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Keine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht bei Verletzung der Wahlgrundsätze bei Wahlen zu Volksvertretungen der Länder
[X.]
- 2 BvR 1953/95 -
des Herrn [X.],
gegen | Artikel 25 des [X.] über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und [X.]) vom 10. August 1994 (GVBl [X.] 747) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gemeinde- und [X.]es vom 26. Juli 1995 (GVBl [X.] 371) |
hat das [X.] - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der [X.]innen und [X.]
Präsidentin [X.],
Graßhof,
Kruis,
Kirchhof,
Winter,
[X.],
Jentsch,
Hassemer
am 16. Juli 1998 beschlossen:
Die [X.]beschwerde wird zurück-
gewiesen.
Die [X.]beschwerde betrifft das [X.] bei Kommunalwahlen in [X.]. Es geht insbesondere um die Frage, inwieweit die Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze bei allgemeinen politischen Wahlen auf [X.] der Länder (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 [X.]) mit der [X.]beschwerde zum [X.] eingefordert werden kann.
Mit dem Gemeinde- und [X.] vom 10. August 1994 (BayGVBl [X.] 747 - [X.] -) hat der [X.] Gesetzgeber das Kommunalwahlrecht auf eine neue Grundlage gestellt. In der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gemeinde- und [X.]es vom 26. Juli 1995 (BayGVBl [X.] 371) wurde es erstmals bei den allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen vom 10. März 1996 angewendet.
1. Nach dem Gemeinde- und [X.] werden die Mitglieder des Gemeinderats und des Kreistags grundsätzlich nach den Regeln der Verhältniswahl gewählt (Art. 31, 35 [X.]). Wahlvorschläge können von Parteien und von Wählergruppen (Wahlvorschlagsträgern) aufgestellt werden (Art. 23 Abs. 1 [X.] 1 [X.]). Nach Art. 23 Abs. 2 [X.] 1 [X.] muß jeder Wahlvorschlag die Unterschriften von zehn Wahlberechtigten tragen. Art. 25 [X.] regelt, ob und wieviele Unterstützungsunterschriften darüber hinaus beigebracht werden müssen. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen alten und neuen Wahlvorschlagsträgern. Während alte Wahlvorschlagsträger - Parteien und Wählergruppen, die im letzten Gemeinderat oder Kreistag aufgrund eines eigenen Wahlvorschlags ununterbrochen bis zum 90. Tag vor dem Wahltag vertreten waren - keine weiteren Unterschriften beibringen müssen, gilt dies für neue Wahlvorschlagsträger grundsätzlich nur dann, wenn diese bei der letzten Landtags-, [X.] oder [X.]estagswahl mindestens 5 vom Hundert der in [X.] insgesamt abgegebenen gültigen (Zweit-)Stimmen erhalten haben (§ 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 [X.]).
[X.], die den Wahlvorschlag zusätzlich unterstützen müssen, beträgt gemäß § 25 Abs. 2 [X.]:
1. bei Gemeinderatswahlen
a) in Gemeinden bis zu
1 000 Einwohnern 40
2 000 Einwohnern 50
3 000 Einwohnern 60
5 000 Einwohnern 80
10 000 Einwohnern 120
20 000 Einwohnern 180
30 000 Einwohnern 190
50 000 Einwohnern 215
100 000 Einwohnern 340
150 000 Einwohnern 385,
b) in den Städten
[X.] 470
Nürnberg 610
München 1 000;
2. bei Kreistagswahlen
a) in den [X.] bis zu
100 000 Einwohnern 340
150 000 Einwohnern 385
200 000 Einwohnern 430,
b) in [X.] mit mehr als
200 000 Einwohnern 470.
Die Unterstützungsunterschriften sind für Gemeinderatswahlen bei der Gemeindeverwaltung, für Kreistagswahlen beim Landratsamt zu leisten. Die Wahlberechtigten haben sich dort persönlich in eine Liste einzutragen, die vom jeweiligen Wahlleiter aufgelegt wird (§ 25 Abs. 1 Satz 2 [X.]).
2. Art. 25 [X.] war Gegenstand mehrerer Popularklagen, die der [X.] zurückgewiesen hat. Die Vorschrift sei nicht zu beanstanden und insbesondere mit den Wahlrechtsgrundsätzen der allgemeinen, geheimen und gleichen Wahl ([ref=ee19a909-d5ce-4a5b-b0cd-6e1a2a2f38fa]Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BV[/ref]) vereinbar (vgl. [X.] 48, 61 <69 ff.>; 49, 12 <15 ff.>; 50, 106 <112>).
Der Beschwerdeführer wohnt in [X.], einer kreisangehörigen Stadt im Landkreis [X.] ([X.]) und ist dort sowohl bei den Gemeinderats- als auch bei den Kreistagswahlen aktiv und passiv wahlberechtigt. Er ist Mitglied des [X.]n [X.]vorstands der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) und war von dieser Partei als Kandidat für die Kommunalwahl am 10. März 1996 nominiert worden. Allerdings gelang es der ÖDP nicht, die nach Art. 25 [X.] erforderliche Zahl von Unterstützungsunterschriften beizubringen, so daß sich der Beschwerdeführer nicht zur Wahl stellen konnte.
