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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Haager Kindesentführungsübereinkommen; Berücksichtigung des Kindeswohls im Sonderfall gegenläufiger Kindesrückführungsanträge
L e i t s ä t z e
zum Beschluß des [X.] vom 29. Oktober 1998
- 2 BvR 1206/98 -
[X.]
- 2 BvR 1206/98 -
gegen | den Beschluß des
[X.] vom 9. Juli 1998 - 21 UF 88/98 - |
hat das [X.] - Zweiter [X.] - unter Mitwirkung
der [X.]in Präsidentin [X.],
und der [X.] Kirchhof,
Winter,
[X.],
Jentsch,
Hassemer,
Broß
am 29. Oktober 1998 beschlossen:
Die [X.] betreffen ein Verfahren nach dem [X.] Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKiEntÜ, [X.] 1990 S. 206), dem zwei gegenläufige Entführungen zweier Kinder zugrunde liegen. Die Kinder sind zunächst durch die Mutter von [X.] nach [X.] entführt und neun Monate später durch den Vater von [X.] nach [X.] gewaltsam zurückgebracht worden.
1. Bei Kindesentführungen in einen anderen Staat erlangt der entführende Elternteil nicht selten einen faktischen Vorteil, weil eine alsbaldige Rückführung der Kinder an ihren ursprünglichen Aufenthaltsort auf juristische und organisatorische Hindernisse in der internationalen Zusammenarbeit trifft und die internationale Zuständigkeit für eine Sorgerechtsentscheidung sich gemäß den Bestimmungen des [X.] Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 - [X.] - ([X.] 1971 [X.]) nach dem "gewöhnlichen Aufenthalt" des Kindes richtet. Das [X.] Kindesentführungsübereinkommen erleichtert deshalb die Zusammenarbeit unter den Vertragsstaaten und fordert auf dieser Grundlage eine sofortige Rückgabe des Kindes.
Art. 3
Das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes gilt als widerrechtlich, wenn
a) dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und
[X.] dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte.
Das unter Buchstabe a) genannte Sorgerecht kann insbesondere kraft Gesetzes, aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung oder aufgrund einer nach dem Recht des betreffenden Staates wirksamen Vereinbarung bestehen.
Art. 12
Ist ein Kind im Sinne des Artikels 3 widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten worden und ist bei Eingang des Antrags bei dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde des Vertragsstaats, in dem sich das Kind befindet, eine Frist von weniger als einem Jahr seit dem Verbringen oder Zurückhalten verstrichen, so ordnet das zuständige Gericht oder die zuständige Verwaltungsbehörde die sofortige Rückgabe des Kindes an.
Ist der Antrag erst nach Ablauf der in Absatz 1 bezeichneten Jahresfrist eingegangen, so ordnet das Gericht oder die Verwaltungsbehörde die Rückgabe des Kindes ebenfalls an, sofern nicht erwiesen ist, daß das Kind sich in seine neue Umgebung eingelebt hat.
Hat das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates Grund zu der Annahme, daß das Kind in einen anderen Staat verbracht worden ist, so kann das Verfahren ausgesetzt oder der Antrag auf Rückgabe des Kindes abgelehnt werden.
Art. 13
Ungeachtet des Artikels 12 ist das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist,
a) daß die Person, Behörde oder sonstige Stelle, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat oder
[X.] daß die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt.
Das Gericht oder die Verwaltungsbehörde kann es ferner ablehnen, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn festgestellt wird, daß sich das Kind der Rückgabe widersetzt und daß es ein Alter und eine Reife erreicht hat, angesichts deren es angebracht erscheint, seine Meinung zu berücksichtigen.
Bei Würdigung der in diesem Artikel genannten Umstände hat das Gericht oder die Verwaltungsbehörde die Auskünfte über die [X.] Lage des Kindes zu berücksichtigen, die von der zentralen Behörde oder einer anderen zuständigen Behörde des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes erteilt worden sind.
Nach Art. 19 HKiEntÜ ist die Rückführungsentscheidung nach dem Abkommen nicht als Entscheidung über das Sorgerecht anzusehen. Die Rückführung soll sicherstellen, daß das Sorgerechtsverfahren am ursprünglichen gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes durchgeführt wird. Art. 20 HKiEntÜ ermöglicht es, von der Rückgabe des Kindes abzusehen, wenn sie nach den im ersuchten Staat geltenden Grundwerten über den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist.
2. Am 1. Juli 1998 ist das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts ([X.]) in [X.] getreten ([X.] 1997 S. 2942). Mit ihm wurde das Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit ([X.]) um folgende Bestimmung ergänzt:
§ 50 [X.]
(1) Das Gericht kann dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.
(2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn
1. das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2. Gegenstand des Verfahrens Maßnahmen wegen Gefährdung des Kindeswohls sind, mit denen die Trennung des Kindes von seiner Familie oder die Entziehung der gesamten Personensorge verbunden ist (§§ 1666, 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs), oder
3. Gegenstand des Verfahrens die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson (§ 1632 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder von dem Ehegatten oder Umgangsberechtigten (§ 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist.
