Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.12.2019, Az. 25 W (pat) 23/19

25. Senat | REWIS RS 2019, 213

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "VENDO" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 107 544.9

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 18. Dezember 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 11. Januar 2018 und vom 12. März 2019 aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Klasse 9:

Aufgezeichnete Daten; informationstechnologische und audiovisuelle Geräte; Magnete, Magnetisierungs- und Entmagnetisierungsvorrichtungen; Geräte für physikalische Reaktionen mittels Elektrizität; Apparate, Instrumente und Kabel für Elektrizität; optische Geräte und Ausrüstung, Verstärkungsgeräte und Korrektoren; Sicherungs-, Sicherheits-, Schutz- und Signalgeräte sowie -ausrüstung; Tauchausrüstung; Navigations-, Orientierungs-, Standortverfolgungs-, Zielverfolgungs- und Kartierungsgeräte; Mess-, Erkennungs- und Überwachungsinstrumente, -vorrichtungen sowie -regler; Apparate für wissenschaftliche Forschung und Labor, Unterrichtsapparate und Simulatoren; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 35:

Werbung, Marketing und Verkaufsförderung; Vermietung von Verkaufsautomaten, Vermittlungsdienstleistungen, Organisieren von Geschäftskontakten, Sammeleinkaufsdienste, kaufmännische Bewertungsdienste, Vorbereitung von Wettbewerben, Agenturgeschäfte, Import- und Exportdienste, Verhandlungs- und Vermittlungsdienste, [X.], Preisvergleichsdienste, Beschaffungsdienste für Dritte, [X.]; Hilfe in Geschäftsangelegenheiten, Geschäftsführung und administrative Dienstleistungen; betriebswirtschaftliche Analyse-, Recherche- und Informationsdienstleistungen; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 38:

Telekommunikationsdienste; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 41:

Verlags- und Berichtswesen; Bildung, Erziehung, Unterhaltung und Sport; Übersetzung und Dolmetschen; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 42:

IT-Dienstleistungen, nämlich Entwicklung, Programmierung und Implementierung von Software, Entwicklung von Computerhardware, Hosting-Dienste, Software as a Service [SaaS] und Vermietung von Software, Vermietung von Computerhardware und -anlagen, [X.], Auskunfts- und Informationsdienstleistungen, IT-Sicherheits-, Schutz- und -Instandsetzungsdienste, Datenvervielfältigungs- und -konvertierungsdienste, Datenkodierungsdienste, Computeranalyse und -diagnostik, Forschung und Entwicklung sowie Implementierung von Computern und Computersystemen, [X.], Data mining, digitale Wasserzeichen, Computerdienste, technologische Dienste in Bezug auf Computer, Computernetzwerkdienste, Aktualisierung der Speicherbanken von Computersystemen, Datenmigrationsdienste, Aktualisierung von Websites für Dritte, Überwachung von Computersystemen durch Fernzugriff; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; Prüfung, Authentifizierung und Qualitätskontrolle; Designdienstleistungen; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 19. August 2016 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Mit den Beschlüssen vom 11. Januar 2018 und vom 12. März 2019, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des [X.]s die unter der Nummer 30 2016 107 544.9 geführte Anmeldung für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen zunächst wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und im Erinnerungsbeschluss dann wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich mit dem [X.] Wort „[X.]“ für „ich verkaufe“ um einen der zentralen Begriffe für die in [X.] betriebene Wirtschaft und eine allgemeine Kaufaufforderung, die als letztlich rein werblich verstandene Kaufanpreisung grundsätzlich nicht herkunftshinweisend verstanden werde.

