BT-Drucksache 15/3706

Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz)

Vom 21. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3706
15. Wahlperiode 21. 09. 2004

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing,
BernhardBrinkmann (Hildesheim,Dr. Michael Bürsch, Anette Kramme, Ernst Kranz,
Volker Kröning, Christine Lambrecht, Dirk Manzewski, Axel Schäfer (Bochum),
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Olaf Scholz, Erika Simm, Christoph Strässer, Franz
Müntefering und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-Christian
Ströbele, Volker Beck (Köln), Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz)

A. Problem und Ziel
Nach dem Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003
– 1 PBvU 1/02 – erfordert das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem
Grundsatz des rechtlichen Gehörs die Möglichkeit fachgerichtlicher Abhilfe für
den Fall, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt. Das Gericht hat dem Gesetzgeber für die Umsetzung
dieses Beschlusses eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt.

B. Lösung
Der Gesetzentwurf vervollständigt die Möglichkeiten, richterliche Verstöße
gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör – unterhalb des Verfassungs-
beschwerdeverfahrens – im fachgerichtlichen Verfahren zu rügen. Dafür wer-
den die Vorschriften über vorhandene Rechtsbehelfe, soweit erforderlich,
ergänzt; für die Fälle, in denen Rechtsmittel nicht (mehr) zur Verfügung stehen,
wird die Anhörungsrüge als eigenständiger Rechtsbehelf ausdrücklich im
Gesetz verankert. Ferner wird im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit – eben-
falls infolge einer bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung – ein beson-
deres Rechtsmittel für den Fall verspäteter oder fehlender Begründung des
Berufungsurteils geschaffen.

C. Alternativen
Keine

Drucksache 15/3706 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Da mit dem Gesetzgebungsvorhaben die Möglichkeit der Rüge eines Anhö-
rungsverstoßes auch in den Fällen eröffnet wird, in denen bisher kein Rechts-
behelf gegeben war, kann sich das Aufkommen an Verfahren sowohl bei den
Instanzgerichten als auch bei den obersten Bundesgerichten erhöhen. Dadurch
können für die Justizhaushalte der Länder und des Bundes Mehrkosten ent-
stehen. Es lässt sich allerdings nicht belastbar prognostizieren, in welchem
Ausmaß von dem neu eröffneten Rechtsbehelf Gebrauch gemacht werden wird;
über den Umfang der finanziellen Auswirkungen sind daher verlässliche Aus-
sagen nicht möglich.

E. Sonstige Kosten
Außerhalb der öffentlichen Haushalte, insbesondere im Bereich der Wirtschaft
oder der sozialen Sicherungssysteme, sind Mehrbelastungen nicht zu erwarten.
Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau,
sind ebenfalls nicht zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3706

Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten be-
reinigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird wie folgt
geändert:
1. § 321a wird wie folgt gefasst:

㤠321a
Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs

auf rechtliches Gehör
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung be-

schwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieser Partei auf recht-

liches Gehör in entscheidungserheblicher Weise ver-
letzt hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Ent-
scheidung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn
die Entscheidung unanfechtbar ist.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei

Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des recht-
lichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntnis-
erlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines
Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung
kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mit-
geteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage
nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge
ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Ent-
scheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die ange-
griffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der
in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit

zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die

Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen
Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwer-
fen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zu-
rück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Be-
schluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zu-
rückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündli-
chen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In
schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses
der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem
Schriftsätze eingereicht werden können.“

2. Nach § 544 Abs. 6 wird folgender Absatz 7 angefügt:
„(7) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Be-

schwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungs-
erheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht
abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde statt-
gebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben
und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Ent-
scheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.“

3. § 705 wird wie folgt gefasst:
㤠705

Formelle Rechtskraft
Die Rechtskraft der Urteile tritt vor Ablauf der für die

Einlegung des zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen
Einspruchs bestimmten Frist nicht ein. Der Eintritt der
Rechtskraft wird durch rechtzeitige Einlegung des Rechts-
mittels oder des Einspruchs gehemmt.“
4. In § 707 Abs. 1 Satz 1 werden nach dem Wort „be-

antragt“ die Wörter „oder die Rüge nach § 321a er-
hoben“ eingefügt.

