Bundespatentgericht, Urteil vom 03.06.2014, Az. 3 Ni 8/13

3. Senat | REWIS RS 2014, 5137

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – „Dichtungsband und Verfahren zur Herstellung des Dichtungsbandes und seine Verwendung“ – zur Sachkunde der technischen Mitglieder des Senats - Beklagte hat zur Klage keinen Anlass gegeben - Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent [X.] 41 415

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.], [X.]. Dr. Lange, [X.]. [X.] und [X.]. Dr. Freudenreich

für Recht erkannt:

[X.] Das Patent [X.] 41 415 wird im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 8 für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 8. Oktober 1996 beim [X.] angemeldeten Patents 196 41 415  (Streitpatent), das von der Klägerin zunächst im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 8 und 15 angegriffen worden ist. Die Klage ist im Hinblick auf Patentanspruch 15 beidseitig für erledigt erklärt worden, nachdem die Beklagte auf diesen Patentanspruch gegenüber dem [X.] verzichtet hat.

2

Die Bezeichnung des Streitpatents lautet „Dichtungsband und Verfahren zur Herstellung des [X.] und seine Verwendung“. Es umfasst 15 Patentansprüche, wobei die Patentansprüche 1 bis 8 lauten:

3

„1. Dichtungsband in aufgerollter Form (13, 14) zum [X.] oder Spalten gegen Luftzug und/oder Schlagregen aus offenporigem Material mit mindestens einer Sperrschicht (4), dadurch gekennzeichnet, daß die Sperrschicht (4) oder die [X.] (4) innerhalb des [X.] (1) so angeordnet sind, daß die Sperrschicht (4) oder die [X.] (4) und offenporige Bereiche (2, 3) in axialer Richtung aufgereiht sind.

4

2. Dichtungsband nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das offenporige Material ein Rohschaum ist.

5

3. Dichtungsband nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das offenporige Material ein getränkter Rohschaum ist.

6

4. Dichtungsband nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das offenporige Material ein mit Acrylaten, Silikonen oder Wachsen getränkter Rohschaum ist.

7

5. Dichtungsband nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Sperrschicht (4) aus Klebstoff besteht.

8

6. Dichtungsband nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Sperrschicht (4) aus Laminierungsmaterial besteht.

9

7. Dichtungsband nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Sperrschicht (4) eine Dichtheit und Beständigkeit gegenüber Witterungseinflüssen aufweist, welche durch Variation der Art einer Verklebung, die Art eines Laminierungsmaterials und/oder die Anzahl der [X.] (4) einstellbar sind.

8. Dichtungsband (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Dichtungsband zusätzlich mindestens eine Sperrschicht auf einer Außenfläche aufweist“.

Die Klägerin macht hinsichtlich der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 8 den [X.] der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:

E1 EP 0 229 951 A2

[X.] FR 2 309 768 A1 mit

[X.]A  [X.] Übersetzung zu [X.]

[X.] [X.] 066 A1

[X.] EP 0 072 955 A1

[X.] [X.] 28 11 827 A1

E6 [X.] 28 36 143 A1

[X.]

E8

E1 mit [X.], [X.] oder [X.] bzw. gegenüber einer Kombination von [X.] mit [X.], [X.] oder [X.]. Die Unteransprüche 2 bis 7, die bekannte oder dem Fachmann geläufige Modifikationen eines Dichtbands beträfen, seien nicht neu gegenüber E1. Der Gegenstand des Unteranspruchs 8 sei aus der Druckschrift [X.] bekannt. Die Merkmale der Unteransprüche seien außerdem durch die genannten Druckschriften E1 und [X.] sowie die Druckschriften [X.] und E6 nahegelegt.

Der Verzicht der Beklagten auf den [X.] sei nicht einem sofortigen Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO gleichzusetzen, weil der Beklagten vor Klageerhebung bereits eine Nichtigkeitsklage gegen das gesamte Streitpatent angedroht worden sei und der schwerpunktmäßig diskutierte Patentanspruch 1 nach logischem Denken vom Schutzbereich des Patentanspruchs 15 umfasst werde.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das [X.] Patent 196 41 415 im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 8 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage abzuweisen.

In Bezug auf die Klageerledigung betreffend Patentanspruch 15 werden widerstreitende Kostenanträge gestellt.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und verweist auf folgende Dokumente:

LSG1 Schriftsatz der Beklagten an das [X.] vom 26. April 2013 betreffend die Verzichtserklärung auf Anspruch 15 des Patents.

