Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2004, Az. VIII ZB 145/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3944

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/03vom23. März 2004in dem [X.] 2 -Der V[X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 23. März 2004 durch [X.] Richterin [X.] und die Richter [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der3. Zivilkammer des [X.] vom 12. November2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen dahinabgeändert, daß die zu erstattenden Kosten auf 329,17 e-setzt werden.Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens und des [X.] haben die Beklagte 7/12 und die [X.]/12 zu tragen.Der [X.] wird auf 121,41 Gründe:[X.] Klägerin, die [X.] mit dem Sitz in [X.], hatte ge-gen die Beklagte, die in [X.] ein Gastronomieunternehmen betreibt, auseinem Kauf- und [X.] sowie einem Mietvertrag eine Forderung inHöhe von insgesamt 892,23 [X.] sie eine [X.] Anwaltskanzlei, die sie in derartigen Fällen stetseinschaltet. Nachdem die Beklagte gegen den Mahnbescheid Widerspruch [X.] 3 -gelegt hatte, gab das zuständige Mahngericht das Verfahren an das Amtsge-richt [X.] ab. Mit der Vertretung im streitigen Verfahren beauftragte dieKlägerin eine [X.] Anwaltskanzlei.In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht [X.] erginggegen die Beklagte Versäumnisurteil; die Kosten des Verfahrens wurden [X.] auferlegt.Mit [X.] vom 10. Januar 2003 hat das Amtsge-richt die der Klägerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß wie folgt festge-setzt:[X.] Gerichtskosten 138,05 10/10 Mahnverfahrensgebühr (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 [X.])66,47 [X.] (§ 26 [X.]) 9,97 10/10 [X.] (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 [X.])66,47 5/10 [X.] 1 Satz 1 [X.])33,23 [X.] (§ 26 [X.])14,98 Tage- und Abwesenheitsgeld (§ 28 [X.])15,34 Fahrtkosten (§ 28 [X.])35,10 insgesamt 379,61 Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das [X.] den[X.] abgeändert und den Erstattungsbetrag auf- 4 -258,20 tsbeschwer-de begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entschei-dung.[X.] meint, die Klägerin sei nach dem Grundsatz der kosten-sparenden Prozeßführung gehalten gewesen, bereits für das [X.] Rechtsanwalt am Sitz des [X.] zu beauftragen; [X.] des Telekommunikationsrechts seien entgegen der Auffassung derKlägerin im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen. Überdies sei, wieauch das Vorgehen der Klägerin zeige, von vornherein zu erkennen gewesen,daß ein eingehendes [X.] entbehrlich gewesen sei. Unter die-sen Umständen seien die Kosten, die durch die Einschaltung der [X.]Kanzlei im Mahnverfahren und die Reise eines [X.] Rechtsanwaltes [X.] vor dem Amtsgericht [X.] entstanden seien, nicht zurzweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen.Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht in vollem Um-fang stand.1. Die Kosten, die der Klägerin durch die Beauftragung verschiedenerRechtsanwälte einerseits für das Mahnverfahren und andererseits für das an-schließende streitige Verfahren entstanden sind, sind ihr von der Beklagtengemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO dem Grunde nach zu erstatten. Nach dieserBestimmung sind die Kosten mehrerer Anwälte insoweit erstattungsfähig, alssie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder in der [X.] ein Wechsel eintreten mußte. Letzteres war hier nicht der Fall;- 5 -denn der mit der Durchführung des Mahnverfahrens beauftragte [X.]Rechtsanwalt hätte vor dem Amtsgericht [X.] als [X.] Klägerin auftreten können. Auch sonst liegen keine Gründe vor, die jenenAnwalt an der Wahrnehmung des [X.] in [X.] gehinderthätten.Eine Erstattung kommt daher nur in Betracht, soweit die durch den [X.] entstandenen Mehrkosten auch der Höhe nach notwendig warenund diejenigen Kosten nicht übersteigen, die bei Beauftragung eines einzigenAnwalts entstanden wären. Die danach erforderliche Vergleichsberechnunghängt davon ab, ob die in [X.] ansässige Klägerin für das Mahnverfahren ei-nen Rechtsanwalt an einem dritten Ort ([X.]) einschalten durfte, obwohlerkennbar war, daß bei Wahrnehmung eines [X.] in [X.]nicht unerhebliche Reisekosten oder die Kosten für einen Unterbevollmächtig-ten anfallen würden oder sogar - wie geschehen - ein Anwaltswechsel [X.] werden würde.2. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die obsiegende [X.] Anspruch auf Er-stattung ihrer Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgungoder Rechtsverteidigung notwendig waren; dazu zählen auch die [X.] die Wahrnehmung auswärtiger Termine. Bei der Beurteilung der Frage, obaufgewendete Prozeßkosten in diesem Sinne "notwendig" waren, kommt esnach der Rechtsprechung des [X.] darauf an, ob eine verstän-dige und wirtschaftlich vernünftige [X.] die die Kosten auslösende Maßnahmeim Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf [X.] ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmungihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, untermehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen ([X.] vom 16. Oktober 2002 - [X.], NJW 2003, 898 = [X.] -2003, 1617 = [X.] 2003, 152 unter [X.]; [X.], Beschluß vom11. November 2003 - [X.], [X.] 2004, 345 unter [X.]). DieZuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder [X.] durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder [X.] stellt in der Regel eine Maßnahme zweckentsprechender Rechts-verfolgung oder Rechtsverteidigung dar, weil ein persönliches Informations- [X.] zwischen [X.] und Anwalt mindestens zu Beginn einesMandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinn-voll ist ([X.] aaO und Beschluß vom 21. Januar 2004 - [X.] unter [X.] 1).Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn schon im Zeitpunkt der Be-auftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantenge-spräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird (Senatsbeschluß vom16. Oktober 2002 aaO unter [X.] (1) und (2)). Auch in diesem Fall kann [X.] aber einen vernünftigen und anzuerkennenden Anlaß haben, noch nichtsogleich einen Anwalt am Sitz des [X.] zu mandatieren. [X.] kann es auch gerechtfertigt sein, daß ein überregional tätiges Unterneh-men aus bestimmten gewichtigen Gründen einen Anwalt hinzuzieht, der [X.] seinem Geschäftsort, sondern an einem dritten Ort ansässig [X.] Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin entgegen der [X.] auch unter Berücksichtigung des Gebots der Kosteneinspa-rung nicht verpflichtet, schon für das Mahnverfahren einen Rechtsanwalt amSitz des (späteren) [X.] einzuschalten. Zwar war auch aus der [X.] Klägerin ein persönliches Informationsgespräch mit dem zu [X.] offenbar entbehrlich; denn sonst hätte sie die Sache nicht routinemäßigzur Durchführung des Mahnverfahrens an die von ihrem Sitz in [X.] weit ent-fernte [X.] Kanzlei abgegeben. Die Klägerin hat jedoch andere nach-vollziehbare, einleuchtende und wirtschaftlich sinnvolle Gründe für die Manda-tierung der [X.] Rechtsanwälte angeführt. Wie sie im einzelnen [X.] -gelegt hat, überträgt sie sämtliche für das Mahnverfahren vorgesehenen Forde-rungsfälle jener Kanzlei, weil diese personell und organisatorisch in der Lageist, die große Zahl einschlägiger Verfahren, die bei der Klägerin als einem bun-desweit tätigen Konzern mit vielen Millionen Kunden ständig anfallen, ord-nungsgemäß zu bearbeiten. Die Konzentration der Mahnverfahren auf [X.] erscheint auch deshalb sinnvoll, weil, wie die Klägerin unwider-sprochen vorgetragen hat, etwa 90 % der Verfahren ohne Widerspruch [X.] durchgeführt werden. Bei einer derartigen Sachlage ist es [X.] noch zumutbar, aus der Vielzahl der einschlägigen Fälle diejenigenherauszusuchen, in denen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit der [X.] einlegen wird und deshalb die Durchführung des Mahnverfahrensan sich zweckmäßigerweise sogleich am Gerichtsstand des Schuldners zu [X.] wäre.Ob dies ausnahmslos zu gelten hat oder ob insbesondere in Fällen, indenen der Schuldner seinen Wohnsitz in der Nähe des Sitzes des [X.] hat, etwaige spätere Reisekosten eines am dritten Ort ansässi-gen Anwalts nicht als notwendig anzuerkennen sind, kann hier offen bleiben(vgl. dazu [X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., § 91 Rdnr. 13, Stichwort "Mahnverfah-ren", Ziff. 1) a.E.; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 91 Rdnr. 67 m.w.[X.]. 