Artikel 2
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekannt-
machung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zu-
letzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. § 33a wird wie folgt gefasst:

㤠33a
Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch

eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungs-
erheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Be-
schluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf
zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch be-
schwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit
das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die
vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt ent-
sprechend.“

2. Nach § 356 wird folgender § 356a eingefügt:
㤠356a

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den
Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in ent-
scheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es inso-
weit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die
Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung be-
stand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis
von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich
oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisions-
gericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der
Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. § 47 gilt
entsprechend.“

Drucksache 15/3706 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Artikel 3
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes

Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt
geändert durch … (BGBl. I S. …), wird wie folgt geändert:

Dem § 55 wird folgender Absatz 4 angefügt:
„(4) Soweit ein Beteiligter nach Absatz 1 Satz 1 an der

Anfechtung einer Entscheidung gehindert ist oder nach
Absatz 2 kein Rechtsmittel gegen die Berufungsentschei-
dung einlegen kann, gilt § 356a der Strafprozessordnung
entsprechend.“

Artikel 4
Änderung des Gesetzes

über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit

Nach § 29 des Gesetzes über die Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten berei-
nigten Fassung, das zuletzt durch …. geändert worden ist,
wird folgender § 29a eingefügt:

㤠29a
(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entschei-

dung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzufüh-
ren, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die

Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf recht-

liches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt
hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entschei-
dung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn die Ent-
scheidung unanfechtbar ist.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kennt-
nis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben;
der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu ma-
chen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der
angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die
Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur
Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu
Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben,
dessen Entscheidung angegriffen wird. § 29 Abs. 1 Satz 2
und 3 findet entsprechende Anwendung, soweit die Ent-
scheidung eines Oberlandesgerichts angegriffen wird. Die
Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und
das Vorliegen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Vorausset-
zungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Ge-
legenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist
erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge
unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entschei-
dung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Be-
schluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,
indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der
Rüge geboten ist.“

Artikel 5
Änderung der Grundbuchordnung

§ 81 der Grundbuchordnung in der Fassung der Bekannt-
machung vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1114, die zuletzt
durch Artikel 7 des Gesetzes zur Änderung der Insolvenz-
ordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001
(BGBl. I S. 2710) geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:
1. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

„(3) Die Vorschrift des § 29a des Gesetzes über die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über
die Fortführung des Verfahrens bei Verletzung des An-
spruchs auf rechtliches Gehör ist entsprechend anzuwen-
den.“

2. Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.

Artikel 6
Änderung der Schiffsregisterordnung

§ 89 der Schiffsregisterordnung in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1133), die zu-
letzt durch Artikel 86 der Siebenten Zuständigkeitsanpas-
sungs-Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

„(3) Die Vorschrift des § 29a des Gesetzes über die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über
die Fortführung des Verfahrens bei Verletzung des An-
spruchs auf rechtliches Gehör ist entsprechend anzuwen-
den.“

2. Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.

Artikel 7
Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes

Das Arbeitsgerichtsgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In § 55 Abs. 1 wird in Nummer 8 das Semikolon durch

einen Punkt ersetzt; Nummer 9 wird aufgehoben.
2. § 72 Abs. 2 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt gefasst:
„1. eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grund-

sätzliche Bedeutung hat,“.
b) Nach Nummer 2 wird der Punkt durch das Wort

„oder“ ersetzt und folgende Nummer 3 angefügt:
„3. ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1

bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entschei-
dungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vor-
liegt.“

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3706

3. § 72a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das
Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Be-
schwerde angefochten werden.“

b) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Die Begründung muss enthalten:
1. die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung

einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheb-
lichkeit,

2. die Bezeichnung der Entscheidung, von der das
Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder

3. die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes
nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung
oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der
Verletzung.“

c) In Absatz 5 werden die Sätze 3 bis 7 durch folgende
Sätze ersetzt:
„Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn
die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig ver-
worfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der
gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet
ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung bei-
gefügt werden. Von einer Begründung kann abge-
sehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klä-
rung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen
eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Be-
schwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der
Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das
Urteil rechtskräftig.“

d) Folgende Absätze 6 und 7 werden angefügt:
„(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird

das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren
fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und frist-
gerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde
als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der
Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des

Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entschei-
dungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bun-
desarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem
der Beschwerde stattgebenden Beschluss das ange-
fochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes-
arbeitsgericht zurückverweisen.“

4. Nach § 72a wird folgender § 72b eingefügt:
㤠72b

Sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung
des Berufungsurteils

(1) Das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts kann
durch sofortige Beschwerde angefochten werden, wenn
es nicht binnen fünf Monaten nach der Verkündung voll-
ständig abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher
Mitglieder der Kammer versehen der Geschäftsstelle
übergeben worden ist. § 72a findet keine Anwendung.

(2) Die sofortige Beschwerde ist innerhalb einer Not-
frist von einem Monat beim Bundesarbeitsgericht einzu-
legen und zu begründen. Die Frist beginnt mit dem Ab-
lauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils
des Landesarbeitsgerichts. § 9 Abs. 5 findet keine An-
wendung.
(3) Die sofortige Beschwerde wird durch Einreichung

einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerde-
schrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Ent-
scheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Be-
schwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
Die Beschwerde kann nur damit begründet werden, dass
das Urteil des Landesarbeitsgerichts mit Ablauf von fünf
Monaten nach der Verkündung noch nicht vollständig
abgefasst und mit den Unterschriften sämtlicher Mitglie-
der der Kammer versehen der Geschäftsstelle übergeben
worden ist.
(4) Über die sofortige Beschwerde entscheidet das

Bundesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamt-
lichen Richter durch Beschluss, der ohne mündliche Ver-
handlung ergehen kann. Dem Beschluss soll eine kurze
Begründung beigefügt werden.
(5) Ist die sofortige Beschwerde zulässig und begrün-

det, ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben
und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die Zu-
rückverweisung kann an eine andere Kammer des Lan-
desarbeitsgerichts erfolgen.“

5. Dem § 73 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Sie kann nicht auf die Gründe des § 72b gestützt wer-
den.“

6. Die Überschrift des Vierten Unterabschnitts des Ersten
Abschnitts des Dritten Teils wird wie folgt gefasst:
„Vierter Unterabschnitt. Beschwerdeverfahren, Abhilfe
bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör“.

7. § 78 erhält die Überschrift:
㤠78

Beschwerdeverfahren“.
8. Nach § 78 wird folgender § 78a eingefügt:

㤠78a
Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs

auf rechtliches Gehör
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung be-

schwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieser Partei auf recht-

liches Gehör in entscheidungserheblicher Weise ver-
letzt hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Ent-
scheidung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn
die Entscheidung unanfechtbar ist.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei

Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des recht-
lichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntnis-
erlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines

Drucksache 15/3706 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entschei-
dung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden.
Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem
dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gege-
ben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erhe-
ben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge
muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und
das Vorliegen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraus-
setzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit

zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob

die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen
Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwer-
fen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zu-
rück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren
Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht

ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf
Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die
Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss
der mündlichen Verhandlung befand. § 343 der Zivil-
prozessordnung gilt entsprechend. In schriftlichen Ver-
fahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen
Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze
eingereicht werden können.
(6) Die Entscheidungen nach den Absätzen 4 und 5

erfolgen unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Rich-
ter. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn
die Rüge als unzulässig verworfen wird oder sich ge-
gen eine Entscheidung richtet, die ohne Hinzuziehung
der ehrenamtlichen Richter erlassen wurde.
(7) § 707 der Zivilprozessordnung ist unter der Vor-

aussetzung entsprechend anzuwenden, dass der Be-
klagte glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm ei-
nen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
(8) Auf das Beschlussverfahren finden die Absätze 1

bis 7 entsprechende Anwendung.“
9. § 92a wird wie folgt gefasst:

