Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2006, Az. IX ZR 160/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 215

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 160/03 vom 14. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], Dr. [X.] und [X.] am 14. Dezember 2006 beschlossen: Auf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das Ur-teil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juni 2006 zugelassen, soweit der hilfsweise ge-stellte Feststellungsantrag gegen den Beklagten zu 1 in Höhe von 217.472,52 • abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Im Umfang ihrer Zulassung wird auf die Revision des [X.] das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 20. Juni 2006 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 217.472,52 • festgesetzt und für das Revisionsverfahren auf 173.978,02 •. - 3 - Gründe: [X.] Der Kläger ist Verwalter im [X.] über das Vermögen der V. F.

Z. GmbH (im Folgenden: [X.]). Die [X.] lieferte Fleischwaren an [X.] , handelnd unter der Firma L. F. [X.]

(im Folgenden: [X.]). Die [X.] zerlegte die Fleischwaren und verkaufte die Waren weiter an Dritte, unter anderem an die O. R. W.

GmbH (im Folgenden: [X.]). Die [X.] wurde zahlungsunfähig und der Beklagte zu 2 mit Eröffnung des Verfahrens zum [X.] bestellt. 1 [X.] und die [X.], vertreten durch den Beklagten zu 2, ver-einbarten, die R. [X.] F. GmbH (im Folgenden: [X.]) zu gründen. Zu einer notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages der [X.] kam es trotz Aufnahme der Geschäfte nicht. 2 In der [X.] vom 25. April bis 25. Mai 1993 lieferte die [X.] Fleischwaren in einem Gesamtwert von 217.472,52 • (425.339,29 DM) an die LF[X.] 3 Am 8. Januar 2003 wurde der Beklagte zu 2 als Gesamtvollstreckungs-verwalter der [X.] entlassen und der Beklagte zu 1 zum neuen Gesamtvoll-streckungsverwalter bestellt. 4 Der Kläger hat unter Antritt von Zeugenbeweis behauptet, den Verkäufen der Fleischwaren an die [X.] hätten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.] mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt zugrunde gelegen. Danach 5 - 4 - seien die Kaufpreisforderungen von der [X.] in voller Höhe an die [X.] abge-treten worden. Die [X.] habe sämtliche nach dem 24. April 1993 von der [X.] bezogenen Fleischwaren an die [X.] weiter verkauft. Die daraus entstandenen Kaufpreisforderungen beliefen sich auf insgesamt 230.531,13 • (450.879,71 DM). Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] führte gegenüber dem Beklagten zu 1 zur Feststellung einer Masseschuld in Höhe von [X.] •. 6 Im Übrigen ist sie ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat an-genommen, das Vorbringen des [X.] sei unsubstantiiert, den von ihm ange-botenen Beweisen deshalb nicht nachzugehen. 7 I[X.] Die Revision ist, soweit die Nichtzulassungsbeschwerde den [X.] gegen den Beklagten zu 1 betrifft, zuzulassen, da das angegrif-fene Urteil den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. In diesem Umfang ist es nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen. 8 1. Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Beweis-angebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. [X.] 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 144). Das ist inbesondere der Fall, wenn eine Beweiswürdigung [X.] - 5 - al unzulässig vorweggenommen wird ([X.] NJW-RR 1995, 441; NJW-RR 2001, 1006, 1007; [X.], Urt. v. 13. September 2004 - [X.], [X.], 2365, 2366). Der Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des [X.] entstanden erscheinen zu lassen. Grundsätzlich ohne Bedeutung für die [X.] ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ([X.], Urt. v. 15. Februar 1990 - [X.], [X.], 656, 657). Der Sachvortrag einer Partei bedarf im Rahmen des Beibrin-gungsgrundsatzes nur dann der Ergänzung, wenn infolge der Einlassung des Gegners die Darstellung unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die [X.] geltend gemachten Rechts zulässt. Es ist demgegenüber Sache des Tatrichters, im Rahmen der Beweisaufnahme die Zeugen nach allen [X.] zu fragen, die zur Prüfung der Glaubhaftigkeit von Bekundungen er-forderlich erscheinen. Fehlen solche Würdigungsumstände im Parteivortrag, so darf deswegen ein zulässiger Beweisantritt nicht abgelehnt werden ([X.], Urt. v. 18. November 2004 - [X.] ZR 299/00, [X.], 804, 805 unter I[X.] 2. a; Beschl. v. 1. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2710, 2711 unter I[X.] 2. a). Den hiernach maßgebenden Anforderungen entspricht der Vortrag des [X.]. Er hat behauptet, die [X.] habe die von der [X.] gelieferten Fleischwa-ren ab dem 25. April 1993 sämtlich an die [X.] verkauft und diesen Vortrag un-ter Beweis gestellt. Das genügt in Verbindung mit der von ihm ebenfalls be-haupteten und unter Beweis gestellten Einbeziehung der Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen, um Masseansprüche der [X.] gegen die [X.] im Rah-men des bekannten verlängerten Eigentumsvorbehalts schlüssig zu begründen (siehe unten 2.). Hingegen ist es zur Subsumtion unter § 13 [X.] nicht not-wendig zu erläutern, warum die vom Kläger benannten Zeugen etwas von den 10 - 6 - behaupteten Verkäufen wissen sollen. Überdies sind die angebotenen Zeugen ehemalige Angestellte der [X.], [X.] und [X.]. Das Berufungsgericht hat auch gegen das Verbot der vorweggenomme-nen Beweiswürdigung verstoßen. Die [X.] hat in der fraglichen [X.] auch andere Kunden mit Fleischwaren beliefert. Das schließt aber nicht aus, dass die [X.] gleichwohl sämtliche von der [X.] gelieferten Fleischwaren an die [X.] - und die anderer Lieferanten an andere Abnehmer - verkauft hat. Das Berufungsgericht wird dem bei der Befragung der Zeugen nachzugehen haben. 11 2. Die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1 ist schlüssig und der unter Beweis gestellte Vortrag damit entscheidungserheblich. Falls [X.]

