Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.12.2012, Az. III B 95/12

3. Senat | REWIS RS 2012, 1

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Gegenstand

Rüge von Verfahrensfehlern: Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Erlass einer Überraschungsentscheidung - Unterlassene Beeidigung von Zeugen - Verstoß gegen den gesetzlichen Richter - Nichtigkeit eines Verwaltungsakts wegen Verstoßes gegen die guten Sitten


Leitsatz

1. NV: Die unterlassene Benachrichtigung über beigezogene und verwertete Strafakten führt nicht zu einer Revisionszulassung wegen einer unzulässigen Überraschungsentscheidung, wenn der Beschwerdeführer nicht schlüssig darlegt, was er bei Kenntnis von der Aktenbeiziehung noch zusätzlich Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte.  

2. NV: Ergibt sich aus dem Terminsprotokoll, dass der wesentliche Akteninhalt in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, kann sich der Beschwerdeführer regelmäßig nicht darauf berufen, er habe sich zu dem Urteil zugrundeliegenden Akteninhalt nicht äußern können.  

3. NV: Die finanzgerichtliche Entscheidung, eine Zeugen nicht zu beeiden, ist vom BFH nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob die Grenzen des Ermessens verkannt wurden.  

4. NV: Der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt aufgrund eines Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 4 AO nichtig ist, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil ihre Beantwortung von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig ist.

Gründe

1

[X.]ie [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. [X.]er geltend gemachte Verfahrensmangel, das Finanzgericht ([X.]) habe eine Überraschungsentscheidung gefällt und damit gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), liegt entweder nicht vor oder ist bereits nicht schlüssig dargelegt.

3

a) Eine Überraschungsentscheidung ist gegeben, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger [X.] selbst unter [X.]erücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]eschluss des [X.] --[X.]FH-- vom 19. Juli 1996 VIII [X.] 37/95, [X.] 1997, 124). [X.]ie Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs wird, wenn sich der Verstoß auf einzelne Feststellungen bezieht, nur dann ordnungsgemäß vorgebracht, wenn der [X.]eschwerdeführer darlegt, was er vorgetragen hätte, wenn sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden wäre und dass bei [X.]erücksichtigung dieses zusätzlichen Vortrags eine andere Entscheidung des [X.] in der Sache möglich gewesen wäre (Senatsbeschluss vom 12. April 2012 III [X.] 97/11, [X.] 2012, 1131).

4

b) [X.]ass in der [X.]eiziehung der [X.]rafakten eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt, hat der Kläger und [X.]eschwerdeführer (Kläger) nicht schlüssig dargelegt.

5

aa) Werden andere als die unmittelbar den [X.]reitfall betreffenden Akten beigezogen, so sind die [X.]eteiligten davon zu benachrichtigen oder die betreffenden Akten müssen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden; denn nach § 96 Abs. 2 [X.]O darf das Urteil nur auf Tatsachen und [X.]eweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die [X.]eteiligten äußern konnten. Eine Mitteilung darf selbst dann nicht unterbleiben, wenn den Prozessbeteiligten der Inhalt der Akten vollständig bekannt ist; denn diese Kenntnis bedeutet noch nicht, dass sich die [X.]eteiligten zu diesen Tatsachen auch äußern konnten.

6

Entscheidend ist, dass die [X.]eteiligten Kenntnis von der möglichen Verwertung der Akten im anhängigen Verfahren erhalten. Nur dann besteht für die [X.]eteiligten ein Anlass zur [X.]ellungnahme unter [X.]erücksichtigung des Inhalts der beigezogenen Akten ([X.] vom 20. August 1999 VII [X.] 4/99, [X.] 2000, 214).

7

bb) [X.]as [X.] hat die Akten … zum [X.]rafverfahren wegen illegalen Glücksspiels in …, beigezogen und ausweislich der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (S. 16 f.) [X.]eugenaussagen, einen polizeilichen Vermerk sowie Feststellungen aus den [X.]rafverfahren verwertet, ohne dass aus der [X.]-Akte, insbesondere aus der Sitzungsniederschrift vom 13. März 2012, ersichtlich wäre, dass die [X.]eteiligten hierüber informiert wurden.

