Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.01.2019, Az. III ZR 109/17

3. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 11683

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Gegenstand

Anlageberatungsvertrag: Wirksamkeit einer vom Berater vorformulierten Bestätigung des Anlegers über die Kenntnisnahme der Risikohinweise in einem Emissionsprospekt; Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Empfangsbekenntnisses; Rechtzeitigkeit der Prospektübergabe - Wissenserklärung - Rechtzeitigkeit der Prospektübergabe


Leitsatz

Wissenserklärung, Rechtzeitigkeit der Prospektübergabe

1. Eine vorformulierte Bestätigung des Anlegers, die Risikohinweise in einem Emissionsprospekt zur Kenntnis genommen zu haben, ist gemäß § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b BGB unwirksam. Hierin liegt eine die Beweislast zu seinem Nachteil ändernde Bestimmung. Es genügt, wenn die Beweisposition des Anlegers verschlechtert wird; eine Umkehr der Beweislast ist nicht erforderlich.

2. Ein Empfangsbekenntnis im Sinne von § 309 Nr. 12 Halbsatz 2 BGB muss getrennt vom sonstigen Vertragstext erteilt werden und darf keine weiteren Erklärungen umfassen.

3. Die Frage, ob der Anleger genügend Zeit hatte, um einen ihm zur Information unter anderem über die Risiken des Investments zur Verfügung gestellten Prospekt zur Kenntnis zu nehmen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Eine Regelfrist gibt es nicht.

Tenor

<[X.]iv class="st-wrapper">

Auf [X.]ie Revision [X.]es [X.] wir[X.] [X.]as Urteil [X.]es 11. Zivilsenats [X.]es [X.] vom 16. März 2017 im Kostenpunkt un[X.] insoweit aufgehoben, als seine Berufung wegen [X.]er Anträge zu Nr. 3 a) bis [X.]) (betreffen[X.] [X.]ie Beteiligung an [X.]er [X.]) zurückgewiesen wor[X.]en ist.

Die weitergehen[X.]e Revision [X.]es [X.] (bezüglich [X.]er Anträge zu Nr. 2 c), 4 c) un[X.] [X.]) un[X.] [X.]ie Revision [X.]er Beklagten wer[X.]en als unzulässig verworfen.

Im Umfang [X.]er Aufhebung wir[X.] [X.]ie Sache zur neuen Verhan[X.]lung un[X.] Entschei[X.]ung, auch über [X.]ie Kosten [X.]es [X.], an [X.]as Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.

2

Der Kläger beteiligte sich - jeweils nach Beratung durch den seinerzeit für die Beklagte tätigen Handelsvertreter [X.]- über einen Treuhänder mit Beitrittserklärungen vom 2. Mai 2007 und 16. März 2010 mit einer Beteiligungssumme von jeweils 20.000 € zuzüglich 5 % Agio zum einen an der [X.].   " [X.] und der [X.]  Er.  " [X.] (im Folgenden [X.]) sowie zum anderen an der [X.] (im Folgenden [X.] - erste Tranche). Eine später gezeichnete weitere Beteiligung an diesem [X.] (zweite Tranche) ist bis auf einen weiterhin geltend gemachten Zinsanspruch nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

3

In der Beitrittserklärung vom 16. März 2010 über den [X.] - erste Tranche - heißt es in einer gesondert vom Kläger unterschriebenen Rubrik mit der Überschrift "Empfangsbestätigung/weitere Erklärungen und Hinweise:" unter anderem wie folgt:

"Ich habe den Beteiligungsprospekt nebst Anlagen (…) erhalten, den Inhalt insbesondere des Kapitels 05 (Risiken der Beteiligung) des Verkaufsprospekts vollinhaltlich zur Kenntnis genommen und stimme dem Inhalt der Verträge ausdrücklich zu."

4

Zugleich unterzeichnete der Kläger einen "persönlichen Beraterbogen", in dem das Datum der [X.] mit "12.03.10" vermerkt war.

5

Der Kläger hat in Bezug auf den [X.] behauptet, er sei über die Risiken der Anlage nicht informiert worden. Den Emissionsprospekt habe er nicht rechtzeitig, sondern erst anlässlich der Zeichnung erhalten. Der Prospekt habe zudem Fehler enthalten. In Kenntnis der Risiken hätte er die Anlage nicht erworben.

