine Erstattung nach § 104 [X.] bestehen nicht (dazu d).

9

a) Die Regelung des § 14 Abs 4 [X.] schließt die Anwendung des § 105 [X.] aus, nicht aber diejenige des § 104 [X.]. Sie lässt grundsätzlich die Erstattungsregelungen der §§ 102 ff [X.] unberührt. Dass die Regelung des § 105 [X.] nicht anzuwenden ist, folgt aus § 14 Abs 4 S 3 [X.]. Diese Norm sieht die Unanwendbarkeit von § 105 [X.] für "unzuständige Rehabilitationsträger" vor, die "eine Leistung nach Abs 2 Satz 1 und 2 erbracht haben". Dies trägt der Zuständigkeitsbegründung für den [X.] [X.] durch § 14 Abs 1 [X.] und [X.] und [X.]: Hat ein Träger einen Antrag nicht weitergeleitet, ist er zuständig. Er kann Erstattung jedenfalls nicht nach § 105 [X.] verlangen (vgl [X.], 283 = [X.]-3250 § 14 [X.], jeweils Rd[X.]8; [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]1).

§ 14 Abs 4 [X.] und [X.] verdrängt auch nicht als lex specialis § 104 [X.]. § 14 Abs 4 [X.] trifft in [X.] und [X.] lediglich für den zweitangegangenen [X.] eine Spezialregelung gegenüber § 102 [X.], nicht aber für den [X.] [X.] (vgl grundlegend [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]0 f). Die Klägerin begehrt aber als erstangegangene [X.]in von der Beklagten Erstattung.

b) Die Klägerin begehrt als nachrangig zuständiger Träger Erstattung. Die Grundsätze, die der erkennende 1. und der 7. Senat des BSG für die Qualifikation des [X.] als nachrangig zuständigem [X.] entwickelt haben (dazu aa), greifen auch in Fällen, in denen der erstangegangene Träger zunächst zuständig ist, nach erfolgter Leistungsbewilligung vor Erfüllung der Leistungspflicht aber nach der Zuständigkeitsordnung außerhalb von § 14 [X.] seine Zuständigkeit verliert (dazu bb).

aa) Nach der Rspr des erkennenden Senats begründet in Fällen, in denen der [X.] auf den [X.] hin seine Zuständigkeit gegenüber dem Versicherten prüft und bejaht (§ 14 Abs 1 [X.] iVm [X.] und [X.] ), § 14 Abs 1 [X.] iVm [X.] und [X.] für das [X.] zwischen den Trägern eine nachrangige Zuständigkeit des [X.] Trägers, wenn er nach den Zuständigkeitsregelungen außerhalb von § 14 [X.] unzuständig, ein anderer Träger aber zuständig gewesen wäre. Dies ermöglicht es, dass der erstangegangene [X.] im Rahmen eines [X.]s sich die Kosten der Reha-Maßnahme nach § 104 [X.] vom vorrangig zuständigen [X.] erstatten lässt (stRspr, vgl [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]; BSG [X.]-3250 § 14 [X.]; BSG Urteil vom 26.10.2017 - [X.] [X.] 12/16 R - [X.] Rd[X.]8, für [X.]-1750 § 524 [X.] vorgesehen). Die Notwendigkeit hierzu erwächst daraus, dass sich die Zuständigkeit nach § 14 [X.] [X.] im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem [X.] [X.] auf alle Rechtsgrundlagen erstreckt, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind ([X.], 283 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]5 ff; [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]4; [X.], 90 = [X.]-2500 § 33 [X.]1, Rd[X.]3). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des [X.] [X.]s geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs 4 [X.] [X.] und §§ 102 ff [X.] verweist ([X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], [X.] 14 - 16).