8

Indes ist die vom Kläger insoweit geltend gemachte Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht schlüssig erhoben worden.

9

(1) Soweit der Kläger geltend macht, bei Gewährung rechtlichen Gehörs hätte er vorgetragen, dass der [X.]euge [X.] im [X.]rafverfahren als [X.]etreiber des [X.]s in der [X.]. ausgemacht und verurteilt worden sei, während er selbst nur wegen [X.]eihilfe mit einem [X.]rafbefehl belegt worden sei, so war dies dem [X.] sowohl aus dem Verfahren als auch aus dem Vortrag des [X.] durchaus bekannt.

(2) Unschlüssig ist der Einwand des [X.], er hätte zudem erläutert, dass der [X.]euge [X.] ein Verhältnis mit seiner Ehefrau gehabt habe, was den [X.] und [X.] wohl nicht habe entgehen können. [X.]a er selbst in dem [X.] in der [X.]. nur selten anwesend gewesen sei, sei seine Ehefrau aus diesem Grund als "Frau des [X.]esitzers des Spielcasinos" vermutet worden.

Allerdings geht aus dem [X.]-Urteil hervor, dass der [X.]euge [X.] von den befragten [X.]esuchern [X.] und [X.] "als eine Art Türsteher wahrgenommen" wurde. Ein Verhältnis zwischen der Ehefrau und dem [X.]eugen [X.] --von dem der Kläger zudem nur vermutet, es sei den [X.]besuchern bekannt gewesen-- erklärt nicht, warum der [X.]euge [X.] aus Sicht der [X.]besucher anstelle des [X.] "der [X.]esitzer" sein sollte, wenn er von diesen doch gerade nur als eine Art Türsteher wahrgenommen wurde.

(3) [X.]ie Annahme, der [X.]euge [X.] habe die Ehefrau nicht bezahlt, da er sich widersprüchlich zu ihrer [X.]ezahlung geäußert habe, war nur ein Aspekt im Rahmen der Würdigung durch das [X.], dass der Kläger als [X.]etreiber aus dem [X.] [X.]. gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Soweit der Kläger geltend macht, hinsichtlich der Unstimmigkeiten bei dem [X.]undenlohn hätte er darauf hingewiesen, dass sich dieser im Verlauf der Jahre möglicherweise geändert habe, ist nicht ersichtlich, dass sich hierdurch etwas an der Gesamtwürdigung durch das [X.] geändert hätte.

(4) [X.]ie von dem [X.] herangezogene Äußerung des [X.] gegenüber dem Vermieter der Räumlichkeiten in der [X.]., nach der letzterer sich wegen der Mieteinnahmen keine Sorgen machen müsse, da alles so weiter wie bisher laufen würde, bestreitet der Kläger nicht. In diesem [X.]usammenhang macht er lediglich geltend, er hätte hierzu vorgetragen, dass "das Mietverhältnis" kurze [X.]eit später beendet worden sei, weil der [X.]euge [X.] nicht mehr habe weitermachen wollen. Insoweit ist nicht ersichtlich, ob der Kläger hiermit das zwischen ihm und [X.] bestehende Mietverhältnis oder das zwischen ihm und dem [X.]eugen [X.] bestehende [X.] meint. [X.]ass letzteres Ende 2001 beendet worden sein soll, war dem [X.] bereits aus der Aussage des [X.]eugen [X.] bekannt. [X.]war macht der Kläger weiter geltend, er hätte zudem vorgetragen, dass "der [X.] X", der sich bereits für das Spielcasino interessiert habe, danach in den Hauptmietvertrag eingetreten sei. Er, der Kläger, habe dem Vermieter T --ohne ins [X.]etail gehen zu müssen-- deshalb mitteilen können, dass er sich um seine Mieteinnahmen keine Sorgen machen müsse.

