Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2004, Az. IX ZR 202/98

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2602

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[X.][X.]M NAMEN DES VOLKES URTE[X.]L [X.] ZR 202/98
Verkündet am: 29. Juni 2004 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2004 durch [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n und der Streithelferin wird das Ur-teil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 30. April 1998 aufgehoben.

[X.] wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und der Streithilfe, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende [X.] nimmt den beklagten Verein aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft für Zölle und andere Eingangsab-gaben im Rahmen des [X.] in Anspruch.

Dieses beruht auf dem Zollübereinkommen vom 14. November 1975 über den internationalen [X.]ntransport mit [X.] ("Transport [X.]nternatio-nal des [X.] par la Route"), dem die Klägerin aufgrund Gesetzes vom 21. Mai 1979 ([X.]) beigetreten ist. Dem Abkommen sind weiterhin - 3 - die [X.] (fortan: [X.]) - als [X.] und deren Mitglied-st[X.]ten beigetreten. Es soll das Zollverfahren für internationale [X.]ntrans-porte mit Hilfe eines einheitlichen [X.] ([X.]) vereinfa-chen, indem die Entrichtung oder Hinterlegung von Abgaben für die [X.] an den [X.] grundsätzlich entfallen (Art. 4, 5 T[X.]R-Übereinkommen). Das [X.] wird einem Transportunternehmer von der "

" (auch "

"; künftig: [X.] ) - dem Dachverband (Verein nach [X.] Recht) der nationalen Transportverbände - über einen in seinem Heimatst[X.]t zugelasse-nen "[X.]" erteilt. Dieser Verband haftet für die Zollabgaben demjenigen St[X.]t, in dem eine Unregelmäßigkeit im Zusammenhang mit einem T[X.]R-Transport festgestellt wird, als Gesamtschuldner neben anderen Abgaben-schuldnern (Art. 8 Abs. 1 T[X.]R-Übereinkommen). Zur näheren Regelung des [X.]nverkehrs zwischen der [X.] sind Verordnungen des [X.] vom 12. Oktober 1992 ([X.]. 2913/92, [X.]. Nr. L 302) zur Festlegung des [X.] (fortan auch: [X.]) sowie der [X.] vom 2. Juli 1993 ([X.]. 2454/93, [X.]. Nr. L 253) mit Durchführungsvorschriften - Zollkodex-Durchführungsverordnung (künftig: [X.]-DVO) ergangen.

Der [X.] ist der von der Klägerin zugelassene "bürgende Verband" im Sinne des T[X.]R-Übereinkommens. Die "Bürgschaftserklärung" des [X.]n vom 23. Oktober 1961 wurde ersetzt durch die "Bürgschaftsurkunde" vom 3. August 1993 mit "Nachtrag" vom 31. August 1993, wonach der Bürgschafts-höchstbetrag bei Beförderung mit dem [X.] für Tabak der Gegenwert von 175.000 [X.] ist. Bei einer [X.]nanspruchnahme hat der [X.] ein [X.] aus einem Garantievertrag mit der [X.] , die ihrerseits einen Versiche-- 4 - rungsvertrag mit einem internationalen Versichererpool abgeschlossen hat, dem die Streithelferin des [X.]n angehört.

Nach Einführung des [X.] am 1. Januar 1992 und der Liberalisierung des [X.]nverkehrs mit Osteuropa nahm der Miß-brauch des [X.] - insbesondere beim Transport hochsteuer-barer [X.]n wie Zigaretten - zu. Nach der Behauptung des [X.]n stiegen die [X.]en von etwa 260.000 [X.] Franken 1993 auf mehr als 18. Mio. [X.] Franken 1994 und mehr als 34 Mio. [X.] Franken 1995.

Das [X.] Transportunternehmen [X.]

(künf-tig: [X.] ) ließ am 6. April 1994 unter Vorlage des [X.] Nr. , ausgegeben durch den [X.]n, der [X.]. angehörenden Verband [X.] T. (fortan: [X.]. ), durch den Fahrer [X.] K. eine - aus der [X.] kommende - Ladung von 11,5 Mio. Zigaretten beim [X.](künftig: [X.] ) abfertigen, die über die Bestim-mungszollstelle A. ([X.]) - Ausgangszollstelle der [X.] - nach [X.] befördert werden sollte. Zur Durchführung dieses Versandverfahrens inner-halb der [X.] wurde eine Frist bis zum 11. April 1994 gesetzt. [X.]m Mai 1994 ging beim [X.] eine Erledigungsbestätigung ein, auf der als Wiedergestellungsda-tum der 11. April 1994 und als Zollstation A.
vermerkt waren. Das [X.] hielt [X.] und die Unterschriften möglicherweise für gefälscht. Auf eine Suchanfrage teilte die [X.] Zollverwaltung am 12. Mai und am 1. Juni 1994 mit, daß es für die Ankunft des Transportes in [X.] keinen Nachweis gebe und sowohl die [X.] als auch die Unterschriften auf dem [X.] Nr. sämtlich gefälscht seien. Die Klägerin teilte dem [X.]n mit - 5 - Schreiben vom 9. Juni 1994 die Nichterledigung des [X.] mit. Sie übersand-te der [X.] auf dem Postweg durch Einschreiben mit Rückschein einen Steuer-bescheid vom 25. Juli 1994 über Abgaben von 2.941.700 DM wegen des streit-gegenständlichen Transports. Die [X.] zahlte nicht.

Mit der im Februar 1996 erhobenen Klage hat die Klägerin vom [X.] wegen der Abgabenforderung aus dem unerledigten [X.] den Höchstbe-trag der Bürgschaft von 334.132,75 DM nebst Zinsen verlangt. Land- und [X.] haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstreben der [X.] und seine Streithelferin weiterhin die Abweisung der Klage.