Sieht das Gericht in diesen Fällen von der Bestellung eines Pflegers für das Verfahren ab, so ist dies in der Entscheidung zu begründen, die die Person des Kindes betrifft.
(...)
1. Der Beschwerdeführer zu 1. ist seit [X.]1989 mit der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens, einer französischen Staatsangehörigen, verheiratet. Aus der Ehe sind ein [X.], geboren am 31. Oktober 1990, und eine Tochter, geboren am 22. Juli 1994, hervorgegangen. Die Ehegatten leben getrennt. Ein Scheidungsverfahren ist eingeleitet.
a) Im Rahmen eines Verfahrens über die elterliche Sorge während der [X.] gemäß § 1672 BGB vor einem [X.] Gericht erklärte die Mutter in der mündlichen Verhandlung am 17. Februar 1997 zu Protokoll des Gerichts, sie werde nicht mit ihren Kindern die Bundesrepublik [X.] widerrechtlich verlassen, sondern eine endgültige Entscheidung in dem Sorgerechtsverfahren abwarten.
Dennoch reiste sie am 7. Juli 1997 gegen den Willen des [X.], des Beschwerdeführers zu 1., mit den beiden Kindern, den Beschwerdeführern zu 2. und zu 3., nach [X.]. Das Amtsgericht - Familiengericht - wies dem Beschwerdeführer zu 1. daraufhin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu. Gleichzeitig gab es der Mutter auf, die beiden Kinder an den Vater herauszugeben.
[X.] Versuche des [X.], vor den zuständigen französischen Gerichten die Rückführung der Kinder nach dem [X.] Kindesentführungsübereinkommen zu erreichen, waren in erster und zweiter Instanz erfolglos. Die Gerichte hielten die Entführung der Kinder durch die Mutter zwar für rechtswidrig, nahmen aber einen Ausnahmetatbestand gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. [X.] HKiEntÜ an, da eine neuerliche Änderung der derzeitigen Lebensbedingungen die Kinder in eine "unzumutbare Lage" bringen würde. Das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen; die [X.] hat bislang noch nicht über eine vom Beschwerdeführer zu [X.]eingelegte Kassationsbeschwerde entschieden.
c) Im Rahmen eines von der Mutter in [X.] eingeleiteten [X.] entschied der Tribunal de Grande Instance von [X.] im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, daß beiden Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zustehe und die Kinder ihren Wohnsitz bei der Mutter hätten. Der Vater hat gegen diese vorläufige Sorgerechtsentscheidung Rechtsmittel eingelegt. Hierüber ist noch nicht entschieden.
d) Am 28. März 1998 ließ der Vater die Kinder durch beauftragte Personen aus [X.] nach [X.] zu seinem Wohnsitz zurückbringen. Die Entführer gingen dabei gegenüber der Mutter der Kinder gewaltsam vor. Sie zwangen sie in der Dunkelheit auf einer Landstraße zum Anhalten ihres Pkw und zum Aussteigen und fuhren anschließend mit ihrem Pkw und den Kindern davon.
e) [X.], die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens, beantragte daraufhin vor dem in [X.] zuständigen Gericht, die vorläufige Sorgerechtsentscheidung des Tribunal de Grande Instance von [X.] vom 10. November 1997 anzuerkennen und für vorläufig vollstreckbar zu erklären sowie die Herausgabe der Kinder an sie oder eine von ihr beauftragte Person anzuordnen. Die Anträge wurden zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde erging die mit den [X.] angegriffene Entscheidung des [X.], in der die Rückgabe der Kinder an die Mutter auf der Grundlage des [X.] Kindesentführungsübereinkommens angeordnet wurde.
2. Das [X.] sieht in dem Handeln des Beschwerdeführers zu 1. eine widerrechtliche Entführung im Sinne des Art. 3 HKiEntÜ. Deshalb seien die Kinder nach Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ an ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zurückzubringen. Die Kinder hätten unmittelbar vor ihrer Entführung nach [X.] ihren "gewöhnlichen Aufenthalt" in [X.] gehabt. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie bereits knapp neun Monate in [X.] gelebt, der [X.] sei dort zur Schule gegangen, die Tochter habe den Kindergarten besucht. Beide Kinder seien in [X.] integriert gewesen. Der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts am Wohnsitz der Mutter stehe auch nicht entgegen, daß die Mutter die Kinder gegen den Willen des Beschwerdeführers zu 1. nach [X.] entführt habe.
Anhaltspunkte für eine Ausnahme nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. [X.] HKiEntÜ lägen nicht vor. Die Vorschrift sei einschränkend auszulegen. Die Hinnahme des [X.] durch eine Entführung sei nur angesichts ungewöhnlich schwerwiegender Beeinträchtigungen des Kindeswohls gerechtfertigt. Dabei müsse sich die Gefährdung als besonders erheblich, konkret und aktuell darstellen, anderenfalls würde durch die Anwendung des Ausnahmetatbestandes der Zweck des [X.] Kindesentführungsübereinkommens vereitelt.