1. Mit der bereits im August 1995 unmittelbar gegen Art. 25 [X.] eingelegten [X.]beschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl und stützt sich hierzu auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.]. Es gebe keinen Aspekt, unter dem die Staatsgewalt im Verhältnis zum Bürger nicht an Art. 3 Abs. 1 [X.] gebunden sei, sofern nicht ein spezieller Gleichheitssatz eingreife. [ref=1658cb2d-c19d-4d96-b9fa-7c4d49c49437]Art. 38 Abs. 1 Satz 2 [X.]], der [X.] betreffe, sei zwar lex specialis zu Art. 3 Abs. 1 [X.]. Daraus folge jedoch lediglich, daß im Anwendungsbereich des Art. 38 [X.] ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz ausgeschlossen sei. Im übrigen bleibe Art. 3 Abs. 1 [X.] anwendbar; er gelte daher auch bei Kommunalwahlen. Wortlaut, ideengeschichtliche Grundlage, systematische Stellung und Zweck des Art. 3 Abs. 1 [X.] seien eindeutig. Beim allgemeinen Gleichheitssatz handele es sich um ein Menschenrecht, das einen allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken positiviere. Aufgrund der allgemeinen Gleichheitsidee müßten alle Menschen gleich behandelt werden, sofern es nicht sachliche Gründe für eine Unterscheidung gebe. Gleichberechtigung sei ein Wert an sich, ohne Bezug auf bestimmte Themen. Deshalb sei es nicht möglich, einzelne Gebiete aus der Geltung von Art. 3 Abs. 1 [X.] auszuklammern und den Schutzbereich dieses Grundrechts von anderen Normen her zu begrenzen.
2. In seinem subjektiven Recht auf Wahlgleichheit sei der Beschwerdeführer durch die angegriffene Vorschrift selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen. Insbesondere betreffe die Ungleichbehandlung seiner Partei, die im Unterschied zu anderen Parteien Unterstützungsunterschriften beibringen müsse, zugleich ihn in seinem passiven und aktiven Wahlrecht. In diesem Recht sei er im übrigen auch deshalb betroffen, weil seine Auswahlmöglichkeit als Wähler eingeschränkt werde, wenn Parteien oder Wählervereinigungen aufgrund einer gleichheitswidrigen Quorumsregelung nicht kandidieren könnten.
3. Art. 25 [X.] verletze in mehrfacher Hinsicht das Recht des Beschwerdeführers aus [ref=60263107-c9f1-4479-bf07-c5812c4a3993]Art. 3 Abs. 1 [X.]].
a) Unterschriftenquoren seien nur gerechtfertigt, soweit es erforderlich sei, die Ernsthaftigkeit einer Wahlbewerbung sicherzustellen. Die Grenzen des Erforderlichen seien bei einem Unterschriftenquorum von mehr als 0,4 vom Hundert überschritten. Die von Art. 25 [X.] errichtete Zulassungshürde gehe darüber weit hinaus. Sie liege je nach Gemeindegröße zwischen 0,11 vom Hundert in München bis hin zu über 10 vom Hundert in [X.]gemeinden mit etwa 500 Einwohnern. Bei Landkreiswahlen liege das Quorum je nach Einwohnerzahl zwischen 0,31 vom Hundert und 1,15 vom Hundert.
b) Der mit den Unterstützungsunterschriften verfolgte Zweck erfordere nicht, daß bei Kreistagswahlen die Unterschriften in der Kreisstadt zu leisten seien. Er würde auch erreicht werden, wenn für Landkreiswahlen bei jeder Gemeindeverwaltung eine Unterstützungsliste ausgelegt würde.
c) Im Hinblick auf die Differenzierung zwischen neuen und alten Wahlvorschlagsträgern sei zu beanstanden, daß es keinen plausiblen Grund dafür gebe, von Unterstützungsunterschriften erst dann abzusehen, wenn ein Mandat errungen werde. Bei den Wahlen zum [X.] gelte das Unterschriftenquorum nur für solche Parteien, die bei der letzten [X.] nicht mindestens 1,25 vom Hundert der gültigen Stimmen erreicht hätten ([ref=c7eda960-e12d-473d-8307-a157558beae0]Art. 29 Abs. 1 Nr. 4 LWG[/ref]). Auch sei es sachwidrig, wenn der Gesetzgeber einerseits den Erfolg bei Wahlen auf übergeordneter Ebene (Landtags-, [X.]estags- oder Europawahlen) als Ernsthaftigkeitsnachweis ausreichen lasse, den Erfolg bei den Wahlen auf Bezirksebene aber davon ausnehme.
Das [X.] hat dem [X.], dem [X.], der [X.]Staatsregierung sowie sämtlichen Ländern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
1. a) Die [X.] ist der Auffassung, der Beschwerdeführer könne sich nicht auf ein verfassungsbeschwerdefähiges Recht im Sinne von [ref=fb86acbe-00e1-4e7b-9452-5f9b366c0fba]Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.]] stützen. Bei der [X.] Durchsetzung der Wahlrechtsgrundsätze gehe es nicht um die Verteidigung der nach Art. 3 Abs. 1 [X.] geschützten Individualsphäre, sondern um die Durchsetzung der aus dem Aktivstatus fließenden Rechte des Volkes als Souverän. Diesem Umstand habe der Verfassunggeber auf [X.]esebene durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] Rechnung getragen, der aber Wahlen auf Länder- oder Kommunalebene weder unmittelbar noch über das Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 [X.] betreffe. Die in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewährleisteten Wahlrechtsgrundsätze seien für den [X.] in [ref=797a6f65-3bef-4f76-902e-65823c676c0a]Art. 14 Abs. 1 BV[/ref] (betr. die Wahlen zum [X.]) und in [ref=e3a2a11c-7467-48d3-b520-80ef07251ce7]Art. 12 Abs. 1 BV[/ref] (betr. die Gemeinde-, Landkreis- und [X.]) normiert. Es sei Sache der Länder, im eigenen Organisationsbereich den subjektiven Wahlrechtsschutz bei Landtags-, Bezirkstags-, Kreis- und Gemeindewahlen sowie bei landesweiten oder kommunalen Abstimmungen sicherzustellen; insoweit könnten die Länder ihren jeweiligen [X.]verfassungsgerichten Zuständigkeiten einräumen. Dies entspreche auch dem Grundsatz, daß bei [X.] und Ländern prinzipiell von selbständigen, nebeneinander stehenden [X.]räumen auszugehen sei und Entsprechendes auch für die [X.]gerichtsbarkeit von [X.] und Ländern gelte.