Der Senat hat in dem Parallelverfahren [X.] ZR 201/98 mit [X.]uß vom 11. Januar 2001 eine Vorabentscheidung des [X.] zu den Fragen eingeholt, ob die Frist in Art. 454 Abs. 3 [X.] 1 [X.]-DVO auch für den Fall gilt, daß ein Mitgliedst[X.]t unter Berufung auf Art. 454 Abs. 2, 3 Unterabsatz 1, 2 [X.]-DVO eine Abgabenforderung gegen den bürgenden [X.] und dieser im Rechtsstreit nachweisen will, daß der Ort, an dem die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde, in ei-nem anderen Mitgliedst[X.]t liegt, und ob nach Art. 454, 455 [X.]-DVO derjenige Mitgliedst[X.]t, der eine Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit einem Trans-port mit [X.] feststellt, über die Mitteilungen gemäß Art. 455 Abs. 1 der Verordnung und eine Suchanzeige an die [X.] hinaus zu [X.] hat, wo die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde und wer die Zollschuldner im Sinne des Art. 203 Abs. 3 der Verordnung sind. Für den Fall, daß der Gerichtshof die Fragen bejaht, hat der Senat um die Beantwortung je-weils weiterer Fragen gebeten. Auf das [X.]eil des [X.] - 6 - vom 23. September 2003 (Rechtssache [X.]/01) - unter anderem abgedruckt in [X.] 2004, 73 und [X.] 2004, 13 - wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

[X.].
Das Berufungsgericht hat den [X.] auf Punkt [X.]. Nr. 2 der selbstschuldnerischen Bürgschaft des [X.]n vom 3. August 1993 in [X.] mit dem "Nachtrag" vom 31. August 1993 gestützt. Diese Bürgschaft hat ein privatrechtliches Verhältnis der Parteien im Sinne der §§ 765 ff BGB begründet, obwohl sie eine öffentlich-rechtliche Abgabenforderung der Klägerin gegen den Hauptschuldner sichert (vgl. [X.], 187, 190 ff für die Verbür-gung von Sozialversicherungsbeiträgen; [X.]. [X.][X.][X.] 1964, 217, 219 und FG Karlsruhe EfG 1962, 239 für eine Steuerbürgschaft - § 241 Abs. 1 Nr. 7, § 244 [X.]; vgl. für eine Ausfuhrbürgschaft der Klägerin: [X.], [X.]. v. 7. November 1996 - [X.] ZB 15/96, [X.], 2299, 2300).

Aufgrund seiner unbeanstandeten Feststellung, daß die beförderte [X.] nicht an einer zuständigen Zollstelle (wieder-)"gestellt" worden ist (Art. 4 Nr. 19, Art. 92 [X.]), hat das Berufungsgericht angenommen, daß im Sinne der vorstehenden Bürgschaftsklausel eine verbürgte Zollschuld der [X.] als [X.]-[X.]nhaber gegenüber der Klägerin entstanden sei (Art. 203, 204 [X.]). Dagegen - 7 - macht die Revision geltend, die Klägerin sei nicht nach Art. 454, 455 [X.]-DVO Gläubigerin der Abgabenforderung geworden und habe deswegen auch keinen Anspruch aus der Bürgschaft. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand kann dies nicht ausgeschlossen werden.

1. Die Bürgschaft sichert nach ihrer Ziff. [X.] 2 einen Anspruch der Klägerin gegen einen "[X.]-[X.]nhaber" auf "den Zoll und die sonstigen Eingangsabga-ben", der "nach den Vorschriften des Zollrechts und der [X.]" entstanden ist, weil "das Zollgut nicht oder nicht ordnungsgemäß [X.] wird". Diese Sicherungszweckerklärung ist gemäß dem Verständnis der Parteien und unter Einschränkung ihres Wortlauts dahin auszulegen, daß der verbürgte Anspruch der Klägerin nach dem - in der Bürgschaftsurkunde (Ziff. [X.] 1, 3, 5, 8) mehrfach genannten - "T[X.]R-Übereinkommen 1975" i.V.m. dem Zollkodex ([X.]) und der Durchführungsverordnung ([X.]-DVO) der [X.] gegen den [X.]nhaber eines [X.]s zustehen muß.

Aus Ziff. [X.] 7 der Urkunde ergibt sich nicht hinreichend deutlich eine Bürg-schaft auf erstes Anfordern, die den [X.]n mit seinen Einwänden auf einen späteren Erstattungsprozeß verweisen könnte. Eine solche Verschärfung der Bürgschaftshaftung hätte eindeutig gefaßt werden müssen, wie dies für die [X.] einer Bank in Ziff. [X.][X.] der Urkunde geschehen ist.

2. Danach kann der [X.] grundsätzlich einwenden, die Klägerin [X.] nicht gemäß Art. 454 Abs. 3 [X.]-DVO als [X.]in, weil sie die gebotenen Ermittlungsmaßnahmen nicht vorgenommen habe.

- 8 - Die Revision entnimmt Art. 454 Abs. 2, 3 i.V.m. Art. 455 Abs. 1 [X.]-DVO eine Pflicht der Klägerin und ihrer Zollbehörden, über die ergriffenen Maßnah-men hinaus zu ermitteln, in welchem Mitgliedst[X.]t der [X.] die von der Klägerin festgestellte Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit einem Transport mit [X.] begangen worden ist und wer tatbeteiligter Fahrer und [X.]nemp-fänger - beide neben [X.] Zollschuldner (Art. 203 Abs. 3 [X.]) - sind. Nach [X.] der Revision greift die Fiktion des Art. 454 Abs. 3 [X.]-DVO erst dann ein, wenn eine ordnungsmäßige Erfüllung einer solchen Ermittlungspflicht erfolglos geblieben ist. Nach dieser Bestimmung gilt die Zuwiderhandlung als in dem Mitgliedst[X.]t begangen, in dem sie festgestellt worden ist. Die - weiter-gehende - Ermittlungspflicht hat die Klägerin nach Auffassung der Revision verletzt.

