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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verstoß gegen Grundsatz der freien Beweiswürdigung - kein Zulassungsgrund - keine Verletzung der Begründungspflicht
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. Januar 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
I. Bei der 1964 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherten Klägerin wurde im April 2013 ein vorwiegend bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftretendes [X.]-Sarkom (hochmaligner Knochenkrebs) ohne Fernmetastasen festgestellt. Die Behandlung der Klägerin begann im Juli 2013 nach dem [X.] 2008-Protokoll mit einer neoadjuvanten Chemotherapie. Im Dezember 2013 wurde der Tumor durch eine Teilresektion des linken Schulterblatts und die partielle Resektion der umgebenden Muskulatur vollständig entfernt. Ab Februar 2014 erfolgte die adjuvante Chemotherapie und begleitend eine Strahlentherapie. Ergänzend hierzu behandelte der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Hausarzt [X.] die Klägerin privatärztlich im Mai und Juni 2013 sowie Juni bis Anfang September 2014 mit einer Radiofrequenz-Elektrohyperthermie. Mit ihrem auf Erstattung der Kosten dieser Hyperthermiebehandlung [X.] von 11 628,54 Euro gerichteten Begehren ist die Klägerin bei der Beklagten und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das [X.] hat zur Begründung ausgeführt, die ambulante Krebsbehandlung durch Hyperthermie als Ergänzung einer Chemotherapie sei aufgrund einer Ausschlussentscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses ([X.]) nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]). Es liege weder ein Systemversagen noch ein Seltenheitsfall vor und der [X.] ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1a [X.]. Zwar stelle das [X.]-Sarkom eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung dar. Für diese habe aber eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nach dem [X.] 2008-Protokoll zur Verfügung gestanden. Außerdem habe die [X.] keine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf geboten (Urteil vom [X.]).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 [X.] zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des [X.] (dazu 1.), der Divergenz (dazu 2.) und der grundsätzlichen Bedeutung (dazu 3.).
1. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.] und § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl [X.] vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6 mwN; [X.] vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.]0 Rd[X.] 16 mwN). Daran fehlt es.
a) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerdebegründung in erster Linie gegen die Beweiswürdigung und die Rechtsanwendung des [X.] und rügt vorrangig, die angegriffene Entscheidung verstoße gegen "[X.]". Damit kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht begründet werden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist nach § 160 Abs 2 [X.] iVm § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] nicht geeignet, zur Zulassung der Revision zu führen. Der Ausschluss umfasst auch die Rüge eines Verstoßes gegen Denkgesetze (vgl [X.] vom 26.1.1977 - 11 BA 184/76 - [X.] 1500 § 160 [X.] 26; [X.] vom 31.1.2017 - B 3 KR 44/16 B - juris Rd[X.] 10; [X.] vom [X.] R 233/17 B - juris Rd[X.] 17). Und auch die Frage, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (stRspr; vgl [X.] vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - [X.] 1500 § 160a [X.] 7; [X.] vom [X.] - B 12 KR 62/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 6 Rd[X.] 18; [X.] vom 31.10.2012 - [X.] R 107/12 B - juris Rd[X.] 21; [X.] vom [X.] KR 34/19 B - juris Rd[X.] 6). Das gilt auch, soweit die Klägerin rügt, die Auslegung und Anwendung der einfachgesetzlichen Vorschriften des [X.] durch das [X.] verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG. Im [X.] kann die Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung nur im Sinne einer willkürlichen Handhabung verfahrensrechtlicher Bestimmungen auf dem Weg zur Entscheidung (sog "error in procedendo") als Verfahrensmangel gerügt werden (vgl zur Verletzung des Willkürverbots [X.] vom 12.12.2018 - [X.] [X.] 23/18 B - juris Rd[X.]1). Einen solchen Verfahrensmangel hat die Klägerin nicht dargetan (zur Vereinbarkeit der unterschiedlichen Ausgestaltung des Beihilferechts im öffentlichen Dienst gegenüber dem [X.] mit Art 3 Abs 1 GG vgl im Übrigen [X.] vom [X.] KR 26/09 R - [X.] 4-2500 § 27a [X.] 12 Rd[X.] 14).
b) Die Klägerin rügt ferner eine Verletzung der Begründungspflicht. Nach § 136 Abs 1 [X.] 6 [X.] enthält das Urteil die Entscheidungsgründe. Gemäß § 128 Abs 1 Satz 2 [X.] sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl [X.]