auch für die [X.] gehandelt haben sollte (vgl. § 125 HGB), hätte die [X.] die gemäß § 181 Fall 1 BGB schwebend unwirksamen Verträge mit dem An-kauf der Waren von der [X.] genehmigt. Die aus den Verkäufen an die [X.] stammenden Kaufpreisforderungen der [X.] stehen nach dem verlängerten Ei-gentumsvorbehalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] in voller Höhe dem Kläger zu. Die Abtretung ist hinreichend bestimmt. Für eine Übersi-cherung hat der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu 1 nichts vorge-tragen. Für die Erfüllung der Kaufpreisforderungen haftet die [X.] nach § 128 HGB (vgl. [X.]Z 91, 148, 151; [X.], Urt. v. 20. Juni 1983 - [X.], [X.], 861; Urt. v. 22. Juni 1992 - [X.], [X.], 1432, 1433; Urt. v. 9. März 1998 - [X.], [X.], 817). Die Haftung der Masse nach § 128 HGB führt auch zu [X.]. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.] be-gründet der Verwalter [X.], wenn er die Ansprüche persönlich oder durch ihm selbst zuzurechnende Handlungen (vgl. § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO, § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) auslöst (vgl. [X.]Z 148, 252, 257). Das ist der Fall, wenn aus [X.] oder Lassen eine bis dahin nicht begründete Haftung der [X.] - 7 - se "entsteht" (vgl. [X.]/[X.], KO 8. Aufl. § 59 Rn. 1). So liegt es hier. Der [X.] zu 2 vereinbarte formlos mit [X.]die Gründung der [X.] und ließ es zu, dass dieser bereits vor ihrer Gründung für sie unternehmerisch tätig wurde. 3. Das Berufungsgericht wird auch die vom Beklagten zu 1 erhobene Einrede der Verjährung zu prüfen haben. Zwar hat der Beklagte zu 2 für die Masse auf sie verzichtet. Zum [X.]punkt des Verzichts waren die Forderungen aber bereits verjährt (vgl. § 159 Abs. 1 Fall 2 HGB iVm § 196 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 BGB a.F.). Es fehlt insoweit Vortrag des darlegungs- und beweisbelaste-ten [X.], dass der Beklagte zum [X.]punkt des Verzichts ernsthaft mit der bereits eingetretenen Verjährung rechnete (vgl. [X.]Z 83, 382, 389). Das liegt hier fern, weil die Parteien auch in diesem Verfahren noch von einer fünfjähri-gen Verjährungsfrist ausgegangen sind. Der Beklagte zu 1 kann sich auch auf die Einredewirkungen berufen, ohne daran nach § 242 BGB gehindert zu sein. Denn die Verzichtserklärung seines Amtsvorgängers vom 28. Dezember 1998 war für die Fristversäumung des [X.] nicht ursächlich. Falls ansonsten [X.] eingetreten sein sollte, wird das Berufungsgericht auch ihre vom Kläger behauptete Unterbrechung im Hinblick auf § 208 BGB a.F. zu prüfen haben. 