b) Davon abgesehen genügten die angegriffenen Regelungen den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung des Art. 25 [X.] den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Die Anforderungen an das [X.] seien verschärft worden, um der ausufernden Zahl von [X.]st- und Splittergruppen zu begegnen, die eine Wahlteilnahme erstrebten.
2. Der [X.] und der [X.] halten die [X.]beschwerde für unbegründet. Die Neuregelung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
3. Zur Anwendbarkeit von Art. 3 Abs. 1 [X.] hat für die Regierung des [X.] das [X.]der Justiz Stellung genommen. Es hat eine Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s angeregt. Die bereits mit Beschluß des [X.]s vom 9. Juli 1997 ([X.] 96, 231 ff.) betonte Eigenständigkeit der [X.]verfassungsordnungen würde gestärkt, wenn die Länder abschließend die Wahlakte zu ihren Volksvertretungen überprüfen könnten. Wesentliche Gefahren für die Rechtseinheit und den subjektiven Rechtsschutz entstünden dadurch nicht. Das Vertrauen, welches das [X.] in den Grundrechtsschutz durch den Europäischen Gerichtshof setze, sollten auch die Länder und ihre Gerichte für sich in Anspruch nehmen können. Dabei komme es nicht darauf an, ob in allen Ländern in allen Wahlprüfungsangelegenheiten der Zugang zum [X.]gericht des [X.] gewährleistet sei, weil auch diese Entscheidung Ausfluß der [X.]autonomie der Länder sei.
Die [X.]beschwerde hat schon deshalb keinen Erfolg, weil dem Beschwerdeführer ein mit der [X.]beschwerde rügefähiges Recht nicht zur Seite steht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.], § 90 Abs. 1 BVerf[X.]). Die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl sind bei Wahlen zu den Volksvertretungen in den Ländern von der [X.]esverfassung nicht subjektivrechtlich gewährleistet ([X.]). Entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des [X.]s scheidet im Anwendungsbereich der [ref=ec99971e-6145-4d12-a0fb-6bfac992f308]Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]] auch ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.] aus (I[X.]). Die Länder gewährleisten den subjektiven Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem [X.]raum abschließend (II[X.]).
1. Während bei [X.] die Verletzung aller fünf Wahlrechtsgrundsätze mit der [X.]beschwerde gerügt werden kann ([ref=c8fa2e92-b05e-4e4a-8c8b-8a5b429f9f1e]Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.]], § 90 Abs. 1 BVerf[X.] [X.]. [ref=94915317-654d-4c1e-9601-5d79f3e9f56a]Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]]), fehlt eine vergleichbare Gewährleistung, wenn es um die Durchsetzung dieser Grundsätze bei allgemeinen politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf [X.] der Länder geht. Art. 38 [X.] erfaßt unmittelbar nur die Wahlen zum Deutschen [X.]estag. Eine analoge Anwendung auf Wahlen und Abstimmungen in den Ländern scheidet mit Rücksicht auf die selbständigen [X.]räume von [X.] und Ländern aus (vgl. [X.] 1, 208 <236>; 4, 31 <44>; 6, 121 <129 f.>; 6, 445 <447>). Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 [X.], daß die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auch bei politischen Wahlen in den Ländern gelten. Die Länder haben diesem [X.]gebot bei der Regelung des Wahlrechts zu ihren Länderparlamenten und auf [X.] zu genügen. Dem Einzelnen vermittelt [ref=8e778bfd-fe2d-42d6-9dab-68581fe1a236]Art. 28 Abs. 1 Satz 2 [X.]] jedoch keine mit der [X.]beschwerde rügefähige subjektive Rechtsposition ([ref=e498f48d-debb-42f0-9f9a-d311a70a44df]Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.]]; vgl. auch [X.] 1, 208 <236 f.>; 3, 383 <390 f.>).
2. Das objektivrechtliche [X.]des Art. 28 Abs. 1 [X.] kann auch nicht über die in [ref=[X.]-4a9a-a747-a1f51a1c79b0]Art. 2 Abs. 1 [X.]] verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit als subjektives Recht eingefordert werden. Mit seinem Wahlrecht übt der Bürger die vom Volk ausgehende Staatsgewalt aus. Die Wahrnehmung dieses Rechts ist nicht Teil der jedem Menschen gewährleisteten freien Entfaltung seiner Persönlichkeit. Die allgemeine Handlungsfreiheit ist umfassender Ausdruck der persönlichen Freiheitssphäre des Menschen und unterscheidet sich damit grundlegend von den im Grundgesetz gewährleisteten politischen Rechten des Aktiv-Status (vgl. [X.] 49, 15 <23>).
Entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des [X.]s kann der Bürger bei Wahlen zu den Volksvertretungen in den Ländern keinen der fünf Wahlrechtsgrundsätze über Art. 3 Abs. 1 [X.] mit der [X.]beschwerde zum [X.] einfordern.