6

Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, [X.]habe den Prospekt - seiner Praxis entsprechend - dem Kläger rechtzeitig vor Zeichnung ausgehändigt. Ferner hat sie sich auf den persönlichen Beraterbogen und die Beitrittserklärung vom 16. März 2010 bezogen. Hilfsweise hat sie die nicht rechtzeitige Übergabe mit Nichtwissen bestritten.

7

Das [X.] hat die Schadensersatzklage nach Anhörung des [X.] und Vernehmung des Zeugen [X.] abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte in Bezug auf den [X.] und die zweite Tranche des [X.] zum Ersatz des [X.] um Zug gegen Rückübertragung der Anteile des [X.] an den beiden Fondsgesellschaften verurteilt sowie die Feststellungen getroffen, die Beklagte befinde sich hinsichtlich der jeweiligen Rückübertragung der Anteile im Annahmeverzug und habe den Kläger von sämtlichen Schäden und Nachteilen - insbesondere in Bezug auf Rückforderungsansprüche nach § 172 Abs. 4 HGB - freizustellen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel des [X.], soweit es auf Rückabwicklung der Zeichnung der ersten Tranche des [X.] nebst Feststellung des Annahmeverzugs sowie - insofern betreffend alle drei Investitionsentscheidungen - Erstattung entgangenen Gewinns (in Form nicht erzielter Anlagezinsen einer Alternativanlage) und Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtet war, zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.] ist unzulässig. Auch die Revision des [X.] ist teilweise unzulässig. Soweit sie - betreffend die Abweisung des auf Schadensersatz wegen des Erwerbs von Anteilen an dem [X.] am 16. März 2010 (erste Tranche) nebst dazugehöriger Zins- und Feststellungsanträge gerichteten Anspruchs - zulässig ist, hat sie Erfolg und führt in diesem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9

Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt, in Bezug auf die erste Tranche des [X.] habe die Beklagte zu der vom Kläger behaupteten nicht rechtzeitigen [X.] unter zulässiger Bezugnahme auf den Vermerk über das Übergabedatum im Beratungsprotokoll substantiiert vorgetragen, dass der Kläger den Prospekt am 12. März 2010 erhalten habe. Zwar habe sie damit zu einer [X.] vorgetragen, die nur vier Tage vor der Zeichnung erfolgt sei. Dennoch habe sie ihrer sekundären Darlegungslast zu einer rechtzeitigen [X.] genügt, indem sie auf die von ihr vorgelegte Anlage [X.] (die Beitrittserklärung) Bezug genommen habe, in der der Kläger nicht nur den Empfang des Prospekts, sondern auch dessen Kenntnisnahme bestätigt habe. Dies lasse es zumindest als plausibel erscheinen, dass dem Kläger vier Tage für die Prospektlektüre ausgereicht hätten. Der Kläger habe dieses Vorbringen inhaltlich nicht in Abrede gestellt und insbesondere nicht bestritten, die Empfangs- und Kenntnisnahmebestätigung unterzeichnet zu haben. Er habe auch nicht erläutert, weshalb er den Prospekt entgegen seiner Bestätigung tatsächlich nicht habe zur Kenntnis nehmen können, oder dies unter Beweis gestellt. Die Behauptung des [X.], er sei im März 2010 "derart beruflich eingespannt" gewesen, dass ihm "[X.]" gefehlt hätten, "sich mit einem 172 Seiten starken Emissionsprospekt zu befassen", beinhalte keine Darlegung zu der Frage, woran der Berater hätte erkennen können, dass dem Kläger der [X.]raum von vier Tagen entgegen seiner gegenteiligen Empfangs- und Kenntnisnahmebestätigung nicht ausgereicht habe. Der Vortrag der [X.] sei daher als unstreitig anzusehen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger den Prospekt rechtzeitig erhalten habe und durch ihn ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei.

II.