㤠92a
Nichtzulassungsbeschwerde

Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch
das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Be-
schwerde angefochten werden. §72a Abs. 2 bis 6 ist
entsprechend anzuwenden.“

10. Nach § 92a wird folgender § 92b eingefügt:
㤠92b

Sofortige Beschwerde wegen verspäteter Absetzung
der Beschwerdeentscheidung

Der Beschluss eines Landesarbeitsgerichts nach
§ 91 kann durch sofortige Beschwerde angefochten
werden, wenn er nicht binnen fünf Monaten nach der
Verkündung vollständig abgefasst und mit den Unter-
schriften sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen
der Geschäftsstelle übergeben worden ist. § 72b Abs. 2

bis 5 gilt entsprechend. § 92a findet keine Anwen-
dung.“

11. Dem § 93 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Sie kann nicht auf die Gründe des § 92b gestützt wer-
den.“

Artikel 8
Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung
Die Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Be-

kanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zum 14. Ab-

schnitt wie folgt gefasst:
„14. Abschnitt: Beschwerde, Erinnerung, Anhörungs-
rüge … §§ 146 bis 152a“.

2. Die Überschrift des 14. Abschnitts wird wie folgt ge-
fasst:
„14. Abschnitt: Beschwerde, Erinnerung, Anhörungs-
rüge“.

3. Nach § 152 wird folgender § 152a eingefügt:
㤠152a

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Ent-
scheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Ent-
scheidung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn
die Entscheidung unanfechtbar ist.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
gabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich
oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Ge-
schäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Ent-
scheidung angegriffen wird. § 67 Abs. 1 bleibt unbe-
rührt. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung be-
zeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Nr. 2 ge-
nannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetz-

lichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig
zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Ge-
richt sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unan-
fechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet
werden.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3706

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,
indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zu-
rückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündli-
chen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt
an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung
der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht wer-
den können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343
der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwen-

den.“

Artikel 9
Änderung des Sozialgerichtsgesetzes

Das Sozialgerichtsgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 1467), zu-
letzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zum Dritten

Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts des Zweiten Teils
wie folgt gefasst:
„Dritter Unterabschnitt Beschwerde, Erinnerung, Anhö-
rungsrüge … §§ 172 bis 178a“.

2. Die Überschrift des Dritten Unterabschnitts des Zweiten
Abschnitts des Zweiten Teils wird wie folgt gefasst:
„Dritter Unterabschnitt Beschwerde, Erinnerung, Anhö-
rungsrüge“.

3. Nach § 178 wird folgender § 178a eingefügt:
㤠178a

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Ent-
scheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Ent-
scheidung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn
die Entscheidung unanfechtbar ist.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
gabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich
oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Ge-
schäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Ent-
scheidung angegriffen wird. § 166 bleibt unberührt. Die
Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen
und das Vorliegen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Vor-
aussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetz-
lichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig
zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Ge-
richt sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unan-
fechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet
werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zu-
rückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündli-
chen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt
an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung
der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht wer-
den können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343
der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 175 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.“

Artikel 10
Änderung der Finanzgerichtsordnung

Die Finanzgerichtsordnung in der Fassung der Bekannt-
machung vom 28. März 2001 (BGBl. I S. 442, 2262, 2002 I,
S. 679), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. Die Überschrift des Unterabschnitts 2 des Abschnitts V

wird wie folgt gefasst:
„Unterabschnitt 2. Beschwerde, Erinnerung, Anhörungs-
rüge“.

2. Nach § 133 wird folgender § 133a eingefügt:
㤠133a

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Ent-
scheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Ent-
scheidung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn
die Entscheidung unanfechtbar ist.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
gabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich
oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Ge-
schäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Ent-
scheidung angegriffen wird. § 62a bleibt unberührt. Die
Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen
und das Vorliegen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Vor-
aussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Drucksache 15/3706 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetz-
lichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig
zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Ge-
richt sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unan-
fechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet
werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zu-
rückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündli-
chen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt
an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung
der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht wer-
den können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343
der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwen-

den.“

Artikel 11
Änderung des Gerichtskostengesetzes

Das Gerichtskostengesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I
S. 718) wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 69

folgende Angabe eingefügt:
㤠69a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtli-
ches Gehör“.