Hat der Träger nämlich seine Zuständigkeit geprüft und bejaht, muss er im Nachhinein zu einer Korrektur im Rahmen der Erstattung befugt sein. Sonst wäre er gehalten, schon bei geringstem Verdacht einen [X.] weiterzuleiten, um die Zuständigkeitsproblematik ggf im [X.] austragen zu können und andererseits nicht automatisch von jeglicher Erstattungsmöglichkeit ausgeschlossen zu sein. Das widerspräche sowohl dem Regelungszweck des § 14 [X.], zu einer schnellen Zuständigkeitsklärung gegenüber dem behinderten Menschen zu kommen (vgl näher [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]2 f), als auch dem zugleich verfolgten Ziel, das gegliederte Sozialsystem zu erhalten (vgl [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], [X.] 14 und 26).

Nur soweit die Prüfung des [X.] [X.]s innerhalb der [X.] nicht zu einem greifbaren Ergebnis, sondern etwa wegen einer komplizierten Rechtsproblematik zu ernstlichen Argumenten für und gegen die eigene Zuständigkeit und für und gegen die Zuständigkeit eines anderen [X.]s geführt hat und deshalb der angegangene Träger im Interesse der Beschleunigung eine Weitergabe des [X.]s unterlassen hat, ist Kostenerstattung nach den Grundsätzen des vorläufig leistenden Leistungsträgers zu erwägen, wie sie entsprechend § 102 [X.] in § 14 Abs 4 [X.] [X.] vorgesehen ist (vgl [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]9; bejahend [X.], 294 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]5; eingrenzend BSG Urteil vom 12.12.2013 - [X.] A[X.]4/13 R - [X.] Rd[X.]5).

Lediglich wenn der Träger seine Zuständigkeit verneint und trotzdem leistet, obwohl ein anderer [X.] nach dem Ergebnis seiner Prüfung zuständig ist, kann er - nicht anders als im Rahmen der Regelungen der §§ 102 bis 105 [X.] - keine Erstattung beanspruchen (vgl dazu auch BSG [X.]-3100 § 18c [X.] Rd[X.]0). Er greift zielgerichtet in fremde Zuständigkeiten ein und missachtet das Weiterleitungsgebot des § 14 Abs 1 [X.]. Für ihn bestätigt § 14 Abs 4 S 3 [X.] den Ausschluss jeglicher Erstattung (vgl [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]5).

bb) Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch dann, wenn der erstangegangene Träger zunächst zuständig ist, als zuständiger Träger die Leistung bewilligt und vor Erfüllung der Leistungspflicht nach der Zuständigkeitsordnung außerhalb von § 14 [X.] seine Zuständigkeit verliert. Auch dann bleibt der erstangegangene Träger nach § 14 Abs 1 [X.] im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten zuständig. Das entspricht Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck der Norm. Die einmal begründete [X.] für eine beantragte Leistung zur Teilhabe dauert jedenfalls bis zur vollständigen Erfüllung der Leistungspflicht an.

aaa) Schon nach dem Wortlaut des § 14 Abs 1 [X.] [X.] stellt der [X.] innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz "für die Leistung" zuständig ist. [X.] er dies, stellt er nicht nur den [X.] unverzüglich fest (§ 14 [X.] [X.]) und entscheidet innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang (§ 14 Abs 2 [X.]). Er kann die bewilligten Leistungen zur Teilhabe in unterschiedlichen Formen ausführen (§ 17 Abs 1 [X.] [X.]), bleibt aber für die Ausführung der Leistungen verantwortlich (§ 17 Abs 1 [X.]). [X.] er als leistender Träger weitere Leistungen zur Teilhabe für erforderlich und kann er für diese Leistungen nicht [X.] nach § 6 Abs 1 [X.] sein, wird § 14 Abs 1 [X.] entsprechend angewendet. Die Leistungsberechtigten werden hierüber unterrichtet (§ 14 Abs 6 [X.] und [X.]). In diesem Sinne regelt auch § 14 [X.] [X.] in der ab 1.1.2018 geltenden Fassung (idF durch Art 1 [X.] vom 23.12.2016, [X.] 3234): "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den [X.] anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger)."

