BT-Drucksache 17/12840

Stromsteuer senken für eine konsequent sozial-ökologische Energiewende

Vom 19. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12840
17. Wahlperiode 19. 03. 2013

Antrag
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dorothee Menzner, Caren Lay,
Dr. Barbara Höll, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Werner Dreibus,
Katrin Kunert, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Ulla Lötzer,
Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens Petermann,
Richard Pitterle, Ingrid Remmers, Michael Schlecht, Dr. Ilja Seifert, Kersten
Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Axel Troost, Johanna Voß und
der Fraktion DIE LINKE.

Stromsteuer senken für eine konsequent sozial-ökologische Energiewende

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der erforderliche Umbau der Energieversorgung wird nur gelingen, wenn er
sozial gestaltet wird. Derzeit gehen die Energiewende-Kosten über den
Strompreis überdurchschnittlich zu Lasten privater Haushalte sowie kleiner
und mittlerer Unternehmen. Zusätzlich zur Abschaffung unberechtigter
Industrie-Privilegien von Energieabgaben ist eine schnelle Entlastung der
privaten Haushalte von staatlichen Abgaben erforderlich. Ansonsten droht
der Strompreisanstieg in einen Ausbaustopp für erneuerbare Energien zu
münden, wie es der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit Peter Altmaier und der Bundesminister für Wirtschaft und Techno-
logie Dr. Philipp Rösler vorschlagen.

2. Eine Absenkung der Stromsteuer auf 0,5 Cent pro Kilowattstunde würde zu
jährlichen Mindereinnahmen des Bundes von etwa 2,2 Mrd. Euro führen.
Dadurch würde den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Teil jener
Mehreinnahmen des Staates zurück gegeben, die die öffentliche Hand in den
letzten Jahren infolge der gestiegenen Strom- und Kraftstoffpreise einge-
nommen hat. Eine Reduzierung der Industrie-Privilegien bei der Energie-
und Stromsteuer würde zudem zu Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt
in Milliardenhöhe führen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzentwurf vorzulegen, um

1. die Stromsteuer für private Haushalte von 2,05 Cent auf 0,5 Cent pro Kilo-
wattstunde abzusenken;

Drucksache 17/12840 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. eine effektive, staatliche Aufsicht über das Endkundengeschäft einzuführen.
Dieser Preisaufsicht soll ein Beirat mit Vertreterinnen und Vertretern von
Verbraucher-, Sozial- und Umweltverbänden zur Seite gestellt werden.

Berlin, den 19. März 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte hat sich seit dem Jahr
2001 bis heute verdoppelt. Nach Abschaffung der staatlichen Strompreis-
aufsicht im Jahr 2007 erzielen Stromversorger dadurch zusätzliche Sonder-
profite zu Lasten der Haushaltskundinnen und -kunden. Auch die in vielen
Fällen ungerechtfertigten Befreiungen der energieintensiven Industrie von den
Energiewende-Kosten gehen zu Lasten von Privathaushalten sowie kleinen und
mittleren Unternehmen. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist nur für ein
Drittel der Strompreissteigerung verantwortlich.

Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter
Altmaier, und der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp
Rösler, haben eine Deckelung der Erneuerbare-Energien-Umlage (EEG-Um-
lage) vorgeschlagen. Diese vermeintliche „Strompreisbremse“ ist de facto eine
Erneuerbare-Energien-Bremse. Nach der schwarz-gelben Blockadepolitik in
Brüssel gegen ambitionierte Klimaschutzziele und Energieeffizienzmaßnahmen
soll nun mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz der – bei aller Reformbedürftig-
keit – letzte funktionierende Baustein der Energiewende zerstört werden.

Ein Festhalten am konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien ist jedoch nicht
zum Nulltarif zu haben. Ein weiterer Anstieg der EEG-Umlage erfordert eine
Entlastung von anderen Steuern und Umlagen. Denn Verbrauchssteuern wie die
Stromsteuer haben ähnlich wie die Umlage für den Ausbau erneuerbarer
Energien und die Netzentgelte eine soziale Schieflage. Sie belasten insbeson-
dere Haushalte mit niedrigem Einkommen, haben diese doch im Vergleich zu
ihrem Gesamteinkommen eine deutlich höhere Konsumquote als Gutver-
dienende. Dazu kommt, dass die Verknüpfung der im Rahmen der ökologischen
Steuerreform eingeführten Stromsteuer mit der Senkung der Rentenbeiträge vor
allem Großverdienern sowie Unternehmen nutzt, ärmere Haushalte hingegen
drauf zahlen. Letztere haben höhere Strompreise zu zahlen, profitieren aber
kaum oder gar nicht von niedrigeren Rentenbeiträgen.

Die Senkung der Stromsteuer für private Haushalte würde bei einer wirksamen
Preisaufsicht über das Endkundengeschäft den Strompreisanstieg durch die
EEG-Umlage kompensieren. Die Kompensation des Anstiegs der EEG-Umlage
durch die Absenkung der Stromsteuer würde politisch eine verlässliche und
haushaltsunabhängige Finanzierung erneuerbarer Energien weiterhin ermög-
lichen und den konkreten Umbau der Stromversorgung auf eine regenerative
Grundlage vorantreiben. Die ökologische Lenkungswirkung der Stromsteuer ist
hingegen marginal, ihre Ausgestaltung extrem unsozial.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.