Vom 23. November 2010
Deutscher Bundestag Drucksache 17/3909
17. Wahlperiode 23. 11. 2010
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Alexander Bonde, Sven-Christian
Kindler, Stephan Kühn, Fritz Kuhn, Thilo Hoppe, Dr. Frithjof Schmidt,
Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Uwe Kekeritz,
Katja Keul, Maria Klein-Schmeink, Ute Koczy, Tom Koenigs, Agnes Malczak,
Kerstin Müller (Köln), Ingrid Nestle, Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth
(Augsburg), Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Hans-Christian Ströbele, Dr. Harald Terpe und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/2500, 17/2502, 17/3519, 17/3523, 17/3524, 17/3525 –
Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011
(Haushaltsgesetz 2011)
hier: Einzelplan 23
Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Deutschland hält seine internationalen Verpflichtungen ein und stellt im Jahr
2011 Mittel in Höhe von 0,55 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE)
für die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe bereit. Bis zum
Jahr 2015 wird dieser Beitrag kontinuierlich auf 0,7 Prozent des BNE gestei-
gert.
Zusätzlich werden Mittel für Anpassung und Klimaschutz in Entwicklungslän-
dern in Höhe von 650 Mio. Euro bereitgestellt.
Die Flugticketabgabe wird auf das britische Niveau angehoben und um
1,3 Mrd. erhöht.
Drucksache 17/3909 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Um die Erreichung des 0,55-Prozent-Ziels zu ermöglichen:
● werden folgende Ansätze im Bundeshaushalt 2011 erhöht:
Einzel-
plan
Kapitel Titel Zweckbestimmung Betrag
Regierungs-
entwurf 2011
Veränderung
In T€
Ziel HH 2011
In T€
05 02 687 72 Für humanitäre Hilfsmaßnahmen im
Ausland
76 807 77 193 150 000
05 02 687 73 Demokratisierungs- und Ausstattungs-
hilfe, Maßnahmen zur Förderung der
Menschenrechte
10 237 14 763 25 000
05 02 687 74 Unterstützung von internationalen Maß-
nahmen auf den Gebieten Krisenpräven-
tion, Friedenserhaltung und Konflikt-
bewältigung durch das Auswärtige Amt
90 311 84 689 175 000
05 02 Neuer
Titel
Ressortkreis Zivile Krisenprävention 0 25 000 25 000
05 02 687 77 Maßnahmen der Abrüstung, Rüstungs-
kontrolle und Nichtverbreitungszusam-
menarbeit
41 778 18 222 60 000
05 02 687 80 Maßnahmen der regionalen Zusammen-
arbeit
12 410 11 590 24 000
05 04 681 11 Stipendien, Austauschmaßnahmen und
Beihilfen für Nachwuchswissenschaft-
ler, Studierende und Hochschulprakti-
kanten aus dem Ausland sowie Betreu-
ung und Nachbetreuung
129 380 20 000 149 380
05 04 739 31 Große Neu-, Um- und Erweiterungs-
bauten
9 450 1 000 10 450
05 04 687 40 Goethe-Institut e. V., München –
Betrieb und operative Mittel
202 845 7 800 210 645
06 02 Neuer
Titel
Ressortkreis Zivile Krisenprävention 0 25 000 25 000
10 02 687 07 Zusammenarbeit mit der Welternäh-
rungsorganisation (FAO) und anderen
internationalen Organisationen im
Agrar- und Ernährungsbereich
14 750 1 000 15 750
11 02 532 01 Kosten der internationalen Zusammen-
arbeit auf dem Gebiet der Arbeits- und
Sozialpolitik
300 200 500
14 02 Neuer
Titel
Ressortkreis Zivile Krisenprävention 0 25 000 25 000
15 02 687 86 Beiträge an internationale Organisatio-
nen
30 293 33 000 63 293
23 02 684 01 Förderung der entwicklungspolitischen
Bildung
12 000
VE 4 500
5 000
VE 3 500
17 000
VE 8 000
23 02 685 01 Berufliche Aus- und Fortbildung 45 000
VE 41 900
15 000
VE 12 000
60 000
VE 53 900
23 02 685 08 Zuschüsse an integrierte Fachkräfte und
rückkehrende Fachkräfte
57 5000
VE 42 000
7 500
VE 8 000
65 000
VE 50 000
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3909