Das Berufungsurteil hält, soweit es zulässig angegriffen worden ist, rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Revision der [X.]:

Mangels Zulassung ist die Revision der [X.] als selbständiges Rechtsmittel nicht zulässig. Sie ist auch als [X.] nicht statthaft.

a) Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten des [X.] zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, jedoch aus der Auslegung der Urteilsgründe.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Urteilsgründen ergeben (z.B. Senatsurteil vom 18. Oktober 2018 - [X.], [X.], 2179, Rn. 11; Senatsbeschluss vom 27. März 2014 - [X.], juris Rn. 4 [X.].[X.]; Senatsurteile vom 19. Juli 2012 - [X.], [X.], 1574 Rn. 8 und vom 5. Mai 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1106 Rn. 22; [X.], Beschluss vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1211 Rn. 6 mwN; Urteil vom 27. September 2011 - [X.], [X.], 2223 Rn. 18). Aufgrund der gebotenen Auslegung der Urteilsgründe kommt deshalb eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf einzelne Prozessparteien in Betracht, sofern Grund der Revisionszulassung eine bestimmte Rechtsfrage war, die das Berufungsgericht zum Nachteil nur einer Prozesspartei entschieden hat und die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Streitstoffs erheblich sein kann. Die Zulassung wirkt in diesem Fall nicht zugunsten der gegnerischen [X.], die das Urteil aus einem völlig anderen Grund angreift (Senatsurteil vom 5. Mai 2011; [X.], Beschluss vom 8. Mai 2012; jeweils aaO und mwN).

Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, soweit es um die Frage geht, ob das Beratungsunternehmen mit dem Hinweis auf eine vom Anleger unterzeichnete Bestätigung, in der er den Empfang und die Kenntnisnahme eines einige Tage vor der Zeichnung erhaltenen Prospekts quittiert, seiner - nach Ansicht des [X.] bestehenden - besonderen Darlegungslast im Hinblick auf eine rechtzeitige [X.] genügt. Dies bezieht sich allein auf die vom Kläger im Zusammenhang mit der Zeichnung der ersten Tranche des [X.] unterschriebene "Empfangsbestätigung/weitere Erklärungen und Hinweise" vom 16. März 2010. Auf diese Erklärung gestützt, hat das Berufungsgericht die Klageabweisung insoweit bestätigt.

Demgegenüber betrifft die Revision der [X.] ihre Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz im Zusammenhang mit der Zeichnung des [X.] am 2. Mai 2007, bei dem das Berufungsgericht das Verteidigungsvorbringen der [X.] gerade für unzureichend gehalten hat. Das dort abgegebene - isolierte - [X.] des [X.], das das [X.] als nicht ausreichend erachtet hat, ist mit der aus Anlass der Zeichnung des [X.] unterzeichneten Empfangs- und Kenntnisnahmebestätigung nicht vergleichbar. Gegenstand des Begehrens des [X.] ist zudem ein ganz anderer Fonds, der fast drei Jahre vor dem [X.] gezeichnet worden ist. Bei dem mit Blick auf den Erwerb der Anteile an dem [X.] geltend gemachten Schadensersatzanspruch handelt es sich dementsprechend um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs. Im Fall einer Zurückverweisung hinsichtlich des [X.] kann daher kein Widerspruch zu dem den [X.] betreffenden Streitstoff auftreten (vgl. etwa Senatsurteil vom 18. Oktober 2018 aaO Rn. 13; Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 - [X.], [X.], 526 Rn. 5 [X.].[X.]; [X.], Urteile vom 23. September 2003 - [X.], [X.], 2232, 2233 und vom 29. Januar 2003 - [X.], [X.]Z 153, 358, 362).

b) Das Rechtsmittel der [X.] ist auch als [X.] nicht statthaft (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Zwar stellen eine unstatthafte Revision und eine [X.] ein einheitliches Rechtsmittel dar (vgl. etwa: [X.], Urteil vom 27. Februar 2018 - [X.], [X.], 737 Rn. 27). Bei beschränkter Zulassung der Revision kann eine [X.] auch dann eingelegt werden, wenn sie nicht den Streitstoff betrifft, auf den die Revision sich bezieht (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1328 Rn. 17 mwN). Grundsätzlich spielt es nach der ausdrücklichen Regelung des § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch keine Rolle, ob die Revision nur zugunsten der anderen [X.] zugelassen wurde (etwa Senatsurteil vom 5. Mai 2011 aaO Rn. 24).