Auch dieser lediglich pauschale Vortrag ist nicht schlüssig. So ergibt sich aus dem Terminsprotokoll der mündlichen Verhandlung, dass der Kläger zu dem --ausweislich der Einspruchsentscheidung von ihm ebenfalls untervermieteten-- [X.] in [X.] ([X.]), wo er nach den Feststellungen des [X.] im Jahr 2003 tätig war, ausgesagt hat, er habe zu diesem [X.]eitpunkt in [X.] gespielt und durch die dadurch entstandenen Kontakte das [X.] an einen "[X.] X" vermitteln können. [X.]amit steht der Vortrag im [X.]eschwerdeverfahren nicht im Einklang, wonach der [X.] nunmehr zu einem deutlich früheren [X.]eitpunkt, nach der [X.]arstellung des [X.] um den Jahreswechsel 2001/2002, als neuer (Haupt-)Mieter eines anderen [X.]s, nämlich dem in [X.], angeführt wird.

(5) Im Übrigen machen die Ausführungen des [X.], was er bei Erörterung der vorstehenden Punkte in der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte, deutlich, dass er im Grunde nicht die Verletzung des Gehörsanspruchs, sondern die nach seiner Ansicht unzutreffende [X.]eurteilung der Sach- und Rechtslage durch das [X.] beanstandet. Seine Ausführungen zeigen, dass es ihm um die Korrektur der vom [X.] vorgenommenen Würdigung des Sachverhalts geht. Ein solches Korrekturinteresse im Einzelfall genügt regelmäßig nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O, es ist revisionsrechtlich unbeachtlich. [X.]as prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.] vom 27. Juni 2012 VII [X.] 57/11, [X.] 2012, 1623).

cc) Auch mit der Rüge, das [X.] habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem der Sachverhalt weder zu [X.]eginn der mündlichen Verhandlung vorgetragen noch in deren Verlauf erörtert worden sei, legt der Kläger den insoweit behaupteten Verfahrensmangel nicht schlüssig dar.

[X.]a etwaige Verstöße im [X.]usammenhang mit § 92 Abs. 2 [X.]O und § 93 Abs. 1 [X.]O zu den Mängeln gehören, auf die gemäß § 295 Abs. 1 der [X.]ivilprozessordnung ([X.]PO) i.V.m. § 155 [X.]O verzichtet werden kann ([X.] vom 2. Februar 2004 VIII [X.] 59/03, nicht veröffentlicht), hätte der Kläger in der [X.]eschwerdebegründung darauf eingehen müssen, dass er dahin gehende Verstöße gerügt hat oder aus welchem Grund eine Rüge nicht möglich war. [X.]erlei Ausführungen fehlen. [X.]er Kläger hat nach der Niederschrift zu der mündlichen Verhandlung weder beantragt, den Sachbericht des [X.]reitfalls vortragen zu lassen, noch hat er die Rüge erhoben, es sei kein [X.] geführt worden. [X.]um Fortbestehen seines Rügerechts äußert sich der Kläger in der [X.]eschwerdebegründung nicht, obwohl er dieses nach Aktenlage verloren hat. Es ergibt sich außerdem aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2012, dass der wesentliche Inhalt der Akten für die zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahren 8 K 3059/09, 8 K 791/12 und 8 K 3052/09 (§ 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) vorgetragen und mit den [X.]eteiligten erörtert worden ist. Gemäß § 94 [X.]O i.V.m. § 165 [X.]PO ist (bis zum Nachweis der Fälschung und Protokollberichtigung, vgl. § 165 Satz 2 [X.]PO) davon auszugehen, dass das Protokoll richtig ist (Gräber/[X.], Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 94 Rz 22) und sowohl Sachvortrag als auch [X.] stattgefunden haben.

dd) Nicht schlüssig ist ferner der Einwand, das [X.] habe erst in den Urteilsgründen überraschend die Auffassung vertreten, er, der Kläger, habe im [X.] gewerbliche Einkünfte erzielt und für diese [X.]wecke ein [X.]üro … in [X.] eingerichtet.

