BT-Drucksache 16/7026

Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten Bildungswegen und Aspiranturen in der DDR

Vom 7. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7026
16. Wahlperiode 07. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, Dr. Dietmar
Bartsch, Dr. Lothar Bisky, Roland Claus, Dr. Dagmar Enkelmann, Lutz Heilmann,
Cornelia Hirsch, Dr. Barbara Höll, Dr. Lukrezia Jochimsen, Katja Kipping,
Jan Korte, Katrin Kunert, Dr. Gesine Lötzsch, Kersten Naumann, Petra Pau,
Bodo Ramelow, Elke Reinke, Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Ilja Seifert,
Dr. Petra Sitte, Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn Wunderlich, Sabine
Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Rentenrechtliche Anerkennung von zweiten Bildungswegen und Aspiranturen
in der DDR

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Für Versicherte, die in der DDR zweite Bildungswege absolviert haben, entstand
mit der nur übergangsweisen Anerkennung (1. Januar 1992 bis maximal
31. Dezember 1996) von DDR-typischen und mit bundesdeutschen Verhältnis-
sen nicht vergleichbaren Sachverhalten rentenrechtlich eine Überführungslücke,
die sozial ungerecht ist und finanziell schwierige Lebenslagen im Ruhestand
hervorbringt. Hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bis spätestens 30. Juni 2008 eine gesetzliche Regelung vorzulegen,

die Zeiten, in denen Versicherte in der DDR einen zweiten Bildungsweg über
Studium und postgraduales Studium oder eine ordentliche Aspirantur zurückge-
legt haben, als Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit (beispielsweise
im § 247 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI) anerkennt.

Berlin, den 7. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion
Begründung

Abweichend von Gepflogenheiten in der früheren Bundesrepublik Deutschland
wurden in der DDR der zweite Bildungsweg und ergänzende Bildungsstufen
auch realisiert, indem die Betreffenden zeitweilig aus der Erwerbstätigkeit aus-
schieden.

Drucksache 16/7026 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Diese Zeiten, die nach DDR-Recht rentenwirksam waren, fanden im Prozess der
Rentenüberleitung Eingang in den Artikel 2 „Übergangsrecht nach den Vor-
schriften des Beitrittsgebiets“. Das geschah für aufbauende Direktstudien im
§ 19 Abs. 2 Nr. 4 des Rentenüberleitungsgesetzes. Da bei postgradualen Studien
und Aspiranturen ein vom letzten Nettoeinkommen abgeleitetes Stipendium ge-
zahlt wurde, galten die Zeiten für die Versicherten als fiktiv beitragsbelegt. Die
Bildungseinrichtungen entrichteten eine Pauschale – de facto als Arbeitgeber-
beitrag. Solche Zeiten werden mit der Generalklausel des § 19 Abs. 1 erfasst.

Damit wurden diese Zeiten, wenn überhaupt, nur für die Vergleichsrentenbe-
rechnung nach DDR-Recht angewendet, die für Personen mit Zusatzversorgun-
gen bis 30. Juni 1995 und für SV- und FZR-Versicherte bis 31. Dezember 1996
galt. Seither fallen diese Zeiten für Rentenneueintritte ersatzlos weg.

Diese Zeiten waren 1990 von der Volkskammer der DDR als rentenrechtlich
wirksam bestimmt worden („Verordnung über die Gewährung und Berechnung
von Renten der Sozialpflichtversicherung“, zuletzt geändert durch die „Verord-
nung vom 28. Juni 1990 über die Änderung und Aufhebung von Rechtsvor-
schriften“). Damit war es erklärter Wille des DDR-Gesetzgebers, diese Sachver-
halte anzuerkennen. Der praktizierte ersatzlose Wegfall wird als Entwertung von
Erwerbsbiografien empfunden, führt zu einer ungerechtfertigten Schlechterstel-
lung und ist gesetzgeberisch zu korrigieren.

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