LSG2 Schriftsatz der Klägerin, vertreten durch die Rechts- und Patentanwälte K…, an die Patentanwälte T…, Vertreter der Beklagten, vom 9. Februar 2009.

[X.] Schriftsatz der Patentanwälte T…, Vertreter der Beklagten, an die Rechts- und Patentanwälte K… , Vertreter der Klägerin, vom 9. April 2009.

[X.] Schriftsatz der Klägerin, vertreten durch die Rechts- und Patentanwälte K…, an die Patentanwälte T…, Vertreter der Beklagten, vom 3. Septem- ber 2012.

[X.] Auszug aus der [X.] 2014.01, [X.], undatiert, eine Seite.

LSG6 Auszug aus der [X.] 2014.01, [X.], undatiert, eine Seite.

[X.]

E8

Die Beklagte ist der Ansicht, der 3. Senat des [X.] mit dem fachlichen Schwerpunkt für chemische Produkte und Pharmazeutika sei für die Entscheidung mangels Sachkunde nicht zuständig, weil bei einem erteilten Patent dasjenige Fachgebiet maßgebend sei, auf welchem die im erteilten Patent unter Schutz gestellte Erfindung beheimatet sei und im Falle des Streitpatents mit C 09 K 3/10 eine unzutreffende Hauptklasse vorliege. Die Erfindung des Streitpatents betreffe zudem keine chemischen Fragestellungen, so dass als zutreffender Fachmann kein Chemiker, sondern ein Verfahrenstechniker oder Maschinenbauingenieur mit Schwerpunkt Baustoffkunde anzusehen sei.

Der Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 8 des Streitpatents beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, da keine Veranlassung ersichtlich sei, ausgehend von einem der von der Klägerin genannten Dokumente oder in deren Kombination eine Dichtungsband-Rolle zur Verfügung zu stellen, bei welcher die Sperrschicht und die offenporigen Bereiche in axialer Richtung aufgereiht seien.

Da die technischen Mitglieder des [X.] nicht sachkundig seien, sei es jedenfalls geboten, zur Frage der Herstellbarkeit des streitpatentgemäßen Erzeugnisses bzw. zum Naheliegen eines entsprechenden Herstellungsweges ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Die Klägerin habe in analoger Anwendung des § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens in Hinblick auf die Teilerledigung der Klage betreffend Patentanspruch 15 zu tragen, da die Beklagte der Nichtigkeitsklage insoweit nicht widersprochen und auf den Patentanspruch sofort und unwiderruflich verzichtet habe. Die Vorkorrespondenz mit der Klägerin und die Klageandrohung hätten sich ersichtlich lediglich auf die [X.] bis 8 bezogen, so dass die Beklagte nur insoweit einen Anlass zur Klage gegeben habe.

Entscheidungsgründe

I.

1. Der Senat ist für die Entscheidung zuständig.

Soweit die Beklagte rügt, die technischen Mitglieder des Senats seien als Chemiker nicht für die Entscheidung über einen technischen Sachverhalt berufen, dessen Schwerpunkt nicht auf chemischem Gebiet liege, so kann dieses Argument schon deshalb nicht durchgreifen, weil gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 [X.] Voraussetzung der Ernennung der technischen Mitglieder nur ist, dass sie in einem Zweig der Technik sachverständig sein müssen. Nach ihrer Ernennung können sie auf allen Gebieten der Technik als [X.] mitwirken, sie sind nicht auf das Gebiet ihrer speziellen Sachkunde beschränkt (vgl. etwa [X.], 129 - Kunststofftablett; GRUR 1965, 234, 237 - Spannungsregler; GRUR 1976, 719 ([X.]) - Elektroschmelzverfahren; GRUR 1978, 492 - [X.]; [X.], 373, 375 [X.]. – Fersensporn).

Im Übrigen fällt der Gegenstand des Streitpatents in den fachlichen Zuständigkeitsbereich des Senats. Das Streitpatent führt die [X.] als Hauptklasse auf und betrifft damit Materialien zum Versiegeln oder Abdichten von Verbindungsstellen oder Deckeln, wobei die angegriffenen Patentansprüche Merkmale aus dem Bereich der Polymerchemie wie „Rohschäume“ (Patentansprüche 2 und 3), Tränkungsmaterialien (Patentansprüche 3 und 4), Klebstoffe und Laminierungsmaterialien (Patentansprüche 5 und 6 sowie Spalte 2, Zeilen 24 bis 32) beinhalten. Die Patentinhaberin selbst hat 16 Jahre keinen Anlass gesehen, ihre Auffassung bezüglich der ihr nicht korrekt erscheinenden Klassifizierung im Rahmen einer Rüge im Patenterteilungsverfahren oder nach der Erteilung des Streitpatents geltend zu machen.