1. Das [X.] hat die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl bisher uneingeschränkt als Anwendungsfälle des allgemeinen Gleichheitssatzes angesehen
(vgl. [X.] 1, 208 <237 u. 242>; 3, 383 <390 f.>; 4, 31 <39>; 4, 375, <382>; 6, 84 <91>; 11, 266 <271>; 11, 351 <360>; 12, 10 <25>; 12, 73 <76>; 13, 1 <12>; 13, 243 <246>; 18, 172 <180>; 24, 300 <340>; 28, 220 <225>; 34, 81 <98>; 41, 399 <413>; 47, 253 <269>; 48, 64 <79>; 51, 222 <232>; 52, 63 <89>; 57, 43 <56>; 58, 177 <190>; 60, 162 <167>; 69, 92 <106>; 71, 81 <94>; 78, 350 <357>; 85, 148 <157>).
a) Diese Auffassung ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß der Staatsgerichtshof für das Deutsche [X.] in der [X.] Zeit für Durchbrechungen der streng formal aufzufassenden Wahlrechtsgleichheit zunächst keinen, später nur wenig Raum ließ (vgl. [X.] in [X.], Anhang 1, <12>; 128, Anhang 1 <9, 11 f.>). Die demgegenüber von [X.] vertretene Auffassung (JW 1929, [X.] 3042 ff.), Differenzierungen im Bereich der Wahlrechtsgleichheit seien nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern ließen sich im Rahmen des auch hier maßgebenden allgemeinen Gleichheitssatzes unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen, konnte sich seinerzeit nicht durchsetzen. Das [X.] jedoch machte sich diese Auffassung in den ersten Jahren seiner Rechtsprechung zum Wahlrecht zu eigen. Es ging davon aus, daß die Wahlrechtsgleichheit zwar gegenüber dem allgemeinen Gleichheitssatz durch eine weit stärkere Formalisierung charakterisiert sei und insofern eine selbständige Entwicklung genommen habe. Gleichwohl komme dem allgemeinen Gleichheitssatz auch im Verhältnis zur Wahlrechtsgleichheit eine "regulative und letzthin übergeordnete Bedeutung" zu. Nur so sei es verständlich, daß die Wahlrechtsgleichheit unter gewissen Voraussetzungen durchbrochen werden dürfe, obwohl sie unter dem Verhältniswahlsystem "radikal" formalisiert sei (vgl. [X.] 4, 375 <382>; 13, 243 <246 f.>).
b) Die Annahme einer "regulativen und letzthin übergeordneten Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes" stieß auf Kritik (vgl. [X.], Wahlsystem und [X.]ordnung, 1973, [X.] 146 ff. m.w.N.) und wurde später auch vom [X.] nicht mehr zur Rechtfertigung von wahlrechtlichen Differenzierungen herangezogen. Heute besteht Einigkeit darüber, daß die Wahlrechtsgleichheit als solche keinem absoluten Differenzierungsverbot unterliegt und es zur - erforderlichen - Rechtfertigung von Differenzierungen keines Rückgriffs auf den allgemeinen Gleichheitssatz bedarf (zusammenfassend [X.] 95, 408 <417 f.>).
c) Gleichwohl hat das [X.] auch weiterhin die Wahlrechtsgrundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit als Erscheinungsform des allgemeinen Gleichheitssatzes bewertet
(vgl. [X.] 20, 56 <116>; 24, 300 <341>; 28, 220 <225>; 34, 81 <99>; 34, 160 <163>; 36, 139 <141>; 41, 399 <413>; 42, 312 <340 f.>; 44, 125 <146>; 47, 198 <227>; 51, 222 <235>; 57, 43 <56>; 69, 92 <106>; 71, 81 <96>; 78, 350 <358>; 82, 322 <338>; 82, 353 <364>; 89, 266 <270>; 95, 408 <417 f.>)
und hieraus als selbstverständlich die Folgerung gezogen, daß Verletzungen dieser Wahlrechtsgrundsätze bei politischen Wahlen in den Ländern über Art. 3 Abs. 1 [X.] mit der [X.]beschwerde gerügt werden können (vgl. etwa [X.] 1, 208 <237>; 58, 177 <190>). Erstmals mit Beschluß vom 12. Dezember 1991 - der letzten zu dieser Frage ergangenen Senatsentscheidung - hat das [X.] insoweit Zweifel erkennen lassen (vgl. [X.] 85, 148 <157>). In einem danach entschiedenen konkreten Normenkontrollverfahren, bei dem es allerdings nur auf die Übereinstimmung mit der objektivrechtlichen Wahlrechtsgleichheit ankam, hat der Senat nicht mehr auf Art. 3 Abs. 1 [X.] als Maßstab abgestellt, sondern allein auf den speziellen wahlrechtlichen Gleichheitssatz aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] (vgl. [X.] 93, 373 <376 ff.>). Auch im Schrifttum mehren sich die kritischen Stimmen zur Anwendbarkeit von Art. 3 Abs. 1 [X.] bei Wahlen zu den Volksvertretungen
(vgl. [X.], AöR 99 [1974], [X.] 72 <81>; v. Münch, in: ders./Kunig, [X.], 3. Aufl., Art. 38 Rn. 48; v. Mangoldt/[X.], [X.], 2. Aufl., 1957, [X.], [X.] und [X.] 201 f.; dies. [X.], 2. Aufl., 1964, [X.] 883; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., Art. 38 Rn. 7; [X.], in: [X.], [X.], Art. 38 Rn. 92; [X.], [X.] 1979, [X.] <50>; [X.], DVBl 1998, [X.] 214 <216 f.>; wohl auch [X.] in: Dreier, [X.], Art. 3 Rn. 85 u. 126).
