BT-Drucksache 18/12578

Erkenntnisse und Konsequenzen aus den Enthüllungen hinsichtlich des rechtsextremistischen Netzwerkes um Franco A. - Aufklärung und Reform im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Vom 30. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12578
18. Wahlperiode 30.05.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Agnieszka Brugger, Dr. Tobias Lindner, Doris Wagner,
Monika Lazar, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
Dr. Franziska Brantner, Uwe Kekeritz, Tom Koenigs, Omid Nouripour,
Cem Özdemir, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Jürgen Trittin, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul, Renate Künast,
Irene Mihalic, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erkenntnisse und Konsequenzen aus den Enthüllungen hinsichtlich des
rechtsextremistischen Netzwerkes um Franco A. – Aufklärung und Reform im
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Es ist erschreckend, dass eine Gruppe gewaltbereiter Soldaten mit rechtsextremer
Gesinnung über Jahre scheinbar unentdeckt in der Bundeswehr agieren und An-
schläge planen konnte. Obwohl das Bundesministerium der Verteidigung
(BMVg) und die Bundeswehr über zahlreiche Strukturen und Instrumente wie
den Militärischen Abschirmdienst (MAD) verfügen und es eine Reihe von Gele-
genheiten gab, um die Extremisten in der Bundeswehr aufzuspüren und diese von
ihr fernzuhalten, wurde im Fall Franco A. bei verschiedenen Gelegenheiten aus
Sicht der Fragesteller verantwortungslos und fahrlässig gehandelt. Es ist völlig
unverständlich und zeugt von enormen Fehlern, dass es trotz zahlreicher Hin-
weise wie einer klar rechtsextremistischen Masterarbeit, dem Diebstahl von Waf-
fen und Munition und eindeutigen Äußerungen einiger Beteiligten so lange ge-
dauert hat, bis die Gruppe aufflog. Anscheinend nur durch einen Zufall wurde
verhindert, dass die Soldaten Anschlagspläne in die Tat umsetzen konnten.

Diese Zustände sind nicht hinnehmbar für eine Bundeswehr, die fest in den Vor-
gaben des Grundgesetzes verankert ist. Gerade in einer Organisation, in der mili-
tärisches Wissen und Fertigkeiten vermittelt werden und es gleichzeitig Zugang
zu Waffen gibt, ist eine besondere Wachsamkeit und Entschlossenheit gegenüber
der rechtsextremistischen Gefahr geboten. Jeder Fall von Extremismus in der
Bundeswehr ist ein Fall zu viel.

Es bedarf einer dringenden und schonungslosen Aufklärung, wie es zu diesen
schwerwiegenden Fehlern und Versäumnissen kommen konnte. Gleichzeitig
muss durch eine Reihe von überfälligen Reformprozessen sichergestellt werden,
dass derartige Entwicklungen für die Zukunft frühzeitig erkannt und damit auch
wirksam verhindert werden können.
Die grundlegenden Probleme in der Führungskultur zeigen sich an einer Reihe
von weiteren Vorfällen, die die Bundeswehr in jüngerer Zeit erschüttert haben.
Hier hätte die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, als
Dienstherrin und Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt aus Sicht der Fra-

Drucksache 18/12578 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gesteller viel früher und entschlossener handeln müssen, insbesondere da zahlrei-
che Probleme mit Bezug auf den Extremismus als auch auf die Führungskultur
bei vielen Gelegenheiten in den letzten Jahren immer wieder thematisiert worden
sind.
Weder ist es angebracht, die Bundeswehr als Ganzes unter einen Generalverdacht
zu stellen noch dürfen Vorfälle und Fehler als Einzelfälle kleingeredet und ver-
harmlost werden. Nun muss eine ebenso schonungslose wie sachliche Aufklärung
erfolgen, um strukturelle Probleme und Schwachstellen zu erkennen und abzu-
stellen, auch und gerade mit Blick auf die große Mehrheit der Soldatinnen und
Soldaten, die ihren schwierigen Dienst bei der Bundeswehr mit Haltung, Verant-
wortungsgefühl und Überzeugung tun. Diejenigen, die Verstöße und Verfehlun-
gen begangen haben, müssen hingegen konsequent und schnell zur Verantwor-
tung gezogen werden.
Fast täglich werden neue Details zu den Umtrieben der Gruppe um Franco A.
bekannt, die immer weitere Kreise ziehen. Nach wie vor ist völlig unverständlich,
wie Derartiges über Jahre unentdeckt bleiben konnte. Diese Zusammenhänge und
die zahlreichen von der Bundesverteidigungsministerin angekündigten Reform-
vorhaben werfen eine Vielzahl von Fragen auf, gleichzeitig wurde eine Reihe von
Fragen bisher aus Sicht der Fragesteller nicht befriedigend beantwortet.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie sehen die einzelnen Verfahrensvorschriften und Meldewege im Fall ei-
nes Besonderen Vorkommnisses (BV) oder eines Sicherheitsrelevanten Vor-
kommnisses bei der Bundeswehr aus (bitte genau aufschlüsseln, welche Stel-
len bzw. Personen zu welchem Zeitpunkt durch welche Stellen bzw. Perso-
nen in welcher Form informiert werden)?

