BT-Drucksache 17/239

Keine Privatisierung von Äckern, Seen und Wäldern

Vom 15. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/239
17. Wahlperiode 15. 12. 2009

Antrag
der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine
Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm,
Steffen Bockhahn, Dr. Martina Bunge, Roland Claus, Diana Golze, Katrin Kunert,
Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Thomas Lutze, Kornelia Möller,
Wolfgang Neskovic, Thomas Nord, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten
Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair und der Fraktion DIE LINKE.

Keine Privatisierung von Äckern, Seen und Wäldern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Privatisierung von Seen und Gewässern durch die bundeseigene BVVG
(Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH) stößt auf zunehmenden grund-
sätzlichen Widerstand in der Bevölkerung.

Mit den Bodenverkäufen und -verpachtungen hat die BVVG insbesondere in
den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg eine den
Bodenmarkt in Ostdeutschland dominierende Stellung eingenommen.

Bodenpreise und Verkäufe nach der Höchstgebotsregelung haben zu überpro-
portional ansteigenden Wertfestsetzungen für land- und forstwirtschaftliche
Flächen geführt, die auch auf die Pachtpreise Auswirkungen haben.

Über eine reguläre land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung nach guter
fachlicher Praxis sind notwendige Kapitalerträge zur Finanzierung von BVVG-
Flächenkäufen nicht mehr zu realisieren.

Externe Kapitalgeber aus nicht landwirtschaftlichen Sektoren nehmen mit ihren
Geboten zunehmend Einfluss auf die Bodenmärkte und gefährden durch Bo-
denspekulation einen sektoral verträglichen Strukturwandel in der Landwirt-
schaft.

Die Notwendigkeit eines Verkaufs von Seen sowie land- und forstwirtschaft-
lichen Flächen aus den Beständen der BVVG ist nicht zwingend gegeben.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● einen Gesetzentwurf zur Änderung des Treuhandgesetzes und entsprechender
Folgegesetze mit dem Ziel des Stopps weiterer Privatisierungen aus den Be-

ständen der bundeseigenen BVVG von land- und forstwirtschaftlichen Flä-
chen sowie von Seen und Kleingewässern vorzulegen;

● zu prüfen, unter welchen gesetzlichen Bedingungen erreicht werden kann,
dass Seen aus dem Bundeseigentum kostenlos an zugehörige Länder und
Kommunen übertragen werden können mit der Auflage, diese Gewässer im
öffentlichen Eigentum zu belassen;

Drucksache 17/239 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

● für die Verpachtung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen und Gewäs-
ser einen langfristig ausgerichteten Kriterienkatalog zu erarbeiten, der agrar-
strukturelle, regionale und öffentliche Belange berücksichtigt und Bedingun-
gen für eine nachhaltige Bewirtschaftung enthält;

● Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass besonders Pachtverträge für land-
und forstwirtschaftliche Flächen langfristig abgeschlossen werden können,
um den Pächtern durch verlässliche Bedingungen eine nachhaltige Nutzung
der Flächen zu ermöglichen;

● ab sofort Verkäufe von Flächen und Seen bis zur Verabschiedung eines lang-
fristig geltenden Änderungsgesetzes des Flächenerwerbsänderungsgesetzes
durch ein Moratorium auszusetzen.

Berlin, den 15. Dezember 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Öffentliche Verkäufe von Agrar- und Forstflächen sowie Seen und Gewäs-
sern durch die BVVG bringen schwerwiegende Folgewirkungen vor allem in
den ländlichen Regionen der ostdeutschen Bundesländer mit sich. So hat die
Marktstellung der BVVG als größte Verkäuferin von land- und forstwirt-
schaftlichen Nutzflächen den Bodenmarkt in den ostdeutschen Bundeslän-
dern geprägt. Verkäufe nach Höchstgebot haben die Preisentwicklung für
Agrarimmobilien bestimmt und die Preise in Höhen getrieben, die in Verbin-
dung mit einer nachhaltigen Landbewirtschaftung nicht mehr zu rechtferti-
gen sind.

Die Privatisierung von Seen durch die BVVG stößt auf eine zunehmende öf-
fentliche Ablehnung. So haben sich in Brandenburg alle großen Landtagsfrak-
tionen bereits öffentlich für ein Aussetzen der Seenprivatisierung ausgespro-
chen. Mecklenburg-Vorpommern hat mit Unterstützung der CDU- und SPD-
Landtagsfraktionen eine Bundesratsinitiative gegen die Seenprivatisierung an-
gekündigt mit dem Ziel, gänzlich auf eine Privatisierung von Gewässerflächen
zu verzichten. Gleichzeitig erfährt die Petition zum Stopp der Seenprivatisie-
rung mit über 85 000 Unterschriften eine breite öffentliche Unterstützung.

Kommunen können in der Regel als Bieter aus finanziellen Gründen nicht auf-
treten, da die knappen kommunalen Kassen die Möglichkeit nicht zulassen.

Der nur einmal mögliche Verkauf aus öffentlichem Besitz bringt nur einen
kurzfristigen finanziellen Vorteil für den Bundeshaushalt. Der Imageverlust
durch den Verkauf des öffentlichen Eigentums wiegt schwer und mindert die
touristische Attraktivität der Seenlandschaften. Gewässer haben darüber hinaus
eine unschätzbare Bedeutung für die Allgemeinheit in Bezug auf Naturschutz,
Fischerei, Angelsport und Naherholung. Durch die Privatisierung verursachte
Nutzungseinschränkungen sind nicht akzeptabel.

Langfristig wirken die Verkäufe der Seen und Gewässer sowie der Agrar- und
Forstflächen für die wirtschaftliche und ländliche Entwicklung in den ostdeut-
schen Bundesländern nachteilig. Als Alternative muss die langfristige Siche-
rung der Seen und Flächen in öffentlichem Eigentum gewährleistet bleiben. Ein
Stopp der Seen- und Flächenprivatisierung würde auch gegenüber bisherigen

Käufern keine Wettbewerbsbenachteiligung darstellen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/239

Die gesetzliche Grundlage für die Privatisierung der ehemals volkseigenen Flä-
chen und Seen bildet das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des
volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) aus dem Jahr 1990. Um weitere
Verkäufe gesetzlich zu unterbinden, sind das Treuhandgesetz, das Entschädi-
gungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) sowie das Flächenerwerbsände-
rungsgesetz zu ändern bzw. anzupassen.

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