243]); denn die Beklagte ist dadurch, daß die Klägerin mit der [X.] des Mahnverfahrens nicht einen an ihrem Sitz in [X.], sondern einen in[X.] ansässigen Anwalt beauftragt hat, kostenmäßig nicht beschwert.4. a) Durfte die Klägerin nach alledem eine [X.] Anwaltskanzleifür das Mahnverfahren gegen die Beklagte einschalten, dann ist für die nach§ 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO anzustellende Vergleichsberechnung zunächst daraufabzustellen, welche Reisekosten bei dem [X.] Anwalt entstanden wä-ren, wenn er den Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht [X.] wahrge-- 8 -nommen hätte. Nach den Ausführungen der Rechtsbeschwerde wären hierfürFahrtkosten von rund 187 [X.] somit 218 HTSKU Hauf die die Mahnverfahrensgebühr anzurechnen wäre (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2[X.]), der Verhandlungsgebühr von 33,23 (§ 26 [X.]) von 14,98 ä-higer Gesamtbetrag von 332,68 rgeben.b) Diesem Betrag sind allerdings nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint,die durch die Beauftragung eines [X.] Rechtsanwaltes entstandenenKosten gegenüberzustellen, sondern nur diejenigen Kosten, die angefallen wä-ren, wenn die Klägerin nach der Einlegung des Widerspruchs durch die [X.] einen am Ort des [X.] [X.] ansässigen Anwalt für dasstreitige Verfahren mandatiert hätte. Denn wenn eine [X.] von der ihr grund-sätzlich zuzubilligenden Möglichkeit Gebrauch macht, nach dem [X.] sachlichen Gründen - etwa wegen der großen Entfernung vom Sitz [X.] zum Gerichtsort - für das streitige Verfahren einen [X.] zu beauftragen, wird sie dem Gebot der Kosteneinsparung in allerRegel nur gerecht, wenn sie nicht abermals einen an einem dritten Ort ansässi-gen Anwalt auswählt, sondern einen solchen, der seinen Sitz am Ort des [X.] hat. Davon geht offensichtlich auch die Klägerin aus; sie meint [X.], es sei ihr nicht zuzumuten, einen Rechtsanwalt in [X.] zu beauftra-gen, der in einem früheren Verfahren möglicherweise schon einmal eine Ge-genseite vertreten habe und der überdies über keine besonderen Kenntnisseauf dem Gebiet des Telekommunikationsrechts verfüge. Diese Einwände grei-fen nicht durch.Zu Recht hat schon das [X.] darauf hingewiesen, daß die Kläge-rin nichts Substantiiertes für die Gefahr einer Interessenkollision vorgetragen- 9 -hat. Im übrigen ist es ihr ohne weiteres möglich und zumutbar, mit Hilfe ihrerRechtsabteilung, ihrer [X.]er Niederlassung oder der im Mahnverfahrentätig gewesenen [X.] Kanzlei unter den in [X.] ansässigen An-wälten einen Prozeßbevollmächtigten auszuwählen, der noch nicht in einemfrüheren Rechtsstreit die Gegenseite vertreten hat. Auch im Hinblick auf [X.] des Verfahrens, der keine speziellen Fragen des [X.] aufwarf, war die Beauftragung einer [X.] Kanzlei [X.] erforderlich.c) Hätte die Klägerin dementsprechend einen [X.]er Rechtsanwaltals Prozeßbevollmächtigten für das streitige Verfahren vor dem [X.], wären keinerlei Reisekosten angefallen. Vielmehr wären [X.] die [X.], die Verhandlungsgebühr und die Auslagenpauschale inHöhe von insgesamt 114,68 e-bühren des [X.] Anwalts in Höhe von 76,44 43 Abs. 1 Nr. 1, 26[X.]) hätten sich notwendige Kosten der Klägerin von zusammen 191,12 errechnet. Die von der Klägerin verauslagten, ebenfalls zu erstattenden [X.] von 138,05 nung unberück-sichtigt bleiben, weil sie jeweils in gleicher Höhe anzurechnen sind.5. Nach alledem waren auch bei Beauftragung verschiedener Rechtsan-wälte für das Mahnverfahren und für das anschließende streitige Prozeßverfah-ren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Klägerin [X.] in Höhe von insgesamt 191,12 [X.] Rechtsanwalts (oben 4 a) nicht übersteigen, voll zu erstatten; angesichtsder deutlichen Differenz zur Obergrenze des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO bedarf eskeiner weiteren Feststellungen zur genauen Höhe der fiktiven Reisekosten des[X.] Anwalts. Zuzüglich der verauslagten Gerichtskosten (138,05 l- 10 -betragen die als notwendig anzuerkennenden Kosten der Klägerin [X.] [X.].Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin war daher der [X.] in dem aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Umfang abzuändern(§ 577 Abs. 5 ZPO). Im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.[X.] [X.] Dr. LeimertWiechers [X.]

Meta

VIII ZB 145/03

23.03.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2004, Az. VIII ZB 145/03 (REWIS RS 2004, 3944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3944

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.