a) An welche konkreten Stellen und in welcher Form erging die Meldung
eines Besonderen Vorkommnisses vom 19. Juni 2014, und welche Maß-
nahmen wurden daraufhin zu welchem Zeitpunkt und auf wessen Wei-
sung hin ergriffen (vgl. Chronologie der Ereignisse im Fall OLt A. vom
16. Mai 2017)?

b) Wann hat die Bundesverteidigungsministerin vom Waffenverlust bei ei-
nem Schießvorhaben der Universität der Bundeswehr München am 18.
Juni 2014 (BV vom 19. Juni 2014) erfahren?

c) An welche konkreten Stellen und in welcher Form erging die Meldung
eines Besonderen Vorkommnisses vom 15. Februar 2017, und welche
Maßnahmen wurden daraufhin zu welchem Zeitpunkt und auf wessen
Weisung hin ergriffen (vgl. Chronologie der Ereignisse im Fall OLt A.
vom 16. Mai 2017)?

d) Wann hat die Bundesverteidigungsministerin vom Waffendiebstahl auf
dem Truppenübungsplatz Munster Süd, der am 13. Februar 2017 festge-
stellt wurde (BV vom 15. Februar 2017), erfahren?

2. Gab es bei Waffen- und/oder Munitionsdiebstählen bisher eine automatische
Prüfung, ob dem MAD über die an dem betreffenden Standort stationierten
Soldatinnen und Soldaten Erkenntnisse vorliegen, und wenn ja, welche Stel-
len führten diese Prüfung durch?

Wenn nein, warum nicht, und ist dies für die Zukunft geplant?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12578
3. Wie erklärt das BMVg die eklatanten Munitionsverluste in Höhe von teil-
weise mehreren hundert Schuss an einzelnen Standorten an einem Tag, wie
sie der Liste des Parlamentarischen Staatssekretärs Markus Grübel vom
16. Mai 2017 an die Mitglieder des Verteidigungsausschusses zu entnehmen
ist?

a) Bei wie vielen Fällen der letzten zehn Jahre, bei denen Verluste an Waffen
oder Munition verzeichnet wurden, laufen derzeit noch Ermittlungen bzw.
Untersuchungen?

b) Unter welchen Voraussetzungen und nach welchen konkreten Regelun-
gen werden beim Abhandenkommen von Waffen und Munition neben den
internen Ermittlungen in den Streitkräften derartige Vorgänge an die
Staatsanwaltschaften übergeben, und wie gestalten sich die weiteren in-
ternen Ermittlungen nach einer Abgabe?

c) Werden abhandengekommene Waffen und Munition an zentraler Stelle
registriert und die Sicherheitsbehörden, z. B. das Bundeskriminalamt
(BKA), der MAD, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) oder der
Bundesnachrichtendienst (BND) jeweils informiert?

4. Welche Weisungen erhielt der MAD in den letzten zehn Jahren hinsichtlich
der Prioritäten in der Bearbeitung von Extremismusverdachtsfällen?

5. Hat der MAD das BMVg auf den starken Anstieg von rechtsextremistischen
Verdachtsfällen in den ersten Monaten dieses Jahres aufmerksam gemacht?

Wenn nein, warum nicht, und wenn ja, an wen ging dieser Hinweis oder ent-
sprechende Informationen, und was war die Reaktion aus dem BMVg, und
wurden Handlungsoptionen besprochen?

