BT-Drucksache 17/8153

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drucksache 17/7711 - Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011

Vom 13. Dezember 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8153
17. Wahlperiode 13. 12. 2011

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, Karin Binder, Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen
Bockhahn, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Barbara Höll, Dr. Lukrezia Jochimsen, Harald
Koch, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Michael Leutert,
Stefan Liebich, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Petra Pau,
Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Sabine Stüber,
Alexander Süßmair, Frank Tempel, Sahra Wagenknecht, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 17/7711 –

Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2011

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Obwohl die Ostdeutschen in den zurückliegenden gut zwei Jahrzehnten unter
solidarischer Begleitung der Westdeutschen große Leistungen dabei erbracht
haben, sich in zunächst völlig neue gesellschaftliche, politische und ökono-
mische Strukturen einzubringen und zu integrieren, klafft auch im 21. Jahr der
deutschen Einheit eine erhebliche Lücke in der ökonomischen Leistungskraft
und in den sozialen Verhältnissen zwischen Ost und West. Dies konstatiert auch
der vorliegende Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen
Einheit 2011. Eine anhaltend doppelt so hohe Erwerbslosenquote, eine Ein-
kommenshöhe von lediglich gut 80 Prozent des Westniveaus, die anhaltende
Rentenungerechtigkeit, ein doppelt so großer Niedriglohnsektor in den ostdeut-
schen Βundesländern werden dem grundgesetzlichen Auftrag gleichwertiger
Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht.
Im Gegenteil: Die tatsächliche Politik der Bundesregierung zieht gerade im Os-
ten Deutschlands gravierende Folgen nach sich. Der ausufernde Niedriglohn-
sektor führt einerseits zu weitverbreiteter Kinderarmut in den ostdeutschen
Βundesländern, andererseits ist eine zunehmende Altersarmut im Entstehen be-

griffen. So ist die Lebenserwartung männlicher ostdeutscher Niedriglohnemp-
fänger in den zurückliegenden zehn Jahren um 3,8 Jahre zurückgegangen.

Anstatt den Erfahrungsvorsprung der Ostdeutschen, etwa beim Stadtumbau,
beim Vorantreiben erneuerbarer Energien, bei der Vereinbarkeit von Familie
und Arbeit, bei der flächendeckenden Gesundheitsversorgung und der Mobi-
lität in ländlichen Räumen zu nutzen und im Westen fruchtbar zu machen, wird
die Bundesregierung im Jahr 2012 bei für die ostdeutsche Entwicklung ent-

Drucksache 17/8153 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
scheidenden Programmen wie etwa der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und bei der Städtebauförderung Kürzungen
vornehmen.

Eine Idee, geschweige denn ein schlüssiges Konzept dafür, wie es gelingen
kann, Ostdeutschland auf ökonomische und soziale Augenhöhe zu heben und
gleichwertige Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland herzustel-
len, stellt die Bundesregierung in ihrem Bericht nicht vor. Stattdessen verab-
schiedet sich die Bundesregierung klammheimlich von den an sie selbst gestell-
ten und im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP festgeschriebenen
Ansprüchen bezüglich Ostdeutschlands. Von einer Vereinheitlichung der Ren-
tenberechnung Ost und West noch in dieser Legislaturperiode jedenfalls hat sich
die Bundesregierung offenbar verabschiedet. Das wäre ein offener Bruch des
Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. einen Gesetzentwurf zur Beendigung noch bestehender Benachteiligungen
Ostdeutscher beim Rentenrecht vorzulegen;

2. in zukünftig vorzulegenden Gesetzentwürfen wie etwa zur Einführung eines
Mindestlohns die Trennung von Ost und West aufzuheben und eine Gleich-
behandlung der Bürgerinnen und Bürger in Ost und West vorzunehmen;

3. den ostdeutschen Erfahrungsvorsprung beim sozial-ökologischen Umbau,
dem Ausbau der erneuerbaren Energien, der Kinderbetreuung, der Gesund-
heitsversorgung und der Mobilität in ländlichen Räumen für alle Bundeslän-
der zu nutzen.

Berlin, den 13. Dezember 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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