Ist --wie vorliegend laut [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] der wesentliche Inhalt der Akten vorgetragen worden (§ 92 Abs. 2 [X.]O), kann sich in der Regel ein [X.]eteiligter nicht darauf berufen, er habe sich zu dem dem Urteil zugrundeliegenden Akteninhalt nicht äußern können. Vorliegend hat das [X.] den Kläger zudem ausweislich des Terminsprotokolls zur mündlichen Verhandlung zu der in seinem Lebenslauf erwähnten Tätigkeit im [X.]usammenhang mit [X.] bzw. Operators ausdrücklich befragt. In der [X.]eschwerdebegründung wiederholt der Kläger in diesem [X.]usammenhang auch nur seinen Vortrag, er habe [X.], der das [X.] betrieben habe, die Spielergruppe um A lediglich gegen Erstattung der Flug- und Hotelkosten zugeführt. [X.]ies ist so bereits protokolliert und wurde vom [X.] im Rahmen seiner Würdigung berücksichtigt.

Soweit der Kläger sich gegen die Feststellung des [X.] wendet, er habe ein [X.]üro unter der Anschrift …, [X.], unterhalten, ergibt sich aus den weiteren --ebenfalls mit Nichtzulassungsbeschwerden angefochtenen-- Urteilen des [X.] 8 K 3052/09 und 8 K 3059/09, dass er dies "zumindest von 1999 bis 2002" unterhalten hat. [X.]amit ist ein diesbezüglicher Einwand in diesem Verfahren, in dem es um die [X.]reitjahre 1997 und 1998 geht, bereits aus diesem Grund nicht relevant.

ee) Schließlich hat das [X.] den Kläger auch nicht mit seiner Würdigung, wonach der [X.]euge [X.] grundsätzlich unglaubwürdig sei, überrascht. Vielmehr musste er eine solche Würdigung zumindest als möglich in [X.]etracht ziehen. [X.]ie Einschätzung der Glaubwürdigkeit eines [X.]eugen gehört zudem zur [X.]eweiswürdigung und ist damit dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. Gräber/ Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 82). [X.]as [X.] brauchte den fachkundig vertretenen Kläger nicht darüber zu informieren, ob und in welchem Umfang es der [X.]eugenaussage Glauben schenken werde. Ein Verfahrensbeteiligter kann nicht davon überrascht sein, dass das Gericht die Glaubwürdigkeit eines [X.]eugen anders einschätzt als er selbst.

ff) Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt ferner auch nicht deshalb vor, weil das [X.] --nach der [X.]arstellung des [X.]-- am Schluss der mündlichen Verhandlung lediglich angegeben hat, welche Einkünfte in welchem Jahr zu besteuern seien, und hierzu eine Liste mit dem Ergebnis der geschätzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb überreicht, die Einzelpositionen --wie der Kläger [X.] jedoch nicht im [X.]etail erörtert hat. [X.]as [X.] ist weder zu einem [X.] noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung in dem Sinne verpflichtet, dass es die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den [X.]eteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis seiner Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hätte ([X.] vom 23. August 2007 X [X.] 183/07, [X.] 2007, 2320).

In diesem [X.]usammenhang geht auch die Rüge ins Leere, es habe in der mündlichen Verhandlung jeder Hinweis des Gerichts gefehlt, ob und warum es den Kläger als [X.]etreiber des Spielcasinos in [X.], [X.]., ansehen wolle. Ob der Kläger u.a. aus diesem [X.] gewerbliche Einkünfte erzielt hat, war einer der zentralen [X.]reitpunkte und zudem Gegenstand der [X.]eweisaufnahme durch Vernehmung des [X.]eugen [X.].

gg) [X.]ie Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des [X.]reitfalls durch das [X.] im Rahmen einer Schätzung ist im [X.] grundsätzlich unbeachtlich (vgl. [X.] vom 18. August 2009 X [X.] 14/09, [X.]eitschrift für [X.]euern und Recht 2009, [X.]). [X.]ie Einwendungen des [X.] gegen die --vermeintlich-- unzutreffende Schätzung des [X.] vermögen die [X.]ulassung der Revision deshalb nicht zu begründen.