5

Das angemeldete Wort „[X.]“ sei die erste Person Singular Präsens des [X.] Verbs „vender“ und damit ein so einfacher Ausdruck der [X.] Sprache, dass auch solche rudimentären Grundkenntnisse in [X.], wie sie ein Urlauber sich in der Regel für seinen Ferienaufenthalt in einem spanischsprachigen Land aneigne, ausreichend seien, um dessen Bedeutung von „ich verkaufe“ zu verstehen. Zudem sei für die markenrechtliche Beurteilung einer fremdsprachigen Bezeichnung auch allein das Verständnis der einschlägigen Handelskreise ausreichend, [X.]n es sich um einen eindeutig beschreibenden Begriff in einer für den Handelsverkehr bedeutsamen Fremdsprache handele. Bei dem [X.] Begriff „[X.]“ für „ich verkaufe“ handele es sich um einen der zentralen wirtschaftlichen Begriffe, der im Hinblick auf jede Ware und jede Dienstleistung, die Gegenstand des Handels sein könne, einen äußerst wichtigen Umstand bezeichne. Angesichts des regen Warenverkehrs zwischen [X.] und [X.] sei die [X.] eine für den Handelsverkehr bedeutsame Fremdsprache und gehöre auch in Anbetracht des zunehmenden Handels mit den spanischsprechenden [X.] Süd- und [X.] zu einer für den [X.] Handel bedeutsamen Fremdsprache. Insoweit sei von einem jedenfalls problemlosen Verständnis der beteiligten Handelskreise auszugehen. Insgesamt würden die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Bezeichnung kein Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung sehen, sondern lediglich eine allgemeine Kaufaufforderung, die den Kunden locker ansprechen und ein angenehmes Klima schaffen soll. Die Bezeichnung diene dazu, die Abnahmebereitschaft der angesprochenen Verkehrskreise zu wecken und damit letztlich zur werblichen Anpreisung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Solche rein werblich verstandenen Bezeichnungen seien, auch [X.]n sie im Verkehr noch nicht geläufig seien, universell einsetzbar und damit grundsätzlich nicht herkunftshinweisend.

6

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie macht geltend, den maßgeblichen inländischen Verkehrsteilnehmern sei die Bedeutung der Bezeichnung „[X.]“ unbekannt, der angemeldeten Bezeichnung würde daher eine ausreichende Unterscheidungskraft zukommen. Zentraler Ausgangspunkt der Prüfung sei die Marke in ihrer Wirkung auf die relevanten Verkehrskreise. Dies seien in erster Linie die Durchschnittsverbraucher, weil der gesamte Vertriebsweg letztlich auf diese zugeschnitten sei. Allein unter bestimmten, im Einzelfall festzustellenden Umständen könne eine eigenständige Sichtweise der Händler oder der Fachkreise maßgebend sein, [X.]n das Verständnis der Endverbraucher und das der gewerblichen Kreise inhaltlich voneinander abweichen würden. Die Markenstelle habe nicht geprüft, aus welchen Gründen die in Bezug auf den Handel mit den Waren der [X.] beteiligten [X.] eine andere Vorstellung von der angemeldeten Bezeichnung haben sollten als die Endverbraucher. Bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen, so etwa der Telekommunikationsdienstleistungen, scheide ein „Handel“ mit diesen ohnehin von vorneherein aus. Den inländischen Verkehrsteilnehmern sei die Bedeutung des Begriffs „[X.]“ unbekannt. Es sei bereits nicht klar, aus welcher Sprache der Begriff stamme. Sofern von „[X.]“ als einem Begriff aus der [X.] Sprache ausgegangen werde, sei dennoch nicht von einem problemlosen Verständnis des Wortes auszugehen. Bei „[X.]“ handle es sich nämlich nicht um ein übliches oder gängiges Wort einer fremden Sprache, das üblicherweise bei einem Urlaubsaufenthalt erworben werde, wie etwa eine Grußformel oder einfachste Rede[X.]dungen. Auch sei die Frage der Unterscheidungskraft nicht abstrakt, sondern stets bezogen auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren finde kein nennenswerter Austausch mit [X.] statt. Im Übrigen sei insbesondere für den Bereich der Informationstechnologien und darauf bezogener Waren und Dienstleistungen in der Regel die [X.] maßgebend, so dass für die einschlägigen Waren und Dienstleistungen von einer Bedeutung der [X.] Sprache oder nennenswerter Kommunikation in [X.] gerade nicht auszugehen sei. Der angemeldeten Bezeichnung sei zudem weder eine gewöhnliche Werbemitteilung noch eine werbliche Anpreisung oder allgemeine Kaufaufforderung zu entnehmen. „[X.]“ beinhalte keine klare und verständliche Aussage, nachdem nicht deutlich werde, wer etwas verkaufe und an [X.]. Damit seien auch die Vorstellungen der angesprochenen Verbraucher nicht eindeutig, weil ein klarer und verständlicher Sinngehalt des Markenwortes „[X.]“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen fehle. Somit weise die angemeldete Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Auch sei nicht von einem der Eintragung entgegenstehenden Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auszugehen, nachdem die [X.] für die Kommunikation der am Handel beteiligten Kreise untereinander oder mit den Kunden im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne Relevanz sei.

