BT-Drucksache 17/13229

Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ohne Beschlussfassung des Deutschen Bundestages und Bundesrates verhindern

Vom 23. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13229
17. Wahlperiode 23. 04. 2013

Antrag
der Abgeordneten Herbert Behrens, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Dr. Dagmar
Enkelmann, Dr. Barbara Höll, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Ralph
Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller,
Jens Petermann, Richard Pitterle, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair und der Fraktion DIE LINKE.

Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ohne
Beschlussfassung des Deutschen Bundestages und Bundesrates verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die deutsche See- und Binnenschifffahrt ist auf den Erhalt und die Moderni-
sierung eines leistungsfähigen Wasserstraßennetzes angewiesen. Für eine zu-
kunftsfähige Infrastrukturplanung ist zudem eine leistungsfähige, effiziente,
ökologisch ausgerichtete und zugleich wirtschaftlich arbeitende Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) erforderlich.

2. Die Umstrukturierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung per Organisa-
tionserlass anstatt durch ein Zuständigkeitsgesetz zu regeln, berücksichtigt
die Belange der Bundesländer nicht. Eine Länderbeteiligung ist mit dem jetzt
gewählten Verfahren nicht möglich. Deshalb haben die Länder verfassungs-
rechtliche Zweifel angemeldet.

3. Die vorgesehene Trennung der Wasser- und Schifffahrtsämter in Ämter für
Betrieb und Unterhaltung einerseits und Ämter mit revierbezogenen Aufga-
ben andererseits führt zu zusätzlichen Schnittstellen, Mehraufwand und zu
einer geminderten Leistungsfähigkeit der Bundeswasserstraßen. Der Abbau
der regionalen Zentralen (Wasser- und Schifffahrtsdirektionen) führt zum
Verlust regionaler Kompetenz. Die im Zusammenhang mit der Neuordnung
der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes vorgelegte Kategorisie-
rung der Wasserstraßen des Bundes ist nicht in Gänze nachvollziehbar und
bedarf der Überarbeitung.

4. Die geplante organisatorische Umgestaltung der Wasser- und Schifffahrts-
verwaltung des Bundes wird den Anforderungen der Länder nicht gerecht.
Insbesondere besteht die Gefahr, dass durch die Abschaffung der regionalen

Wasser- und Schifffahrtsdirektionen das regionalspezifische „Know-how“ ver-
lorengeht.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den zum 1. Mai 2013 in Kraft tretenden Errichtungserlass des Bundesminis-
teriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Gründung einer General-

Drucksache 17/13229 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
direktion Wasserstraßen und Schifffahrt – Aktenzeichen Z 32/2215.17/29 zu-
rückzunehmen;

2. die Anpassung der Zuständigkeiten der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen
sowie die übrige organisatorische Umgestaltung der Wasser- und Schiff-
fahrtsverwaltung des Bundes nicht durchzuführen;

3. auf Basis eines ergebnisoffenen Dialogs mit den Bundesländern, den Be-
schäftigten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sowie den
Trägern öffentlicher Belange, einen Gesetzentwurf für eine alternative, zu-
kunftsfähige Gestaltung der Wasserstraßeninfrastruktur und ihrer Verwaltung
vorzulegen.

Berlin, den 23. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung stellt in seinem
Bericht an die Bundesregierung fest: „Der Entwurf eines Zuständigkeitsanpas-
sungsgesetzes wurde erarbeitet. Die Bundesressorts, sowie die Bundesländer
und Verbände/Gewerkschaften wurden angehört. Die Kritik von Ländern, Ver-
bänden und Gewerkschaften bezog sich auf die WSV-Reform an sich, insbeson-
dere die Auflösung der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen […]“ (Ausschuss-
drucksache 17(15)518, S. 2).

Dennoch wird seitens der Bundesregierung an der Errichtung der Generaldirek-
tion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) und der Umwandlung der Wasser-
und Schifffahrtsdirektionen zu Außenstellen der GDWS festgehalten und soll
als Organisationserlass, Aktenzeichen Z 32/2215.17/29 ohne Zustimmung des
Bundesgesetzgebers verfügt werden mit dem Hinweis, „Die Zuständigkeitsan-
passungen können zu einem späteren Zeitpunkt rechtlich ‚nachgezeichnet‘ wer-
den“ (ebd.).

Die Konferenz der Verkehrsminister aller Bundesländer am 10. und 11. April
2013 in Flensburg erneuerte die Kritik vom 4. Oktober 2012 an der Reform und
beschloss die in Abschnitt I Nummer 2 bis 4 genannten Forderungen.

Da die derzeitige organisatorische Umgestaltung der Wasser- und Schifffahrts-
verwaltung des Bundes gegen den erklärten Willen der Bundesländer stattfindet,
würde eine notwendige Nachzeichnung durch ein Zuständigkeitsanpassungs-
gesetz auch später keine Mehrheit in der Länderkammer erhalten. Die Bundes-
regierung sollte daher die Rechtsunsicherheit durch Unwirksamkeit der organi-
satorischen Umgestaltung vermeiden und auf die Maßnahmen verzichten.

Eine Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes unter Berück-
sichtigung einer ökologischen Ausrichtung der Verwaltung ist nur zu erreichen,
wenn das vorhandene „Know-how“ umfassend in den Reformprozess einbezo-
gen wird und den Anforderungen der EU an eine ökologische Gewässerschutz-
politik gerecht wird. Für die Ausgestaltung eines alternativen Umbaus der WSV
wird auf den Antrag „Kein Personalabbau bei der Wasser- und Schifffahrtsver-
waltung – Aufgaben an ökologischer Flusspolitik ausrichten“ (Bundestags-
drucksache 17/5548) verwiesen.

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