2. Soweit der Kläger rügt, das [X.] habe die [X.]eugen unbeeidigt gelassen, liegt darin kein Verstoß gegen § 82 [X.]O i.V.m. § 391 [X.]PO. [X.]anach ist ein [X.]euge zu beeidigen, wenn das Gericht die [X.]eeidigung mit Rücksicht auf die [X.]edeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für geboten erachtet und die Parteien auf die [X.]eeidigung nicht verzichten. [X.]er [X.]FH darf die gerichtliche Entscheidung, nicht zu beeiden, nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob sie die Grenzen ihres Ermessens verkannt oder missbräuchlich außer Acht gelassen hat (vgl. [X.]FH-[X.]eschlüsse vom 13. März 1995 XI [X.] 73/94, [X.] 1995, 906; vom 10. März 2009 IX [X.] 197/08, [X.] 2009, 1129).

Im [X.]reitfall sind die Voraussetzungen des § 391 [X.]PO schon deshalb nicht erfüllt, weil beide [X.]eteiligten ausweislich des Terminsprotokolls keine Anträge zur [X.]eeidigung gestellt, auf die [X.]eeidigung also übereinstimmend verzichtet haben. [X.]udem handelt es sich bei dem Verfahrensfehler der ermessensfehlerhaft unterbliebenen [X.]eugenbeeidigung um einen verzichtbaren Mangel i.S. des § 295 Abs. 1 [X.]PO. [X.]ie [X.]eteiligten müssen deshalb --um ihr dahin gehendes Rügerecht nicht zu [X.] das Unterlassen einer ihrer Ansicht nach gebotenen [X.]eeidigung grundsätzlich spätestens in der auf die [X.]eweisaufnahme folgenden mündlichen Verhandlung rügen. § 295 Abs. 1 [X.]PO gilt auch im [X.]-Prozess mit der Folge, dass der [X.] gebliebene Verfahrensmangel nach § 155 [X.]O grundsätzlich weder mit der Revision noch --wie hier-- mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann (vgl. [X.] vom 30. Juli 2002 X [X.] 40/02, [X.] 2003, 56). [X.]er Kläger hat eine Rüge in der mündlichen Verhandlung nicht erhoben.

3. Soweit der Kläger geltend macht, an der angefochtenen Entscheidung habe mit [X.] R [X.] mitgewirkt, liegt der hiermit gerügte Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 119 Nr. 1, Nr. 2 [X.]O) nicht vor. Ein absoluter Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 1, Nr. 2 [X.]O ist nicht gegeben.

a) Ein [X.]esetzungsmangel i.S. des § 119 Nr. 1 [X.]O kommt nur dann in [X.]etracht, wenn an der Entscheidung ein zwar erfolglos wegen [X.]efangenheit [X.] mitgewirkt hat, die [X.]urückweisung des [X.] aber willkürlich war ([X.] vom 11. Mai 2010 X [X.] 192, 193/08, [X.] 2010, 1645). [X.]ass dies der Fall war, hat der Kläger nicht dargelegt.

b) Ebenso liegt kein Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 2 [X.]O vor, weil R nicht wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit mit Erfolg abgelehnt wurde.

4. Soweit der Kläger geltend macht, ihm sei der für die [X.]urchführung des Rechtsstreits zuständige gesetzliche Richter entzogen worden, weil bei einem in [X.] betriebenen Spielcasino insoweit nicht der [X.]eklagte und [X.]eschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) als sein [X.], sondern gemäß §§ 10 und 18 der Abgabenordnung ([X.]) ein [X.] in [X.] und damit letztlich das [X.] … zuständig gewesen wäre, greift auch diese Rüge nicht durch. Insbesondere liegt kein Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 1 [X.]O vor.

a) Nicht jeder Fehler bei der Anwendung der Vorschriften, die [X.] betreffen, führt zu einer Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und damit zu einem Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 1 [X.]O. [X.]ie fehlerhafte Auslegung und Anwendung von [X.]uständigkeitsnormen begründen nur dann einen Verfahrensmangel nach § 119 Nr. 1 [X.]O, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Verfahrensgrundrecht des gesetzlichen Richters bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen sowie offensichtlich unhaltbar (greifbar gesetzwidrig), und damit willkürlich, sind (Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 119 Rz 5).

b) [X.]udem ist nach § 38 Abs. 1 [X.]O das [X.] örtlich zuständig, in dessen [X.]ezirk die [X.]ehörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat. Vorliegend war das [X.] danach aufgrund der Erhebung der Klage gegen das zu seinem [X.]ezirk gehörende [X.] örtlich zuständig.