2. Der Senat legt nunmehr zugrunde, daß im Anwendungsbereich der speziellen wahlrechtlichen Gleichheitssätze der [[X.]-0aa2-4e78-87b2-645b0e8c0cae]Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]] nicht auf den allgemeinen Gleichheitssatz des [ref=cd2edb4a-f891-45b7-afd4-b49833bc930a]Art. 3 Abs. 1 [X.]] zurückgegriffen werden kann.
a) Das Grundgesetz hat die Anforderungen, die an [X.] Wahlen zu den Volksvertretungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 zu stellen sind, für die [X.]räume des [X.]es und der Länder jeweils in den gesonderten Vorschriften der Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 geregelt. Insoweit handelt es sich um spezialgesetzlich normierte Ausprägungen der vom Grundgesetz in Art. 3 Abs. 1 allgemein gewährleisteten Gleichheit der Bürger.
Mit dieser Qualifizierung als Spezialregelungen stehen aber die Rechtsfolgen für die Anwendbarkeit des allgemeinen Gleichheitssatzes noch nicht fest. Die Rechtsordnung kennt zur Auflösung derartiger Konkurrenzlagen keine allgemeinen Regeln (vgl. Bleckmann/Wiethoff, DÖV 1991, [X.] 722 <724 f. u. 729>; ferner [X.], [X.] 1998, [X.] 201 <204>). Es mag zwar naheliegen, daß den besonderen Gleichheitssätzen des Grundgesetzes eine je eigenständige normative Funktion zukommt, weil der Verfassunggeber anderenfalls eine überflüssige Regelung getroffen hätte (vgl. [X.] in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 126 Rn. 16). Gleichwohl kann die Frage, ob im Sachbereich eines speziellen Gleichheitssatzes ein Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 [X.] zulässig ist, jeweils nur durch Auslegung geklärt werden. Dabei darf eine [X.]norm nicht isoliert betrachtet und allein aus sich heraus ausgelegt werden; sie steht in einem Sinnzusammenhang mit den übrigen Vorschriften der Verfassung ([X.] 1, 14 <32>).
b) Die hier aufgeworfene Frage, wie sich das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 [X.] zu den Grundsätzen der Allgemeinheit und der Gleichheit bei politischen Wahlen in den Ländern verhält, kann nur aus dem Zusammenwirken der [[X.]-67b5-4224-b80a-529716068fd2]Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1, 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.]] sowie des bundesstaatlichen Prinzips beantwortet werden.
aa) [X.] und Länder haben gemäß [ref=[X.]-[X.]. 20 Abs. 2, 38 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 2 [X.]] im jeweils eigenen [X.]raum Vertretungen des Volkes zu schaffen, die aus Wahlen hervorgegangen sind. Dabei haben [X.] und Länder jeweils für die Einhaltung der Grundsätze allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahlen Sorge zu tragen. Das Recht, die Beachtung aller fünf Wahlrechtsgrundsätze im Wege der [X.]beschwerde einzufordern, ist dem Bürger vom Grundgesetz jedoch nur gewährt worden, soweit es um politische Wahlen auf [X.]esebene geht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.]. [ref=af65a639-f9f2-4da8-a679-c96b4dceba75]Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]]).
Diese Regelung erklärt sich aus dem bundesstaatlichen Prinzip. In den Grenzen föderativer Bindungen gewährleistet das Grundgesetz [X.] und Ländern eigenständige [X.]bereiche. Die Länder genießen im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 [X.] im staatsorganisatorischen Bereich Autonomie. In diesem Rahmen regeln sie Wahlsystem und Wahlrecht zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes; sie gestalten und organisieren das Wahlprüfungsverfahren. Das Grundgesetz bindet die Länder hierbei an die fünf Wahlrechtsgrundsätze. Insoweit ermöglicht es auch eine Kontrolle durch das [X.]: Im Wege der Normenkontrollklage gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 [X.] können die [X.]esregierung, jede [X.]regierung (vgl. dazu [X.] 83, 37 <49>) oder ein Quorum des [X.]estages die Verletzung der Bindung des [X.] an die Wahlrechtsgrundsätze beim [X.] geltend machen. Ebenso hat jeder [X.] das in einem Rechtsstreit erhebliche [X.]wahlrecht auf seine Übereinstimmung mit den fünf Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu überprüfen und das Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 [X.] dem [X.] vorzulegen, wenn er der Auffassung ist, es entspreche diesen Grundsätzen nicht. Dabei handelt es sich sowohl bei der abstrakten als auch bei der konkreten Normenkontrolle um Verfahren, in denen allein zu klären ist, ob der Gesetzgeber den objektivrechtlichen Vorgaben der Verfassung genügt hat (vgl. [X.] 20, 350 <351>; 46, 34 <36>; 83, 37 <49>).
bb) Mit Blick auf die Autonomie der Länder beschränkt sich das Grundgesetz allerdings auf diese objektivrechtliche Kontrolle und räumt nicht auch jedem Bürger bei Wahlen im Land das Recht ein, die Beachtung der fünf Wahlrechtsgrundätze mit der [X.]beschwerde beim [X.] einzufordern. Insoweit gibt das Grundgesetz den Ländern Raum, den subjektiven Schutz des Wahlrechts zu ihren Volksvertretungen in Ausübung ihres Rechts auf Selbstorganisation auszugestalten und durch die Gerichtsbarkeit des [X.] zu gewährleisten.