2. Die auf den [X.] der mangelnden Patentfähigkeit (§ 81 Abs. 1, § 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 [X.]) gestützte Klage ist zulässig und erweist sich im Umfang des Angriffs auf das Streitpatent auch als begründet. Der von der Klägerin geltend gemachte [X.] der mangelnden Patentfähigkeit führt zur Nichtigkeit des Streitpatents im Umfang der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 8, da sich deren patentgegenständliche Lehre gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik jedenfalls als nicht erfinderisch erweist.

3. Der Streitgegenstand betrifft ein Dichtungsband in aufgerollter Form zum [X.] oder Spalten gegen Luftzug und/oder Schlagregen. Die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe ist darin zu sehen, ein Dichtungsband bereitzustellen, das mindestens eine Sperrschicht aufweist, die vor äußeren Beschädigungen während der Handhabung auf Baustellen besser geschützt ist, und das sich unverändert einfach in der Verarbeitung am Bau handhaben lässt (Streitpatent: Spalte 1, Zeilen 33 bis 39). Diese Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 1 gelöst durch ein:

1 Dichtungsband

1.1 in aufgerollter Form

1.2 zum [X.] oder Spalten gegen Luftzug und/oder Schlagregen

1.3 aus offenporigem Material

1.4 mit mindestens einer Sperrschicht,

wobei

1.4.1 die Sperrschicht oder die [X.] innerhalb des [X.] so angeordnet sind,

1.4.2 dass die Sperrschicht oder die [X.] und offenporige Bereiche aufgereiht sind,

1.4.2.1 in axialer Richtung.

4. Als zuständiger Fachmann ist hier ein Chemieingenieur oder ggf. ein Diplomchemiker zu sehen, der im Bereich der Herstellung, chemischen Behandlung und Konfektionierung von Schaumstoffdichtbändern tätig ist und darin langjährige Erfahrung gesammelt hat.

5. Die Neuheit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 ist zwischen den Parteien unstrittig. Keine der im Stand der Technik zitierten Druckschriften [X.] bis [X.] beschreibt ein Dichtungsband mit mindestens einer innenliegenden Sperrschicht in aufgerollter Form, wobei Sperrschicht(en) und offenporige Bereiche in axialer Richtung aufgereiht sind.

6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber der Lehre der Druckschriften [X.] und [X.] nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist von dem zugrunde liegenden technischen Problem, nämlich dem Schutz der Sperrschicht des [X.] und dessen einfacher Handhabung auszugehen.

[X.] beschäftigt sich mit dem Problem der exponierten Außenlage von Sperrfolien an Dichtungsstreifen, nämlich der möglichen Beschädigung dieser im Grunde empfindlichen [X.] und den damit verbundenen Pro-blemen einer dauerhaften Abdichtung zwischen der Stirnkante der Folie und der Fugenwand ([X.]: Seite 1, Zeilen 19 bis 22 und Seite 2, Zeilen 25 bis 26). Im Sinne einer einfachen Handhabung verwendet die [X.] einen vorkomprimierten Schaumstoff mit verzögerter Rückstellung, der sich an die Fuge anpasst, womit ein hoher Gebrauchswert erzielt wird ([X.]: Patentanspruch 1, Abbildung 5 und Seite 2 Zeilen 8 bis 18). Dies entspricht der Aufgabe des Streitpatents. Damit hatte der Fachmann Anlass, die Druckschrift [X.] in Betracht zu ziehen.

[X.] die Einverleibung einer als Sperrschicht wirkenden Folie zwischen zwei offenzellige Bereiche bildenden [X.] als flächenverbundene Zwischenlage, wobei die [X.] gleichsam als Schutzpolster fungieren und womit sich eine Dichtfunktion über längste Gebrauchszeiten realisieren lässt ([X.]: Seite 2, Zeilen 13 bis 15 und 23 bis 26). Gemäß Patentanspruch 1 der Druckschrift [X.] besteht der zur [X.] dienende Dichtungsstreifen (Merkmale 1 und 1.2) aus offenzelligem (Merkmal 1.3), vorkomprimiertem Schaumstoff mit verzögerter Rückstellung, dem in Flächenverbindung eine die Rückstellung des [X.] mitmachende, dehnbare Folie als Zwischenlage zugeordnet ist (Merkmale 1.4, 1.4.1, 1.4.2).

