26. Senat | REWIS RS 2011, 9227
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Markenbeschwerdeverfahren – "activo" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 057 243.7
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 23. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2010 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung der Marke 30 2009 057 243.7 / 38
activo
für die Waren und Dienstleistungen
„[X.]: Interaktive multimediale Computerprogramme und Software zur Nutzung auf unterschiedlichen Geräten, insbesondere Fernsehern, Computern oder mobilen [X.];
Klasse 28: Endgeräte mit eigenem Bildschirm, auf denen man interaktive [X.] oder andere computergestützte Spiele nutzen kann;
[X.]: Vermietung, Vermittlung, Reservierung und Übertragung von Rufnummern, insbesondere von Mehrwertdiensterufnummern, Auskünfte über Telekommunikation (ohne Identifizierungserfordernis der Teilnehmer); Übertragen von Gebührendaten für Telekommunikationsanbieter von Fest- und Mobilfunknetzen sowie Telematikdiensten, ausgenommen Identifikationsdienstleistungen; Mehrwertdienste, nämlich Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere [X.] oder Ansagen in schriftlicher, akustischer oder elektronischer Form ohne Identitätsangabe; Betrieb von Telekommunikationseinrichtungen für Televoting; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Teletextanwendungen; Ausstrahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen; Ausstrahlung von Teleshoppingsendungen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping;
[X.]: Unterhaltung; Planung, Organisation und Durchführung von [X.], Show-, Quiz- und Musikveranstaltungen; Produktion von über das Telefonnetz versendeten Daten-, Sprach- und Musikaufzeichnungen; Veranstaltung von Wettbewerben im Unterhaltungsbereich; Entwicklung, Produktion, Zusammenstellung und Ausstrahlung von Rundfunk/Fernseh -formaten, -inhalten, -sendungen, -serien, -shows und -spielsendungen insbesondere Gewinnspielsendungen; Durchführung von Spielen im [X.] und Teletext; Videofilmvorführungen“
mit der Begründung zurückgewiesen, dass für das angemeldete Zeichen ein Freihaltebedürfnis bestehe, § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Das der [X.] entstammende Markenwort „activo“ bedeute in seiner Übersetzung „aktiv, tätig“ und werde von angesprochenen Verkehr wegen seiner Nähe zum [X.] Wort „aktiv“ und zum [X.] Begriff „active“ auch dann in diesem Sinne verstanden, wenn er nicht über [X.] Sprachkenntnisse verfüge. Begriffe wie „activo“ seien im Sinne eines positiven Eigenschaftsversprechens, welches Produkten oder Dienstleistungen zugewiesen werde, in der Werbung nahezu universell einsetzbar und daher auch für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen beschreibend.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass sich das angemeldete Zeichen nicht mit dem [X.] Begriff „aktiv“ gleichsetzen lasse und die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibe. Es sei unterscheidungskräftig, ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht. Die [X.] Sprache werde in der Telekommunikationsbranche im Inland nicht verwendet. Dies sei auch für die Zukunft nicht zu erwarten.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 14. Januar 2010 aufzuheben.
Ergänzend wird auf die Akte des Amtes 30 2009 057 243.7 Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil für das angemeldete Zeichen ein Freihaltebedürfnis besteht, § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], und ihm das gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehlt.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Bei einem Dienstleistungsverzeichnis, welches, wie hier, durch die Verwendung von Oberbegriffen jeweils eine Vielzahl unterschiedlicher Einzeldienstleistungen erfasst, ist die Eintragung eines Zeichens bereits dann für einen beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen, wenn sich auch nur für eine spezielle, unter den jeweiligen Oberbegriff fallende Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (vgl. [X.], 91, 93, 94 - AC).
Wie die Markenstelle bereits unter Vorlage von Belegen zutreffend festgestellt und nachgewiesen hat, hat der aus dem [X.] stammende Wortbestandteil des angemeldeten Zeichens die auch im [X.] verständliche Bedeutung „aktiv“. Zum einen eignet sich „activo“ dafür, Waren und Dienstleistungen in werbeüblicher Weise positive Eigenschaften zuzusprechen, wie dies auch durch andere, in der [X.] Werbesprache häufig verwendete und ebenfalls positiv besetzte Attribute wie bspw. „frisch, jugendlich, spritzig“ oder „mobil“ geschieht. Im Zusammenhang mit Software und [X.] mit eigenem Bildschirm kann „activo“ darauf hinweisen, dass die so bezeichneten Waren durch eine spezielle Programmierung in bestimmten Situationen quasi von selbst aktiv werden können: Endgeräte mit eigenem Bildschirm können mit Zeitautomatiken oder Bewegungsmeldern ausgestattet sein, die das Gerät zu bestimmten Zeitpunkten oder auf bestimmte elektronische Signale hin aktivieren. Bei den angemeldeten Waren der [X.] kann es sich um Antivirensoftware handeln. „[X.]“ beschreibt auch Programme, mit deren Hilfe menschliche Bewegungen in elektronische Signale umgewandelt und zur Steuerung eines Computerspiels, einer technischen Anwendung oder zur Kommunikation eingesetzt werden können. Wird „activo“ für die angemeldeten Waren der Klassen 9 und 28 sowie für Telekommunikationsdienstleistungen der [X.] verwendet, beschreibt es zugleich die Möglichkeit einer interaktiven Kommunikation mittels hierfür ausgelegter Soft- und Hardware. Zu den übrigen beanspruchten Dienstleistungen der [X.] besteht ein enger sachlicher beschreibender Bezug, weil diese zur Unterstützung interaktiver Kommunikation im [X.] benötigt werden. Die angemeldeten Dienstleistungen der [X.] betreffen die Organisation und Durchführung von Spielen, Wettbewerben und anderen der Unterhaltung dienenden Veranstaltungen, an welchen sich der Zuschauer interaktiv über das [X.] oder das Telefonnetz beteiligen kann. Auch die [X.] kann zur Herstellung derartiger Spiel- oder Unterhaltungssendungen dienen. „[X.]“ kann dabei zugleich den Titel eines zu produzierenden Videofilms bezeichnen und auf den thematischen Schwerpunkt oder das Motto der genannten Veranstaltungen hinweisen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen wird der Verkehr das angemeldete Zeichen daher nicht als Herkunftshinweis, sondern als werbeübliche Sachangabe wahrnehmen.
„[X.]“ fehlt zugleich für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die angesprochenen inländischen Endverbraucher und Zwischenhändler werden dem angemeldeten Zeichen für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen den oben genannten, im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. „[X.]“ stellt damit ein Zeichen dar, das vom Verkehr - auch wegen der Verwendung von Begriffen wie „aktiv“ oder „aktive“ in der Werbung (vgl. [X.], [X.]/06-1, 28.02.2007 - [X.]; [X.], [X.] (pat) 134/04 - Active) stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden wird (vgl. ebenso [X.], 1169, 1171 - [X.]; [X.], 1167, 1168 - Yes; [X.], 741 - Logo; [X.], 35, - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Der Verbraucher wird in „aktiv“ in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen daher nur einen Sachhinweis, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Meta
23.02.2011
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.02.2011, Az. 26 W (pat) 513/10 (REWIS RS 2011, 9227)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 9227
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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