Dieser Einwand ist im Streitfall unbegründet.

a) Wie der [X.] mit [X.]eil vom 23. September 2003 ([X.]O Rn. 80 bis 84) entschieden hat, verpflichten Art. 454 und 455 [X.]-DVO den Mitgliedst[X.]t, der eine Zuwiderhandlung im [X.] mit einem Transport mit [X.] feststellt, nicht, über die Mitteilungen gemäß Art. 455 Abs. 1 [X.]-DVO und eine Suchanzeige an die Bestimmungs-zollstelle hinaus zu ermitteln, wo die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde und wer die Zollschuldner sind, indem er einen anderen Mitgliedst[X.]t um Rechtshilfe bei der Aufklärung des Sachverhalts ersucht.

b) Das in Art. 454 und 455 [X.]-DVO geregelte Verfahren hat die Klägerin beachtet.
- 9 - [X.]) Unstreitig hat das [X.] der Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 1994 dem beklagten [X.] innerhalb eines Jahres nach der Annahme des streitgegenständlichen [X.] durch die Zollbehörde mitgeteilt, daß im Verlauf oder anläßlich einer Beförderung mit diesem [X.] eine Zuwiderhand-lung begangen worden sei (Art. 455 Abs. 1 [X.]-DVO i.V.m. Art. 11 Abs. 1 T[X.]R-Übereinkommen).

[X.]) Nach den [X.] tatrichterlichen Feststellungen hat das [X.] eine entsprechende fristgerechte und ordnungsmäßige Mitteilung auch [X.] als dem [X.]nhaber des streitgegenständlichen [X.] mit dem [X.] vom 25. Juli 1994 (GA [X.] 24) zugeleitet (Art. 454 Abs. 1 [X.]-DVO i.V.m. Art. 11 Abs. 1 T[X.]R-Übereinkommen).

Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsirrtum festgestellt, daß die einge-hende Schilderung der festgestellten Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen [X.] in dem Bescheid den Zweck der vorge-schriebenen Mitteilung erreicht hat, den [X.]nhaber des [X.] in die Lage zu ver-setzen, die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens oder den tatsächlichen Ort der Zuwiderhandlung nachzuweisen (Art. 455 Abs. 1 i.V.m. Art. 454 Abs. 3 [X.] 1 [X.]-DVO; in diesem Sinne auch BFH [X.] 1998, 416, 418; FG Mün-chen [X.] 1997, 58, 59). Es hat weiterhin rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Steuerbescheid [X.] gemäß Art. 221 Abs. 1 [X.] spätestens am 29. Juli 1994 zugestellt worden ist.

(1) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Bekanntgabe des [X.] im vorliegenden Falle nicht nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu beurtei-len. Da die Zollbehörde die Bekanntgabe des Steuerbescheids durch Ein-- 10 - schreiben mit Rückschein angeordnet hat, richtet sich diese Zustellung nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes - [X.] - (§ 122 Abs. 5 [X.]; [X.]. [X.][X.] 1994, 603, 606).

(2) Die postalische Zustellung des Steuerbescheids durch Einschreiben mit Rückschein gemäß §§ 1, 2, 4, 7 Abs. 2 [X.] hat das Berufungsgericht dahin gewertet, daß der Adressat den Steuerbescheid erhalten hat.

Die tatrichterliche Feststellung, die Zusendung des Steuerbescheids durch Einschreiben mit Rückschein in [X.] sei zulässig gewesen, wird von den Parteien nicht beanstandet. Bei einer solchen Zustellung gilt die Sendung mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, daß das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren [X.]-punkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Schrift-stücks und den [X.]punkt des Zugangs nachzuweisen (§ 4 Abs. 1 [X.]). Die Fiktion des Zugangs greift nicht ein, wenn das Schriftstück - wie hier - nach tatrichterlicher Feststellung später als drei Tage nach Aufgabe zur Post zuge-gangen ist.

Die Revision stellt darauf ab, daß auf dem - im übrigen ausgefüllten - Rückschein das Feld
"Die vorgenannte Sendung wurde vorschriftsmäßig ausgehändigt"
nebst der entsprechenden [X.] Fassung dieses Satzes durch den [X.]n Zusteller nicht ausgefüllt worden ist. Die Revision meint, deswegen dürfe der Zugang nicht angenommen werden mit Rücksicht auf Art. 11 Abs. 3 - 11 - des [X.] ([X.] [X.][X.] 1992 S. 785, 792, mit Zustimmungsgesetz vom 31. August 1992, [X.] [X.][X.] 1992 S. 749); danach müssen Formblätter für den Verkehr zwischen Postverwaltungen so ausgefüllt sein, daß "die Eintragungen sehr gut zu lesen sind". Diese Ansicht ist unzutreffend. Die genannte Bestim-mung des [X.] regelt nur die Benutzung von Formblättern im Verkehr der Postverwaltungen. Sie besagt nichts darüber, ob und gegebenen-falls wann eine Zustellung erfolgt ist; das regeln Art. 55, 56 des [X.] ([X.] [X.][X.] 1992 S. 816 f) betreffend eine Einschreibsendung und eine Sendung mit Zustellnachweis.

Selbst wenn sich die formgerechte Zustellung des Bescheids nicht nachweisen läßt oder dieser unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschrif-ten zugegangen ist, so gilt er als in dem [X.]punkt zugestellt, in dem ihn der [X.] nachweislich erhalten hat (§ 9 Abs. 1 [X.]). Aufgrund der [X.]ndizwirkung des im übrigen ausgefüllten Rückscheins haben die Tatrichter rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Geschäftsführer der [X.] den Bescheid und die darin enthaltene Mitteilung gemäß Art. 455 Abs. 1 [X.]-DVO spätestens am 29. Juli 1994 erhalten hat (vgl. [X.]. [X.][X.] 1994, 603, 605).

[X.]) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Klägerin das Suchverfahren, das nach ihrer unbestrittenen Behauptung zwi-schen den Mitgliedst[X.]ten der [X.] vereinbart und gängige Praxis ist, - gemäß ihrer damals geltenden Dienstanweisung - durchgeführt hat. Das [X.] hat nach Eingang der mit dem Fälschungsverdacht behafteten Erledigungsbestätigung noch im Mai 1994 an die [X.] eine Suchanzeige gerichtet und von dort mit Schreiben vom 12. Mai und 1. Juni 1994 die Nachricht erhal-ten, daß es für die Ankunft des Transports keinen Nachweis gebe. Nach ihrem - 12 - unbestrittenen Vorbringen hat die Klägerin im Mai 1994 die [X.]n [X.] um Amtshilfe gebeten; auch dadurch konnte der Verbleib der Zigaretten nicht geklärt werden.