Die [X.] ist als unselbständiges Rechtsmittel aber akzessorischer Natur. Dieser Abhängigkeit würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht ([X.], Urteil vom 22. November 2007 - [X.], [X.]Z 174, 244 Rn. 40). Als [X.] ist das Rechtsmittel daher nur dann statthaft, wenn es einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (Senat aaO; [X.], Urteile vom 27. Februar 2018 aaO Rn. 26; vom 12. Oktober 2017 - [X.], [X.], 2324 Rn. 27; vom 17. Dezember 2013 - [X.], NJW 2014, 2029 Rn. 76; vom 22. November 2007 - [X.], aaO und Rn. 42; ähnlich schon [X.], Urteil vom 21. Juni 2001 - [X.], [X.]Z 148, 156, 161 im Vorgriff auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des [X.] vom 27. Juli 2001, [X.] I, S. 1887).

Daran fehlt es vorliegend. Die Revision und die [X.] betreffen verschiedene Streitgegenstände, die weder rechtlich noch wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche beruhen auf zeitlich weit auseinanderliegenden, selbständigen Beratungssituationen; die Anlageentscheidungen beziehen sich auf unterschiedliche Kapitalanlagen. Auch die Erwägungen des [X.] zur Frage des der [X.] obliegenden Vortrags sowie die jeweils berücksichtigten Tatsachen unterscheiden sich voneinander. Allein dass es in beiden Fällen um [X.] geht und dieselben [X.]en involviert sind beziehungsweise derselbe Anlageberater im Abstand von einigen Jahren tätig geworden ist, begründet keinen unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen, sondern allenfalls einen mittelbaren letztlich zufälligen Zusammenhang.

2. Revision des [X.]:

a) Die Revision des [X.] ist mit Blick auf den Umfang der Zulassung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht aus den vorstehenden Gründen ebenfalls insoweit unzulässig, als sie sich gegen die Bestätigung der Abweisung der im Zusammenhang mit dem [X.] und der zweiten Tranche des [X.] geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz eines ihm mit einem [X.] entgangenen Gewinns (§ 252 [X.]) und Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten richtet. Auch insoweit handelt es sich um selbständige und abtrennbare Teile des Streitstoffs, hier in Form eines jeweils eigenen Streitgegenstands (zum entgangenen Gewinn: vgl. Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - [X.], [X.], 216 Rn. 4 mwN), die unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden können und bei denen auch im Falle der Zurückverweisung (ebenfalls) kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht bezieht sich auf diese Punkte ersichtlich nicht (vgl.o.). Einer Teilurteilsfähigkeit des betroffenen Streitstoffs auf [X.] der Berufungsinstanz bedarf es nicht (Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 aaO Rn. 5; vgl. auch [X.], Urteil vom 25. Januar 1995 - [X.], NJW-RR 1995, 449, 450).

b) Soweit sich die Revision auf die Abweisung des auf Rückabwicklung der ersten Tranche des [X.] im Gegenwert von 19.600 € gerichteten Schadensersatzanspruchs nebst Zinsen bezieht, ist sie hingegen vom Berufungsgericht zugelassen, auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Klageabweisung lässt sich insoweit mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht rechtfertigen.

aa) Nach dem im [X.] zugrunde zu legenden Vorbringen des [X.] ist zwischen den [X.]en ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Dass der für die Beklagte als Anlageberater tätige Zeuge [X.]im Zusammenhang mit der Empfehlung des vom Kläger am 16. März 2010 gezeichneten [X.] eine Pflichtverletzung begangen hat, ist nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sach- und Streitstand entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht auszuschließen.

(1) Der Anlageberater schuldet eine anleger- und objektgerechte Beratung, wonach er unter Berücksichtigung des Wissenstands des Kunden und seiner persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse eine seinem Anlageziel und seiner Risikobereitschaft entsprechende Empfehlung auszusprechen und ihn in Bezug auf das Anlageobjekt rechtzeitig, richtig, sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten hat. Dabei muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 23. März 2017 - [X.], [X.], 799 Rn. 11, vom 18. Februar 2016 - [X.], [X.], 504 Rn. 15; vom 4. Dezember 2014 - [X.], [X.], 68 Rn. 9 und vom 24. April 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1075 Rn. 9 und 12; jew. mwN).