c) Diese Rechtslage zur Zulässigkeit einer [X.]beschwerde gegen wahlrechtliche Hoheitsakte der Länder hat das [X.] für die drei Grundsätze der unmittelbaren, freien und geheimen Wahl stets als selbstverständlich angesehen. Für die beiden anderen Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl hat es diese Folgerung nicht gezogen, sondern auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.] zurückgegriffen, ohne der Frage seiner Verdrängung durch die speziellen Regelungen der Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] im einzelnen nachzugehen. Die an der Einheit der Verfassung und ihren historischen Grundlagen ausgerichtete [X.]interpretation ergibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß das Grundgesetz bei Wahlen in den Ländern zwei Wahlrechtsgrundsätze stärker als die drei anderen einer bundesverfassungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen und insoweit die Autonomie der Länder zurückgedrängt hat.
aa) Gründe für eine unterschiedliche Gewichtung der Wahlrechtsgrundsätze bestehen nicht. Allen Wahlrechtsgrundsätzen ist gemeinsam, daß sie grundlegende Anforderungen an [X.] Wahlen stellen. Ihnen kommt gleichermaßen die Funktion zu, bei politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 [X.] das [X.] Prinzip wirksam zur Geltung zu bringen.
Allgemeinheit und Gleichheit sichern die vom Demokratieprinzip vorausgesetzte Egalität der Staatsbürger
(vgl. [X.] 41, 399 <413>; 51, 222 <234>; 71, 81 <94>; 85, 148 <158>).
[X.] stellt den wichtigsten institutionellen Schutz der Wahlfreiheit dar (vgl. [X.], AöR 99 [1974], [X.] 72 <105>), die wiederum unabdingbare Voraussetzung für die [X.] Legitimation der Gewählten ist (vgl. [X.] 44, 125 <139>). In diesem Zusammenhang steht schließlich auch die Forderung nach unmittelbarer Wahl (vgl. [X.] 47, 253 <280>), weil diese den Wählerwillen am sinnvollsten zum [X.] kommen läßt.
bb) Auch rechtsgeschichtlich hat sich die Wahlrechtsgleichheit in [X.] nicht in einer Weise entwickelt, die es nahelegen könnte, im Geltungsbereich der speziellen gleichheitsrechtlichen Gewährleistungen der [ref=b94c1c97-a84b-4b0c-88b2-c234f17286ca]Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]] zusätzlich auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 [X.] zurückzugreifen.
(1) Ein Zusammenhang zwischen dem allgemeinen Gleichheitssatz und der Gleichheit der Bürger im Wahlrecht wurde zunächst in der [X.] [X.]geschichte nicht hergestellt
(vgl. dazu und zum folgenden Meyer, a.a.[X.], [X.] 83 ff.; ferner [X.], Rechtsgutachten zu der Vereinbarkeit der Verhältniswahl in kleinen Wahlkreisen [Dreier-Wahlkreissystem] mit dem Grundgesetz, 1968, [X.] 29 Fußn. 12 unter Bezugnahme auf [X.] in: Encyclopädie der Rechtswissenschaft, 2. Aufl., 1873, [X.] 811).
Dies folgt schon daraus, daß der allgemeine Gleichheitssatz verfassungsrechtlich wesentlich früher verbürgt war als die Wahlrechtsgleichheit. Finden sich erste nennenswerte Ansätze einer verfassungsrechtlichen Kodifizierung des allgemeinen Gleichheitssatzes bereits im Frühkonstitutionalismus des beginnenden 19. Jahrhunderts, so wurden diese Gewährleistungen jedoch - was angesichts des damaligen Klassenwahlrechts kaum verwundert - nicht mit dem Wahlrecht in Verbindung gebracht. Die Verfassung Preußens von 1850 verbürgte zwar die Gleichheit aller Preußen vor dem Gesetz (Art. 4 Satz 1); dies hinderte jedoch nicht die Einführung des dort noch bis 1918 geltenden Dreiklassenwahlrechts. Demgegenüber schrieb die [X.]sverfassung von 1871 zwar - ebenso wie bereits die Verfassung des Nord[X.] [X.]es von 1867 - den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zum [X.]stag fest (Art. 20), enthielt aber keine Gewährleistung des allgemeinen Gleichheitssatzes.
Auch in der Folgezeit wurde die Rechtspraxis von der fehlenden Verbindung von allgemeinem Gleichheitssatz und Gleichheit im Wahlrecht bestimmt. Noch in der [X.] Zeit betonte insbesondere der Staatsgerichtshof die Eigenständigkeit der Wahlrechtsgleichheit, die in der [X.]sverfassung in Art. 17 Abs. 1 für die Länder und in Art. 22 für das [X.] verbürgt war. Jeden Rückgriff auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 109 Abs. 1 WRV lehnte der Staatsgerichtshof ab (vgl. [X.], Anhang, [X.] 1 <9>).
(2) Den Beratungen zum Grundgesetz läßt sich nicht entnehmen, daß mit diesem Verständnis gebrochen werden sollte. Das Verhältnis von allgemeinem Gleichheitssatz zu den speziellen wahlrechtlichen Gleichheitssätzen wurde - soweit ersichtlich - nicht behandelt (vgl. JöR n.F., Bd. 1 (1951), [X.] 66 ff.; [X.] 244 ff., [X.] 349 ff.), wohl aber läßt sich den Materialien zu Art. 28 [X.] entnehmen, daß es bei der Festlegung der Homogenitätsvorgaben darum ging, die Eigenstaatlichkeit der Länder möglichst weitgehend zu wahren (a.a.[X.], [X.] 244 ff., insbesondere [X.] 250). Auch bei der Aufnahme der [X.]beschwerde in das Grundgesetz im Jahre 1969 wurde das systematische Verhältnis der Gleichheitsgebote der [ref=[X.]]Art. 3 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]] nicht erörtert
(vgl. schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses v. 15. November 1968, BTDrucks. V/3506 [neu]; [X.]. 673/68 v. 5. Dezember 1968).