6. Welche Erkenntnisse hat der MAD über rechtsextremistische Netzwerke in-
nerhalb der Bundeswehr?

Hat der MAD Hinweise auf das Bestehen solcher Gruppierungen bekommen,
und wenn ja, wann, und welche konkreten Erkenntnisse liegen diesbezüglich
vor?

7. Wer informierte den MAD am 3./4. Februar 2017 darüber, dass A. am 3. Feb-
ruar 2017 am Flughafen von Wien aufgefallen ist?

a) Worüber wurde hier informiert: lediglich über den Waffenfund, über
seine Gesinnung oder auch über die Doppelidentität?

Gab es zu dieser bereits hier Hinweise?

b) Was wurde im Einzelnen daraufhin unternommen?
8. Hat der MAD Erkenntnisse darüber, dass es Verbindungen der Gruppe um

Franco A. zu anderen rechtsextremen oder rechtsnationalen Vereinigungen
gibt oder gegeben hat?

9. Informierte der österreichische Verfassungsschutz, der A. am 3. Februar
2017 in Wien verhörte, den MAD direkt darüber oder über den Umweg BfV?

10. Warum dauerte es vom erstmaligen Bekanntwerden des Falls Franco A. beim
MAD (3./4. Februar 2017) noch rund zehn Tage, bis der MAD die operative
Fallbearbeitung übernahm?

11. Warum leitete der MAD die Kenntnis der vorläufigen Festnahme von A. am
Wiener Flughafen durch die österreichischen Behörden sowie den in diesem
Zusammenhang stehenden Waffenfund nur an den Kommandeur des Jäger-
bataillons 291 weiter, nicht aber beispielsweise an Strafverfolgungsbehörden
oder höhere Kommandostellen bzw. Stellen im BMVg (beispielsweise das
Referat FüSK III 3 – zuständig für Innere Führung und Militärseelsorge)?

Drucksache 18/12578 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

12. Woher stammt die Einschätzung, dass es sich bei Franco A. um einen Ein-

zeltäter handelt, und worauf basiert diese?

13. Welche konkreten Vorbereitungshandlungen hat A. nach Ansicht des MAD
unternommen, um etwaige Gewaltanwendungen durchzuführen?

14. Welche Handlungen hat A. nach Ansicht des MAD vorbereitet, und wie weit
waren bzw. sind diese gediehen?

15. Waren bzw. sind in diese Vorbereitungen möglicherweise andere Personen
involviert, die diese weitertreiben könnten bzw. zumindest Mitwisser sind?

16. Wann hat der MAD, das BMVg bzw. Vorgesetzte das erste Mal Kenntnis
von Äußerungen des Oberleutnant Ralf G. aus der Generalfeldmarschall-
Rommel-Kaserne in Augustdorf (Nordrhein-Westfalen) erfahren, der laut
Medienberichten mit Blick auf Illkirch u. a. in Gesprächen auf „eine Gruppe
gewaltbereiter Offiziere, die Waffen und Munition sammeln, um im Fall ei-
nes Bürgerkriegs auf der richtigen Seite zu kämpfen“ verwiesen haben soll
(vgl. DER SPIEGEL, „Gewalt als probates Mittel“, 13. Mai 2017)?

17. Trifft es zu, dass die Beobachtung von Maximilian T. durch den MAD ein-
gestellt wurde?

Wenn ja, wann und aus welchen Gründen wurde entschieden, die Beobach-
tung einzustellen, obwohl er offenbar versucht hat, andere für Gewalttaten
anzuwerben?

18. Wie oft und wann konkret hat sich die Bundesverteidigungsministerin mit
dem Präsidenten des MAD getroffen?

Ist das BMVg der Ansicht, dass dies mit Blick auf die Geschehnisse mit
rechtsextremistischem Hintergrund ausreichend war?

19. Wie oft und wann genau hat sich die Bundesverteidigungsministerin seit
ihrem Amtsantritt zu Fragen der Inneren Führung oder von Rechtsextremis-
mus in der Truppe unterrichten lassen?

20. Ist das BMVg der Auffassung, dass die Themen Rechtsextremismus in der
Bundeswehr und Innere Führung in den vergangenen Jahren mit der notwen-
digen Priorität behandelt wurden?

