BT-Drucksache 16/7028

Rentenrechtliche Anerkennung aller freiwilligen Beiträge aus DDR-Zeiten

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7028
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, Dr. Dietmar
Bartsch, Dr. Lothar Bisky, Roland Claus, Dr. Dagmar Enkelmann, Lutz Heilmann,
Cornelia Hirsch, Dr. Barbara Höll, Dr. Lukrezia Jochimsen, Katja Kipping,
Jan Korte, Katrin Kunert, Dr. Gesine Lötzsch, Kersten Naumann, Petra Pau,
Bodo Ramelow, Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert,
Dr. Petra Sitte, Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich, Sabine
Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Rentenrechtliche Anerkennung aller freiwilligen Beiträge aus DDR-Zeiten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Für Versicherte, die in der DDR für Zeiten der Unterbrechung ihrer Erwerbs-
tätigkeit freiwillige Beiträge zur Sozialversicherung in geringer Höhe von 3 bis
12 Mark der DDR gezahlt haben, entstand mit der überwiegenden Nichtaner-
kennung dieses DDR-typischen und mit bundesdeutschen Verhältnissen nicht
vergleichbaren Sachverhalts eine Überführungslücke im Rentenrecht, die sozial
ungerecht ist und finanziell schwierige Lebenslagen im Ruhestand hervorbringt.
Hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bis spätestens 30. Juni 2008 eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die Zeiten,
in denen Versicherte in der DDR freiwillige Beiträge gezahlt haben, durch-
gängig und in jeder Höhe als rentenrechtlich wirksam (beispielsweise in § 248
in Verbindung mit Anlage 11 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI)
anerkennt.

Berlin, den 7. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
Begründung

Anders als in der Bundesrepublik Deutschland wurden in der DDR Renten nicht
vorrangig nach der Höhe der Beiträge, sondern vor allem nach Versicherungs-
jahren gestaffelt gezahlt. Rentenanwartschaften konnten in Jahren ohne Er-
werbstätigkeit (zum Beispiel wegen längerer Kindererziehung – 3 Jahre waren
generell versichert –, weil noch nicht ausreichend Einrichtungen zur Verfügung

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standen oder weil die Karriere des Ehepartners unterstützt werden sollte oder
ältere Familienangehörige betreut wurden) durch freiwillige Beiträge erworben
werden. Solche Wartezeiterfüllungen waren mit geringen Beiträgen in Höhe von
3 bis 12 Mark der DDR möglich.

Interessanterweise wurden diese Beiträge bei der Rentenüberleitung für die Zeit
vom 1. Februar 1947 bis 31. Dezember 1961 anerkannt, danach fielen sie bei der
Berechnung ersatzlos weg. Zur Begründung wird angeführt, dass derart niedrige
Beiträge nach 1961 (mit Anstieg der Durchschnittslöhne) nur geringste An-
sprüche im Cent-Bereich erbringen würden.

Tatsächlich schlägt die rentenrechtliche Bewertung kaum zu Buche, doch die
Nichtanerkennung verwehrt einem Teil der Rentnerinnen und Rentner den An-
spruch auf die Anwendung der Regelung zur Gewährung von „Mindestentgelt-
punkten bei geringem Arbeitsentgelt“ (§ 262 SGB VI). Für diese Anwendung
werden mindestens 35 Jahre rentenrechtliche Zeiten vorausgesetzt.

Der praktizierte ersatzlose Wegfall freiwillig versicherter Jahre minimiert die
ohnehin niedrigen Rentenansprüche der hiervon Betroffenen, insbesondere von
Frauen, die dann auf die Alterseinkünfte des Mannes oder – wenn alleinste-
hend – auf das Grundsicherungsamt verwiesen werden. Das wird als Entwer-
tung von Biografien empfunden. Die Betroffenen können diese Umstände nicht
mehr korrigieren. Das ist eine Verletzung des Vertrauensschutzes, die gesetz-
geberisch korrigiert werden muss.

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