3. Die Revision rügt mit Erfolg die tatrichterliche Feststellung, es stehe nicht fest, daß die [X.] [X.] verlassen habe. [X.]nsoweit hat das [X.] die vom [X.]n angebotenen Beweise unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht erhoben.

a) Der [X.] hat behauptet, im Zusammenhang mit einem Strafver-fahren gegen den Geschäftsführer der [X.] seien ehemalige Fahrer der Gesell-schaft, unter anderem der Fahrer [X.]. , als Zeugen vernommen worden. Sie hätten bekundet, daß die Transporte von [X.] in der fraglichen [X.] generell nicht in [X.] ausgeladen worden seien, sondern unversehrt die Grenze zu [X.] passiert und ein unbefugtes Erbrechen der Zollplomben erst in [X.] stattgefunden habe. Zum Beweis für die Richtigkeit dieses Vorbrin-gens hat der [X.] drei Zeugen - darunter den Fahrer [X.]. - benannt. Sollte dieser Vortrag zutreffen, so hat die Klägerin keine verbürgte Zollforde-rung im Sinne der Ziffer [X.] 2 der Bürgschaftsurkunde gegen den [X.]n er-worben. Das Berufungsgericht hat die Vernehmung des Fahrers [X.]. und der übrigen Zeugen aufgrund einer unzulässigen vorweggenommenen Be-weiswürdigung zu Unrecht für entbehrlich gehalten (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Okto-ber 1998 - [X.][X.] ZR 164/97, Z[X.]P 1999, 84). Haben die Fahrer von [X.] auf Weisung gehandelt, was sich bei der von der [X.]n unbestritten vorgetragenen Häu-fung des Mißbrauchs von [X.]-T[X.]R-Transporten durch die [X.], kann nach dem derzeitigen Ermittlungsstand nicht ausgeschlossen werden, daß auch der Transport durch den - unauffindbaren - Fahrer [X.]- 13 - auf Weisung des Unternehmens durchgeführt worden ist und in [X.] oder [X.], nicht aber in [X.], ausgeladen wurde. Für seine Erwä-gung, es sei jedenfalls nicht auszuschließen, daß die Zigaretten in [X.] geblieben seien, weil es damals in [X.]einen Schwarzmarkt für unverzollte und unversteuerte Zigaretten gegeben habe, hat das Berufungsgericht keinen tragfähigen Anhaltspunkt festgestellt.

b) Die unter Beweis gestellte Behauptung ist auch erheblich. Mit [X.] auf den ermittelten Sicherungszweck der Bürgschaft kann der [X.] grundsätzlich den - der [X.] als [X.]-[X.]nhaberin und Hauptschuldnerin zuste-henden - Einwand erheben (§ 768 BGB), die Klägerin sei nicht Abgabengläubi-gerin, weil der streitgegenständliche Transport in [X.] - oder auch Frank-reich - entladen worden sei. Gegebenenfalls wäre nachgewiesen, daß nicht die Klägerin, sondern der [X.] St[X.]t [X.] wäre (vgl. Art. 454 Abs. 3 Unterabsatz 1, 3 [X.]-DVO), so daß der beklagte Bürge der Klägerin die eingeklagte Forderung nicht schuldete. Der bestandskräftige Steuerbescheid der Klägerin gegen den Hauptschuldner bindet den beklagten Bürgen nicht (vgl. [X.]Z 76, 222, 230).

Dennoch konnte der Verfahrensrüge der Revision nicht ohne weiteres stattgegeben werden, nachdem das [X.]eil des [X.] ([X.]) vom 23. März 2000 in den verbundenen Rechtssachen [X.]/98 und [X.] ergangen war (vgl. [X.]E [X.] 2000, 1797 = [X.] 2000/457 = [X.] 2000, 196). Zwar ergibt sich daraus, daß der Nachweis gemäß Art. 454 Abs. 3, 455 Abs. 2, 3 [X.]-DVO nicht nur durch Urkunden geführt werden kann. Eine Vorlage an den [X.] war aber notwendig, weil die ge-- 14 - nannten Bestimmungen den Nachweis an eine Frist binden und insoweit eine Unklarheit bestand.

[X.]) Nach Art. 454 Abs. 3 Unterabs. 1 [X.]-DVO i.V.m. Art. 455 Abs. 1 [X.]-DVO, Art. 11 Abs. 1 T[X.]R-Übereinkommen gilt für den Nachweis der Ordnungs-mäßigkeit des Verfahrens und des Ortes, an dem die Zuwiderhandlung tat-sächlich begangen wurde, grundsätzlich eine Frist von einem Jahr; diese be-ginnt mit der Mitteilung der Zollbehörden an den [X.]nhaber des [X.] und an den [X.], daß eine Zuwiderhandlung begangen worden ist. Die Frist beträgt zwei Jahre, wenn die Erledigungsbescheinigung mißbräuch-lich oder betrügerisch erwirkt worden ist (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 T[X.]R-Übereinkommen). Eine solche Fristverlängerung scheidet im vorliegenden Fall aus, weil hier keine "Erledigungsbescheinigung – erwirkt worden ist". Eine echte Bescheinigung der [X.] ist dem [X.] der Klägerin nicht zugegangen.

Gemäß Art. 455 Abs. 2 [X.]-DVO i.V.m. Art. 11 Abs. 2 T[X.]R-Übereinkom-men ist der Nachweis für die ordnungsmäßige Durchführung der Beförderng mit [X.] grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren nach Mitteilung der Zuwiderhandlung zu erbringen. [X.]st innerhalb dieser Frist die Sache zum Ge-genstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht worden, so gilt eine Frist von einem Jahr nach dem Tage, an dem die gerichtliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 T[X.]R-Übereinkommen).