21. Wie begründet die Bundesregierung den Abbau von Stellen beim MAD in
den letzten Jahren, insbesondere die Verringerung der „Ermittler in der Flä-
che“ (vgl. DER SPIEGEL, „Die Eisprinzessin“, 6. Mai 2017)?

22. Gibt es aus Sicht des BMVg einen Zusammenhang zwischen dem erfolgten
Stellenabbau im MAD und den Problemen des BMVg bei der Wahrnehmung
und dem Umgang mit rechtsextremistischen Vorfällen in der Bundeswehr?

23. Auf wessen Betreiben hat es wann eine Schwerpunktverlagerung im MAD
zugunsten einer stärken Beschäftigung mit dem Thema Islamismus gegeben
(vgl. DER SPIEGEL, „Die Eisprinzessin“, 6. Mai 2017)?

Inwiefern ist es dadurch zu einer Vernachlässigung des Themenfeldes
Rechtsextremismus in der Bundeswehr gekommen?

24. Ist das BMVg der Ansicht, dass es bei Soldatinnen und Soldaten ab ihrem
Dienstantritt nach erfolgter Sicherheitsüberprüfung ausreichend ist, nur an-
lassbezogen eine erneute Prüfung vorzunehmen?

a) Wenn ja, warum?
b) Wenn nein, plant das BMVg eine Änderung dieser Praxis?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12578

25. Welche Schlüsse zieht das BMVg aus den bisherigen Geschehnissen rund

um den Fall Franco A. für die personellen und operativen Strukturen des
MAD, und an welchen Stellen sieht das BMVg entsprechenden Reformbe-
darf?

26. Warum hat das BMVg keine besonderen Maßnahmen ergriffen, nachdem
deutlich wurde, dass die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle in der Bundes-
wehr in den Jahren 2015 und erneut 2016 im Vergleich zu den Vorjahren
erheblich anstieg?

Hat es hierzu einen Hinweis seitens des MAD gegeben, und wenn ja, wann,
an welche Stellen im BMVg, und welche Schlüsse wurden daraus gezogen?

27. Ist das BMVg der Auffassung, dass sich überdurchschnittlich viele Men-
schen mit rechtsnationalem und/oder rechtsradikalem Gedankengut in der
Truppe befinden?

a) Welche Empirie dient als Grundlage für die Antwort?
b) Wie bewertet das BMVg in diesem Zusammenhang Zahlen des Sozial-

wissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr (SOWI), nach denen 13 Pro-
zent der Studentinnen und Studenten der Bundeswehr eine Nähe zu rech-
tem Gedankengut hätten (vgl. DER SPIEGEL, „Die Eisprinzessin“,
6. Mai 2017)?

Welche Schlüsse wurden daraus seit Abschluss der im Artikel erwähnten
Studie des SOWI und seit Amtsantritt der Bundesverteidigungsministerin
gezogen?

28. Seit wann hat das BMVg Kenntnis davon, dass an der Bundeswehr-Univer-
sität in München Studentinnen und Studenten sowie Absolventinnen und Ab-
solventen Verbindungen zur rechtsextremen so genannten Identitären Bewe-
gung pflegen?

29. Gibt es Hinweise darauf, dass Studentinnen und Studenten oder Absolven-
tinnen und Absolventen der Bundeswehr-Universität in München Mitglieder
anderer rechtsextremer Vereinigungen sind?

Wenn ja, seit wann ist dies dem BMVg bekannt?

30. Seit wann überprüfen der MAD, der Verfassungsschutz oder weitere Bun-
desbehörden Studentinnen und Studenten oder Absolventinnen und Absol-
venten der Bundeswehr-Universität in München aufgrund des Verdachts auf
Rechtsextremismus?

31. Gibt es Hinweise darauf, dass Studentinnen und Studenten oder Absolven-
tinnen und Absolventen der Bundeswehr-Universität in Hamburg ebenfalls
Kontakte zur „Identitären Bewegung“ pflegen, Mitglieder der Bewegung
oder einer anderen rechtsextremen Vereinigung sind?

Wenn ja, seit wann ist dies dem BMVg bekannt?