13 4. Die Zahlungen, welche der Amtsvorgänger des Beklagten zu 1 er-bracht hat, sind nach dem Vortrag des [X.] gemäß § 366 Abs. 2 BGB zutref-fend zunächst auf die Entgelte der älteren Lieferungen angerechnet worden. Inwieweit eine Anrechnung der Zahlungen auch auf Kosten und Zinsen möglich ist, die dem Kläger gegen die [X.] zustehen, hängt von dem Sicherungszweck des verlängerten Eigentumsvorbehaltes und der [X.] vom 7. Februar 1994 und 2. März 1994 ab. Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass der Rechtsgrund für die Leistungen, die der Amtsvorgänger des Beklagten zu 1 durch Zahlung an die [X.] erbracht hat, nur in seinem 14 - 8 - Rechtsverhältnis zur [X.] besteht. Mithin kann § 367 Abs. 1 BGB hier bezogen auf Kosten und Zinsen des [X.] gegenüber dem Beklagten zu 1 nicht ange-wendet werden, sondern nur gegenüber der LF[X.] 5. Weil der Kläger nur einen Teil der an die [X.] abgetretenen Kaufpreis-forderungen einklagt, nämlich nur bis zur Höhe der Forderungen gegen die [X.], ist die vorliegende Klage eine Teilklage. Den eingeklagten Teil hat der Kläger bislang nicht hinreichend spezifiziert. Die daraus folgende - derzeitige - Unzu-lässigkeit der Klage rechtfertigt aber keine Zurückweisung der Beschwerde, weil er auf diesen Umstand bisher nicht hingewiesen worden ist (§ 139 ZPO). 15 II[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Abweisung der Klage im Verhältnis zu dem Beklagten zu 2 ist unbegründet. Die Verletzung des rechtli-chen Gehörs des [X.] durch das Berufungsgericht ist hier nicht entschei-dungserheblich. Der Verwalter haftet nach § 8 [X.] ebenso wie nach § 82 KO für die Nichterfüllung von [X.] nur, wenn er bei deren Begründung hätte erkennen können, dass die Erfüllung nicht möglich sein wird (vgl. [X.]Z 99, 151, 156). Die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden des Verwal-ters trifft im Rahmen der Haftung nach § 82 KO und § 8 [X.] - anders als jetzt nach § 61 Satz 2 [X.] - den Gläubiger ([X.]Z 99, 151, 156; [X.]/[X.]/ [X.], [X.] 4. Aufl. § 8 Rn. 215; [X.]/Rattunde, [X.] § 8 Rn. 330). Zur Vermögenssituation der [X.] im Jahr 1993 hat der Kläger nichts vorgetragen. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen. 16 - 9 - IV. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 4 Abs. 1 und 2 ZPO. 17 [X.] Ganter [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 01.10.2001 - 329 O 150/01 - OLG [X.], Entscheidung vom 20.06.2003 - 11 U 200/01 -

Meta

IX ZR 160/03

14.12.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2006, Az. IX ZR 160/03 (REWIS RS 2006, 215)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 215

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