Auch Art. 13 Abs. 2 HKiEntÜ greife nicht ein. Der angeblich von den vier- und siebenjährigen Kindern geäußerte Wille, beim Vater zu bleiben und nicht zur Mutter nach [X.] zurückzukehren, lasse nicht darauf schließen, daß sich die Kinder einer Rückkehr nach [X.] ernsthaft widersetzten. Der [X.] sehe keinen Anlaß, die Kinder zur Ermittlung ihres Willens anzuhören, zumal sie dem starken Einfluß des [X.] ausgesetzt seien.
Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer zu 1. am 15. Juli 1998 im eigenen Namen sowie in Vertretung der Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. [X.] ein. Mit Beschluß vom 10. August 1998 ordnete das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Ergänzungspflegschaft für die [X.]beschwerdeverfahren der Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. an. Die Ergänzungspflegerin erhob mit [X.] vom 17. August 1998 "rein vorsorglich" eine "erneute" [X.]beschwerde und nahm auf die bisherige Begründung der [X.] inhaltlich in vollem Umfang Bezug.
1. Der Beschwerdeführer zu 1. rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 6 Abs. 2 bis 4 GG, die Beschwerdeführer zu 2. und 3. rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Die sofortige Rückführung nach [X.] bedeute einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. und in das Wohl dieser Kinder sowie in das Elternrecht des Beschwerdeführers zu 1.
Bei einer gegenläufigen Rückführung sei eine stärkere Berücksichtigung des Kindeswohls geboten als in einfachen Entführungsfällen. Deshalb habe das [X.] nicht von der Einholung einer fachpsychologischen Stellungnahme absehen dürfen. Um die Beachtung des Kindeswohls materiell und verfahrensrechtlich zu sichern, sei bei einer Rückführung eine großzügige Auslegung der Ausnahmeklausel erforderlich, damit den Kindern weitere belastende Ortswechsel erspart blieben. Da über den Rückführungsanspruch des Beschwerdeführers zu 1. von den französischen Gerichten noch nicht rechtskräftig entschieden und auch das Sorgerechtsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, könne es nach einer Rückführung zu einem weiteren Ortswechsel kommen. Zudem habe das [X.] die Stellungnahme des [X.] ignoriert, aus der sich ergebe, daß sich die Kinder innerhalb kurzer Zeit wieder in die ihnen gewohnte Umgebung eingelebt hätten.
Auch das Elternrecht des Beschwerdeführers zu 1. laufe leer, wenn lediglich der von ihm rechtswidrig herbeigeführte Zustand gewürdigt werde und dabei außer acht bleibe, daß die Mutter zuerst rechtswidrig gehandelt und den Beschwerdeführer zu 1. zu seinem Verhalten veranlaßt habe. Im Ergebnis nehme das [X.] in Kauf, daß der Beschwerdeführer zu 1. sein Elternrecht vollständig verliere.
In Fällen gegenläufiger Kindesrückführungen könne es verfassungsrechtlich nicht hingenommen werden, daß unter Mißachtung der Belange der Kinder und des zwischenzeitlich bestehenden Zustands allein die zweite Entführung den Entscheidungsmaßstab bestimme. Dadurch würden die Rechte der Kinder und die Ziele des [X.] Übereinkommens negiert.
2. Mit [X.] vom 25. September 1998 ergänzte die Ergänzungspflegerin den Vortrag für die Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. Diese seien durch die angefochtene Entscheidung in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sowie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. [ref=428db43a-9a3b-408d-9ee1-87502f1b9ae1]Art. 1 Abs. 1 [X.]] verletzt. Das [X.] habe nicht in ausreichendem Maße gewürdigt, daß der Rückführungsantrag der Kindesmutter sich gegen eine Rückführung durch den Kindesvater wende, der eine erste Entführung durch die Kindesmutter vorausgegangen sei. Auch sei der Rückführungsantrag des Kindesvaters wegen dieser vorausgegangenen Erstentführung durch die Kindesmutter nach Art. 12 HKiEntÜ begründet gewesen. Die französischen Gerichte hätten sich bei den ablehnenden Entscheidungen über den Rückführungsantrag des Beschwerdeführers zu 1. über eine Teil-Sorgerechtsentscheidung eines [X.] Familiengerichts über das Aufenthaltsbestimmungsrecht hinweggesetzt, die von ihnen gemäß Art. 7 [X.] zu beachten sei, und hätten außerdem die Vorschriften des [X.] Kindesentführungsübereinkommens verkannt. Diese Entscheidungen der französischen Gerichte hätten die zweite Entführung durch den Beschwerdeführer zu [X.]veranlaßt.
Das [X.] habe diese besonderen Umstände nicht hinreichend gewürdigt. Die schlichte Feststellung des Gerichts, daß der zur Frage einer Rückführung nach [X.] geäußerte Wille der Kinder angesichts ihres Alters nicht überzubewerten sei, lasse die Grundrechte der Kinder leerlaufen. Das Gericht sei verpflichtet gewesen, den Willen der Kinder in geeigneter Weise zu erforschen.