32. Welche Verbindungen sind dem BMVg nach jetzigem Stand zwischen den
Studentinnen und Studenten der Bundeswehr-Universität München, die der-
zeit vom MAD unter Rechtsextremismusverdacht stehen, und Franco A.,
Maximilian T., Mathias F., Ralf G., Josef R., Felix S. oder weiterer Personen,
die entweder zum Netzwerk rund um Franco A. gezählt und/oder derzeit als
Zeugen eingestuft werden?

33. Welche Orte wurden im Rahmen der Durchsuchungen an insgesamt 16 Orten
in Deutschland, Frankreich und Österreich am 26. April 2017 durchsucht?

34. Was wurde bisher an Gegenständen sichergestellt?

Drucksache 18/12578 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

35. Welche bzw. wie viele Speichermedien bzw. Datenträger wurden sicherge-

stellt?

Wer wertet diese derzeit aus, und wann ist mit (ersten) Ergebnissen zu rech-
nen?

36. Auf welche Weisung mit welchem Wortlaut hin wurden am 8. Mai 2017
bundesweit alle Kasernen der Bundeswehr nach Memorabilia aus der Wehr-
macht und NS-Zeit durchsucht?

a) Welches Personal führte an den Standorten jeweils die Durchsuchungen
durch?

b) Welche Räumlichkeiten wurden in den einzelnen Standorten durchsucht,
welche wurden ausgespart?

c) Wurden hierbei auch die Stuben der Soldatinnen und Soldaten durch-
sucht?

Wenn ja, konnten diese sich auch widersetzen?
d) Wurden Standorte ausgelassen?

Wenn ja, welche, und aus welchen Gründen?

37. War es zulässig, Waffen, Munition und Sprengstoff im Schützenpanzer
Fuchs zu belassen, der am 13. Februar 2017 aufgebrochen wurde?

a) Wenn nein, welche Erklärung führt das BMVg dafür an?
b) Geht das BMVg von Komplizen bei diesem Diebstahl aus?

38. Gibt es neue Erkenntnisse, dass weitere Diebstähle aus Beständen der Bun-
deswehr mit A. oder seinen Komplizen und Mitwissern in Verbindung zu
bringen sind?

39. Wann genau haben Ermittler der Bundeswehr Wehrmachtsandenken in der
Fürstenberg-Kaserne in Donaueschingen entdeckt, und um welche handelt
es sich hierbei im Einzelnen?

a) Gibt es Hinweise auf rechtsextremistische Strukturen am Standort in Do-
naueschingen, die über Einzelpersonen hinausgehen?

b) Welche Folgen haben die Funde von Wehrmachtsandenken bisher gezei-
tigt, und inwiefern trifft es zu, dass die gefundenen Gegenstände „,keine
strafrechtliche Relevanz‘“ hätten (vgl. ZEIT ONLINE, „Wehrmachtsan-
denken in weiterer Kaserne gefunden“, 6. Mai 2017)?

40. Welche Hinweise hat es jenseits der Masterarbeit ggf. vorher gegeben, dass
Franco A. rechtsextreme Ansichten vertritt und nicht auf dem Boden der frei-
heitlich demokratischen Grundordnung steht?

41. Welche Personen haben in den vergangenen Jahren an den Standorten, an
denen Franco A. stationiert war (also vor allem Fontainebleau (FRA); Ham-
melburg; Illkirch (FRA)), dienstliche Bewertungen und Einschätzungen des
Soldaten A. vorgenommen?

Sind hier Anzeichen für rechtes Gedankengut bzw. politisch motivierten Ex-
tremismus zutage getreten?

Wenn ja, wie wurde mit ihnen umgegangen?
42. Seit wann ist den vorgesetzten Dienststellen und dem BMVg bekannt, dass

es bereits kurz nach Gründung der deutsch-französischen Einheit in Illkirch
ein rechtsextremistisches Netzwerk von Soldaten gegeben haben soll (vgl.
DER SPIEGEL, „Gewalt als probates Mittel“, 13. Mai 2017), und wie hat
man auf etwaige Hinweise reagiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12578

43. Warum ist es nach Aussagen des BMVg nicht möglich, gelöschte elektroni-

sche Nachrichten auf dem Computer des ehemaligen Rechtsberaters des
Streitkräfteamtes der Bundeswehr wiederherzustellen, die auf den Zeitraum
vor dem 4. April 2017 datieren?

a) Welche technische Begründung wird dafür ins Feld geführt?
b) Hat das BMVg hier beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit in der

Informationstechnik oder externe Dritte um Unterstützung gebeten, und
wenn nein, warum nicht?

c) Inwiefern hat der in Rede stehende ehemalige Rechtsberater des Streit-
kräfteamtes der Bundeswehr damit geltende Aufbewahrungspflichten für
elektronische Kommunikation verletzt?

d) Geht das BMVg von einem zufälligen Löschen relevanter Kommunika-
tion aus oder aber von Vorsatz?