bbb) Die Gesetzesbegründung unterstreicht die Zielsetzung, durch ein auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigkeitsklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern. Sie betont, die zeitgerechte, zügige Erbringung von Leistungen zur Teilhabe liege im Interesse der Leistungsberechtigten, aber auch der zuständigen [X.] (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.][X.], BT-Drucks 14/5074, [X.]02 zu § 14). Die Regelung der Leistungsausführung stelle klar, dass der [X.] eigenverantwortlich zu entscheiden habe, welche Form der Leistungsausführung am geeignetsten sei, damit die Leistung wirksam und wirtschaftlich erbracht werde. Er bleibe in jedem Fall für die Ausführung der Leistungen verantwortlich (vgl BT-Drucks 14/5074 [X.]03 zu § 17).

ccc) Das Regelungssystem zeigt klar, dass der außenzuständige Leistungsträger für die Ausführung der Leistungen verantwortlich ist (vgl § 17 Abs 1 [X.] und [X.]). Nur wenn er als leistender Träger weitere Leistungen zur Teilhabe für erforderlich hält und er für diese Leistungen nicht [X.] nach § 6 Abs 1 [X.] sein kann, wird § 14 Abs 1 [X.] entsprechend angewendet (§ 14 Abs 6 [X.] [X.]). Dementsprechend geht die Rspr des BSG davon aus, dass sich die [X.] des [X.] Trägers auch nicht dadurch ändert, dass dieser das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines - und sei es bindenden - Verwaltungsakts abschließt (vgl § 8 [X.]). Er bleibt vielmehr auch für ein Verfahren nach § 44 [X.] zuständig, auch wenn die Rechtswidrigkeit iS dieser Vorschrift (nur) darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (vgl [X.], 283 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]0; [X.], 207 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]1; [X.], 40 = [X.]-3250 § 14 [X.]9, Rd[X.]7 mwN).

ddd) Es entspricht auch dem Regelungszweck, von der Fortdauer der [X.] des [X.] [X.]s auszugehen, wenn sich nach Bewilligung, aber vor Erfüllung der Leistungspflicht die Rechtsgrundlagen für die [X.] und nach dem Recht außerhalb von § 14 [X.] die Zuständigkeiten ändern. Denn § 14 [X.] zielt darauf ab, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und [X.]n die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.][X.], BT-Drucks 14/5074 [X.] zu 5.). Die Vorschrift trägt dem Bedürfnis Rechnung, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl [X.], 267 = [X.]-3250 § 14 [X.], Rd[X.]2). Solche Nachteile drohten aber, wollte man es nicht bei der einmal begründeten [X.] belassen. Trotz Bewilligung wäre der Leistungsempfänger des Rechts entkleidet, die Leistungen zur Teilhabe aus einer Hand zu erhalten. Dem außenzuständigen Träger ist es dagegen [X.] zuzumuten, aufgrund der fortdauernden [X.] unter Einbeziehung aller Rechtsgrundlagen gegen [X.] zu prüfen, ob es zu einer wesentlichen Änderung im Leistungsrecht gekommen ist (vgl § 48 [X.]), und dem [X.] durch einen Änderungsbescheid Rechnung zu tragen.

c) Ein Fall des § 103 Abs 1 [X.] liegt nicht vor. Die Norm bestimmt: "Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat." Die Regelung setzt schon nach ihrem klaren Wortlaut voraus, dass der Anspruch auf eine vom Sozialleistungsträger erbrachte Leistung nachträglich entfällt ([X.], vgl zB [X.], 218 = [X.] 3-2500 § 50 [X.], [X.] Rd[X.]9; BSG [X.]-1300 § 104 [X.] Rd[X.]0; Kater in [X.], Stand 1.5.2018, § 104 [X.] Rd[X.]6). Der Anspruch des Versicherten auf die geleistete Reha-Maßnahme gegen die Klägerin entfiel nicht nachträglich, nachdem die Klägerin geleistet hatte. In Betracht käme allenfalls (vgl aber unten, d), dass der Anspruch entfallen war, bevor die Klägerin leistete.

d) Es bestehen keine der grds vorgesehenen Ausschlussgründe für einen Erstattungsanspruch nach § 104 [X.]. Die Beklagte leistete nicht bereits selbst, bevor sie von der Leistung der Klägerin Kenntnis erhielt, sondern gar nicht. Die Klägerin hätte ihre Leistungen nicht erbringen müssen, wenn die Beklagte medizinische Reha nach § 40 Abs 2 [X.] geleistet hätte.