Dazu hätte es den seinerzeit 7 1/2jährigen [X.] persönlich anhören müssen, der sich nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zu 1. weigere, zurück nach [X.] zu gehen. Selbst wenn das Gericht davon ausgehe, daß "die beiden Kinder der starken Einflußnahme durch den Vater ausgesetzt sind", hätte es die Ernsthaftigkeit ihres Willens notfalls durch ein kinderpsychologisches Gutachten ermitteln müssen.
Für eine stärkere Beteiligung der Kinder spreche auch die mit dem Kindschaftsreformgesetz verbundene Änderung des Verfahrensrechts, die minderjährige Kinder deutlicher in das Verfahren einbeziehe. Die Entscheidung des [X.] sei nach Inkrafttreten dieser Reform ergangen. Da der neue § 50 [X.] grundsätzlich auch auf das [X.] Verfahren anwendbar sei, sei gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] die Bestellung eines Verfahrenspflegers für die Kinder im Verfahren über den Rückführungsantrag der Mutter erforderlich gewesen, um die Wahrung der Kindesinteressen in ausreichendem Maß zu gewährleisten. In der Nichtbestellung eines Verfahrenspflegers liege ein weiterer Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Das [X.] hat der Bundesregierung, der Landesregierung von [X.], dem [X.], dem [X.] beim [X.] als Zentraler Behörde nach dem [X.] Kindesentführungsübereinkommen, dem [X.] [X.]und der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Bundesregierung und die Landesregierung von [X.] haben von einer Stellungnahme abgesehen.
1. Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens hält die [X.] für nicht geeignet, vom [X.] angenommen zu werden. Das [X.] habe das Kindeswohl bei der Auslegung des [X.] Kindesentführungsübereinkommens berücksichtigt, die Beschwerdeführer verlangten letztlich vom [X.] eine Auslegung des einfachen Rechts und nicht die Entscheidung einer verfassungsrechtlichen Frage.
2. Das [X.] Diepholz führt in seiner Stellungnahme aus, daß sich die Kinder gut in die ihnen gewohnte Umgebung am Wohnort des Beschwerdeführers zu [X.]eingelebt hätten. Sie hätten Kontakte und Beziehungen mit Gleichaltrigen wieder aufgenommen, der Beschwerdeführer zu [X.]sei trotz der Unterbrechung durch den Aufenthalt in [X.] in die ursprünglich für ihn vorgesehene Schulklasse aufgenommen worden und habe dort viele Kinder wieder getroffen, die er bereits aus dem Kindergarten kenne. Insgesamt scheine es so, als seien die Kinder von einer längeren Reise zurückgekehrt.
3. Der [X.] beim [X.] hält die [X.] für zulässig, äußert Bedenken gegen das Verfahren und Elemente der materiellen Würdigung, sieht aber die verfassungsrechtliche Grenze des schlechthin Unvertretbaren nicht überschritten.
4. Der [X.] hat mitgeteilt, daß der [X.]. Zivilsenat die Frage des gewöhnlichen Aufenthaltes eines Minderjährigen in Zusammenhang mit dem Minderjährigenschutzabkommen erörtert habe. Er habe den gewöhnlichen Aufenthalt davon abhängig gemacht, an welchem Ort der Schwerpunkt der Bindungen des Minderjährigen liege. Danach sei maßgebend, ob es zu einer [X.]n Einbindung des Minderjährigen in die Lebensverhältnisse am neuen Aufenthaltsort und damit zu einer tatsächlichen Verlegung des Daseinsmittelpunkts gekommen sei. Dafür sei ein Aufenthalt von einer gewissen Dauer erforderlich. In der Rechtsprechung werde "als Faustregel" häufig eine Aufenthaltsdauer von sechs Monaten angenommen, welche der [X.] im Regelfall als angemessene Zeitspanne anerkenne.
Die [X.] des [X.] hat am 16. Juli 1998 eine bis 3. August befristete einstweilige Anordnung erlassen, die am 31. Juli bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 16. Januar 1999 verlängert worden ist. Gegen diese einstweilige Anordnung legte die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens mit [X.] vom 6. August 1998 Widerspruch ein, der vom Zweiten [X.] mit Beschluß vom 17. August 1998 als unzulässig verworfen worden ist. Mit Beschluß vom gleichen Tag hielt die [X.] die einstweilige Anordnung vom 31. Juli 1998 aufrecht.
Die [X.] sind zulässig.
Die Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. sind ordnungsgemäß vertreten. In Fällen, in denen Eltern an der Erhebung der [X.]beschwerde wegen eines Interessenwiderstreits gehindert sind, ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen (vgl. [X.] 72, 122 <132 ff.>). Dies ist durch den Beschluß des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - geschehen.
Das Vorbringen der Ergänzungspflegerin ist dahin auszulegen, daß sie das bisherige Prozeßverhalten, insbesondere die Einlegung der [X.]beschwerde, genehmigt. Diese Genehmigung ist innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.] erklärt worden. Da die Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. selbst nicht am Verfahren vor dem [X.] beteiligt waren, wurde ihnen die angegriffene Entscheidung nicht zugestellt. Für Beschwerdeführer, die durch eine Entscheidung belastet sind, die in einem Verfahren ergangen ist, an dem sie nicht beteiligt waren, läuft die Monatsfrist des § 93 [X.] erst mit ihrer Kenntnis. Hierfür ist bei den minderjährigen Beschwerdeführern die Kenntnis des Vertreters maßgeblich. Da eine Ergänzungspflegschaft erforderlich war, kann die Frist erst mit Kenntnis des Ergänzungspflegers zu laufen beginnen.
Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und ihrem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Der Beschwerdeführer zu 1. ist in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
1. [X.] hat als Grundrechtsträger Anspruch auf staatlichen Schutz seines Grundrechts aus [ref=e6bd51c0-ea80-4e8e-b49e-cae50283630a]Art. 2 Abs. 1 [X.]] (vgl. [X.] 24, 119 <144>; 75, 201 <218>). Zugleich bildet das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den staatlichen Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG. Bei einer Interessenkollision zwischen Eltern und Kind ist das Kindeswohl der bestimmende Maßstab (vgl. [X.] 37, 217 <252>; 56, 363 <383>; 68, 176 <188>; 75, 201 <218>).
Grundsätzlich ist die Ehe als Lebensgemeinschaft von [X.] und Frau "Voraussetzung für die bestmögliche... Entwicklung von Kindern" ([X.] 76, 1 <51>). Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG schützt die Familie vor allem als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, in der die Eltern ihr dienendes Grundrecht zum Wohle des Kindes wahrzunehmen haben (vgl. [X.] 80, 81 <90 f.>). Soweit die Eltern ihren Kindern diese Voraussetzungen nicht bieten können, ist bei der Zuweisung der Elternverantwortlichkeit das Elternrecht vor allem als Elternpflicht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) zu verstehen, das staatliche "Wächteramt" (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) als Verpflichtung zu kindeswohlgerechtem Handeln zu entfalten ([X.] 79, 51 <66 f.>) und auf die Kindesgrundrechte abzustimmen. Dabei sind die Elternrechte auch durch die Verpflichtung zur Rechtstreue begrenzt: Eltern haben sich gegenüber ihren Kindern rechtswidriger Handlungen zu enthalten und insbesondere die Kinder nicht als Betroffene in rechtswidriges Verhalten einzubeziehen.
2. Im Verfahren vor dem [X.] müssen Minderjährige durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden, wenn eine Wahrnehmung ihrer Interessen durch die Vertretungsberechtigten wegen eines Interessenkonflikts nicht sichergestellt ist (vgl. [X.] 72, 122 <135>; 75, 201 <214 f.>). Gleiches gilt von [X.] wegen für das Verfahren vor den Familiengerichten und den [X.]dann, wenn eine für die Zukunft des Kindes bedeutsame Entscheidung getroffen wird und wegen eines Interessenkonflikts zwischen Eltern und Kind die Interessen des Kindes nicht hinreichend durch die Eltern wahrgenommen werden können. Dementsprechend ist nunmehr im Rahmen der Reform des Kindschaftsrechts zum 1. Juli 1998 die Institution eines "Verfahrenspflegers" (§ 50 [X.]) eingeführt worden ([X.] 1997 S. 2958).
Wirkt sich die gerichtliche Entscheidung eines Konflikts zwischen Eltern auf die Zukunft des Kindes aus, so muß sie auf das Wohl des Kindes ausgerichtet sein und das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen (vgl. [X.] 37, 217 <252>). Die sich aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 und Art. 2 Abs. 1 GG ergebenden Schutzpflichten fordern für das gerichtliche Verfahren nicht nur materiell-rechtliche, sondern auch verfahrensrechtliche Vorkehrungen, die eine hinreichende Berücksichtigung der grundrechtlichen Stellung des betroffenen Kindes garantieren (vgl. [X.] 55, 171 <179>; 79, 51 <66 f.>).
Ohne Verfahrenspfleger wäre das betroffene Kind auf den Vortrag der Eltern und die Ermittlungen des Gerichts angewiesen, während beide Elternteile ihre Interessen eigenständig wahren und vertreten können. Eine solche Verfahrensgestaltung würde nicht hinreichend sicherstellen, daß das Kindeswohl beachtet wird, wenn die Eltern das Verfahren zur Wahrung ihrer eigenen Interessen führen. Zwar ist der [X.] zur Wahrung des Kindeswohls und damit zu einer Berücksichtigung der Interessen der Kinder verpflichtet; eine Interessenwahrnehmung im Sinne einer Parteivertretung kann hierdurch aber nicht ersetzt werden, weil der [X.] Neutralität wahren muß.
3.a) Die grundrechtlichen Maßstäbe bestimmen auch die Auslegung und Handhabung völkerrechtlicher Verträge, die gemäß Art. 59 Abs. 2 GG durch Zustimmungsgesetz Rechtsverbindlichkeit erhalten. Völkerrechtliche Verträge, die der Auslegung und Anwendung durch die nationalen Gerichte bedürfen, sind im Lichte des nationalen [X.]rechts auszulegen. In diesem Rahmen soll der von den Vertragsparteien intendierte Zweck möglichst umfassend zur Geltung kommen. Dabei müssen auch die allgemeinen Regeln und Grundsätze des Völkerrechts herangezogen werden, die den jeweiligen Sachbereich der vertraglichen Regelung betreffen (vgl. [X.] 46, 342 <361 f.> m.w.N.).