[X.] in den Katalog der verfassungsbeschwerdefähigen Rechte hatte lediglich bei den Beratungen zu dem im Jahre 1951 normierten [X.]sgesetz (BGBl I [X.] 243) eine Rolle gespielt. In der 31. Sitzung des Ausschusses für Rechtswesen und [X.]recht wurde erörtert, ob auch das Wahlrecht als Grundrecht aufzufassen sei, ob eine ausdrückliche Aufnahme in den Katalog der verfassungsbeschwerdefähigen Rechte angezeigt sei oder ob die Frage der Einordnung als verfassungsbeschwerdefähiges Recht der Auslegung durch das [X.] anheimgegeben werden solle. Im Zuge dieser Erörterungen äußerte lediglich [X.] (als Sachverständiger in seiner Eigenschaft als Präsident des Hessischen Staatsgerichtshofs) die - nicht unwidersprochen gebliebene - Auffassung, es bedürfe keiner ausdrücklichen Regelung, weil zwar nicht das Wahlrecht als solches grundrechtlich gewährleistet sei, wohl aber die aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abzuleitende Wahlrechtsgleichheit (vgl. [X.], [X.], Stenogr. Protokoll, [X.] 77 f.). Diese Ansicht hat sich letztlich nicht durchgesetzt. Der vom Rechtsausschuß am 12. Juli 1950 eingesetzte Unterausschuß hat - von redaktionellen Feinabstimmungen abgesehen - den später beschlossenen § 90 Abs. 1 BVerf[X.] formuliert und das subjektive Wahlrecht aus Art. 38 [X.] eigens in den Katalog der verfassungsbeschwerdefähigen Rechte aufgenommen. Die dazu im Unterausschuß angestellten Erörterungen sind mangels Protokollierung seiner Beratungen nicht bekannt
(vgl. [X.], Grundlegung der [X.]gerichtsbarkeit - Das Gesetz über das [X.] vom 12. März 1951, 1984, [X.] 207, [X.] 311 f., [X.] 348 sowie [X.] 267 mit Fußn. 30).
3. Der Senat ist an der Änderung seiner Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 1 [X.] bei Wahlen und Abstimmungen im Anwendungsbereich der [ref=320d14b4-a926-40cd-a5e9-b0a69335e342]Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]] nicht durch die Entscheidungen des [X.] vom 3. Juni 1954 ([X.] 3, 383 ff. <390>) und vom 22. Oktober 1985 ([X.] 71, 81 ff.) gehindert. Die Voraussetzungen für eine Anrufung des [X.] (§ 16 BVerf[X.]) liegen nicht vor.
a) Das gilt zunächst für das Urteil vom 3. Juni 1954. [X.] war seinerzeit für [X.]beschwerden aus dem Bereich des Wahlrechts zuständig. In jenem Urteil hatte er noch die Auffassung vertreten, politische Parteien seien zur Geltendmachung ihres Rechts auf chancengleiche Zulassung zu einer [X.] nicht auf den Weg einer Organklage verwiesen, sondern könnten eine [X.]beschwerde erheben, die auf Art. 3 Abs. 1 [X.] gestützt werden könne (vgl. [X.] 3, 383 <390 f.>; insoweit überholt durch die Plenarentscheidung [X.] 4, 27 <30 f.>). Der allgemeine Gleichheitssatz greife nicht nur dort ein, wo es um die Sphäre des Einzelnen gehe; er müsse auch dort gelten, wo Einzelne oder Gruppen bei der Bildung der Staatsgewalt mitwirkten.
[X.] kommt insoweit nicht in Betracht, weil der [X.] mittlerweile allein für das Recht der Wahlen zu den Volksvertretungen und der Abstimmungen zuständig ist
Damit liegt der Fall ebenso, als hätte von vornherein ein und derselbe Senat entschieden (vgl. auch Wolf, in: MünchKomm - ZPO, § 132 GVG, Rn. 15). Die Änderung der Rechtsprechung zu einer Rechtsfrage, für die nur der eine Senat zuständig ist, ist kein Fall für eine Anrufung des [X.].
b) Mit Beschluß vom 22. Oktober 1985 ([X.] 71, 81 ff.) entschied der Erste Senat, daß der Grundsatz der formalen [X.]hancengleichheit unter bestimmten Voraussetzungen bei Wahlen zu Vertretungen im Arbeits- und Sozialwesen Anwendung finde. Dabei berief er sich unter anderem auf die bisherige Rechtsprechung zur Rechtslage bei allgemeinen politischen Wahlen. Er hat hierauf sein Entscheidungsergebnis allerdings nicht maßgeblich gestützt. Der von ihm entschiedene Sachbereich wird nicht von den speziellen Vorschriften der [ref=e5680003-d405-4216-afce-742fde4847e7]Art. 28 Abs. 1 Satz 2, 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]] erfaßt.