[X.] ein Dichtungsband mit allen Merkmalen 1 und 1.2 bis 1.4.2. Der Patentanspruch 1 der Druckschrift [X.] macht allerdings keine Angaben zur Dimensionierung des [X.] und lässt offen, ob das Dichtungsband aufgerollt oder als Dichtungsstreifenstück in abgelängter Form konfektioniert wird. Bei der Konfektionierung ist jedoch zwangsläufig eine Komprimierung der [X.] in Richtung der dehnbaren Folie erforderlich, da diese sonst nicht die Rückstellung des [X.] mitmachen kann.

breiter Fugen ([X.]: Seite 2, Zeilen 8 bis 11) findet sich in der Druckschrift [X.] die Stick-Packung in der Figur 2, nämlich ein abgelängtes Dichtungsstreifenstück mit drei [X.] 1 und zwei zwischen diese eingebettete Folien 4, die sich in Rückstellrichtung R der von den Schmalseiten her komprimierten Schichten 4 eben erstrecken, wobei die Kompression des [X.] in Rückstellrichtung R durch Einspannen des Streifens zwischen zwei Leisten 5 aufrechterhalten wird ([X.]: Seite 5, Zeile 21 bis Seite 6, Zeile 12).

Abbildung

Figur 2 der [X.]

[X.]: Seite 6, Zeilen 1 bis 2) und die Verpackung mit Umreifungen und Klammern 7 gesichert werden ([X.]: Seite 5, Zeile 31 bis Seite 6, Zeile 3).

[X.] wird als Stand der Technik auf die Druckschrift [X.] in Form ihrer Prioritätsschrift [X.] 33 271 [X.] Bezug genommen ([X.]: Seite 1, Zeilen 9 bis 11) und festgestellt, dass die aus dieser Druckschrift bekannten [X.], bei welchen eine dehnbare Folie auf der Breitfläche eines zu einer Rolle zusammengewickelten, komprimierten [X.]treifens liegt, für große Fugen nicht geeignet seien ([X.]: Seite 1, Zeilen 14 bis 15). Für kleinere Fugen stellt damit die Druckschrift [X.] einen Bezug zu dem zu einer Rolle aufgewickelten [X.]treifen her.

[X.] lehrt einen zu einer Rolle aufgewickelten Abdichtstreifen (Merkmale 1, 1.1 und 1.2) aus imprägniertem und zusammengedrücktem, offenporigen Schaumstoff ([X.]: Seite 1, Zeilen 8 bis 9; Merkmal 1.3), der an der Breitseite der Rolle 2 mit einer die Streifen-Seitenflanken verklebenden, flüssigkeitsundurchlässigen Schicht 7 (Merkmal 1.4) versehen ist, die, wie die Sperrschicht der Druckschrift [X.], eine Dehnbarkeit entsprechend dem Maß der Rückstellung des [X.] aufweist.

Abbildung

Figuren 1 und 2 der [X.]

[X.] offenbart alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents bis auf eine Sperrschicht innerhalb des [X.] (Merkmal 1.4.1) und die Aufreihung von offenporigen Bereichen und Sperrschicht in axialer Richtung der Rolle (Merkmale 1.4.2, 1.4.2.1), da die Druckschrift [X.] nur einen offenporigen Bereich vorsieht. Eine axiale Anordnung (Aufreihung) ist mithin gegeben.

[X.] gelangt der Fachmann unter Heranziehen der in Druckschrift [X.] als ökonomisch gelehrten Rollenform ([X.]: Seite 2, Zeile 31: „[X.]“) beim Aufrollen eines Dichtungsstreifens nach Patentanspruch 1 der Druckschrift [X.] in der einsatzgemäß vorgegebenen Weise, dass die Folie die Rückstellung des [X.] mitmacht und auch mitmachen muss, um ihren Dichtungszweck später erfüllen zu können, ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Gegenstand der axial alternierenden Reihung von offenporigen Bereichen und Sperrschicht(en). Der Dichtungsstreifen in der Druckschrift [X.] wird ohnehin im [X.] in einer Weise hergestellt, bei der die dehnfähige und die Rückstellung des [X.] mitmachende Folie zwischen die durch Walzen komprimierten [X.] gelegt wird ([X.]: Seite 6, Zeilen 5 bis 12).