[X.] Das [X.] Kindesentführungsübereinkommen ist dem Kindeswohl in gleicher Weise verpflichtet wie das [X.] [X.]recht. Es betont die Bedeutung des Kindeswohls in der Präambel und gewährleistet seine Beachtung im Zusammenspiel von Rückführung als Regel (Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ) und Ausnahmen nach Art. 13 und Art. 20 HKiEntÜ, wonach Rückführungsentscheidungen unterbleiben, wenn sie mit dem Kindeswohl unvereinbar sind (vgl. E. Pérez-Vera, Erläuternder Bericht zum [X.] Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, Anl. 1 zur Denkschrift der Bundesregierung zum Abkommen, BTDrucks 11/5314, [X.], Rn. 24 f.). Auch ein Vergleich mit der Rechtsprechung der Gerichte anderer Vertragsparteien bestätigt, daß das [X.] Kindesentführungsübereinkommen am Kindeswohl ausgerichtet ist (vgl. die Stellungnahme des Ständigen Büros der [X.] Konferenz über internationales Privatrecht zum Verfahren 2 BvR 982/95, [X.] 35 <1996>, 529 <544 ff.>).
1. Das [X.] Kindesentführungsübereinkommen enthält die Vermutung, daß eine sofortige Rückführung an den bisherigen Aufenthaltsort dem Kindeswohl grundsätzlich am besten entspricht. Im Einzelfall kann diese Vermutung widerlegt werden (Art. 13 HKiEntÜ). Diese Regelung soll die Grundrechtspositionen der betroffenen Eltern und Kinder zu einem sachgerechten Ausgleich bringen.
a) Eine sofortige Rückführung des Kindes an seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt dient grundsätzlich dem Kindeswohl, weil dadurch die Kontinuität seiner Lebensbedingungen erhalten bleibt. Außerdem werden durch die Rückführung an den "gewöhnlichen Aufenthalt" die Interessen beider Eltern berücksichtigt, weil die ursprüngliche internationale Zuständigkeit für die [X.]gewahrt bleibt und so vermieden wird, daß ein Elternteil aus der rechtswidrigen Entführung der Kinder einen faktischen Vorteil zieht. Schließlich dürfte die Rückführungsanordnung, die den entführenden Elternteil zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, eine generalpräventive Wirkung entfalten.
[X.] Die [X.] in Art. 13 und Art. 20 HKiEntÜ tragen der Tatsache Rechnung, daß ein Zurückbringen des Kindes an seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort im Einzelfall mit dem Kindeswohl unvereinbar sein kann. Die Rückführung eines Kindes darf insbesondere unterbleiben, wenn die Rückgabe das Kind in eine unzumutbare Lage brächte oder das Kind sich der Rückgabe in einer angesichts seines Alters und seiner Reife beachtlichen Weise widersetzt.
2. Die restriktive Anwendung der [X.] durch die Fachgerichte ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Zwecke, die Lebensbedingungen für das Kind zu verstetigen, eine sachnahe Sorgerechtsentscheidung am ursprünglichen Aufenthaltsort sicherzustellen und Kindesentführungen allgemein entgegenzuwirken, weisen die Anordnung der sofortigen Rückführung grundsätzlich als zumutbar aus. Deswegen rechtfertigt nicht schon jede Härte die Anwendung der Ausnahmeklausel; vielmehr stehen nur ungewöhnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen des Kindeswohls, die sich als besonders erheblich, konkret und aktuell darstellen, einer Rückführung entgegen (vgl. Beschluß der [X.] des [X.] des [X.]s vom 15. Februar 1996 - 2 BvR 233/96 -, NJW 1996, S. 1402 <1403>).
3. Härten für den entführenden Elternteil begründen in der Regel keinen solchen Nachteil. Die mit einer Trennung des Kindes von dem entführenden Elternteil verbundenen Beeinträchtigungen des Kindeswohls können meist dadurch vermieden werden, daß der entführende Elternteil gemeinsam mit dem Kind zurückkehrt. Ist die Rückkehr für diesen Elternteil mit staatlichen Sanktionen verbunden, so sind diese als Folge der rechtswidrigen Entführung hinzunehmen (vgl. Beschluß der [X.] des [X.] des [X.]s vom 18. Juli 1997 - 2 BvR 1126/97 -, [X.], S. 1269 <1270>; Bach, FamRZ 1997, S. 1051 <1056>).
Die Anwendung des [X.] Kindesentführungsübereinkommens durch das [X.] verletzt die Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und ihrem Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind Sache der Fachgerichte; das [X.] beanstandet nur die Verletzung von [X.]recht. Die zur Überprüfung der Anwendung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte entwickelten Maßstäbe gelten in entsprechender Weise für das Völkervertragsrecht (vgl. [X.] 94, 315 <328>; vgl. auch [X.] 58, 1 <34>; 59, 63 <89>) Das [X.] hat dabei zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte beruht und ob das Auslegungsergebnis die geltend gemachten Grundrechte verletzt (vgl. [X.] 30, 173 <188>; Beschluß des Ersten [X.]s des [X.]s vom 29. Oktober 1997 - 1 BvR 780/87 -, [X.], S. 330 <335>).