44. Wie viele Eingaben hat es im Jahr 2016 sowie bisher im Jahr 2017 an das
BMVg seitens der Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Angestellten der
Bundeswehr gegeben, in denen Probleme bei der Führung bzw. Führungs-
kultur thematisiert wurden?

45. Ist dem BMVg die Eingabe eines Hauptfeldwebels (HFw) vom 11. Mai 2017
an Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen und den Vertei-
digungausschuss bekannt?

a) Wenn ja, seit wann?
b) Wie wurde bisher damit umgegangen?
c) Werden die vorgetragenen Bedenken des HFw ernst genommen und über-

prüft?

d) Wurde der in Rede stehende Kommandeur gerügt, und wenn ja, ist das
BMVg der Ansicht, dass eine Rüge gegenüber dieser Person ausreichend
ist, um den Problemen am Standort zu begegnen?

46. Wie verteilen sich die derzeit 275 rechtsextremistischen Verdachtsfälle des
MAD auf die Standorte der Bundeswehr (bitte nach Vorfall, Jahr und Stand-
ort aufschlüsseln)?

Gibt es aus Sicht des BMVg eine Häufung von abgeschlossenen und in Be-
arbeitung befindlichen Fällen an bestimmten Standorten?

Wenn ja, welche Maßnahmen sind diesbezüglich veranlasst worden?
47. Wie soll die von der Bundesverteidigungsministerin angekündigte Überprü-

fung von Kasernennamen der Bundeswehr organisiert werden?

a) Soll es Veränderungen am bisherigen Verfahren geben (bitte auch dieses
noch einmal ausführlich darstellen), und wenn ja, welche?

b) Wie soll die Beteiligung der Soldatinnen und Soldaten vor Ort sowie der
jeweiligen Kommune und Bürgerinnen und Bürger im Rahmen des Pro-
zesses zur Umbenennung gewährleistet werden?

c) Wie sieht das konkrete Vorgehen aus, wenn unterschiedliche Stellen vor
Ort zu anderen Einschätzungen kommen als das BMVg?

d) Wie soll gewährleistet werden, dass einerseits ein bürgernaher Prozess zur
Umbenennung der Kasernen stattfindet, andererseits aber eine Umbenen-
nung bei den zu überprüfenden Kasernen unumgänglich ist, deren Na-
mensgeber Angehörige der Wehrmacht waren und nach Aussagen der
Bundesverteidigungsministerin jenseits des Widerstandes nicht traditi-
onsstiftend für die Bundeswehr sein können?

Drucksache 18/12578 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
e) Trifft es in diesem Zusammenhang zu, dass die Bundesverteidigungs-
ministerin der Bundestagsabgeordneten Kathrin Rösel zugesichert hat,
„dass über die Beibehaltung des Namens Lent-Kaserne vor Ort in Ro-
tenburg entschieden werden kann“ (vgl. http://kathrin-rösel.de/PM-
2016/R%C3%B6sel%3A%20Verteidigungsminister in%20best%C3%A
4tigt%20Beibehaltung%20des%20Namens%20Lent-Kaserne%20.html)?

f) Trifft es dann entsprechend zu, dass die Entscheidung des Rotenburger
Stadtrates, die Lent-Kaserne nicht umzubenennen, seitens des BMVg ak-
zeptiert werde?

Wenn ja, wie ist dies mit Aussagen der Bundesverteidigungsministerin
vereinbar, nach denen die Wehrmacht nicht traditionsstiftend für die Bun-
deswehr sein könne?

g) Wenn nein, ist entsprechend auch für die Lent-Kaserne in Rotenburg eine
Umbenennung geplant?

h) Vor welchem Zeithorizont sollen die Umbenennungen der in Rede ste-
henden Kasernen erfolgen?

