Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.04.2011, Az. 30 W (pat) 533/10

30. Senat | REWIS RS 2011, 7490

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Activo" – von maßgeblichen Verkehrskreisen verstandenes spanisches Wort - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 006 746.5

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2011 unter Mitwirkung...

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung

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Activo

3

für die Dienstleistungen

4

"Dienstleistungen eines Krankenhauses, insbesondere Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen und Behandlungen, Gesundheitsberatung, Krankenpflegedienstleistungen, therapeutische und ärztliche Versorgung und Betreuung; krankengymnastische Anwendungen und Rehabilitationsbehandlungen".

5

Die Markenstelle für Klasse 44 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 21. April 2010 wegen fehlender Unterscheidungs-kraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung "Activo" sei das [X.] Wort für das [X.] "aktiv". Wegen seiner Nähe zum [X.] Äquivalent werde der inländische Verkehr dieses Wort ohne weiteres verstehen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen darin lediglich einen Sachhinweis darauf sehen, dass die beanspruchten Dienstleistungen dazu dienten, die betreffenden Personen aktiv zu halten. Dabei werde "aktiv" gerade im Gesundheitssektor als Synonym für "fit und gesund" benutzt. "[X.]" beschreibe daher die mögliche Bestimmung der Dienstleistungen.

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Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, der Begriff "aktiv" sei nicht beschreibend für den Bereich Gesundheit. Der Verkehr sei gewöhnt, die Bezeichnung "activo" in verschiedenen Bereichen als Marke zu verstehen. Das Wort "activo" lasse sich nicht mit dem [X.] Wort "aktiv" gleichsetzen. Damit werde allenfalls die Assoziation verbunden, dass irgendetwas Aktives geschehe oder dass es um Aktivität und etwas Positives gehe. In Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen stehe aber kein beschreibender Gehalt im Vordergrund.

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Die Anmelderin beantragt,

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den Beschluss des [X.] vom 21. April 2010 aufzuheben und die angemeldete Marke zur Eintragung zuzulassen.

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Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.

Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die angemeldeten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. [X.] [X.], 228 Rn. 33 - [X.] (Vorsprung durch Technik); [X.], 220 Rn. 27 - BioID;  [X.], 935 Rn. 8 - [X.]; [X.], 138 Rn. 23 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]; [X.] 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608 - [X.]; [X.] 2004, 99 - Postkantoor; [X.], 411 - [X.]).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann ([X.] GRUR 2005, 417, 418 - [X.]; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn es sich um beschreibende Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Rn. 23 – [X.]!; [X.], 411 Rn. 9 - [X.]; [X.], 850 Rn. 19 - [X.]; [X.], 465, 468 - Bonus). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein geläufiges und alltägliches Wort der [X.] Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027 Rn. 38 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] GRUR 2001, 735 - Test it; a. a. O. - City Service).

Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des [X.] von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. [X.] WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor).

Die angemeldete Bezeichnung "Activo" erfüllt nach den obengenannten Grundsätzen selbst die geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht, da sie sich in werbemäßig anpreisender Form auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt beschränkt.

Das [X.] Adjektiv "Activo" bedeutet im [X.]n "aktiv, tätig" (vgl. [X.] Lexikon der [X.] unter dict.leo.org). In dieser Bedeutung stellt die angemeldete Marke nur eine allgemein werbliche Qualitätsanpreisung in dem Sinne dar, dass Aktivität geboten wird oder für Aktivität gesorgt wird.

Dass "Activo" ein Wort der [X.]n Sprache ist, steht  der Annahme nicht entgegen, dass es von den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen verstanden wird. [X.] ist [X.], zwischen [X.] und [X.] bestehen umfangreiche Handelsbeziehungen, zudem ist [X.] eines der [X.] der [X.]n. Vor allem weist "activo" aber eine große Nähe zu dem entsprechenden [X.] Wort "aktiv" auf, das als Fremdwort Eingang in die Alltagssprache gefunden hat. Damit ist davon auszugehen, dass beachtliche Teile des angesprochenen inländischen Verkehrs die angemeldete Bezeichnung "Activo" mit dem [X.] Wort "Aktiv" gleichsetzen. Auch wenn die angesprochenen Verkehrskreise "Activo" nicht der [X.]n Sprache zuordnen sollten, so erkennen sie darin jedenfalls das Wort "aktiv" in der Übersetzung in irgendeiner [X.] Sprache. Das [X.] Wort "aktiv" wird nämlich in der Werbesprache und auch im hier maßgeblichen Bereich der Krankenhausdienstleistungen umfassend und vielfältig verwendet. Wie der Anmelderin anhand der übersandten Belege einer Internetrecherche bereits mitgeteilt, wird "aktiv" in diesem Zusammenhang verwendet, um [X.] unter dem Motto "[X.]", "Aktiv dabei" oder "aktiv bleiben auch im Krankenhaus" auf spezielle oder umfassende Leistungsangebote zur Gesundheitsförderung hinzuweisen. Zudem ist es auch in der [X.] Umgangssprache nicht ungewöhnlich, einzelne [X.] Wörter abzuwandeln, indem der Vokal "o" an das Wortende angehängt wird, [X.] in dem umgangssprachlichen Ausdruck "null Problemo". Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Anmeldung daher ohne Weiteres im Sinne des allgemein gebräuchlichen Werbewortes "aktiv" und seiner üblichen sachbezogenen Verwendung verstehen und nicht als eine individualisierende, die Unterscheidungskraft begründende Abwandlung.

Ob der Eintragung der angemeldeten Kennzeichnung darüber hinaus der [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Für die hilfsweise angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 [X.]. Angesichts der vorliegenden konkreten, auf tatsächlichen Grundlagen beruhenden Einzelfallgestaltung sieht der Senat weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Rechtsfrage noch den der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als gegeben.

Meta

30 W (pat) 533/10

14.04.2011

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.04.2011, Az. 30 W (pat) 533/10 (REWIS RS 2011, 7490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7490


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 30 W (pat) 533/10

Bundespatentgericht, 30 W (pat) 533/10, 14.04.2011.

Bundespatentgericht, 30 W (pat) 533/10, 05.08.2010.


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Wird zitiert von

26 W (pat) 575/16

29 W (pat) 556/19

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