23 02 687 01 Beiträge an die Vereinten Nationen,
ihre Sonderorganisationen sowie andere
internationale Einrichtungen und inter-
nationale Nichtregierungsorganisationen
107 286
VE 33 000
225 565
VE 0
332 851
VE 33 000
23 02 687 02 Ziviler Friedensdienst 29 000
VE 25 230
11 000
VE 14 770
40 000
VE 40 000
23 02 687 03 Förderung der Sozialstruktur 41 520
VE 31 500
10 000
VE 10 500
51 520
VE 42 000
23 02 687 04 Förderung der entwicklungspolitischen
Vorhaben der politischen Stiftungen
233 000
VE 220 500
17 000
VE 5000
250 000
VE 225 500
23 02 687 06 Förderung entwicklungspolitischer
Vorhaben privater deutscher Träger
58 000
VE 47 000
10 000
VE 0
68 000
VE 47 000
23 02 687 11 Entwicklungspartnerschaften mit der
Wirtschaft
60 000
VE 45 000
-10 000
VE -8 000
50 000
VE 37 000
23 02 687 14 Entwicklungspolitischer Freiwilligen-
dienst
30 000
VE 27 000
10 000
VE 13 000
40 000
VE 40 000
23 02 687 20 Entwicklungsorientierte Not- und Über-
gangshilfe
129 000
VE 30 000
202 000
VE 20 000
331 000
VE 50 000
23 02 687 23 Beteiligung am Welternährungs-
programm
23 008
VE 0
29 492
VE 95 000
52 500
VE 95 000
23 02 687 38 Förderung der internationalen Agrar-
forschung
20 000
VE 18 000
12 000
VE 7 000
32 000
VE 25 000
23 02 836 07 Internationaler Fonds für landwirt-
schaftliche Entwicklung (IFAD)
15 815 10 000 25 815
23 02 866 01 Bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit 1 704 800
VE 1 550 000
200 000
VE 973 000
1 904 800
2 523 000
23 02 896 01 Bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit
mit den Regionen
90 000
VE 80 000
60 000
VE 70 000
150 000
VE 150 000
23 02 896 03 Bilaterale Technische Zusammenarbeit 864 000
VE 820 000
210 300
VE 140 000
1 074 300
VE 1 304 000
23 02 896 04 Förderung entwicklungspolitischer
Vorhaben der Kirchen
205 000
VE 189 000
20 500
VE 11 200
225 500
VE 200 200
23 02 896 07 Beitrag an den Globalen Fonds zur
Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose
und Malaria (GFATM)
200 000
VE 0
100 000
VE 600 000
300 000
VE 600 000
23 02 Neuer
Titel
Wiederaufbau nach dem Erdbeben
in Haiti
0
VE 0
100 000
VE 100 000
100 000
VE 100 000
23 02 Neuer
Titel
Wiederaufbauhilfe nach Flut in Pakistan 0
VE 0
120 000
VE 120 000
120 000
VE 120 000
23 02 Neuer
Titel
Ressortkreis Zivile Krisenprävention 0 25 000 25 000
30 02 681 01 Studenten- und Wissenschaftleraus-
tausch sowie internationale Hochschul-
und Wissenschaftskooperation
110 010 10 700 120 710
30 04 685 30 Gesundheit und Medizin 175 032 40 000 215 032
Summe 1 785 514
Einzel-
plan
Kapitel Titel Zweckbestimmung Betrag
Regierungs-
entwurf 2011
Veränderung
In T€
Ziel HH 2011
In T€
VE 2 538 970
Drucksache 17/3909 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
● werden Förderkredite zur Finanzierung entwicklungspolitisch förderungs-
würdiger Vorhaben der bilateralen Finanziellen Zusammenarbeit unter den
Gewährleistungsrahmen des Bundes aufgenommen und
● der Gewährleistungsrahmen des Bundes für entwicklungspolitische Kredite
um 1,4 Mrd. auf 7,12 Mrd. Euro erhöht.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
● den Bundeshaushalt 2011 so zu bewirtschaften, dass das 0,55-Prozent-Ziel
auch tatsächlich realisiert wird,
● aus der zusätzlich eingeräumten Verpflichtungsermächtigung für die bilate-
rale Finanzielle Zusammenarbeit zusätzliche zinsverbilligte Kredite der KfW
Bankengruppe in Höhe von 400 Mio. Euro in 2011 für Entwicklungsländer
bereitzustellen und
● sich dafür einzusetzen, dass die Bundesländer und die Europäische Union
ihre Anstrengungen für die Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls verstär-
ken.
