Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2005, Az. XII ZB 184/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3829

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[X.][X.]/02
vom 27. April 2005 in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

[X.] § 55 b Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Im nachträglichen Vaterschaftsfeststellungsverfahren der freiwilligen Gerichts-barkeit sind nach § 55 b Abs. 3 [X.] andere als das Kind und die in § 55 b Abs. 1 Satz 1 genannten Personen nicht beschwerdebefugt. Dies gilt auch dann, wenn weitere Personen am Verfahren vor dem [X.] beteiligt wurden, weil sie durch die Entscheidung in ihren rechtlich [X.] Interessen (hier: Erbrecht) betroffen werden können. [X.], Beschluß vom 27. April 2005 - [X.]/02 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 27. April 2005 durch die [X.] Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats
- [X.] - des [X.] vom 26. September 2002 wird auf Kosten der Beteiligten zurückgewie-sen. [X.]: 3.000 • Gründe: [X.] Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, daß der 2001 verstorbene [X.] ihr Vater ist. Sie hatte unmittelbar nach dessen Tod veranlaßt, daß ihm das [X.] einen Mundhöhlenabstrich entnahm und das [X.] dieser [X.] ein [X.] erstellte, das zu einer Wahrscheinlichkeit der Vater-schaft von 99,998 % gelangte. [X.] hatte mit notariellem Testament vom 20. Februar 1973 seine - vorverstorbene - Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind - als Kinder eines vorverstorbenen Bruders des [X.] - dessen einzige noch lebenden Verwandten. - 3 - Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 1 - zugleich als Bevollmächtigte des Beteiligten zu 2 - angehört und die begehrte Feststellung getroffen. Die da-gegen gerichtete Beschwerde der beiden Beteiligten verwarf das [X.] als unzulässig. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie nach wie vor die Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses begehren. I[X.] 1) Die nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 10, 640 Abs. 2 Nr. 1, 621 e Abs. 3 Satz 2, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig, weil die Rechtssache Fragen von grundsätzlicher Bedeu-tung aufwirft. 2) Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das [X.] hat die Erstbeschwerde zu Recht als unstatthaft angesehen und verworfen. Denn seine Auffassung, die Beteiligten zu 1 und 2 gehörten als Nichte bzw. Neffe des als Vater festgestellten Verstorbenen nicht zum Kreis der in § 55 b Abs. 1 [X.] genannten Personen und seien deshalb nach § 55 b Abs. 3 [X.] nicht beschwerdeberechtigt, hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. a) Im postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. dazu [X.]/[X.] Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 55 b Rdn. 1) schreibt § 55 b Abs. 1 [X.] neben der Anhörung der Mutter des Kindes (die hier unterblieben ist) auch die Anhörung der nächsten Angehörigen des verstorbenen Mannes vor, nämlich seiner Ehefrau, seines Lebenspartners, seiner Eltern und seiner Kinder. - 4 - Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Aufzählung hinsichtlich der Per-sonen, die im Verfahren zu hören sind, abschließend ist (so [X.] FamRZ 1990, 316, 317; [X.] FamRZ 1982, 1239, 1240), weil die Anhö-rung der genannten Personen vor allem der Sachaufklärung dient, wie sich aus § 55 b Abs. 1 Satz 2 [X.] ergibt, oder ob daneben alle weiteren Personen zu hören und zu beteiligen sind, die im konkreten Fall durch die zu treffende Ent-scheidung in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen werden, also auch Dritte, deren Erbrecht durch die Feststellung der Vaterschaft beeinträchtigt [X.] (vgl. [X.]