BT-Drucksache 17/3041

Unlautere Telefonwerbung effektiv verhindern

Vom 28. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3041
17. Wahlperiode 28. 09. 2010

Antrag
der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder,
Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus,
Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, Katrin Kunert, Sabine Leidig, Michael Leutert,
Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Petra Pau,
Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Raju Sharma, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Unlautere Telefonwerbung effektiv verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit August 2009 soll das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung
und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen
Verbraucherinnen und Verbraucher vor Belästigung durch unerwünschte Werbe-
anrufe und vor dem Unterschieben von Verträgen im Zuge solcher Telefonate
schützen. Die Erfahrungen der Verbraucherinnen und Verbraucher seit Inkraft-
treten der neuen Regelungen belegen jedoch, dass das Problem unvermindert
besteht. Der Strom unerwünschter Anrufe reißt nicht ab, wie auch die weiter-
hin hohen Beschwerdezahlen bei der Bundesnetzagentur und den Verbraucher-
zentralen zeigen.

Die Bundesnetzagentur wird ihrer Regulierungsfunktion kaum gerecht, da sie
präventiv wenig zur Verhinderung unerlaubter Telefonwerbung unternimmt
(vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/2694).

Der Deutsche Bundestag kritisiert, dass Erwerbslose von Arbeitsagenturen und
Grundsicherungsträgern unter Androhung von Bezugskürzungen ungeprüft zur
Arbeitsaufnahme bei unseriösen Callcentern, die illegale Telefonwerbung be-
treiben, verpflichtet werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der folgende Regelungen
enthält:

● ein im Rahmen eines unerlaubten Telefonanrufes geschlossener Vertrag
wird erst nach schriftlicher Bestätigung des Verbrauchers bzw. der Ver-
braucherin wirksam;

● eine gesetzliche Klarstellung, dass eine ausdrückliche Einwilligung zur
Telefonwerbung nicht pauschal im Wege Allgemeiner Geschäftsbedin-
gungen (AGB) erfolgen kann;

Drucksache 17/3041 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
● die Geldbußen bei Verstößen gegen das Verbot der unlauteren Telefonwer-
bung sowie Rufnummernunterdrückung werden auf bis zu 250 000 Euro
erhöht;

● zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung werden Sammelklagen ermög-
licht. Auch bei grob fahrlässigem Verhalten unlauterer Telefonwerber
muss ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegeben sein. Die staatlichen Ein-
nahmen aus Gewinnabschöpfung sind gemeinnützig zu verwenden und
sollen insbesondere den Verbraucherverbänden zufließen;

2. die Bundesnetzagentur zu verpflichten, vor Zuteilung von Rufnummern das
Geschäftsmodell eines Unternehmens auf Einhaltung von Verbraucher-
schutzvorschriften zu prüfen und stärker von sich aus Ermittlungen zur
Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung durchzuführen;

3. sich im Rat der Europäischen Union und bei der Europäischen Kommission
dafür einzusetzen, dass unlautere Telefonwerbung auf europäischer Ebene
verboten wird;

4. zu regeln, dass Arbeitsagenturen und Grundsicherungsträger Erwerbslose
nicht in unseriöse Callcenter vermitteln dürfen, die unlautere Telefonwer-
bung betreiben.

Berlin, den 28. September 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Bereits bei Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefon-
werbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Ver-
triebsformen hatten Verbraucherverbände, Fachexpertinnen und Fachexperten
und Teile der Opposition im Deutschen Bundestag auf die eklatanten gesetzli-
chen Mängel hingewiesen. Die Kritik an der Wirksamkeit des Gesetzes hat sich
bestätigt, wie die Zwischenbilanz der bundesweiten Erhebung „Unlautere Tele-
fonwerbung“ der Verbraucherzentralen am 14. Juli 2010 offenbart: 80 Prozent
der von unerlaubten Anrufen betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher
haben nicht vorab eingewilligt. In mindestens 22 Prozent der Fälle wurde die
Rufnummer unterdrückt. Einem Drittel der Angerufenen wurde ein Vertrag un-
tergeschoben.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher wird es aufgrund technischer Entwick-
lungen immer schwerer, unlautere Telefonwerbung zu erkennen. Betrüger agie-
ren europaweit. Sie werden immer dreister, indem sie z. B. Rufnummernanzei-
gen mit der richtigen Servicenummer der Verbraucherzentralen manipulieren.

Nach § 10 UWG ist es Verbraucherverbänden möglich, die Herausgabe von
unrechtmäßig erlangten Gewinnen unlauter handelnder Unternehmen einzukla-
gen. Der Gewinnabschöpfungsanspruch trägt wesentlich zur Unterbindung
massenhafter unerlaubter Telefonwerbung bei. Voraussetzung für die Geltend-
machung ist jedoch ein vorsätzlicher Werbeanruf. Der ist jedoch dann nicht
gegeben, wenn der Anrufende sich darauf beruft, bei Datenerhalt bzw. Daten-
kauf nicht gewusst zu haben, dass die betroffenen Verbraucherinnen und Ver-
braucher in die Telefonwerbung nicht eingewilligt haben. Wer falschen Anga-
ben eines Datenlieferanten ungeprüft vertraut, handelt regelmäßig nur (grob)
fahrlässig und nicht vorsätzlich.

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