Eine ordnungsgemäße Anlageberatung kann dabei nicht nur mündlich, sondern auch durch die Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem [X.] so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (z.B. Senatsurteile vom 18. Februar 2016 aaO Rn. 16; 24. April 2014 aaO Rn. 9 mwN und vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 152 Rn. 32 [X.].[X.]).

Die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (z.B. Senatsurteile vom 17. September 2015 - [X.], BeckRS 2015, 16600 Rn. 16; vom 11. Dezember 2014 - [X.], [X.], 128 Rn. 18 und vom 20. Juni 2013 - [X.], BeckRS 2013, 11561 Rn. 7). Der Anleger muss sich mit dem [X.] vertraut machen können, weswegen er ausreichend [X.] für eine sinnvolle Auseinandersetzung damit haben muss (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9 und vom 19. November 2009 - [X.], [X.], 118 Rn. 24; [X.], Beschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], NJW 2011, 3229 Rn. 18). Sodann liegt es im Verantwortungsbereich des Anlegers zu entscheiden, ob er den Prospekt innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden - ausreichenden - [X.] zur Kenntnis nehmen will oder nicht. Nimmt er die Informationen nicht zur Kenntnis, geht dies zu seinen Lasten ([X.], Urteile vom 4. Juni 2013 - [X.], BeckRS 2013, 10912 Rn. 30 und vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.], 283 Rn. 33).

Die nicht rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts hat der Anleger darzulegen und zu beweisen (z.B. Senatsurteile vom 19. Oktober 2017 - [X.], [X.], 2191 Rn. 22 - vorgesehen für [X.]Z; vom 6. Dezember 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 16; vom 19. November 2009 aaO Rn. 25 und vom 11. Mai 2006 - [X.], [X.], 1288 Rn. 6), wobei die Frage der "Rechtzeitigkeit" als solche eine rechtliche Bewertung darstellt (Senatsurteil vom 19. Oktober 2017 aaO Rn. 30). Welche Frist seit Empfang des Prospekts bis zum Abschluss des [X.] angemessen und erforderlich ist, damit der Anleger den [X.] hinreichend zur Kenntnis nehmen kann, hängt indessen maßgeblich von den Umständen des einzelnen Falls ab ([X.], Beschluss vom 19. Juli 2011 aaO). Eine Regelfrist, die nach Übergabe des Prospektes einzuhalten ist, gibt es nicht.

(2) Die Ansicht des Berufungsgerichts, es sei davon auszugehen, dass der Kläger den Prospekt rechtzeitig erhalten habe und damit ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei, beruht auf einem Rechtsfehler.

(a) Die Vorinstanz hat ihre insoweit angestellte Überlegung, es sei plausibel, dass dem Kläger vier Tage zur Prospektlektüre ausgereicht hätten, damit begründet, dass er nicht nur den Empfang des laut [X.] am 12. März 2010 ausgehändigten Prospekts, sondern auch dessen Kenntnisnahme einschließlich der Risikoaufklärung - "vollumfänglich", "insbesondere das Kapitel 05 (Risiken der Beteiligung)" - bestätigt habe. Damit im Zusammenhang stehen die weiteren Ausführungen, der Kläger habe nicht erläutert und unter Beweis gestellt, weshalb er die Bestätigung unterzeichnet habe, wenn er den Prospekt tatsächlich nicht habe zur Kenntnis nehmen können, und ferner nicht dargelegt, woran der Berater hätte erkennen sollen, dass entgegen seiner anderslautenden Bestätigung ein [X.]raum von vier Tagen wegen seiner damaligen beruflichen Belastung nicht ausgereicht habe und ihm "[X.]" gefehlt hätten, "sich mit dem 172 Seiten starken Emissionsprospekt zu befassen".

Der Kläger rügt mit seiner Revision demgegenüber zu Recht, dass die - in dem Beitrittsformular der Fondsgesellschaft enthaltene, für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte (§ 305 Abs. 1 Satz 1 [X.]) - Kenntnisnahmebestätigung als Tatsachenbestätigung gemäß § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b [X.] unwirksam ist. Dies gilt ebenfalls für das zugleich mit dieser und weiteren anderen Erklärungen - mithin nicht isoliert - abgegebene [X.], auf das § 309 Nr. 12 Halbsatz 2 [X.] folglich keine Anwendung findet.