2. In § 12 Abs. 5 werden nach dem Wort „Über“ die
Wörter „Anträge auf Erteilung einer weiteren vollstreck-
baren Ausfertigung (§ 733 der Zivilprozessordnung) und
über“ eingefügt und die Angabe „oder § 886“ durch ein
Komma und die Angabe „886 bis 888 oder § 890“ er-
setzt.

3. In § 63 Abs. 1 Satz 4 wird die Angabe „§ 52 Abs. 4
Satz 1“ durch die Angabe „§ 52 Abs. 4“ ersetzt.

4. Nach § 68 Abs. 1 Satz 3 wird folgender Satz eingefügt:
„Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit
dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt
gemacht.“

5. Nach § 69 wird folgender § 69a eingefügt:
㤠69a

Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör

(1) Auf die Rüge eines durch die Entscheidung be-
schwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen,
wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-

haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
machung der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gemacht. Die Rüge ist bei dem Ge-
richt zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird;
§ 66 Abs. 5 Satz 1 gilt entsprechend. Die Rüge muss die
angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorlie-
gen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen
darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die

Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen
Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwer-
fen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie
zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren
Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist.
(6) Kosten werden nicht erstattet.“

6. Dem § 70 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:
„§ 69a gilt entsprechend.“

7. Die Anlage 1 (Kostenverzeichnis) wird wie folgt ge-
ändert:
a) Die Gliederung wird wie folgt geändert:

aa) Nach der Angabe zu Teil 3 Hauptabschnitt 8
Abschnitt 2 wird folgende Angabe eingefügt:
„Hauptabschnitt 9 Rüge wegen Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör“.

bb) Nach der Angabe zu Teil 4 Hauptabschnitt 4
wird folgende Angabe eingefügt:
„Hauptabschnitt 5 Rüge wegen Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör“.

b) In Nummer 1700 wird im Gebührentatbestand nach
der Angabe „§ 321a ZPO“ ein Komma und die An-
gabe „§ 71a GWB“ eingefügt.

c) In der Kopfzeile vor Teil 3 Hauptabschnitt 7 wird der
Text in der Gebührenspalte wie folgt gefasst:
„Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 34 GKG“.

d) Nach Teil 3 Hauptabschnitt 8 wird folgender Haupt-
abschnitt 9 eingefügt:
Nr. Gebührentatbestand Gebühr oder Satzder Gebührnach § 34 GKG

„Hauptabschnitt 9Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
3900 Verfahren über die Rüge wegen Verletzungdes Anspruchs auf rechtliches Gehör(§§ 33a, 311a Abs. 1 Satz 1, § 356a StPO,auch i. V. m. § 55 Abs. 2 Satz 3 JGG und§ 120 StVollzG):Die Rüge wird in vollem Umfang verworfenoder zurückgewiesen 50,00 EUR“ .

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/3706

e) Nach Teil 4 Hauptabschnitt 4 wird folgender Haupt-
abschnitt 5 eingefügt:

f) In Nummer 5231 werden im Gebührentatbestand in
Nummer 1 Buchstabe b nach dem Wort „Beschluss“
die Wörter „der Geschäftsstelle“ eingefügt.

g) In Nummer 5400 wird im Gebührentatbestand die
Angabe „(§ 321a ZPO, § 173 VwGO)“ durch die An-
gabe „(§ 152a VwGO)“ ersetzt.

h) In Nummer 6400 wird im Gebührentatbestand die
Angabe „(§ 321a ZPO, § 155 FGO)“ durch die An-
gabe „(§ 133a FGO)“ ersetzt.

i) In Nummer 7400 wird im Gebührentatbestand die
Angabe „(§ 321a ZPO, § 202 SGG)“ durch die An-
gabe „(§ 178a SGG)“ ersetzt.

j) In Nummer 8500 wird im Gebührentatbestand die
Angabe „(§ 321a ZPO)“ durch die Angabe „(§ 78a
des Arbeitsgerichtsgesetzes)“ersetzt.

k) In den Nummern 3200 und 4300 werden jeweils in
der Anmerkung die Wörter „die Mindestgebühr“
durch die Angabe „10,00 EUR“ ersetzt.

