Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2003, Az. VI ZB 34/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1555

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[X.] ZB 34/03vom23. September 2003in dem [X.] 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 23. September 2003 durchdie Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zollbeschlossen:Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß [X.] Zivilsenats des [X.] vom 8. Mai 2003 wirdauf ihre Kosten zurückgewiesen.Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 211,29 Gründe:[X.] Klägerin hat die Beklagte vor dem [X.] auf Schadensersatzund Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Das[X.] hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet und die Klägerin dar-auf hingewiesen, daß es die Klage für unschlüssig halte. Die Beklagte hat [X.] gemeldet. Das [X.] hat die Klage ohne Termin zur mündlichenVerhandlung anzuberaumen mit einem als "Versäumnisurteil" bezeichnetenUrteil vom 8. Oktober 2001 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin [X.] die [X.]en vor dem [X.] nach Beweisaufnahme verglichen.Die Kosten des Rechtsstreits tragen die [X.]en nach diesem Vergleich je [X.] -Nach Beendigung des Rechtsstreits hat die Klägerin beantragt, im Rah-men der Kostenausgleichung für die erste Instanz eine 10/10 Verhandlungsge-bühr ihres Prozeßbevollmächtigten anzusetzen. Die Rechtspflegerin des Land-gerichts hat mit [X.] vom 10. März 2003 lediglich [X.]/10 [X.] nach § 33 Abs. 2 [X.] zu Gunsten der [X.], weil ein Versäumnisurteil ergangen sei (nichtstreitige Verhand-lung). Gegen den ihren Prozeßbevollmächtigten am 25. März 2003 [X.] hat die Klägerin am 2. April 2003 sofortige Beschwerde eingelegt, mitder sie den Ansatz einer 10/10 [X.] weiterverfolgt hat. Das[X.] Berlin hat mit dem angefochtenen Beschluß die sofortige Be-schwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshofzugelassen.Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt,nach § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei für eine nichtstreitige Verhandlung nur einehalbe [X.] vorgesehen. Daß auf die nichtstreitige Verhandlungeine Sachentscheidung ergangen sei, sei unerheblich. Die Sachentscheidungsei gemäß § 331 Abs. 2 Halbs. 2, Abs. 3 ZPO ergangen, weil das Vorbringender Klägerin ihren Antrag nicht gerechtfertigt habe. Ein Sachantrag der [X.] sei insoweit nicht erforderlich gewesen. Die in § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3[X.] genannten Ausnahmen seien abschließend und nicht analogiefähig;die Voraussetzungen dieser Ausnahmen seien nicht gegeben.I[X.] Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2,575 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die sofortige [X.] zulässig (§§ 567 Abs. 2, 569 Abs. 1, 104 Abs. 3 ZPO), aber [X.] -Zur Kostenausgleichung kann die Klägerin keine volle [X.] ih-res erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten in Ansatz bringen, denn diesemsteht eine [X.] in dieser Höhe nicht zu.1. Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1Satz 1, Abs. 2 [X.] erhält der Anwalt für eine streitige Verhandlung einevolle (10/10), für eine nichtstreitige Verhandlung eine halbe (5/10), in der Beru-fung und Revision ausnahmsweise (§ 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.]) eine volle(10/10) [X.]. "Verhandeln" ist nach einhelliger Ansicht inRechtsprechung und Literatur eine Tätigkeit der [X.]en, bei der sie vor [X.] den Rechtsstreit mündlich vom entgegengesetzten Standpunkt aus er-örtern und jede [X.] diejenigen tatsächlichen Umstände, rechtlichen Ausfüh-rungen und Anträge vorbringt, durch die sie eine ihren Absichten [X.] Entscheidung herbeiführen möchte (vgl. [X.] 1984, 63; [X.] in: [X.]/von [X.]/[X.], Bundesgebührenordnung [X.], 15. Aufl., § 31 Rdn. 54). Dem "Verhandeln" gleichgestellt ist derAustausch von Schriftsätzen mit entgegengesetzten Standpunkten und Anträ-gen im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 ZPO oder im schriftlichen Vorver-fahren gemäß §§ 272 Abs. 2, 276 ZPO (vgl. § 35 [X.]; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte,20. Aufl., "[X.]" Ziff. 9). Hiernach ist für die Entstehung einer[X.] Voraussetzung, daß die (Sach-) Anträge beiderseits ge-stellt werden (§ 137 Abs. 1 ZPO). Soweit nur eine [X.] einen Sachantragstellt, ist keine streitige Verhandlung gegeben und die volle Verhandlungsge-bühr nicht angefallen. In diesen Fällen ist aber - von den Ausnahmefällen des§ 33 Abs. 1 Satz 2 [X.] abgesehen - eine halbe [X.] ent-standen, wenn die [X.]en nicht widersprechende Erklärungen abgeben [X.] beim Anerkenntnis des Klageanspruchs (§ 307 Abs. 1 ZPO, § 33 Abs. 1Satz 1 [X.]). Erscheinen beide [X.]en, stellt aber nur die eine ihren An-- 5 -trag, die andere jedoch keinen oder keinen widersprechenden Antrag, ist keinestreitige Verhandlung möglich; sofern es hier überhaupt zu einer "Verhandlung"der [X.]en kommt, ist diese "nichtstreitig" und kann nur eine halbe [X.] veranlassen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Erscheint dagegen nur eine[X.] und stellt auch nur diese einen Sachantrag, fehlt es an einer "Verhand-lung" der [X.]en. In diesem Falle verdient der Anwalt jedoch die halbe [X.], wenn er den Erlaß des Versäumnisurteils gegen die andere[X.] beantragt (§ 33 Abs. 2 [X.]).2. Nach diesen Grundsätzen haben die Voraussetzungen für eine volle[X.] im ersten Rechtszug nicht vorgelegen. Eine "Verhand-lung" zwischen den [X.]en hat nicht stattgefunden. Auch ein [X.] mit widersprechenden Schriftsätzen, das einer streitigen Verhand-lung gleichzustellen wäre, war nicht gegeben, denn die Beklagte hatte sich imersten Rechtszug nicht gemeldet und ihre [X.] weder an-gekündigt noch betätigt.a) Entgegen den Ausführungen der Rechtsbeschwerde kommt es nichtdarauf an, daß das [X.] eine Sachentscheidung getroffen hat, als es [X.] mit einem als Versäumnisurteil bezeichneten Urteil abgewiesen hat. [X.] handelte es sich entgegen der Bezeichnung inhaltlich um ein Urteil, [X.] darauf beruhte, daß die Beklagte ihre [X.] nicht an-gekündigt hatte (vgl. § 331 Abs. 3 ZPO); es war vielmehr entgegen seiner Be-zeichnung ein sog. "unechtes Versäumnisurteil" (vgl. [X.]/[X.], [X.]., § 331 Rdn. 15), das nur mit der Berufung, nicht mit dem [X.] war. Die Gebührentatbestände der §§ 31 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 1Satz 1 [X.] stellen jedoch nicht auf die Bezeichnung der Entscheidung und- entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - auch nicht auf den Inhalt [X.] -Die [X.] soll das von dem allgemeinen Prozeßbetriebsich abhebende besondere Tätigwerden des Anwalts in der [X.] abgelten (vgl. [X.]/[X.], 8. Aufl., § 31 Rdn. 43). [X.] oder eine gleichgestellte Tätigkeit im schriftlichen Ver-fahren, die hier nicht vorlagen, ist ein Grund für den Ansatz einer vollen [X.] nicht vorhanden.b) Die Rechtsbeschwerde kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen,daß der Anwalt im Berufungs- oder Revisionsverfahren für den Antrag auf [X.] nach § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] eine volle [X.] erhalte, weil auf diesen Antrag eine Entscheidung in der Sa-che ergehen müsse. Das ist zwar bei Abweisung der Klage als unschlüssigauch im ersten Rechtszug Folge des § 331 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO. Der [X.] hat das jedoch nicht zum Anlaß einer Ergänzung oder Änderung des § 33Abs. 1 [X.] genommen. Die gesetzliche Regelung, nach welcher der Anwaltauch bei [X.] nicht nur eine halbe, sondern ausnahms-weise eine volle [X.] erhält (§ 33 Abs. 1 Satz 2 [X.]), istals enumerative Aufzählung abschließend und als Ausnahmeregelung einerAnalogie nicht zugänglich.c) Auch eine Fiktion der klagebegründenden Tatsachen (§ 331 Abs. 1Satz 1 ZPO), aus der die Rechtsbeschwerde eine Fiktion des [X.] [X.] für den ersten Rechtszug entnehmen möchte, kommt offensichtlichnicht in Betracht.Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, den die Rechtsbeschwerde bean-standet, ist nicht ersichtlich. Im ersten Rechtszug wird lediglich die Klage aufihre Schlüssigkeit geprüft. Im Rechtsmittelverfahren wird dagegen die Schlüs-sigkeit des Rechtsmittels untersucht, gleichgültig welche [X.]stellung der- 7 -Rechtsmittelkläger im ersten Rechtszug hatte (vgl. § 539 Abs. 2 Satz 2, 555Abs. 1 ZPO). Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten beruht dann [X.] - abweichend von § 331 Abs. 2 ZPO - nicht auf der Säumnis, sondernberücksichtigt den gesamten nach §§ 559, 529 ZPO maßgeblichen Sach- [X.] (vgl. [X.], 79, 81 ff.) und die vom Rechtsmittelkläger rechtzeitigschriftlich vorgetragenen neuen Tatsachen, soweit sie [X.] (vgl. [X.]/Aktualisierungsband-Wenzel, § 555 Rdn. 16).3. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 97Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.[X.]

Meta

VI ZB 34/03

23.09.2003

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2003, Az. VI ZB 34/03 (REWIS RS 2003, 1555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1555

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