(aa) Dem Schutzzweck der Regelung zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch allgemeine Geschäftsbedingungen entspricht es, auch die vom Verwender vorformulierten einseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen der anderen Vertragspartei einer [X.] Kontrolle zu unterwerfen (Senatsurteil vom 15. Mai 2014 - [X.], [X.], 1146 Rn. 30 mwN). Dabei ist der [X.] die ersichtlich (auch) in ihrem Interesse abgefasste Bestätigung als Verwenderin zuzurechnen, welche sie dem Kläger als Vermittlerin der Fondsgesellschaft mit der gleichermaßen unterzeichneten Beitrittserklärung vorgelegt hat (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 1 [X.]; vgl. auch [X.], Urteile vom 5. April 1979 - [X.], [X.]Z 74, 204, 211 und vom 6. Mai 1982 - [X.], NJW 1982, 2243, 2244).

(bb) Gemäß § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b [X.] ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, indem er diesen bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Die Ausnahme des Halbsatzes 2 greift nicht ein. Sie gilt nur für das gesondert unterschriebene, einer Quittung gemäß § 368 [X.] entsprechende (reine) [X.]. Die Erklärung, den Inhalt des Prospekts einschließlich der Risikohinweise zur Kenntnis genommen zu haben, geht hierüber hinaus. Bei einer Kenntnisnahmeklausel handelt es sich um eine Tatsachenbestätigung in Form der Wissenserklärung, die in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b [X.] fällt, soweit sie sich zum Nachteil der Vertragspartei des Verwenders auswirken kann ([X.], in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 12. Aufl., § 309 Nr. 12 Rn. 21).

Die von § 309 Nr. 12 [X.] erfasste Bestimmung, durch die der Verwender "die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert", erschöpft sich nicht in der Umkehr der Beweislast. Die Vorschrift ist ebenfalls einschlägig, wenn die vom Verwender zu erbringende Beweisführung erleichtert oder ein vom Vertragspartner zu erbringender Beweis erschwert wird. Sie erfasst jeden Versuch, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern, auch wenn die Beweislast nicht umgekehrt wird ([X.], Urteil vom 28. Januar 1987- [X.], [X.]Z 99, 374, 380 f; [X.] NJW-RR 1986, 275 und NJW-RR 1988, 1082, 1083; jeweils noch zu § 11 Nr. 15 [X.]; BeckOGK/Weiler, [X.], Stand: 1. Mai 2018, § 309 Nr. 12 Rn. 44 ff, 88; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 309 Nr. 12 Rn. 16; [X.] aaO § 309 Nr. 12 Rn. 8; anderer Ansicht, im Ergebnis aber wohl gleich: [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2013, § 309 Nr. 12 Rn. 8, wonach § 307 [X.] Anwendung finden soll). Entscheidend ist allein, ob die Klausel im Streitfall mögliche Beweiswirkung zu Ungunsten des Kunden entfaltet ([X.] aaO Rn. 10).

Eine solche Wirkung ist - ungeachtet dessen, dass der Kläger ohnehin die Beweislast für seine Behauptung trägt, die Beklagte habe in Gestalt des für sie tätigen Zeugen [X.]ihre ihm gegenüber obliegenden Aufklärungspflichten verletzt - erkennbarer Zweck der vom Kläger unterzeichneten Kenntnisnahmebestätigung. Mit der abgegebenen Erklärung wird der vom Kläger zu führende Beweis der Tatsache, nicht über die Risiken des Investments aufgeklärt worden zu sein, wie gerade die angefochtene Entscheidung zeigt, erschwert und seine Beweisposition durch die gegen sich gerichtete Bestätigung, deren Unrichtigkeit er zu widerlegen hat, verschlechtert (ähnlich: [X.], Urteile vom 9. November 1989 - [X.], NJW 1990, 761, 766 und vom 20. April 1989 - [X.], NJW-RR 1989, 817 f). Um eine Tatsachenbestätigung, die lediglich die geltende Beweislastverteilung wiedergibt, handelt es sich vorliegend mithin gerade nicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Oktober 1999 - [X.], [X.], 207 f). Damit verbietet es sich entgegen der in der mündlichen Verhandlung des Senats geäußerten Ansicht des Prozessbevollmächtigten der [X.] zugleich, der abgegebenen Erklärung ungeachtet der Unwirksamkeit der Klausel eine wie auch immer geartete tatsächliche Wirkung zu Lasten des [X.] beizumessen, denn dadurch würde der durch § 309 Nr. 12 [X.] bezweckte Schutz unterminiert.