7

Die Anmelderin hat mit [X.] vom 18. November 2019 die Markenanmeldung in Bezug auf die beanspruchten „kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Auktions- und Versteigerungsdienste“ der [X.] zurückgenommen, nachdem der Senat einen Erfolg der Beschwerde für die Übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Aussicht gestellt hatte.

8

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

9

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 11. Januar 2018 und vom 12. März 2019 aufzuheben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die aktuell nach der Teilrücknahme der Anmeldung gemäß [X.] vom 18. November 2019 noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, den Hinweis des Senats vom 8. November 2019, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin hat nach Rücknahme der Anmeldung für die Dienstleistungen der [X.] „kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Auktions- und Versteigerungsdienste“ in der Sache Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ als Marke steht im Zusammenhang mit den noch aktuell beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Deshalb waren die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.], [X.], 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]; [X.], 270 Rn. 8 – Link economy; [X.], 1100 Rn. 10 – [X.]!; [X.], 825 Rn. 13 – [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 – [X.]; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.], [X.], 604 Rn. 60 – [X.]; [X.], [X.], 565 Rn. 17 –[X.]). Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Ver[X.]dung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.], [X.], 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 – [X.] 2; [X.], 428 Rn. 30 f. – [X.]; [X.], [X.], 850 – [X.]) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. [X.], [X.], 1143, 1144 Rn. 15 – [X.] werden Fakten; [X.], 872 Rn. 10 – [X.]; [X.], 482 Rn. 22 – test; [X.], [X.] 2010, 439 Rn. 41 - 57 – Flugbörse).

Hiervon ausgehend besitzen Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft, denen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 850 Rn. 19 – [X.]; [X.] [X.], 674 Rn. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] a. a. O. – [X.]; [X.], 1100 Rn. 23  – [X.]!).

Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Bezeichnung für die aktuell noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen das für die Schutzgewährung erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Bei „[X.]“ handelt es sich um das konjugierte Verb „verkaufen“ in der ersten Person Singular in verschiedenen [X.] Sprachen, wie der [X.], [X.] und [X.] (vgl. das [X.] Verb „vendere“) und bedeutet „ich verkaufe“. Damit bezeichnet die Anmeldung ein Wort, das in den genannten Sprachen zur Vorbereitung oder im Rahmen von Verkaufs- und Warenerwerbsvorgängen zwischen Verkäufern und Käufern ver[X.]det werden kann. Der Verkäufer kann mit „[X.]“ seine Bereitschaft zum Verkauf bzw. zum Verkaufen signalisieren.

Die von der Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten sich sowohl an [X.] wie auch an den Endverbraucher. Dabei ist davon auszugehen, dass die am Handel beteiligten [X.] im Allgemeinen über ausreichende Fremdsprachenkenntnisse verfügen, insbesondere von Wörtern aus gängigen Handelssprachen. Daher werden sie die konjugierte Form des Verbs „vendere“ im Sinn von „verkaufen“ und „vendo“ als „ich verkaufe“ in der Regel verstehen und ohne weiteres mit der [X.] Bezeichnung gleichsetzen können. Aber auch ein Teil der Durchschnittsverbraucher, deren [X.] nicht zu gering veranschlagt werden darf, werden „vendo“ aufgrund des [X.] Ursprungs und des Umstands, dass zahlreiche spanisch-, italienisch- oder auch portugiesisch stämmige Bürger in [X.] wohnen, verstehen und mit „ich verkaufe“ gleichsetzen können (vgl. auch [X.] GRUR 2016, 934 Rn. 12 - OUI).

Im Zusammenhang mit solchen Dienstleistungen, die den [X.] selbst bezeichnen oder umfassen, benennt das angemeldete Wort diesen Umstand unmittelbar und kann den Warenverkauf entsprechend einleiten und dann auch zu dessen Abschluss führen. Daher ist die Bezeichnung im Zusammenhang damit letztlich nur ein Hinweis auf den [X.] selbst und eignet sich insoweit nicht zur Bezeichnung des [X.] speziell solcher Verkaufsdienstleistungen. Dies betrifft nach Auffassung des Senats die ursprünglich beanspruchten Dienstleistungen der „kaufmännische Dienstleistungen und Verbraucherinformationsdienste, nämlich Auktions- und Versteigerungsdienste“.