2. Die Entscheidung des [X.] ist hiernach mit dem Grundgesetz unvereinbar. Zwar ist das [X.] Kindesentführungsübereinkommen auch auf gegenläufige Entführungen anwendbar. Insoweit sind die Auslegung und Anwendung des Art. 3 HKiEntÜ durch das [X.] verfassungsrechtlich unbedenklich. Im Sonderfall gegenläufiger Rückführungsanträge ist jedoch eine nähere Prüfung des Kindeswohls anhand von Art. 13 HKiEntÜ verfassungsrechtlich geboten (a). Aus der staatlichen Verpflichtung auf das Kindeswohl ergeben sich zudem verfahrensrechtliche Anforderungen, denen das Verfahren vor dem [X.] nicht gerecht wird ([X.].
a)aa) Der Beschwerdeführer zu 1. hat die Kinder nach der Entführung durch die Mutter eigenmächtig nach [X.] zurückgebracht. Dazwischen haben sie sich längere Zeit in [X.] aufgehalten. Deshalb hatte das [X.] zu prüfen, ob am Zielort der ersten Entführung ein neuer "gewöhnlicher Aufenthalt" im Sinne des Art. 3 HKiEntÜ begründet worden und die Rückführung deshalb als Rückentführung zu qualifizieren ist (vgl. hierzu die Hinweise auf die [X.] Rechtsprechung bei [X.], [X.]: A Brief Overview and Case Law Analysis, [X.] 28 <1994>, S. 9 ff. <22 f.>). Nur so kann der Gleichlauf zwischen der Rückführungsentscheidung nach dem [X.] Kindesentführungsübereinkommen und der Zuständigkeit für die Sorgerechtsentscheidung nach Art. 1 [X.] gewahrt werden.
b[X.] Die Entscheidung des [X.], daß durch die Integration der Kinder und die Dauer ihres Aufenthalts in [X.] ein neuer "gewöhnlicher Aufenthalt" im Sinne von Art. 3 HKiEntÜ begründet worden ist, begegnet verfassungsrechtlich keinen Bedenken. Sie orientiert sich an der überwiegenden Auffassung, daß der "gewöhnliche Aufenthalt" rein tatsächlich und nicht normativ bestimmt werden muß (vgl. etwa die Materialien zum [X.] Kindesentführungsübereinkommen, BTDrucks 11/5314, S. 48 <Rn. 66>; [X.], Internationales Privatrecht, [X.], 1991, Rn. 333), und bleibt auch im Rahmen der Rechtsprechung zur Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts nach Art. 1 [X.] bei rechtswidriger Verbringung eines Kindes an diesen neuen Ort (vgl. [X.], [X.], [X.]; [X.], NJW 1981, S. 520 <521>; [X.], [X.], S. 96 <97>; [X.], [X.], S. 1346 <1347> und S. 1466 <1467 f.>; [X.], [X.], S. 1221 <1222>).
[X.]rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Gerichts, die Jahresfrist des Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ finde bei Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts i.S. von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) HKiEntÜ keine Anwendung. Eine analoge Anwendung der Jahresfrist (vgl. Staudinger-Pirrung, Vorb. zu Art. 19 EGBGB, Rn. 647) ist weder grundrechtlich geboten noch ist sie die einzig mögliche Auslegung. Für die Entscheidung des [X.], die Bestimmung über die Jahresfrist nicht analog anzuwenden, spricht insbesondere, daß die mit der Frist verbundene Vermutung die Voraussetzungen für den Rückführungsanspruch nach Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ formalisieren und damit seine praktische Durchsetzung erleichtern, nicht aber eigenmächtige Selbsthilfemaßnahmen durch einen Elternteil begünstigen soll.
cc) Die Entscheidung des [X.], die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Buchst. [X.] und Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 HKiEntÜ nicht näher zu prüfen, widerspricht dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG und dem Grundrecht der Kinder aus Art. 2 Abs. 1 GG. Im Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] waren gegenläufige Rückführungsanträge nach dem [X.] Kindesentführungsübereinkommen anhängig. Das [X.] selbst hatte über einen Rückführungsantrag der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens wegen der eigenmächtigen Rückführung der Kinder durch den Beschwerdeführer zu 1. zu entscheiden. Gleichzeitig war vor der [X.] die Kassationsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. anhängig. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß im Anschluß an die Anordnung des [X.], die Kinder nach [X.] zurückzubringen, die [X.] eine erneute Rückführung nach [X.] verfügt. Der Zweck des [X.] Kindesentführungsübereinkommens, den Aufenthalt des Kindes bis zur Sorgerechtsentscheidung zu verstetigen, die Folgen einer rechtswidrigen Entführung aufzuheben und das Kind an den Ort der zukünftigen [X.]zurückzubringen, würde dann verfehlt. Ein solches Hin- und Rückführen der Kinder widerspräche dem Kindeswohl und wäre für sie unzumutbar, wenn das Gericht nicht besondere Anhaltspunkte feststellt, die eine Rückführung trotz der Gefahr eines weiteren Ortswechsels rechtfertigen. Diese besonderen Umstände hat das [X.] nicht hinreichend gewürdigt.