c) Die von der Klägerin ebenfalls erhobene Sachaufklärungsrüge (§ 103 [X.]) erfordert ua, dass in der Beschwerdebegründung ein für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbarer, bis zuletzt [X.] oder im Urteil wiedergegebener Beweisantrag bezeichnet wird, dem das [X.] nicht gefolgt ist (stRspr; vgl [X.] vom 16.5.2019 - [X.] R 222/18 B - juris Rd[X.] 12 mwN). Hierzu gehört nach stRspr des [X.] die Darlegung, dass ein - wie die Klägerin - anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ausdrücklich gestellt oder aufrechterhalten hat (vgl [X.] vom 16.7.2019 - [X.] R 150/19 B - juris Rd[X.] 14 mwN; vgl dazu auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 160 Rd[X.] 18c mwN; zu § 124 Abs 2 [X.] vgl [X.] vom 18.12.2000 - [X.] U 336/00 B - [X.] 3-1500 § 160 [X.]1 S 52). Der Tatsacheninstanz soll dadurch vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl [X.] vom 24.11.1988 - 9 BV 39/88 - [X.] 1500 § 160 [X.] 67; [X.] vom 10.4.2006 - B 1 KR 47/05 B - juris Rd[X.] 9 mwN; [X.] vom [X.] - B 1 KR 111/12 B - Rd[X.] 8). Die Warnfunktion des Beweisantrags entfällt, wenn [X.] lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (vgl [X.] vom 17.12.2020 - B 1 KR 84/19 B - juris Rd[X.] 5; [X.] vom [X.] KR 52/20 B - juris Rd[X.] 5).
Die Klägerin verweist zwar auf einen in dem Schriftsatz vom 8.6.2018 (Berufungsbegründung) enthaltenen Beweisantritt (Beweisanregung), legt aber nicht dar, dass sie diesen als Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung am [X.] gestellt hat.
2. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des [X.], des [X.] oder des [X.] andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl [X.] vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - juris Rd[X.] 6; [X.] - B 1 KR 55/17 B - juris Rd[X.] 8; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Darlegungsanforderungen vgl [X.]
a) Die Klägerin zitiert zwar Rechtssätze aus Entscheidungen des [X.] ([X.] vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 - [X.]E 115, 25 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 5; [X.] vom 29.11.2007 - 1 BvR 2496/07 - [X.] 4-2500 § 27 [X.] 17; [X.] vom [X.] - 1 BvR 2045/12 - NJW 2013, 1664), stellt diesen aber keinen hiervon abweichenden Rechtssatz des [X.] gegenüber, sondern rügt lediglich, die angegriffene Entscheidung werde diesen Grundsätzen "nicht gerecht". Damit wendet sie sich abermals nur gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Urteils (s dazu bereits oben 1.a).
b) Die Klägerin bezeichnet überdies einen Rechtssatz aus dem [X.]-Urteil: |
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"Auch bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen sind Erkenntnisse zur Wirksamkeit einer Behandlungsmethode erforderlich (…). [X.] experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt sind reichen nicht aus." |
Diesem Rechtssatz stellt sie aber keinen abstrakten Rechtssatz des [X.], des [X.] oder des [X.] gegenüber, sondern lediglich Rechtssätze aus einer Entscheidung eines anderen Senats des [X.] Baden-Württemberg (Urteil vom [X.] - [X.] 1653/15). Sofern man dieses Vorbringen sinngemäß dahingehend auslegen könnte, dass die Klägerin eine Abweichung des [X.] von den in der Entscheidung des 5. Senats des [X.] Baden-Württemberg zitierten Entscheidungen des [X.] (Urteil vom [X.] - B 1 KR 7/05 R - [X.]E 96, 170 = [X.] 4-2500 § 31 [X.] 4; Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 4/13 R - [X.] 4-2500 § 18 [X.] 9) rügt, zeigt sie eine Abweichung der wiedergegebenen Rechtssätze nicht auf, sondern macht lediglich geltend, das [X.] habe in dem vorliegenden Einzelfall das Vorliegen einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf zu Unrecht verneint. Sie wendet sich auch insofern lediglich gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
3. Die Klägerin erfüllt auch nicht die für die Behauptung der grundsätzlichen Bedeutung maßgeblichen Darlegungsvoraussetzungen. Sie formuliert bereits keine Rechtsfrage. Zudem zeigt sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.] nicht auf. Sie wendet sich letztlich mit ihrem umfangreichen Vorbringen, vornehmlich gestützt auf tatsächliche Argumente, gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des [X.] in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bezüglich einer bestimmten Behandlungskonstellation.
4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]).
5. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.].
Meta
07.10.2021
Beschluss
Sachgebiet: KR
vorgehend SG Stuttgart, 25. Januar 2018, Az: S 22 KR 130/14
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 1 S 2 SGG
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 07.10.2021, Az. B 1 KR 23/21 B (REWIS RS 2021, 9987)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 9987
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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