2. Die Klägerin leistete bis auf die Beitragszahlung zur [X.] (vgl dazu 3.) rechtmäßig (dazu a), und zwar vergleichbare und zeitlich kongruente Leistungen mit jenen, die die Beklagte nach ihrem Recht zu leisten gehabt hätte (dazu b). Der Erstattungsanspruch besteht auch in der geltend gemachten Höhe (dazu c).

a) Die Leistung der Klägerin als Erstattung begehrender Leistungsträger war bis auf die Beitragszahlung zur [X.] (vgl dazu 3.) rechtmäßig, wie es der Erstattungsanspruch voraussetzt (stRspr, vgl zB [X.], 119, 123 f = [X.] 1300 § 104 [X.]; [X.], 186, 195 mwN = [X.] 3-1200 § 53 [X.]; [X.], 36 = [X.] 3-1300 § 104 [X.] 8, [X.] Rd[X.]0 mwN). Die Klägerin blieb gegenüber dem Versicherten zur Leistung medizinischer Reha zuständig, als der Versicherte den Antrag auf Altersrente stellte (vgl oben, [X.]).

Als gegenüber dem Versicherten zuständigem Leistungsträger oblag es der Klägerin, bei tatsächlichen Änderungen - wie der Rentenantragstellung des Versicherten - zu überprüfen, welche Auswirkungen diese auf den Leistungsanspruch des Versicherten haben. Sie hatte bei wesentlichen Änderungen iS des § 48 [X.] die Leistungsbewilligung zu ändern oder zurückzunehmen. Der Antrag des Versicherten auf Altersrente bewirkte indes keine wesentliche Änderung. Die Klägerin sah rechtmäßig davon ab, die Leistungsbewilligung gegenüber dem Versicherten sachlich zu ändern. Es berührt die Rechtmäßigkeit der Leistungen nicht, dass die Klägerin es unterließ, dem Versicherten die geänderten Rechtsgrundlagen der Leistungen anzugeben (vgl § 42 [X.] [X.] und hierzu [X.], 87 = [X.]-2500 § 109 [X.]6, Rd[X.]3 mwN). Der Leistungsanspruch des Versicherten auf medizinische Reha und seine Ansprüche auf ergänzende Leistungen blieben sachlich unverändert bestehen, wenn auch teilweise mit abweichender Bezeichnung, so doch in gleicher Höhe und mit gleichen Wirkungen für den Versicherten.

An die Stelle des Anspruchs auf medizinische Reha gegen die Rentenversicherungsträgerin (vgl § 15 [X.]), welcher durch die Rentenantragstellung entfiel (vgl § 12 Abs 1 [X.] [X.]), trat ein Anspruch auf stationäre medizinische Reha nach § 40 Abs 2 [X.] (idF durch Art 1 [X.]6 [X.]-WSG vom [X.], [X.] 378 und Art 6 [X.] 6 [X.] vom 28.5.2008, [X.] 874 mWv 1.7.2008). Die Voraussetzungen dieses Anspruchs waren erfüllt. Der Versicherte hatte Reha beantragt (zum grds Erfordernis vgl § 19 [X.] SGB IV und [X.], 122 = [X.]-2500 § 42 [X.], Rd[X.]1). Die stationäre medizinische Reha war entsprechend dem Inhalt des geschlossenen Teilvergleichs medizinisch erforderlich. Eine ambulante Leistung nach § 40 Abs 1 [X.] reichte nicht aus. Sie war notwendig, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten (vgl § 11 [X.] [X.]; zur Feststellung der Notwendigkeit als gebundene Entscheidung vgl bereits zur früheren Rechtslage BSG [X.]-1500 § 54 [X.] Rd[X.] 8; vgl im Übrigen [X.], 231 = [X.]-2500 § 40 [X.], Rd[X.]0 mwN). Die Leistung konnte nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 [X.] nicht erbracht werden (vgl § 40 Abs 4 [X.]).