[X.] Der Grundrechtsschutz bestimmt auch die Gestaltung und Anwendung des Verfahrensrechts ([X.] 53, 30 <65>; 55, 171 <182>; 79, 51 <66 f.>).
aa) Aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Kindeswohls in Art. 6 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör ([ref=3f2759de-d1a8-4728-9879-b95e9c5583d5]Art. 103 Abs. 1 [X.]]) ergibt sich die Pflicht, das Kindeswohl verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, daß den Kindern bereits im familiengerichtlichen Verfahren ein Pfleger zur Wahrung ihrer Interessen zur Seite gestellt wird.
Die Rückführungsentscheidung ist für das Wohl der Kinder von erheblicher Bedeutung, weil sie ihr [X.]s Umfeld bestimmt und die Kinder aus der unmittelbaren Zuwendung des sie gegenwärtig betreuenden Elternteiles lösen kann. Deswegen fordern der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz der Kinder und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör eine Verfahrensgestaltung, die eine eigenständige Wahrnehmung der [X.] sicherstellt. Diese Aufgabe obliegt grundsätzlich den Eltern. Haben die Eltern jedoch durch die rechtswidrige Entführung ihrer Kinder jeweils zu erkennen gegeben, daß sie vornehmlich ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen, so können ihre Interessen in einen Konflikt zu denen ihrer Kinder geraten. In diesem Fall muß den Kindern die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr eigenes Interesse, das möglicherweise weder von den Eltern noch von dem Gericht zutreffend erkannt oder formuliert wird, in einer den Anforderungen des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) entsprechenden Eigenständigkeit im Verfahren geltend zu machen. Dieses geschieht bei Kindern, deren Alter und Reife eine eigene Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte nicht erlaubt, durch einen Vertreter, den § 50 [X.] als Verfahrenspfleger vorsieht. Ein solcher Pfleger wurde für die Beschwerdeführer zu 2. und 3. in dem Verfahren vor dem [X.] nicht bestellt. Deshalb sind die Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 6 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
b[X.] Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG verlangt außerdem, daß die betroffenen Kinder im Sorgerechtsverfahren angehört werden (vgl. [X.] 55, 171 <182>). Zwar sind Rückführungsentscheidungen nach dem [X.] Kindesentführungsübereinkommen nach Art. 19 HKiEntÜ nicht als Sorgerechtsentscheidungen anzusehen (vgl. Beschluß der 3. Kammer des [X.] des [X.]s vom 18. Juli 1997 - 2 BvR 1126/97 -, [X.], S. 1269 <1270>). Eine Anhörung des entführten Kindes ist deshalb im Verfahren nach dem [X.] Kindesentführungsübereinkommen grundsätzlich nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall haben die Fachgerichte aber wegen der gegenläufigen Rückführungsanträge zu ermitteln, wie die Kinder eine Rückführung und eine mögliche erneute Rückführung verkraften werden. Dies kann durch Anhörung, gegebenenfalls auch durch Begutachtung und Auskunft der zuständigen Behörde, geschehen.
Der Verstoß gegen das Kindeswohl begründet zugleich einen Verstoß gegen das Elternrecht des Beschwerdeführers zu 1. aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.
[X.], das jedem Elternteil einzeln zusteht (vgl. [X.] 47, 46 <76>). Durch die Rückführungsentscheidung des [X.] wird der Schutzbereich des Elternrechts berührt, weil die Kinder dem Einfluß des [X.] entzogen werden und er nicht mehr über ihren Aufenthalt bestimmen kann.
Zwar ist es bei einer Trennung der Eltern unvermeidlich, daß nicht beide Elternteile einen gleichen Kontakt und eine gleiche Zuwendung zu den Kindern entfalten können. Da die Elternrechte beider Eltern gleichwertig sind, kann nur das Kindeswohl einen Eingriff in das Elternrecht des jeweils benachteiligten Elternteils rechtfertigen (vgl. auch [X.] 55, 171 <179>; 92, 158 <178>).
Eine staatliche Entscheidung, die das Elternrecht beeinträchtigt, aber nicht dem Wohl des Kindes dient, verletzt deshalb Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Die vom [X.] getroffene Entscheidung ist nicht mit dem Wohl der Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. vereinbar. Sie verletzt zugleich das Elternrecht des Beschwerdeführers zu [X.]aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.
[X.] beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 [X.].
Meta
29.10.1998
Sachgebiet: BvR
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 29.10.1998, Az. 2 BvR 1206/98 (REWIS RS 1998, 1)
Papierfundstellen: REWIS RS 1998, 1 BVerfGE 100, 263-265 REWIS RS 1998, 1 BVerfGE 99, 49-51 REWIS RS 1998, 1 BVerfGE 99, 145-164 REWIS RS 1998, 1
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