Der Generalanwalt hat in seinen Schlußanträgen in der genannten [X.] ausgeführt, sowohl für den Nachweis der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens als auch des Ortes der Zuwiderhandlung gelte die zweijährige Frist - 15 - ([X.] [X.]O Rn. 31-44). Dem ist das Gericht jedoch nicht gefolgt ([X.] [X.]O Rn. 43-49, 3 der abschließenden [X.]eilsformel). Sollte die [X.] nach Art. 454 Abs. 3 Unterabsatz 1 [X.]-DVO eine Ausschlußfrist sein und auch für den vorliegenden Fall des [X.] in der Weise gelten, daß der [X.] sein Verteidigungsmittel, die [X.] sei in [X.] entladen worden, in-nerhalb dieser Frist in den Rechtsstreit hätte einführen müssen, so wäre der [X.] mit seinem Einwand ausgeschlossen. Denn er hat sich erst kurz vor Ablauf der zweijährigen Frist, die mit dem Zugang des Schreibens der Klägerin vom 9. Juni 1994 begonnen hat, im vorliegenden Rechtsstreit auf sein Vertei-digungsmittel mit dem am 8. Mai 1996 überreichten Schriftsatz von demselben Tage berufen.

[X.]) Der [X.] hat diese Unklarheit in der vom Senat im Parallelprozeß [X.] ZR 201/98 herbeigeführten Vorabentscheidung vom 23. September 2003 nunmehr zugunsten des [X.]es entschie-den: Art. 454 Abs. 3 Unterabsatz 1 [X.]-DVO hindert einen [X.], gegen den ein Mitgliedst[X.]t eine Abgabenforderung auf der Grundlage des Bürgschaftsvertrags einklagt, nicht, den Nachweis des Ortes der Zuwiderhand-lung zu führen, sofern dieser Nachweis innerhalb der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist, bei der es sich um eine Ausschlußfrist handelt, geführt wird. Die Art. 454 Abs. 3 Unterabsatz 1 und 455 Abs. 1 [X.]-DVO sind hierbei dahin auszulegen, daß der bürgende Verband für den Nachweis des Ortes der Zuwiderhandlung über eine Frist von zwei Jahren ab dem Tag der an ihn ge-richteten Zahlungsaufforderung (Schreiben des [X.] v. 21. Dezember 1994) verfügt (vgl. [X.] [X.]O Rn. 58, 72, 73 und 2, 3 der abschließenden [X.]eilsfor-mel).
- 16 - Das Berufungsurteil kann daher nicht bestehen bleiben; es ist aufzuhe-ben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.[X.]).

[X.][X.].
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Klage ist nicht abweisungsreif.

1. Falls der Klägerin die verbürgte Abgabenforderung zusteht, braucht sie nicht die Zollschuldner vor dem [X.]n als selbstschuldnerischen Bür-gen in Anspruch zu nehmen.

a) Nach Art. 8 Abs. 1 T[X.]R-Übereinkommen haftet der bürgende Verband mit den Personen, die die Abgaben schulden, gesamtschuldnerisch für die Ent-richtung dieser Beträge. Gemäß Art. 8 Abs. 7 dieses Übereinkommens haben die zuständigen Behörden "soweit möglich" die fälligen Beträge zunächst von den unmittelbaren Schuldnern zu verlangen, bevor der bürgende Verband zur Entrichtung dieser Beträge aufgefordert wird. Selbst wenn diese Regelung un-ter Gesamtschuldnern im vorliegenden Fall anzuwenden sein sollte, so hat der [X.] auf eine vorrangige [X.]nanspruchnahme der Zollschuldner verzichtet, indem er sich gegenüber der Klägerin selbstschuldnerisch verbürgt hat.

b) Diese Wertung wird durch das von der Revision angeführte Gebot der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des [X.] Rechts nicht ausgeschlos-sen (vgl. dazu [X.], in: [X.]sensee/Kirchhof, Handbuch des St[X.]tsrechts - Bd. V[X.][X.] - 1992 § 172 Rn. 27 ff). Danach soll bei einem Spielraum möglicher - 17 - Deutungen einer Rechtsregel diejenige bevorzugt werden, die gleichzeitig den Anforderungen des Völkerrechts gerecht wird ([X.], [X.]O Rn. 27). Die Anwendung dieses Gebots im Verhältnis von Art. 8 Abs. 7 T[X.]R-Übereinkommen und § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB ergibt entgegen der Ansicht der Revision nicht, daß die selbstschuldnerische Verbürgung gegenstandslos ist.

2. Die Geltendmachung der [X.] stellt keine [X.] Rechtsausübung dar.

a) Hierzu haben die [X.] und ihre Streithelferin geltend gemacht, die [X.] Zollbehörden hätten schon im Februar 1994, spätestens seit dem 15. März 1994 gewußt, daß [X.] mindestens fünf [X.]s für Zigaretten-transporte von der [X.] nach [X.] mißbräuchlich verwendet und die entsprechenden Kontrollabschnitte mit gefälschten [X.]n an die [X.] Eingangszollstelle zurückgeschickt habe. Darüber hätte die Klägerin sogleich ihre Zollämter im deutsch/[X.] Grenzgebiet und den [X.]n unterrichten müssen. Außerdem hätte die Klägerin die [X.] vom [X.]-Verfahren nach Art. 38 T[X.]R-Übereinkommen ausschließen oder deren Trans-porte gemäß Art. 23 dieses Abkommens begleiten lassen müssen. Dann wäre der vorliegende [X.] wegen des Transports der [X.] vom 6. April 1994 nicht eingetreten.

b) Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann ausnahms-weise dazu führen, daß ein Vertragspartner wegen eigener Pflichtverletzungen nicht nur dem anderen Vertragsteil haftet, sondern einen eigenen vertraglichen Anspruch nicht durchsetzen kann, weil die Geltendmachung des Anspruchs - 18 - unter besonderen Umständen als unzulässige Rechtsausübung wegen wider-sprüchlichen Verhaltens erscheint.