Die Klägerin war zudem verpflichtet, [X.], Reisekosten und die noch streitbefangenen Beiträge zur Sozialversicherung zu leisten (vgl §§ 44, 46, 47b - 49 [X.], § 44 Abs 1 [X.], § 45 Abs 1 [X.] [X.]; § 43 Abs 1 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.], § 53 [X.]; § 43 Abs 1 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.] [X.]; den §§ 44, 45 und 53 [X.] aF entsprechen ab dem 1.1.2018 die §§ 64, 65 und 73 [X.] nF). Eine Änderung in der Leistungshöhe und den Leistungswirkungen trat durch den Wechsel der Rechtsgrundlagen nicht ein. Hiervon geht auch der Teilvergleich aus. Die Klägerin zahlte dem Versicherten während der medizinischen Reha [X.] in Höhe des zuvor bezogenen Arbeitslosengelds [X.]; vgl § 20 [X.] Buchst b [X.] iVm § 21 Abs 4 [X.] [X.] und § 47b Abs 1 [X.] [X.]). Das für die beklagte [X.] als vorrangig verpflichteter Leistungsträger geltende Recht (§ 104 Abs 3 [X.]) begründete einen Anspruch auf [X.] (§ 44 Abs 1 [X.]) in gleicher Höhe (§ 47b Abs 1 [X.] [X.]). Die Leistung von [X.] statt [X.], die den Anspruch auf [X.] ruhen ließ (vgl § 49 Abs 1 [X.] [X.]), veränderte die mögliche Leistungsdauer des [X.] nicht (vgl § 48 Abs 3 [X.]). Der Anspruch auf Reisekosten war ebenfalls gleich (vgl § 28 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.], § 53 [X.] für Rentenversicherungsträger, § 43 Abs 1 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.], § 53 [X.] für Krankenversicherungsträger). Abgesehen davon, dass Beiträge zur [X.] auf das zu leistende [X.] nicht anfallen (§ 224 [X.]), änderte sich auch für den Versicherten bezüglich des Anspruchs auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und in der Qualifizierung der rentenrechtlichen Zeiten durch den Wechsel der Rechtsgrundlagen nichts (vgl § 28 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.] [X.] für Rentenversicherungsträger, § 43 Abs 1 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.] [X.] für Krankenversicherungsträger). Versicherungspflicht bestand, soweit streitgegenständlich, einheitlich in der [X.] (§§ 5 Abs 1 [X.], 192 Abs 1 [X.] und [X.] [X.]), in der [X.] Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 [X.] und [X.] [X.] [X.]I), im Recht der Arbeitsförderung (vgl § 26 Abs 2 [X.] SGB III) und in der [X.] (vgl § 3 [X.] [X.] [X.]). Der Versicherte war im Jahr vor Beginn der Leistung wegen des Bezugs von [X.] versicherungspflichtig. Auch die Beitragshöhe war gleich (vgl § 345 [X.] SGB III; § 55 [X.]I; §§ 166 Abs 1 [X.], 170 Abs 1 [X.] [X.]). Die Zeiten der medizinischen Reha waren einheitlich im Sinne der [X.] Beitragszeiten (vgl § 55 Abs 1 [X.] [X.]), nicht Anrechnungszeiten (§ 58 Abs 1 S 3 [X.]).