Artikel 12
Änderung der Kostenordnung

Die Kostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III,
Gliederungsnummer 361-1, veröffentlichten bereinigten
Fassung, zuletzt geändert durch…, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 131c wird folgender § 131d eingefügt:

㤠131d
Rüge wegen Verletzung des Anspruchs

auf rechtliches Gehör
Für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung

des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 29a des Geset-
zes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts-
barkeit, auch in Verbindung mit § 81 Abs. 3 der Grund-
buchordnung und § 89 Abs. 3 der Schiffsregisterord-
nung) wird eine Gebühr von 50 Euro erhoben, wenn die
Rüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen
wird. Wird die Rüge zurückgenommen, bevor eine Ent-
scheidung über sie ergangen ist, wird keine Gebühr er-
hoben. § 131 Abs. 3 gilt entsprechend.“

2. Vor § 158 wird folgender § 157a eingefügt:
㤠157a

Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör

(1) Auf die Rüge eines durch die Entscheidung nach
diesem Gesetz beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
machung der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gemacht. Die Rüge ist bei dem Ge-
richt zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird;
§ 14 Abs. 6 Satz 1 gilt entsprechend. Die Rüge muss die
angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorlie-
gen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen
darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die

Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen
Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwer-
fen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zu-
rück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Be-
schluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist.
(6) Kosten werden nicht erstattet.“

Artikel 13
Änderung des Gerichtsvollzieherkosten-

gesetzes
Das Gerichtsvollzieherkostengesetz vom 19. April 2001

(BGBl. I S. 623), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt
geändert:
1. § 2 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Bei der Durchführung des Zwölften Buches Sozialge-
setzbuch sind die Träger der Sozialhilfe, bei der Durch-
führung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch die nach
diesem Buch zuständigen Träger der Leistungen, bei der
Durchführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch die
Träger der öffentlichen Jugendhilfe und bei der Durch-
führung der ihnen obliegenden Aufgaben nach dem Bun-
desversorgungsgesetz die Träger der Kriegsopferfür-
sorge von den Gebühren befreit.“

Nr. Gebührentatbestand Gebühr oder Satzder Gebühr 4110,soweit nichts an-deres vermerkt ist
„Hauptabschnitt 5Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

4500 Verfahren über die Rüge wegen Verletzungdes Anspruchs auf rechtliches Gehör(§§ 33a, 311a Abs. 1 Satz 1, § 356a StPOi. V. m. § 46 Abs. 1 und § 79 Abs. 3 OWiG):Die Rüge wird in vollem Umfang verworfenoder zurückgewiesen 50,00 EUR“ .

Drucksache 15/3706 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. In § 5 Abs. 2 Satz 2 werden nach dem Wort „Gerichts-
kostengesetzes“ ein Komma und die Wörter „auf die
Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör § 69a des Gerichtskostengesetzes“ eingefügt.

Artikel 14
Änderung der Justizverwaltungskosten-

ordnung
§ 13 der Justizverwaltungskostenordnung in der im

Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 363-1, ver-
öffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch … ge-
ändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem bisherigen Text wird die Absatzbezeichnung „(1)“

vorangestellt.
2. Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Auf gerichtliche Entscheidungen ist § 157a der
Kostenordnung entsprechend anzuwenden.“

Artikel 15
Änderung des Artikels XI des Gesetzes

zur Änderung und Ergänzung
kostenrechtlicher Vorschriften

§ 1 Abs. 2 Satz 3 des Artikels XI des Gesetzes zur Ände-
rung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften in der
im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 360-3,
veröffentlichten bereinigten Fassung, der zuletzt durch …
geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„§ 14 Abs. 3 bis 9 und § 157a der Kostenordnung gelten
entsprechend.“