/[X.] aaO § 55 b Rdn. 8 f.). Denn nicht jedem, dem rechtli-ches Gehör zu gewähren und der deshalb zu beteiligen ist, steht auch das Recht zu, gegen eine ihn beeinträchtigende Entscheidung ein Rechtsmittel ein-zulegen ([X.]/[X.] aaO § 55 b Rdn. 12 m.w.[X.]; [X.] Nichteheli-chengesetz 4. Aufl. § 55 b [X.] Anm. IV 2 d). Nur so kann nämlich dem vom Gesetzgeber auch sonst verfolgten [X.] Rechnung getragen werden, daß die Rechtskraft der Entscheidung in den der befristeten Beschwerde unterliegenden Verfahren der freiwilligen Gerichts-barkeit nicht wegen eines schwer bestimmbaren Kreises von [X.] in der Schwebe bleiben soll (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. April 2005 - [X.] ZB 54/03 -, zur [X.] bestimmt, und vom 23. September 1987 - [X.] - FamRZ 1988, 54, 55). Für Statusverfahren gilt dies in besonderem Maße. Es erscheint im Ergebnis untragbar, beispielsweise einem testamentarischen Alleinerben des Mannes - etwa einer juristischen Person - die Möglichkeit einzuräumen, die Rechtskraft einer Vaterschaftsfeststellung durch Rechtsmittel hinauszuzögern, nur weil er sich als Reflexwirkung dieser Entscheidung Pflichtteilsansprüchen des Kindes ausgesetzt sähe. Insoweit braucht auch nicht geklärt zu werden, ob der Gesetzgeber ur-sprünglich die Absicht hatte, § 55 b Abs. 3 [X.] - im Gegensatz zum bis - 5 - 30. Juni 1998 geltenden § 56 b Abs. 2 [X.] a.F. - hinsichtlich der Befugnis, Be-schwerde einzulegen, als lex specialis gegenüber dem allgemeinen Beschwer-derecht aus § 20 [X.] auszugestalten (so [X.], 862, 863 und [X.], 428, 429; [X.] FamRZ 1990, 1014, 1015; OLG Düssel-dorf FamRZ 1990, 316, 317; [X.] aaO; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.] [X.]. § 55 b [X.] Rdn. 9; [X.] [X.] 2. Aufl. § 55 Rdn. 9 und [X.]. 3), oder ob er damit nur die Beschwerdebefugnis der dort aufgezählten Per-sonen klarstellen wollte, ohne § 20 [X.] zu verdrängen (so [X.], 13; [X.] FamRZ 1970, 625, 629). Auch dann, wenn der Gesetzgeber mit der Verweisung in § 55 b Abs. 3 [X.] auf Abs. 1 dieser Vorschrift ursprünglich nur die Beschwerdebefugnis der dort aufgezählten Personen klarstellen wollte, ohne ein allgemeines Beschwer-derecht aus § 20 [X.] zu verdrängen (vgl. [X.] aaO), ist nämlich eine Be-schränkung des Beschwerderechts auf diesen Personenkreis erforderlich (h.M., vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1973 - [X.] - [obiter dictum]; [X.] FamRZ 1982, 1239, 1240 und 1990, 1014, 1015; KG [X.], 428, 429; [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO § 55 b Rdn. 12; [X.]/ [X.] Freiwillige Gerichtsbarkeit 6. Aufl. § 55 b Rdn. 5; [X.]/ [X.] 4. Aufl. § 1600 e Rdn. 55; [X.]/[X.] BGB 11. Aufl. § 1600 e Rdn. 7; Soergel/[X.]. § 1600 n Rdn. 27; [X.] in Vorwerk Prozeß-formularbuch 7. Aufl. [X.]. 101 Rdn. 68; [X.], 370, 376; [X.] 1973, 203, 204). c) Jedenfalls hätte der Gesetzgeber unter anderem die Änderungen des § 55 b [X.] durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 und erneut durch Art. 3 § 19 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Febru-ar 2001 zum Anlaß nehmen können, auch dessen Absatz 3 hinsichtlich der Be-- 6 - schwerdeberechtigung neu zu fassen, wenn die bisherige, auch der [X.] Meinung im Schrifttum entsprechende Rechtsprechung der Oberlandesge-richte seinen Vorstellungen