[X.] konkreten Anlass, das aus dieser Druckschrift bekannte Dichtungsband, welches sich insbesondere aufgrund seiner zu einer Rolle aufgewickelten Form einfach handhaben lässt, unter Berücksichtigung der Lehre der Druckschrift [X.] dahingehend weiterzuentwickeln, dass seine Dichtigkeit gegenüber der Durchdringung des Bandes mit Feuchtigkeit verbessert wird, insbesondere die Abdichtwirkung gegen Witterungseinflüsse ([X.]: Seite 1, Zeilen 16 bis 22), und gleichzeitig ein besserer Schutz der Sperrschicht erreicht wird. Die in der Druckschrift [X.] beispielhaft beschriebene Stick-Packung als Konfektionsform ([X.]: Seite 6, Zeilen 9 bis 12) kann nicht von der Lösung einer Anordnung in Rollenform wegführen, da die Konfektionierung allein von dem beabsichtigten Einsatz des [X.] und der damit einhergehenden Dimensionierung abhängig ist. [X.] werden in der Druckschrift [X.] nämlich nur als ungeeignet für große Fugen beschrieben ([X.]: Seite 1, Zeilen 14 bis 15) und die Druckschrift [X.] schlägt zudem vor, die in der [X.] 33 271 [X.] (bzw. [X.]) beschriebene Folie ([X.]) als Zwischenlage zwischen [X.] zu gestalten ([X.]: Seite 2, Zeilen 13 bis 26). Im Ergebnis gelangt der Fachmann auch ausgehend von der Druckschrift [X.] zwangsläufig zur Anordnung der Folie(n) bzw. Sperrschicht(en) innerhalb des [X.] (Merkmal 1.4.1), wobei die Sperrschicht(en) in axialer Richtung entsprechend Merkmal 1.4.2 und 1.4.2.1 aufgereiht sind.

[X.] und [X.] ein Dichtungsband mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent nahegelegt.

[X.] und [X.] auf denselben Erfinder zurückzuführen seien, der diese Anmeldungen mit etwa vier Jahren Abstand tätigte und nicht zum vorliegend beanspruchten Gegenstand gelangte. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der Erfinder die Druckschrift [X.] zwar kannte, jedoch nicht den Weg der Rollenform gegangen sei, da er für die Aufwicklung der Rolle gegensätzliche Lehren, nämlich die geometrische Anordnung der [X.] in der Druckschrift [X.] entlang der Schmalseite der Rolle, in der Druckschrift [X.] parallel zur breiten Ober- und Unterseite des Bandes, verbinden müsse, die nicht kombinierbar seien.

eine Möglichkeit gibt, die Sperrschicht in geschützter Form so anzuordnen, dass sie die Rückstellung des [X.] mitmacht.

E7

[X.] wird im Übrigen bereits gelehrt, einzelne Streifen aufzuwickeln ([X.]: Seite 3, Zeilen 14 bis 18). Selbst wenn man der Annahme der Beklagten folgte, dass der in Druckschrift [X.] beschrittene Weg zur Bereitstellung der sich in axialer Richtung mit einer [X.]chicht abwechselnden Sperrschicht darin bestanden habe, zunächst eine größere Bahn zu einer Rolle aufzuwickeln, dann in einzelne, schmälere Dichtungsbänder aufzuschneiden und zuletzt die Sperrschicht außen auf die fertigen Rollen aufzubringen, konnte der Fachmann die schmäleren Dichtungsbänder entweder wieder klebend verbinden oder die üblicherweise beim Schneiden von Schaumstoff verwendeten, erhitzten Trennvorrichtungen so führen, dass es zur erneuten Verschmelzung oder Verklebung hinter den Schneidwerkzeugen kommt und das Schaummaterial selbst als Schmelzkleber und damit auch als Sperrschicht wirkt.