[X.]) Für einen solchen Rechtsmißbrauch mit [X.] genügt aber nicht jede Pflichtverletzung; vielmehr ist dafür regelmäßig eine besonders schwerwiegende, grobe Pflichtverletzung des treuwidrig handelnden Berechtig-ten erforderlich ([X.]Z 55, 274, 279 f; [X.], [X.]. v. 19. Oktober 1987 - [X.][X.] ZR 97/87, NJW-RR 1988, 352, 353; v. 25. November 1996 - [X.][X.] ZR 118/95, NJW-RR 1997, 348, 349). Das ist auch für Pflichtverletzungen des [X.] angenommen worden. Dem [X.] kann - auch mit [X.] auf den Rechtsgedanken des § 162 BGB - der Einwand der Arglist entge-gengehalten werden, wenn der Gläubiger treuwidrig den [X.] selbst herbeigeführt hat, indem er den Hauptschuldner veranlaßt hat, seine Leistung nicht zu erbringen ([X.], [X.]. v. 7. Februar 1966 - V[X.][X.][X.] ZR 40/64, [X.], 317, 319), einen dem Hauptschuldner gewährten Kredit fällig gestellt hat, um dem Bürgen einen Rückgriff bei einem Rückbürgen zu ermöglichen ([X.], [X.]. v. 20. März 1968 - V[X.][X.][X.] ZR 153/65, [X.] 1968, 853), oder den wirtschaftlichen Zusammenbruch des [X.] verschuldet und dadurch einen Rück-griff des Bürgen vereitelt hat ([X.], [X.]. v. 23. Februar 1984 - [X.][X.][X.] ZR 159/83, [X.], 586). Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung wird vom [X.] in Ziffer [X.] 2 der Bürgschaftsurkunde nicht umfaßt (vgl. [X.], [X.]. v. 28. Mai 1991 - X[X.] ZR 214/90, [X.], 1294, 1296).

[X.]) Eine solche rechtsmißbräuchliche, zum Verlust des [X.] führende Auslösung des [X.]es Anfang April 1994 ergibt sich nicht aus den Pflichtverletzungen, die die Revision der Klägerin vorwirft. Eine schwere, grobe Pflichtverletzung unter Verstoß gegen Treu und Glauben - 19 - entfällt schon deswegen, weil sowohl die Einführung eines zweckgerechten [X.]nformations- und Kontrollverfahrens nach Öffnung der Binnengrenzen Anfang 1992 als auch Maßnahmen zur Abwehr der Mißbrauchsgefahr nach den [X.] im Februar und März 1994 eine gewisse [X.] benötigten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach dem eigenen Vorbringen des [X.]n die Zah-lungsanforderungen der Klägerin an den [X.]n 1992 noch etwa 149.000 [X.] Franken und 1993 etwa 261.000 [X.] Franken betragen ha-ben; erst 1994 sind diese Anforderungen auf mehr als 18 Mio. [X.] Fran-ken gestiegen. Danach hat sich erst im Laufe des Jahres 1994 ein triftiger An-laß zu Vorkehrungen ergeben, so daß ein treuwidriges Verhalten der Klägerin bis zum Eintritt des vorliegenden [X.]es nicht dargelegt ist.

Daran ändert nichts, daß bereits am 2. Juli 1993 die Arbeitsgruppe [X.]/[X.] Zollfragen/Verkehr empfohlen hat, den Höchstbetrag der bürgenden Verbände bei Beförderung von Tabak und Alkohol auf 200.000 US-Dollar [X.], weil "in der letzten [X.]" eine "steigende Zahl von [X.]" im T[X.]R-Verfahren festzustellen sei. Rat und [X.] der [X.] haben im Jahr 1995 Maßnahmen gegen einen Mißbrauch dieses Verfahrens beschlos-sen. Angesichts dieser in angemessener [X.] erfolgten Reaktion kann der Klä-gerin ein grob pflichtwidriges Verhalten nicht vorgeworfen werden.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ansicht des [X.]s, die Geschäftsgrundlage der Bürgschaft sei nicht weggefallen (§ 242 BGB; vgl. dazu [X.]Z 128, 230, 236; [X.], [X.]. v. 17. März 1994 - [X.] ZR 174/93, [X.], 1064, 1065 f).
- 20 - a) Sie verweist auf das Vorbringen des [X.]n, die Parteien seien bei Übernahme der Bürgschaft übereinstimmend davon ausgegangen, daß die jährliche [X.]nanspruchnahme aus der Bürgschaft 1 Mio. DM nicht überschreiten werde; das sei einschließlich des Jahres 1993 auch nicht der Fall gewesen. Diese Geschäftsgrundlage sei nicht dadurch aufgegeben worden, daß der Bürgschaftshöchstbetrag, der für jedes [X.] nach der Ergänzung vom 9. Oktober 1985 zur Bürgschaftserklärung vom 23. Oktober 1961 von 200.000 [X.] Franken auf den Gegenwert von 60.024 [X.] herabgesetzt worden sei, durch den Nachtrag vom 31. August 1993 zur Bürgschaft vom 3. August 1993 auf den Gegenwert von 175.000 [X.] je [X.] "Tabak/Alkohol" er-höht worden sei. Seit 1994 sehe sich der [X.] einer explosionsartig ge-stiegenen [X.]nanspruchnahme gegenüber, die er auf insgesamt 135 Mio. DM schätze. [X.]n der "Vereinbarung" der Parteien vom 31. Juli 1996 seien die damals geltend gemachten Forderungen mit etwa 94 Mio. DM angegeben worden.

b) Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage sind auf den vorliegenden Fall schon deswegen nicht anzuwenden, weil der [X.] sich von seiner Bürgschaftsverpflichtung, die nach seiner Ansicht untragbar geworden ist, kurzfristig durch Kündigung gemäß Ziff. [X.] 9 der Bürgschaftsur-kunde lösen konnte (vgl. [X.], [X.]. v. 20. Mai 1953 - [X.][X.] ZR 184/52, [X.] § 242 - Bb - Nr. 15; v. 9. Oktober 1996 - V[X.][X.][X.] ZR 266/95, Z[X.]P 1997, 257, 259). Nach dieser Klausel kann der [X.] seine Haftung durch Kündigung, die frühestens am 15. Tage nach Aufgabe zur Post wirksam wird, auf diejenigen Ansprüche begrenzen, die bis zum Wirksamwerden der Kündigung entstanden sind. Eine solche Kündigung betreffend das mißbrauchsanfällige [X.] "Tabak/Alkohol" hat der [X.] erst am 11. November 1994 gegenüber der Klägerin zum 29. November 1994 erklärt. - 21 -