5. Soweit der Kläger die [X.]eschwerde auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) stützt, hat er den [X.]ulassungsgrund nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt.

a) Für die [X.]arlegung des [X.]ulassungsgrundes der grundsätzlichen [X.]edeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) muss der [X.]eschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre [X.]edeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des [X.]reitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche [X.]edeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Ferner muss die aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten [X.]reitfall auch klärungsfähig sein (vgl. z.[X.]. [X.] vom 18. November 2010 VII [X.] 12/10, [X.] 2011, 406).

b) [X.]er Kläger hält zunächst die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob der durch [X.]ufluss festgestellte Vermögenszuwachs aufgrund der Gewinnermittlungsvorschrift durch [X.]estandsvergleich im Schätzungsverfahren auf das [X.]uflussjahr und die beiden vorangegangenen Jahre gleichmäßig verteilt werden dürfe.

[X.]iese Vorgehensweise sei in Schätzungsverfahren des Fiskus schon vielfach festgestellt, aber mangels entgegenstehender Rechtsprechung von den [X.]euerpflichtigen akzeptiert worden.

Mit diesem Vortrag legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage nicht dar. Es ist nicht ersichtlich, dass die Frage umstritten ist oder sonst eine Klärung durch den [X.]FH erfordert.

           

c) [X.]er Kläger hält weiter insbesondere die folgenden Rechtsfragen für grundsätzlich bedeutsam:

-       

Kann ein Verwaltungsakt gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 4 [X.] nichtig sein, wenn ein [X.]euerfahndungsbeamter bei der Ermittlung und Festsetzung die Voraussetzungen des § 263 Abs. 3 Nr. 4 des [X.]rafgesetzbuches erfüllt?

        

-       

Wer hat in einem solchen Fall die Feststellung zu treffen, ob ein Verwaltungsakt gegen die guten Sitten verstößt?

        

-       

Muss der Vorwurf des [X.]etrugs durch ein strafgerichtliches Urteil rechtskräftig bestätigt werden?

        

-       

Was sind die guten Sitten im Sinne der Vorschrift?

        

-       

Muss das [X.] den Verstoß von Amts wegen feststellen?

        

-       

Findet § 125 Abs. 2 Nr. 4 [X.] im [X.]euerrecht tatsächlich keine Anwendung?

        

Auch wenn § 125 Abs. 2 Nr. 4 [X.] nach der Kommentarliteratur im [X.]euerrecht nur eine geringe praktische [X.]edeutung zukommt, wird die Vorschrift durchaus kommentiert. Hiermit hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt. [X.]er Senat verweist z.[X.]. auf die Ausführungen von [X.] (in [X.]/[X.]/[X.], § 125 [X.] Rz 84 ff.). Mit dem Hinweis, die Sache sei klärungsbedürftig, weil das [X.] auf den [X.] des § 125 Abs. 2 Nr. 4 [X.] nicht eingegangen sei, obwohl dieser vorliege, wird das Allgemeininteresse an der Klärung der --von dem Kläger für bedeutsam erachteten-- Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt.