Die nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses aktuell noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen weisen einen solchen engen und unmittelbar mit dem [X.] von Waren stehenden Bezug aber nicht auf. Auch kann mit „[X.]“ der entsprechende Vorgang nicht in Gang gesetzt werden. Die angemeldeten Waren der [X.] sind – wie letztlich alle Waren – naturgemäß zwar solche, die im Handel verkauft und vertrieben werden. Allerdings ist es im Zusammenhang mit dem Verkauf der Waren nicht üblich, dass diese mit dem Hinweis „ich verkaufe“ oder mit dem entsprechenden fremdsprachigen Begriff „[X.]“ als Hinweis auf den Umstand des Verkaufens bezeichnet werden oder auch die weiteren Umstände des Verkaufs mit „ich verkaufe“ (vendo) beschrieben werden. Anders mag es sich bei einer Ver[X.]dung der Infinitivform „verkaufen“ bzw. „zu verkaufen“ handeln, was vorliegend aber nicht zu entscheiden ist. Zudem ist die Ver[X.]dung der [X.]/ [X.] oder [X.] Sprache im Bereich dieser Waren, die die Technik, Elektrik, Optik oder den [X.] betreffen und innerhalb dessen die [X.] die beherrschende Sprache wie auch die Fachsprache ist, eher ungewöhnlich. Im Zusammenhang mit den Waren der [X.] regt die Bezeichnung „[X.]“ eher zum Nachdenken an. Insoweit bietet sich das Anmeldezeichen auch nicht als Merkmalsbezeichnung bzw. Sachangabe der Waren an. Daher kann ein ausschließlich beschreibendes Verständnis oder ein enger beschreibender Zusammenhang von „[X.]“ bezüglich dieser Waren nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden (vgl. auch [X.] GRUR 2016, 934 Rn. 22/23 – OUI).

Entsprechendes gilt im Zusammenhang mit den verbliebenen beanspruchten Dienstleistungen, bei denen zwar teilweise der [X.] deren Ziel darstellt, so bei den beanspruchten Import- und Exportdiensten, Bestelldiensten, [X.] in der [X.], aber hinsichtlich derer weitere Gedankenschritte erforderlich sind, um mit dem konkreten Sachgehalt von „ich verkaufe“ / „[X.]“ zu einer sinnvollen Sachangabe oder Merkmalsbeschreibung zu gelangen. Ein sich aus sich heraus ergebender konkreter und enger Zusammenhang der Dienstleistungen zu den [X.] selbst fehlt. Der fremdsprachige Hinweis auf „ich verkaufe“ oder „[X.]“ eignet sich somit nicht zur Beschreibung dieser Dienstleistungen oder zur Beschreibung von Modalitäten, die mit diesen Diensten im Zusammenhang stehen. [X.] gilt für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 38, 41 und 42, deren Ziel und Zweck zwar das Erstellen von Waren sein kann, die dann verkauft werden, sei es bei [X.] als Ergebnis der Dienstleistungen des Verlagswesens oder bei Software als Produkt der Entwicklungsdienstleistungen, für die die Bezeichnung „[X.]“ aber ungewöhnlich und interpretationsbedürftig ist und ein beschreibender Kontext nicht ohne weiteres auf der Hand liegt. Insoweit kann weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt noch ein sonstiger beschreibender Bezug festgestellt werden. Da die Bezeichnung ferner nicht als Hinweis auf sonstige Modalitäten der Dienstleistungen in Frage kommt, kann der angemeldeten Marke die Schutzfähigkeit letztlich insoweit nicht abgesprochen werden.

Damit erweist sich die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen als interpretationsbedürftig. Ein enger sachlicher Zusammenhang mit dem tatsächlichen [X.], der mit „ich verkaufe“ bzw. [X.] bezeichnet werden könnte, ist nicht festzustellen. Vor diesem Hintergrund kann dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft letztlich nicht abgesprochen werden.

2. Da der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine unmittelbar beschreibende Sachaussage zu entnehmen ist, besteht auch kein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Demzufolge waren die angefochtenen Beschlüsse insoweit aufzuheben, als die Anmeldung noch weiterverfolgt wird.

Meta

25 W (pat) 23/19

18.12.2019

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.12.2019, Az. 25 W (pat) 23/19 (REWIS RS 2019, 213)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 213

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