Dem Fachmann waren aufgrund seines Fachwissens somit naheliegende Wege für die Herstellung des beanspruchten Produktes bekannt. Damit findet hier die von der Beklagten zitierte Entscheidung „Escitalopram“ ([X.], 123, zweiter Leitsatz) keine Anwendung. Auch der Umstand, dass lange [X.] kein wirtschaftliches Verfahren gefunden wurde, ist nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen, da bei Streitgegenstand keine das durchschnittliche fachliche Können des Fachmanns übersteigende Leistung vorliegt (GRUR 1987, 351, [X.], insbesondere Seite 353, linke Spalte viertletzte Zeile bis rechte Spalte, vierte Zeile von oben).

7. Was die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen angegriffenen Patentansprüche 2 bis 4 anbelangt, so ergeben sich deren Merkmale bereits aus den Druckschriften [X.], [X.], [X.] und [X.] oder werden dort zumindest nahegelegt. Der Begriff „Rohschaum“ ist im Streitpatent nicht definiert und wird als unbehandelter Schaum, beispielsweise vor dem Schritt der Imprägnierung, verstanden. Das Imprägnieren von Rohschäumen zwecks besserer Rückstelleigenschaften wird in den Druckschriften [X.] und [X.] offenbart ([X.]: Seite 5, Zeilen 10 bis 11, [X.]: Seite 1, Zeilen 8 bis 9), wobei dem Fachmann auch Wachse und Acrylate als für diesen Zweck geeignete Materialien geläufig sind ([X.] [X.]: Seite 8, Beispiel 1). Die Ausbildung einer Sperrschicht mittels eines Klebstoffes nach [X.] ist sowohl der Druckschrift [X.] als auch der Druckschrift [X.] zu entnehmen ([X.]: Seite 8, Zeilen 17 bis 21; [X.]: Seite 4, Zeile 34 bis Seite 5, Zeile 3), da beim [X.] oder Verhauten der zellulären Schichten der Schaumstoff selbst als Schmelzkleber fungiert. Die nicht näher definierten [X.] gemäß [X.] sind den Druckschrift [X.] und [X.] zu entnehmen ([X.]: Seite 3, Zeile 31 bis 34 und Seite 7, Zeilen 7 bis 16; [X.]: Seite 2, Zeilen 26 bis 30).

[X.] und [X.] ([X.]: Abbildungen 2 mit zwei [X.], Abbildung 3 mit wellenartigen [X.]; [X.]: Abbildungen 2 bis 4) beschrieben. Eine auf einer Außenfläche des [X.] angeordnete Sperrschicht nach [X.] wird in der Druckschrift [X.] als komplette Ummantelung der [X.]chicht ([X.]: Seite 6, Zeilen 25 bis 27) oder als Teilumhüllung in Form eines [X.] der Folie 4 ([X.]: Figur 2) sowie in den Druckschriften [X.] und [X.] angeregt ([X.]: Seite 6, Zeilen 18 bis 20; [X.]: Patentanspruch 1, Schicht 7).

8. Der Senat hatte nach obigen Ausführungen keine Veranlassung, entsprechend dem Antrag der Beklagten ein Sachverständigengutachten zur Frage der Herstellbarkeit des streitpatentgemäßen Erzeugnisses bzw. zum Naheliegen eines entsprechenden Herstellungsweges einzuholen.

Der [X.] dient dazu, dem Gericht Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen zu vermitteln oder entscheidungserhebliche Tatsachen festzustellen, soweit hierzu besondere Sachkunde erforderlich ist. Hieraus folgt, dass das Gericht trotz eines entsprechenden Antrags nicht gezwungen ist, sich eines Sachverständigen zu bedienen, wenn es die erforderlichen Sachkenntnisse selbst besitzt oder sich diese etwa durch Studium der Fachliteratur selbst beschaffen kann (vgl. [X.], ZPO, 35. Aufl., § 402 [X.]. 3). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen geht der Senat aber aus, da ihm technische Mitglieder angehören, die aufgrund ihrer Fachkenntnisse, der zur Verfügung stehenden Fachliteratur und sonstiger Druckschriften in der Lage sind, den gegebenen Sachverhalt, der enge chemische Berührungspunkte aufweist, umfassend zu erkennen und zu würdigen, zumal die Anträge auch rechtliche Bewertungen betreffen, die einem [X.] nicht zugänglich sind (vgl. dazu [X.], [X.], 10. Aufl., § 88 [X.]. 6; § 139, [X.]. 125; vgl. dazu auch [X.]/[X.], ZPO, 72. Aufl., [X.] 402 [X.]. 12, 13; Busse/[X.], [X.], 7. Aufl., § 87, [X.]. 23).

III.

1. [X.] beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. §§ 91a, 92 Abs. 1 ZP[X.]