[X.]ie weiteren Ausführungen des [X.] zeigen zudem, dass es ihm darum geht, ob in seinem konkreten Fall die Nichtigkeit der Einkommensteuerbescheide festzustellen sei. [X.]ie [X.]eurteilung der Frage, ob ein Verwaltungsakt an einem solch schweren Fehler leidet, dass dies zu seiner Nichtigkeit führt, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen [X.]reitfalls ab. [X.]ies gilt insbesondere dann, wenn ein Verstoß gegen die guten Sitten gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 4 [X.] in [X.]etracht kommt ([X.] in [X.] 2011, 406). Auch vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass eine Klärung der vom Kläger formulierten Rechtsfragen im Allgemeininteresse erforderlich wäre.

d) Schließlich kommt eine [X.]ulassung der Revision auch nicht deshalb in [X.]etracht, weil der Kläger meint, es sei von allgemeinem Interesse, ob § 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O den qualifizierten Rechtsfehler als Revisionszulassungsgrund im Wege der Auslegung der Vorschrift durch den [X.]FH zulasse bzw. in welchen Fällen eine Entscheidung des [X.]FH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei.

Hierbei handelt es sich bereits nicht um eine Frage, die in einem --sich an das vorliegende [X.]eschwerdeverfahren anschließenden-- Revisionsverfahren geklärt werden könnte, da es gerade um die Voraussetzungen der [X.]ulassung, nämlich das Vorliegen eines [X.]ulassungsgrundes, geht.

6. Entgegen der Ansicht des [X.] kommt im vorliegenden Fall eine [X.]ulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O wegen eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers nicht in [X.]etracht. Es ist nicht erkennbar, dass das [X.] im Fall des [X.] objektiv willkürlich oder greifbar gesetzwidrig entschieden hat. [X.]ies ist insbesondere nicht allein deshalb der Fall, weil das [X.] --wie der Kläger meint-- "offensichtlich einschlägige Rechtsnormen übersehen und übergangen" hat.

Soweit der Kläger weitere "Fehler" des [X.] --wie die Nennung eines [X.]etrags in [X.] auflistet, ist schon nicht ersichtlich, ob er in diesem [X.]usammenhang von einem gravierenden Rechtsanwendungsfehler oder nur von einem einfachen Rechtsanwendungsfehler ausgeht. Auch mit dem Verhalten der [X.]euerfahndung oder der [X.] des [X.] vermag der Kläger eine "willkürliche" Entscheidung des [X.] nicht darzulegen. Soweit er im [X.]usammenhang mit der vom [X.] in den Entscheidungsgründen nicht abgehandelten Norm des § 125 Abs. 2 Nr. 4 [X.] --nicht weiter substantiiert-- bemängelt, das [X.] habe keine Ermittlungen durchgeführt, obwohl sich solche aufgedrängt hätten, muss er sich entgegenhalten lassen, dass er dies ausweislich des Terminsprotokolls nicht gerügt hat. [X.]anach hat er auch keinen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der [X.]escheide, sondern lediglich die im [X.]-Urteil wiedergegebenen Anträge gestellt.

7. Soweit sich der Kläger darauf beruft, das [X.]-Urteil weiche von der Entscheidung des [X.]FH vom 7. November 2006 VIII R 81/04 ([X.]FHE 215, 66, [X.][X.][X.]l II 2007, 364) ab, legt er den [X.]ulassungsgrund der [X.]ivergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) nicht entsprechend § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dar.

a) Hierzu hätte der Kläger dartun müssen, dass das [X.] in einer Rechtsfrage von der genannten Entscheidung abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, ferner dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Entscheidung des [X.]FH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist ([X.] vom 31. März 2010 IV [X.] 131/08, [X.] 2010, 1487).

b) [X.]em entspricht die [X.]eschwerdebegründung nicht. [X.]er Kläger hat bereits keine tragenden und abstrakten Rechtssätze aus dem angefochtenen [X.]-Urteil einerseits und aus der behaupteten [X.]ivergenzentscheidung andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt.

8. Von einer [X.]arstellung des Sachverhalts und einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

Meta

III B 95/12

31.12.2012

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 13. März 2012, Az: 8 K 791/12, Urteil

Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 82 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 119 Nr 1 FGO, § 119 Nr 2 FGO, § 125 Abs 2 Nr 4 AO, § 391 ZPO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 31.12.2012, Az. III B 95/12 (REWIS RS 2012, 1)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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