Artikel 16
Änderung des Justizvergütungs- und

-entschädigungsgesetzes
Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom

5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert
durch …, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 4

folgende Angabe eingefügt:
㤠4a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf recht-

liches Gehör“.
2. Nach § 4 wird folgender § 4a eingefügt:

㤠4a
Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs

auf rechtliches Gehör
(1) Auf die Rüge eines durch die Entscheidung nach

diesem Gesetz beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach
Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
machung der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gemacht. Die Rüge ist bei dem Ge-
richt zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird;
§ 4 Abs. 6 Satz 1 gilt entsprechend. Die Rüge muss die
angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorlie-
gen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen
darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die

Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen
Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwer-
fen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zu-
rück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Be-
schluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist.
(6) Kosten werden nicht erstattet.“

3. In Anlage 1 wird in der Spalte „Gegenstand medizini-
scher und psychologischer Gutachten“ bei der Honorar-
gruppe M 1 die Angabe „oder nach § 35a KJHG“ ge-
strichen.

Artikel 17
Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5. Mai 2004

(BGBl. I S. 718, 788) wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 12

folgende Angabe eingefügt:
㤠12a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf recht-

liches Gehör“.
2. Nach § 12 wird folgender § 12a eingefügt:

㤠12a
Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs

auf rechtliches Gehör
(1) Auf die Rüge eines durch die Entscheidung nach

diesem Gesetz beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und
2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf

rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
machung der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/3706

nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gemacht. Die Rüge ist bei dem Ge-
richt zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird;
§ 33 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. Die Rüge muss die
angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorlie-
gen der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen
darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die

Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen
Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser
Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwer-
fen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zu-
rück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Be-
schluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist.
(6) Kosten werden nicht erstattet.“

3. In § 19 Abs. 1 Nr. 5 wird die Angabe „(§ 321a der Zivil-
prozessordnung)“ gestrichen.

4. Die Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis) wird wie folgt ge-
ändert:
a) In Vorbemerkung 3.1 Abs. 1 werden das Wort „so-

weit“ durch die Wörter „für die“ ersetzt und das Wort
„besonderen“ gestrichen.

b) Vor Nummer 3300 wird folgende Vorbemerkung
3.3.1 eingefügt:
„Vorbemerkung 3.3.1:
Die Terminsgebühr bestimmt sich nach Abschnitt 1.“

c) Die Nummer 3304 wird aufgehoben.
d) Vor Nummer 3305 wird folgende Vorbemerkung

3.3.2 eingefügt:
„Vorbemerkung 3.3.2:
Die Terminsgebühr bestimmt sich nach Abschnitt 1.“

e) In Nummer 3327 wird der Gebührentatbestand wie
folgt gefasst:
„Verfahrensgebühr für gerichtliche Verfahren über
die Bestellung eines Schiedsrichters oder Ersatz-
schiedsrichters, über die Ablehnung eines Schieds-
richters oder über die Beendigung des Schiedsrichter-
amts, zur Unterstützung bei der Beweisaufnahme
oder bei der Vornahme sonstiger richterlicher Hand-
lungen anlässlich eines schiedsrichterlichen Verfah-
rens“.

f) In Nummer 3330 wird im Gebührentatbestand die
Angabe „(§ 321a ZPO)“ gestrichen.

g) In Nummer 3516 wird im Gebührentatbestand die
Angabe „Nummer 3506“ durch die Angabe
„Nummer 3502, 3504, 3506“ ersetzt.

h) Der Vorbemerkung 5.1 Abs. 2 wird folgender Satz
angefügt:
„Mehrere Geldbußen sind zusammenzurechnen.“

Artikel 18
Änderung des Gesetzes

über Ordnungswidrigkeiten
In § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Gesetzes über Ordnungs-

widrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom
19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch …
(BGBl. I S. …) geändert worden ist, werden nach dem Wort
„hatte“ die Wörter „oder ihm in sonstiger Weise das recht-
liche Gehör versagt wurde“ eingefügt.