4. Der von der Revision weiterverfolgte Gegenanspruch aus [X.] (§ 839 BGB, Art. 34 GG), mit dem der [X.] seinen durch die [X.]nan-spruchnahme aus der Bürgschaft entstandenen Schaden beseitigen will, ist nicht gegeben, so daß es nicht darauf ankommt, ob es hierzu einer Aufrech-nung bedarf (vgl. [X.]Z 66, 302, 305) und ob einer solchen ein Aufrechnungs-ausschluß entgegensteht.

a) Der [X.] und ihre Streithelferin werfen der Klägerin vor, der Bürg-schaftsfall infolge des Mißbrauchs des [X.] durch die [X.] am 6. April 1994 wäre vermieden worden, wenn die Klägerin den ab Februar 1994 erkann-ten Mißbrauch unverzüglich unterbunden hätte (vgl. vorstehend unter 2 a).

b) Die Untätigkeit der Klägerin begründet aus keinem rechtlichen Ge-sichtspunkt eine für den Schaden des [X.]n ursächlich gewordene [X.]verletzung.

[X.]) Hinsichtlich der vom [X.]n vermißten rechtzeitigen Einrichtung eines Kontroll- und [X.]nformationssystems ergeben sich gegenüber dem [X.] keine drittgerichteten Pflichten.

Ob einem Beamten eine Amtspflicht gegenüber einem [X.] im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegt, bestimmt sich in erster Linie nach dem Zweck, dem die Amtspflicht dient. Für die Drittgerichtetheit kommt es darauf an, ob die Amtspflicht - nicht notwendig allein, aber doch auch - den Zweck hat, das im Einzelfall berührte [X.]nteresse gerade dieses Geschädigten wahrzuneh-- 22 - men. Nur wenn sich aus den Bestimmungen, die die Amtspflicht begründen und umreißen, sowie aus der Natur des [X.] ergibt, daß der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der recht-lichen Bestimmung des [X.] gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Es muß also eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten [X.] bestehen; dafür ist es nicht erforderlich, daß dieser unmittelbar an dem Amtsgeschäft beteiligt ist oder einen Rechtsanspruch auf die Amtshandlung hat. Maßgeblich ist vielmehr der Schutzzweck der [X.]. [X.]st der Betroffene danach kein Dritter im vorstehenden Sinne, so entfällt eine Amtshaftung, selbst wenn sich die Amtspflichtverletzung für ihn nachteilig ausgewirkt hat ([X.]Z 93, 87, 91; 106, 323, 331; 108, 224, 227; 110, 1, 9; [X.], [X.]. v. 9. Oktober 1997 - [X.][X.][X.] ZR 4/97, NJW 1998, 138, 139).

Eine Amtspflicht der Beamten der Klägerin, ein Kontroll- und [X.]nformati-onsverfahren zur Verhinderung von Mißbräuchen des [X.] einzurichten, besteht nicht gegenüber dem [X.]n. Dieser bürgt als nationa-ler Verband des [X.] im [X.] für die Zollschuld, die der [X.]nhaber eines von ihm, dem internationalen Dachverband [X.]. oder den übrigen nationalen Verbänden des [X.] ausgegebenen [X.] gegenüber der Klägerin ausgelöst hat. Aus der Natur der Sache ergibt sich nicht, daß das [X.]nteresse des [X.]n, dieser Haftung zu entgehen, zum Schutzzweck einer Amtspflicht der Klägerin zum Aufbau eines Kontroll- und [X.]nformationssystems gehört. Der Schutzzweck einer solchen Amtspflicht geht vielmehr ausschließlich dahin, das st[X.]tliche Abgabeninteresse gegen eine mißbräuchliche Erlangung der Abgabenbefreiung gemäß Art. 7 T[X.]R-Überein-- 23 - kommen zu sichern. Daran ändert es nichts, daß ein solches Kontroll- und [X.]n-formationssystem die Bürgenhaftung des [X.]n verringern kann.

Auch Art. 454 Abs. 3 letzter Unterabsatz [X.]-DVO ergibt keine entspre-chende Amtspflicht gegenüber dem [X.]n. Nach dieser Bestimmung treffen die Zollverwaltungen der Mitgliedsst[X.]ten der [X.] die nötigen Vorkehrungen zur Bekämpfung von Zuwiderhandlungen und zu deren wirksamer Ahndung. Auch diese Vorschrift dient - ebenso wie die übrigen Regelungen des Art. 454 [X.]-DVO - allein dem st[X.]tlichen Abgabeninteresse; nach seinem Absatz 1 gilt dieser Artikel "unbeschadet der die Haftung der bürgenden Verbände [X.] besonderen Bestimmungen des T[X.]R-Übereinkommens" (vgl. [X.], [X.]. v. 23. September 2003, [X.]O Rn. 82 f).

[X.]) Entsprechendes trifft für die Begleitung der Transporte, den [X.] der [X.] vom T[X.]R-Verfahren und die Unterrichtung der Zollämter im deutsch-[X.] Grenzgebiet zu. Eine Amtspflicht der zuständigen Beamten der Klägerin, gemäß Art. 23 T[X.]R-Übereinkommen die Transporte der [X.] auf deren Kosten begleiten zu lassen oder nach Art. 38 dieses Abkom-mens die [X.] zumindest vorübergehend vom T[X.]R-Verfahren auszuschließen, bestand nicht gegenüber dem [X.]n.

Daran ändert Art. 8 Abs. 7 T[X.]R-Übereinkommen nichts. Das gilt auch für Art. 38 Abs. 2 dieses Abkommens; danach ist ein Ausschluß sofort den [X.] der Vertragspartei, in deren Gebiet die betreffende Person ihren Wohn- oder Geschäftssitz hat, sowie dem dortigen [X.] mitzuteilen, in dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist. Diese Bestimmungen besagen nur, daß die Zollschuldner möglichst vor dem [X.] zahlen [X.] und dieser Gelegenheit erhalten soll, seine [X.]nteressen beim Ausschluß ei-nes [X.]-[X.]nhabers zu wahren.