b) Es bestanden vergleichbare und zeitlich kongruente Leistungspflichten des leistenden, Erstattung begehrenden Trägers einerseits (der Klägerin) und des als erstattungspflichtig in Anspruch genommenen Trägers (der Beklagten) andererseits (zum Erfordernis vgl zB bei Anwendung des § 14 [X.] BSGE 105, 271 = [X.]-2500 § 40 [X.], Rd[X.]9; allgemein in Bezug auf § 104 [X.] zB [X.], 218, 219 = [X.] 1300 § 104 [X.]; [X.], 186, 196 = [X.] 3-1200 § 53 [X.] mwN; [X.], 36 = [X.] 3-1300 § 104 [X.] 8, [X.] Rd[X.]9; Kater in [X.], Stand 1.5.2018, § 104 [X.] Rd[X.]1, 22 mwN; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.], 2. Aufl 2017, § 104 [X.] [X.] 29 ff mwN). Denn die Klägerin hatte dem Versicherten eine stationäre medizinische Reha nebst Reisekosten, [X.] und Beiträgen zur Sozialversicherung nach dem [X.] zu leisten.

Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 40 [X.] [X.] die [X.] die stationäre Reha mit Unterkunft und Verpflegung in einer nach § 20 Abs 2a [X.] zertifizierten Reha-Einrichtung erbringt, mit der ein Vertrag nach § 111 [X.] besteht. An einer Zertifizierung der von der Klägerin bestimmten Einrichtung dürfte es gefehlt haben. Die Spitzenverbände der [X.] legten auf [X.] der [X.] nämlich erst mit Wirkung vom 1.10.2009 die Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und das Verfahren zur Zertifizierung durch die "Vereinbarung zum internen Qualitätsmanagement nach § 20 Abs 2a [X.]" fest. Nach dem Regelungszweck hatten Versicherte aber auch für die Übergangszeit bis zur Verabschiedung konkreter Vorgaben zur Zertifizierung Anspruch darauf, dass ihnen die [X.] die zu beanspruchenden [X.]en in stationären Einrichtungen gewährten, mit denen lediglich ein Versorgungsvertrag nach § 111 [X.] bestand (vgl [X.], 231 = [X.]-2500 § 40 [X.], Rd[X.]4; BSG Urteil vom [X.] - B 1 KR 53/12 R - [X.] Rd[X.]6 mwN). Es ist für die Kongruenz ohne Belang, inwieweit für die von der Klägerin bestimmte Reha-Einrichtung, die der Versicherte nutzte, ein Versorgungsvertrag nach § 111 [X.] bestand, denn sie entsprach entsprechend dem Teilvergleich in der Sache den Anforderungen des § 111 [X.] (vgl [X.], 277 = [X.]-2500 § 40 [X.], Rd[X.]9).

c) Die Höhe des Erstattungsanspruchs beläuft sich nach dem Inhalt des geschlossenen Teilvergleichs unter Einbeziehung der Beitragserstattung zur [X.] (vgl dazu 3.) auf den streitgegenständlichen Zahlbetrag.

3. Die Beklagte hat auch die ihr zu Unrecht entrichteten Beiträge zur [X.] entsprechend dem Teilvergleich zu erstatten (vgl auch § 26 Abs 2 SGB IV). Beiträge zur [X.] fielen auf das zu leistende [X.] nicht an (§ 224 [X.]).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 [X.] Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 [X.] Teils 1 SGG iVm § 63 [X.], § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 6/18 R

11.09.2018

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Landshut, 11. September 2015, Az: S 1 KR 347/14 ES FdV, Urteil

§ 14 Abs 1 S 1 SGB 9, § 14 Abs 2 S 1 SGB 9, § 14 Abs 2 S 2 SGB 9, § 14 Abs 4 S 1 SGB 9, § 14 Abs 4 S 3 SGB 9, § 14 SGB 9 2018, § 40 Abs 2 S 1 SGB 5, § 44 SGB 5, § 46 SGB 5, § 47b SGB 5, § 49 Abs 1 Nr 3 SGB 5, § 12 Abs 1 Nr 2 SGB 6, § 15 SGB 6, § 42 S 1 SGB 10, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 102 SGB 10, § 103 Abs 1 SGB 10, § 104 Abs 1 SGB 10, § 105 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 11.09.2018, Az. B 1 KR 6/18 R (REWIS RS 2018, 3952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3952

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