Hinzu kommt, dass die Klausel auch eine die Beweislast der [X.] zumindest erleichternde, wenn nicht gar zu ihren Gunsten umkehrende Wirkung für den Fall haben kann, dass der Kunde darlegen und beweisen kann, den eine zutreffende Risikoaufklärung enthaltenden Prospekt nicht rechtzeitig erhalten zu haben, und sie als Verwender gezwungen ist, die gegen sie streitende tatsächliche Vermutung der Kausalität der Pflichtverletzung zu entkräften (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. März 2017 - [X.], [X.], 708 Rn. 32).

([X.]) Auch das eine bloße Quittungsfunktion erfüllende [X.] ist nur dann gemäß § 309 Nr. 12 Halbsatz 2 [X.] wirksam, wenn es gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Dies bedeutet in Entsprechung mit Nr. 11 Buchstabe a der Vorschrift, dass es getrennt vom sonstigen Vertragstext erteilt werden, mithin räumlich und drucktechnisch deutlich abgehoben sein muss, wobei sich die Unterschrift allein auf das [X.] als rein tatsächlichen Vorgang der körperlichen Übergabe und Entgegennahme einer Sache beziehen und keine weitere Erklärung umfassen darf (vgl. etwa Senatsurteil vom 24. März 1988 - [X.], NJW 1988, 2106, 2108 - zu § 11 Nr. 15 Buchstabe b [X.]; [X.] aaO Rn. 24; [X.] aaO Rn. 13). Das ist bei der vom Kläger unterschriebenen, ausdrücklich weitere Erklärungen und Hinweise enthaltenden Empfangsbestätigung gerade nicht der Fall.

(b) Das Berufungsgericht wird daher im neuen Verfahren die schriftliche Erklärung des [X.], er habe den Prospekt vollinhaltlich zur Kenntnis genommen, außer [X.] zu lassen und sich nur unter Berücksichtigung des sonstigen [X.]vortrags mit der Frage zu befassen haben, ob der Kläger den Prospekt rechtzeitig erhalten hat, um sich mit dessen Inhalt auseinandersetzen zu können.

Dabei ist - wie eingangs ausgeführt - nicht auf die Einhaltung bestimmter Fristen, sondern auf die Würdigung der konkreten Einzelfallumstände abzustellen, die insbesondere von der Person des Anlegers (seiner Vorerfahrung, Auffassungsgabe und Bildung) und der ihm effektiv zur Verfügung stehenden [X.] beeinflusst sein können. Hatte unter Berücksichtigung dieser Umstände der Anleger genügend Gelegenheit, um sich anhand des Emissionsprospekts zu informieren, oder durfte der Anlageberater hiervon ausgehen, ist dieser nicht gehalten, sich davon zu vergewissern, dass der Anleger von der Möglichkeit zur Information tatsächlich auch Gebrauch gemacht hat.

III.

Nach alledem ist das Berufungsurteil gemäß § 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Im neuen Verfahren wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen [X.] und den Entgegnungen auf diese zu befassen haben, auf die einzugehen der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.

[X.]     

      

Tombrink     

      

Remmert

      

Arend     

      

Böttcher     

      

Meta

III ZR 109/17

10.01.2019

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 16. März 2017, Az: 11 U 98/16

§ 280 Abs 1 BGB, § 309 Nr 12 Halbs 1 Buchst b BGB, § 309 Nr 12 Halbs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.01.2019, Az. III ZR 109/17 (REWIS RS 2019, 11683)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 301-302 WM2019,304 REWIS RS 2019, 11683

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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