48. Bis wann soll nach den Plänen des BMVg die angekündigte Reform des
Wehrdisziplinarwesens erfolgen?

a) An welchen Stellen sieht das BMVg besonderen Reformbedarf?
Woraus speist sich diese Einschätzung zuvorderst?

b) Wie und unter wessen Leitung soll der Prozess zur Überarbeitung des
Wehrdisziplinarwesens erfolgen?

c) Mit welchen Maßnahmen sollen die Kontrollmechanismen in ihrer Wirk-
samkeit und ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden, und sind bei schwer-
wiegenden Verstößen auch Korrekturmechanismen vorgesehen?

49. Ist das BMVg der Ansicht, dass die Beteiligung von Berufssoldatinnen und
Berufssoldaten im Offiziersrang – einschließlich Generalität – bei schweren
Verfehlungen wie Tatenlosigkeit gegenüber rechtsextremistischen Handlun-
gen Konsequenzen wie eine Suspendierung vom Dienst oder eine unehren-
hafte Entlassung zur Folge haben sollte, wie dies teilweise bei Soldatinnen
und Soldaten auf Zeit, insbesondere bei Mannschaften und Feldwebeln der
Fall ist?

a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, welche konkreten Schritte werden in dieser Richtung geprüft

oder eingeleitet?

50. Welche Maßnahmen sollen in den Bereichen Politische Bildung und Ausbil-
dung getroffen werden?

a) In welchen Bereichen sieht das BMVg bei der Politischen Bildung Re-
formbedarf?

b) In welchen Bereichen sieht das BMVg bei der Ausbildung Reformbedarf?
c) Vor welchem Zeithorizont sollen Änderungen in den Bereichen Politische

Bildung und Ausbildung vorgenommen werden?

d) Wie werden diese Änderungen u. a. hinsichtlich Wirksamkeit und Nach-
steuerungsbedarf künftig evaluiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12578

51. Inwiefern soll es zu einer Überprüfung und ggf. Überarbeitung der Prinzipien

der Inneren Führung kommen?

a) Sind die jüngsten rechtsextremistischen Vorfälle rund um Franco A. An-
lass für diese Überarbeitung?

b) So eine Überarbeitung vorgesehen ist, vor welchem Zeithorizont und un-
ter wessen Leitung soll diese erfolgen?

52. Wie und in welcher Form plant das BMVg die Überarbeitung des derzeit
gültigen Traditionserlasses für die Bundeswehr?

a) Inwiefern sollen externe Expertinnen und Experten wie beispielsweise
Historikerinnen und Historiker oder Angehörige einschlägiger Verbände
hinzugezogen werden?

b) Bis wann soll der überarbeitete Traditionserlass vorliegen, wann soll er
Gültigkeit erlangen?

53. In welcher Form soll das Parlament bzw. der Verteidigungsausschuss bei den
einzelnen Reformvorhaben (vgl. Fragen 48 bis 53) eingebunden werden?

Wie wird eine Beteiligung des Parlaments in den letzten verbleibenden Sit-
zungswochen der 18. Wahlperiode sichergestellt, und welche Maßnahmen
trifft das BMVg generell vor dem Hintergrund, dass eine Reihe von Refor-
men und Untersuchungsvorhaben über die Dauer der jetzigen Legislaturpe-
riode hinausgehen?

54. Plant das BMVg weiterhin, den Kriminologen Prof. Dr. Christian Pfeiffer
mit der Durchführung einer so genannten Dunkelfeldstudie zu sexuellen
Übergriffen, Mobbing, Aufnahmeritualen usw. zu beauftragen?

a) Wenn ja, inwiefern teilt das BMVg Vermutungen von Prof. Dr. Christian
Pfeiffer, nach denen er bei seinen Untersuchungen erwarte, auf sexuelle
Orgien und Vergewaltigungen zu stoßen (vgl. www.dbwv.de/dbwv-info-
portal/politik-verband/beitrag/news/wut-und-unverstaendnis-nach-von-
der-leyen-interview/)?

b) Ist das BMVg der Ansicht, dass die Aussagen von Prof. Dr. Christian
Pfeiffer, noch bevor er mit den Arbeiten an der Dunkelfeldstudie begon-
nen hat, die Durchführung seiner Arbeit belasten könnten?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 30. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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