widersprochen hätte; dies hat er nicht getan. d) Die Beschränkung des Kreises der [X.] durch § 55 b Abs. 3 [X.] verletzt - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - auch nicht das durch Art. 14 Abs. 1 [X.] gewährleistete Erbrecht als Individual-recht der Beteiligten. Zwar greift die Feststellung der Vaterschaft hier unmittel-bar in die Rechtsstellung gesetzlicher Erben entfernterer Ordnung ein, da die Rechtswirkungen der Vaterschaft, zu denen auch das Erbrecht des Kindes ge-hört, gemäß § 1600 d Abs. 4 BGB erst mit Rechtskraft der Feststellung geltend gemacht werden können (vgl. [X.] aaO § 55 b [X.] Anm. II 2). Deshalb waren sie - wie geschehen - zu hören. Der Grundsatz der Gewährung rechtli-chen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 [X.]) verpflichtet das Gericht aber lediglich, das Vorbringen Verfahrensbeteiligter zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Ent-scheidung in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 [X.] verlangt hingegen nicht, daß in jedem Fall gegen eine gerichtliche Entscheidung ein Rechtsmittel an ein Gericht höherer Instanz gegeben sein muß (vgl. [X.] NJW 1979, 155). Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 [X.] darf der Zugang zu einer weiteren In-stanz zwar nicht willkürlich oder unzumutbar erschwert werden, wenn das [X.] eine weitere Instanz vorsieht (Art. 19 Abs. 4 [X.]). Für die nicht in § 55 b Abs. 1 [X.] genannten Beteiligten schließt das Gesetz einen weiteren Instanzenzug aber aus. Dies ist unbedenklich, weil das Verfahren der freiwilli-gen Gerichtsbarkeit ein rechtsstaatliches Verfahren ist, in dem die Beteiligten zu 1 und 2 vertreten waren und ihren Standpunkt dargelegt haben, und das mit einer Entscheidung durch [X.] endet, so daß den [X.] des Art. 103 [X.] genügt ist. - 7 - e) Die Beschränkung des Beschwerderechts auf den in § 55 b Abs. 1 [X.] genannten Personenkreis ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerde - auch nicht willkürlich und verstößt nicht gegen Art. 3 [X.]. Es ist viel-mehr sachgerecht, den Kreis der [X.] in Statusverfahren der vorliegenden Art auf die von der [X.] in erster Linie betroffenen nächsten Angehörigen zu beschränken. Soweit diese (auch) erbberechtigt sind und das ihnen eingeräumte Beschwerderecht somit auch aus rein vermögens-rechtlichen Motiven wahrnehmen könnten, stellt dies keine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung gegenüber anderen [X.] dar, de-nen § 55 b Abs. 3 [X.] dies verwehrt. Denn insoweit handelt es sich um eine nicht zu vermeidende Reflexwirkung, die jedenfalls eher hinzunehmen ist als eine dem Statusverfahren in hohem Maße abträgliche Erweiterung des Kreises der [X.]. Richtig ist zwar, daß das Verfahren der nachträglichen Vaterschaftsfest-stellung die Nachlaßregelung mit erheblichen Ungewißheiten belasten und im Falle der Feststellung der Vaterschaft für die bisher als Erben des Mannes [X.] Personen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Auch der Entscheidung des [X.] vom 18. November 1986 ([X.], 346, 348) ist aber nicht zu entnehmen, daß diesen Erwägungen - 8 - von [X.] wegen Vorrang vor jenen einzuräumen wäre, die gegen eine Ausweitung des Kreises der [X.] nach § 55 b Abs. 3 [X.] sprechen. Hahne [X.] [X.] [X.] Ahlt

Meta

XII ZB 184/02

27.04.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2005, Az. XII ZB 184/02 (REWIS RS 2005, 3829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3829

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