Nach der übereinstimmend erklärten Teilerledigung der Hauptsache betreffend Patentanspruch 15 des Streitpatents ist gemäß § 84 Abs. 2 [X.], § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 91a ZPO insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

Im Fall der Erledigung der Hauptsache durch Verzicht auf das Streitpatent hat regelmäßig der Patentinhaber die Kosten des [X.] zu tragen, da eine solche Vorgehensweise im Regelfall darauf schließen lässt, dass die Nichtigkeitsklage Erfolg gehabt hätte und sich der Patentinhaber durch sein Vorgehen in die Rolle der Unterlegenen begibt (st. Rspr. vgl. [X.], [X.], 278, 279 – Lampengehäuse; B[X.]E 31, 191, 192; Busse/[X.], [X.], 7. Aufl., § 82 [X.]. 41 m. w. N). Allerdings ist im Rahmen dieser Ermessensentscheidung auch der Grundgedanke des § 93 ZPO heranzuziehen, wonach ein Beklagter keine Kosten zu tragen hat, wenn er keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und den [X.] sofort anerkannt hat (vgl. [X.] GRUR 1984, 272, 276 - Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung; [X.]/Rogge, [X.], 10. Aufl., § 81 [X.]. 38; Busse/[X.], [X.], 7. Aufl. § 84 [X.]. 17, 18). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Zwar hatten die Vertreter der Beklagten im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz unter anderem davon gesprochen, sie habe den Auftrag, im Falle des Fehlschlagens von Verhandlungen Nichtigkeitsklage einzureichen. Auch findet sich gelegentlich die Formulierung, dass zumindest Patentanspruch 1 nicht patentfähig sei. Die gesamte Korrespondenz beschäftigt sich jedoch mit dem Erzeugnisanspruch 1 und dessen Patentfähigkeit. Konkrete Ausführungen zu den [X.] und zum [X.] sowie deren Patentfähigkeit finden sich in der Vorkorrespondenz nicht. Auch wird nirgendwo ausgeführt, dass die gegen Patentanspruch 1 angeführten Nichtigkeitsgründe auch für Patentanspruch 15 gelten. Damit ist nicht erkennbar, ob sich die Bedenken hinsichtlich der Patentfähigkeit auch auf die anderen Patentansprüche bezogen haben, zumal die Verfahrensansprüche nicht angegriffen worden sind und auch ein Verwendungsanspruch als Verfahrensanspruch zu verstehen ist. Dies genügt den Anforderungen der Rechtsprechung an eine ernsthafte, konkrete Verzichtsaufforderung und Klageandrohung unter Nennung eines [X.]es (vgl. Busse, [X.], a. a. [X.], § 84 [X.]. 18 – 25 m. Nachw.) in Bezug auf Patentanspruch 15 nicht.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, der [X.] umfasse denklogisch den [X.] und damit gälten hinsichtlich Patentanspruch 15 für die Beklagte offensichtlich auch die betreffenden Nichtigkeitsgründe. Denn es handelt sich bei [X.] um eine andere Gattung von Ansprüchen als bei Erzeugnisansprüchen, die einen anderen Schutzbereich aufweisen und anderen Voraussetzungen an die Schutzfähigkeit unterliegen. So kann etwa die Verwendung eines bereits bekannten und als solches nicht patentfähigen Erzeugnisses dem Patentschutz zugänglich sein. Rückschlüsse von der Patentfähigkeit des Erzeugnisses auf die Patentfähigkeit von dessen Verwendung sind darum nur bedingt möglich und jedenfalls nicht zwingend, eindeutig und offensichtlich (vgl. dazu [X.], [X.], 9. Aufl., § 3 [X.]. 177 ff.; § 1 [X.]. 240 ff.).

Die Beklagte hat daher zur Klage keinen Anlass gegeben, soweit diese Patentanspruch 15 betrifft, sodass in analoger Anwendung des § 93 ZPO die Klägerin insoweit die Kosten zu tragen hat.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZP[X.]

Meta

3 Ni 8/13

03.06.2014

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 91a ZPO § 93 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 03.06.2014, Az. 3 Ni 8/13 (REWIS RS 2014, 5137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5137


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 89/14

Bundesgerichtshof, X ZR 89/14, 29.11.2016.


Az. 3 Ni 8/13

Bundespatentgericht, 3 Ni 8/13, 03.06.2014.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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