Nichts anderes ergibt sich aus den von der Revision angeführten Dienst-anweisungen. Nach Nr. 8 der Dienstanweisung der Klägerin vom 2. Juni 1995 können Personen, die sich einer schweren Zuwiderhandlung im [X.]-Verfahren schuldig gemacht haben, von den damit verbundenen [X.] vorübergehend oder dauernd ausgeschlossen werden. Aufgrund Nr. 23h derselben Dienstanweisung kann die zuständige Zollstelle, soweit die Sicherheitsleistung im einzelnen Fall das Abgabenrisiko nicht voll deckt, dem [X.]-[X.]nhaber die Fahrtstrecke vorschreiben, die Gestellungspflicht möglichst kurz bemessen und einer [X.] [X.] den Transport an-kündigen; sofern der Verdacht einer beabsichtigten Zuwiderhandlung besteht, ist die zuständige Zollfahndungsstelle zu unterrichten.

Auch diese internen Dienstanweisungen dienen dem st[X.]tlichen [X.]nteres-se an einer ordnungsmäßigen Amtsführung der Beamten und besagen nichts für die Frage, ob den Beamten der Klägerin gegenüber einem bürgenden [X.] eine Amtspflicht zu rechtzeitigen Maßnahmen nach Art. 23, 38 T[X.]R-Über-einkommen obliegt.

[X.]) Ob mögliche weitergehende Mitteilungspflichten, die über diejenigen in Art. 455 [X.]-DVO hinausgehen, drittgerichteten Charakter haben (vgl. [X.], [X.]. v. 7. Dezember 1995 - [X.][X.][X.] ZR 141/94, [X.], 1015, 1017 f), kann [X.] offenbleiben wie die Frage, woraus diese Pflichten überhaupt hergeleitet werden könnten (vgl. [X.]Z 87, 9, 18; 120, 184, 188). Keinesfalls reichen die aus einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis herzuleitenden Amtspflichten - 25 - weiter als Schutz- und Nebenpflichten aus einem zivilrechtlichen Bürgschafts-vertrag. Diese hat der Kläger nach dem von dem [X.]n behaupteten und unter Beweis gestellten zeitlichen Ablauf nicht verletzt.

Nach Nr. 6 der Bürgschaftserklärung vom 3. August 1993 ist der Kläger in erhöhtem Maße geschützt, wenn die Erledigungsbescheinigung mißbräuch-lich oder betrügerisch erwirkt worden ist. [X.]n einem solchen Fall können die Be-träge von dem Bürgen selbst dann verlangt werden, wenn ein [X.] ohne Vorbehalt erledigt worden ist; im Falle der Nichterledigung oder nicht vorbe-haltlosen Erledigung erhöhen sich die Fristen für die Mitteilung der Nichterledi-gung durch die Zollstellen von einem Jahr auf zwei Jahre (entsprechend Art. 11 Abs. 2 T[X.]R-Übereinkommen). Die Bemessung dieser vertraglich vereinbarten Fristen - gerade auch in [X.] - beeinflußt den dem Kläger bei [X.] vertraglicher Nebenpflichten zuzubilligenden [X.]raum in bezug auf vorausgegangene [X.]. Auch dieser ist so lang zu bemessen, daß den der Klägerin nachgeordneten Zollbehörden - gerechnet von der sicheren Kenntniserlangung von dem Mißbrauchstatbestand - genügend [X.] zur Verfü-gung steht, um in einem geordneten Verfahren geeignete Maßnahmen vorzu-bereiten und umzusetzen. Müßte die Klägerin sofort handeln, liefen die der Klägerin in der Bürgschaftsurkunde eingeräumten, dem T[X.]R-Übereinkommen entsprechenden Fristen bei wiederholtem Mißbrauch weitgehend leer. Wie lang dieser [X.]raum zu bemessen ist, kann offenbleiben. Jedenfalls war er Anfang April 1994 noch nicht abgelaufen.

5. Die von der Revision nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist [X.]nd gemachte Zahlungsverjährung (§§ 47, 228 [X.]), die zum Erlöschen des verbürgten Anspruchs geführt haben mag (§ 232 [X.]), kann im vorliegenden - 26 - Fall im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Die Steuerschulden gegen [X.] wurden im Jahre 1994 festgesetzt und zugestellt. Die fünfjährige Verjährungsfrist begann somit gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit Ablauf des Jahres 1994 und war, falls kein Hemmungs- (§ 230 [X.]) oder [X.] (§ 231 [X.]) eingriff, Ende des Jahres 1999 vollendet. Diese neue Tatsache, die erst während des Revisionsverfahrens eingetreten ist, kann in das Revisionsurteil nur einfließen, wenn sie unstreitig ist und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. [X.]Z 104, 215, 221; 139, 214, 221; [X.], [X.]. v. 10. Mai 1990 - [X.] ZR 246/89, [X.], 1642, 1643; v. 11. Juli 1996 - [X.] ZR 81/94, [X.], 1599, 1601). [X.]m Streitfall sehen §§ 230, 231 Abs. 1 [X.] vielfache Möglichkeiten der Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung vor, zu denen der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht vorzu-tragen brauchte, weil die jetzt geltend gemachte Zahlungsverjährung bei Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 26. März 1998 weder eingetreten war noch unmittelbar bevorstand. Der Kläger muß deshalb noch Gelegenheit erhalten, zu möglichen Hemmungs- oder Unterbre-chungstatbeständen vorzutragen und gegebenenfalls Beweis anzubieten.

[X.][X.][X.].
[X.] ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.[X.]), um diesem Gelegenheit zur Prüfung zu geben, - 27 - ob die streitgegenständliche Transportware in [X.] entladen worden und/oder ob hinsichtlich der verbürgten Forderung die jetzt geltend gemachte Zahlungsverjährung eingetreten ist.

[X.] [X.]

Ganter

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 202/98

29.06.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2004, Az. IX ZR 202/98 (REWIS RS 2004, 2602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2602

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