Berlin, den 22. November 2010
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Begründung
Auf dem Millenniumsgipfel 2000 in New York hat Deutschland gemeinsam mit
den anderen Industrieländern das Versprechen bestätigt und konkretisiert, bis
2015 mindestens 0,7 Prozent des BNE für Entwicklungszusammenarbeit und
humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Innerhalb der EU hat Deutschland
zugesagt, bis 2011 Mittel in Höhe von 0,55 Prozent des BNE für die Entwick-
lungszusammenarbeit bereitzustellen.
2009 lag die deutsche Quote der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit
(Official Development Assistance; ODA-Quote) bei 0,35 Prozent des BNE, für
2010 wird mit einer Quote von 0,4 Prozent gerechnet. Mit dem vorgelegten
Haushaltsentwurf bricht Deutschland seine internationale Zusage für die Ent-
wicklungszusammenarbeit. Die schwarz-gelbe Bundesregierung verspielt damit
Deutschlands Ruf als international verlässlicher Partner.
Die Bundesregierung hält offiziell an dem Ziel fest, 2015 0,7 Prozent des BNE
für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Diese Aussage verkommt al-
lerdings zu einem unglaubwürdigen Lippenbekenntnis angesichts des Bruchs
des Versprechens im Jahr 2010 0,51 Prozent bereitzustellen und dem stagnieren-
den Entwicklungshaushalt 2011. Denn ohne einen stetigen starken jährlichen
Aufwuchs der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit ist das 0,7-Prozent-
Ziel bis 2015 nicht zu erreichen.
Zusätzliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit werden dringend ge-
braucht, um die Millenniumsentwicklungsziele (u. a. Halbierung des Anteils der
Hungernden, Eindämmung von AIDS, Verbesserung der Grundbildung und
Trinkwasserversorgung in den Entwicklungsländern) zu erreichen. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht zur internationalen Zusage Deutschlands
und hat in den Haushaltsberatungen aufgezeigt, wie das 0,55-Prozent-Ziel trotz
schwieriger Ausgangslage 2011 eingehalten werden kann.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/3909
Die eingebrachten Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
umfassen insgesamt eine Erhöhung der Barmittel um 1,785 Mrd. (Bundesminis-
terium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: 1,39 Mrd.; Aus-
wärtiges Amt: 260 Mio., Bundesministerium für Bildung und Forschung:
50 Mio., Bundesministerium für Gesundheit: 33 Mio.; Bundesministerium der
Verteidigung: 25 Mio.; Bundesministerium des Innern: 25 Mio.). Des Weiteren
umfasst der ODA-Plan der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 400 Mio.
Euro zusätzliche zinssubventionierte Kredite der KfW Bankengruppe, die aus
dem Aufwuchs der Verpflichtungsermächtigung für die bilaterale Finanzielle
Zusammenarbeit realisiert werden können und 1 Mrd. Euro Förderkredite der
KfW Bankengruppe, die durch Aufnahme unter den Gewährleistungsrahmen des
Bundes ODA-fähig werden. Um diese zusätzlichen Mittel zu ermöglichen wird
der Gewährleistungsrahmen des Bundes für entwicklungspolitische Kredite um
1,4 Mrd. auf 7,12 Mrd. Euro erhöht.
In der Summe ist es möglich, mindestens 3,2 Mrd. mehr ODA-Mittel 2011 zu
verausgaben als von der Bundesregierung geplant. Wenn die EU (ein Teil des
EU-Haushalts ist für deutsche ODA-Quote anrechnungsfähig) und die Bundes-
länder ihre Anstrengungen für die Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls stär-
ken, kann Deutschland 2011 das 0,55-Prozent-Ziel erreichen und damit seine
internationale Zusage einhalten und seiner globalen Verantwortung gerecht
werden.
Gegenfinanziert werden die notwendigen Mehrausgaben durch die Erhöhung
der Flugticketabgabe auf britisches Niveau und den Abbau umweltschädlicher
Subventionen.