1. Auf der Grundlage der nunmehr vom Senat vertretenen Auffassung steht dem Beschwerdeführer für seine Rüge, der [X.] Gesetzgeber verletze mit seinen Anforderungen an Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge zu den Gemeinde- und Landkreiswahlen die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl, ein mit der [X.]beschwerde rügefähiges Grundrecht nicht zur Seite. Insoweit führt die Änderung der Rechtsprechung des Senats zu einer Einschränkung des bisher über die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 [X.] gewährleisteten Rechtswegs zum [X.]. Dies findet - wie dargelegt - seine Rechtfertigung in der Anerkennung der Autonomie der Länder, die - unter objektivrechtlicher Bindung an die Homogenitätsanforderungen des Art. 28 Abs. 1 [X.] - für den [X.] Schutz des Wahlrechts zu den Volksvertretungen in ihrem jeweiligen [X.]raum allein zuständig sind.
2. Der fehlenden Zuständigkeit des [X.]s, dem Bürger bei Wahlen zu den Volksvertretungen in den Ländern subjektiven Rechtsschutz gegen eine Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze zu geben, entspricht es, daß Parteien bereits seit langem (vgl. [X.] 4, 27 <30 f.>) eine Verletzung ihres Rechts auf chancengleiche Teilnahme an Wahlen im Land nur im Wege eines Organstreits geltend machen können, den sie vor dem [X.]verfassungsgericht zu führen haben (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4, 3. Variante [X.]). Dieser Organstreit wird im [X.]abschließend entschieden (vgl. [X.] 96, 231 <242 f.> m.w.N.). Nur wenn im Land kein Rechtsweg eröffnet ist, ist eine Zuständigkeit des [X.]s begründet, das in diesen Fällen jedoch der Sache nach als "subsidiäres [X.]verfassungsgericht" tätig wird
(so die vom [X.]esminister der Justiz eingesetzte Entlastungskommission, die deshalb sogar für eine Streichung von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4, 3. Variante [X.] eintritt; vgl. [X.]esministerium der Justiz <Hrsg.>, Entlastung des [X.]s, Bericht der vom [X.]esminister der Justiz eingesetzten [X.], 1998, [X.] 94).
3. a) Den Bürgern steht zur Verteidigung ihres subjektiven Wahlrechts auch bei Wahlen in den Ländern ein Rechtsweg zur Verfügung. Alle Länder sehen die Prüfung der Wahl zu ihren Parlamenten vor; dies ist ihnen durch das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 [X.] aufgegeben (vgl. [X.] 85, 148 <158>). Im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens, das auch dem Schutz des subjektiven aktiven und passiven Wahlrechts dient (vgl. [X.], a.a.[X.], [X.] 159), kann - je nach landesrechtlicher Ausgestaltung - spätestens in zweiter Instanz eine gerichtliche Rechtskontrolle erreicht werden. Bei Kommunalwahlen haben die Länder die gerichtliche Kontrolle der Wahlprüfung den Verwaltungsgerichten übertragen. Dabei kann unter den Voraussetzungen der §§ 132 ff. VwGO auch das [X.]esverwaltungsgericht angerufen werden. Ein Verstoß gegen die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 [X.] wird als Verletzung von [X.]esrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO angesehen
(vgl. dazu etwa BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juni 1997 - BVerwG 8 [X.], vom 18. April 1997 - BVerwG 8 [X.]5.96, vom 16. Juli 1996 - BVerwG 8 PKH 10.96, Urteil vom 29. November 1991 - BVerwG 7 [X.] 13.91 -, [X.] 160 Nrn. 46, 40, 44 und 35).
b) Zusätzlich eröffnen die meisten Länder wegen der Verletzung des subjektiven Wahlrechts bei Wahlen zu ihren Volksvertretungen eine [X.]beschwerde, Grundrechts- oder Popularklage zu ihren [X.]verfassungsgerichten
(zum landesverfassungsgerichtlichen Rechtsschutz in den einzelnen Ländern s. [X.] 96, 345 <351 f.>).
Dabei werden zukünftig auch die [X.]verfassungsgerichte derjenigen Länder eine [X.]beschwerde als zulässig anzusehen haben, die - wie etwa das [X.] - die Möglichkeit zur Anrufung des [X.]verfassungsgerichts davon abhängig machen, daß eine [X.]beschwerde zum [X.] nicht zulässig ist (vgl. etwa § 55 Abs. 3 des saarländischen [X.]).
Ein subjektiver verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz wegen Verletzung des Rechts auf Gleichheit der Wahl zu den Volksvertretungen in den Ländern und Kommunen entfällt lediglich in den Ländern Baden-Württemberg, [X.], Hamburg, [X.] und [X.], die eine [X.]beschwerde oder einen ihr vergleichbaren Rechtsbehelf nicht kennen, sowie - mangels eigener [X.]gerichtsbarkeit - in [X.]. Der Bedeutung des subjektiven Wahlrechts (vgl. [X.] 1, 14 <33>) mag es entsprechen, insoweit verfassungsgerichtlichen subjektiven Rechtsschutz im [X.]einzuführen (vgl. dazu auch [X.], NdsVBl. 1998, [X.] 129 ff.). Von [X.] wegen ist dies allerdings nicht geboten. Art. 19 Abs. 4 [X.] verbürgt keinen subjektiven verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz (vgl. [X.] 1, 332 <344>).
[X.] ist einstimmig ergangen.
[X.] | Graßhof | Kruis | |
Kirchhof | Winter | [X.] | |
Jentsch | Hassemer |
Meta
16.07.1998
Sachgebiet: BvR
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 16.07.1998, Az. 2 BvR 1953/95 (REWIS RS 1998, 3)
Papierfundstellen: REWIS RS 1998, 3 BVerfGE 99, 1-19 REWIS RS 1998, 3
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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