BT-Drucksache 16/10854

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung -16/10454- Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2008

Vom 12. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10854
16. Wahlperiode 12. 11. 2008

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Roland Claus, Dr. Barbara Höll, Klaus Ernst,
Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder, Dr. Lothar Bisky, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-
Schröter, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Katja
Kipping, Katrin Kunert, Michael Leutert, Dorothee Menzner, Elke Reinke, Dr. Ilja
Seifert, Volker Schneider (Saarbrücken), Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Jörn
Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

zu der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 16/10454 –

Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2008

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

18 Jahre nach der Herstellung der Deutschen Einheit gibt es noch keine gleich-
wertigen Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland. Nach Ansicht der
Bundesregierung dauert die Angleichung der Lebensverhältnisse sogar noch
mindestens elf Jahre. Die Schere zwischen Ost und West öffnet sich wieder,
denn das Wirtschaftswachstum ist im Gegensatz zum Vorjahr in Ostdeutschland
geringer als in Westdeutschland. Auch die Arbeitslosigkeit ist im Osten unver-
ändert mehr als doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Obwohl die Anglei-
chung der Lebensverhältnisse stagniert und so noch Jahrzehnte dauern wird,
gehen die Aufbau-Ost-Mittel unwiederbringlich zurück. Zwar stellt die Bundes-
regierung fest, dass strukturschwache Regionen im Westen nur vereinzelt auftre-
ten, im Osten jedoch großflächig vorherrschen, aber sie zieht nicht die dringend
erforderlichen Konsequenzen daraus. Die Bundesregierung hat keine Strategie,
wie der Osten trotz sinkender Wirtschaftskraft und zurückgehender Solidarpakt-
mittel weiter gefördert werden soll. Schon jetzt ist Ostdeutschland von vielen
gesamtdeutschen Problemen überproportional betroffen, beispielsweise von
Armut, Niedriglöhnen, Abwanderung und unterfinanzierten Kommunal- und
Länderhaushalten. Das wirtschaftliche und soziale Gefälle zwischen Ost und
West vertieft die innerdeutsche Spaltung. Dabei kann Ostdeutschland in vielen

Bereichen gesamtdeutsches Vorbild sein, wie beispielsweise bei der Betreuung
von Kindern. Doch viele Leistungen des Ostens werden bisher noch zu wenig
wertgeschätzt. Es besteht dringender Handlungsbedarf, doch die Bundesregie-
rung überlässt den Osten sich selbst.

Drucksache 16/10854 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse den Osten in den Blick zu
nehmen und schnellstmöglich

● den Rentenwert Ost an das West-Niveau anzugleichen,

● analog dem französischen Beispiel einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe
von mindestens 8,71 Euro einzuführen,

● das Arbeitslosengeld II auf 435 Euro anzuheben,

● die Absenkung der Solidarpaktmittel zu verlangsamen,

● eine Gesetzesfolgenabschätzung für Ostdeutschland und strukturschwache
Regionen im Westen einzuführen, die alle Vorhaben einem TÜV unterzieht
und eine gerechte Verteilung von Steuergeldern ermöglicht,

● das ostdeutsche Bildungs- und Betreuungsniveau für noch nicht schulpflich-
tige Kinder auf ganz Deutschland auszudehnen, damit alle Bundesländer von
den guten Errungenschaften des Ostens profitieren können,

● die industriellen Chancen Ostdeutschlands, insbesondere im Bereich der
erneuerbaren Energien, systematisch zu unterstützen,

● auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel ostdeutscher Unternehmen
bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit mit passfähigen Arbeitsmarktinitiativen
zu reagieren.

Berlin, den 11. November 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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