Artikel 19
Änderung der Wehrdisziplinarordnung

Die Wehrdisziplinarordnung in der Fassung der Bekannt-
machung vom 21. August 2001 (BGBl. I S. 2093), zuletzt
geändert durch …, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 121 wird folgender § 121a eingefügt:

㤠121a
Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs

auf rechtliches Gehör
Hat das Bundesverwaltungsgericht bei einer Beru-

fungsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf
das rechtliche Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt, versetzt es, sofern der Beteiligte noch beschwert
ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Ver-
fahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem
Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist inner-
halb von zwei Wochen nach Zustellung der Entschei-
dung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle
beim Berufungsgericht zu stellen und zu begründen.“

2. In § 139 Abs. 5 wird nach der Angabe „§ 98 Abs. 3
Satz 2,“ die Angabe „§ 121a,“ eingefügt.

3. In § 140 Abs. 9 wird nach der Angabe „§ 98 Abs. 3
Satz 2,“ die Angabe „§ 121a,“ eingefügt.

Artikel 20
Änderung des Gesetzes über Wettbewerbs-

beschränkungen
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der

Fassung der Bekanntmachung vom … wird wie folgt ge-
ändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 71

folgende Angabe eingefügt:
㤠71a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf recht-

liches Gehör“.
2. Nach § 71 wird folgender § 71a eingefügt:

㤠71a
Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches

Gehör
(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Ent-

scheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren
fortzuführen, wenn
1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen

die Entscheidung nicht gegeben ist und

Drucksache 15/3706 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf
rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise
verletzt hat.

Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Ent-
scheidung findet die Rüge auch dann nicht statt, wenn
die Entscheidung unanfechtbar ist.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach

Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu
erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaub-
haft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekannt-
gabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge
nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Ent-
scheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe
zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich
oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Ge-
schäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Ent-
scheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die ange-
griffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der
in Absatz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich,

Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetz-

lichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig
zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Ge-
richt sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unan-
fechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet
werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab,

indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund
der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zu-

rückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündli-
chen Verhandlung befand. Im schriftlichen Verfahren
tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhand-
lung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht
werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist
§ 343 der Zivilprozessordnung anzuwenden.
(6) § 149 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsord-

nung ist entsprechend anzuwenden.“
3. In § 120 Abs. 2 wird die Angabe „§§ 72, 73“ durch die

Angabe „§§ 71a, 72, 73“ ersetzt.

Artikel 21
Aufhebung von Rechtsvorschriften

Es werden aufgehoben:
1. Artikel 24 des Vierten Gesetzes für moderne Dienst-

leistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003
(BGBl. I S. 2954) und

2. Artikel 40 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilfe-
rechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003
(BGBl. I S. 3022).

Artikel 22
Inkrafttreten

Artikel 21 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Im
Übrigen tritt das Gesetz am 1. Januar 2005 in Kraft.

Berlin, den 21. September 2004

Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/3706

Begründung

A. Allgemeiner Teil
I. Ausgangslage
Nach dem Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts
vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02) verstößt es gegen das
Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Artikel 103 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG), wenn eine Verfahrensordnung
keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsieht für den
Fall, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise
den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Danach for-
dert der allgemeine Justizgewährungsanspruch eine zumin-
dest einmalige gerichtliche Kontrolle für die Einhaltung des
verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches
Gehör; denn insbesondere das Verfahrensgrundrecht auf
rechtliches Gehör schafft die Voraussetzungen für eine will-
kürfreie richterliche Entscheidung auf hinreichend sicherer
Tatsachengrundlage. Der nach dieser Entscheidung gebo-
tene Rechtsschutz bei Verletzung des Anspruchs auf rechtli-
ches Gehör muss folgenden Mindestanforderungen genü-
gen:
– Der Rechtsbehelf muss bei den Fachgerichten eingerich-

tet werden. Die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde
genügt nicht.

– Der Rechtsbehelf muss Verstöße in jeder gerichtlichen
Instanz erfassen, also auch den Fall, dass der Anspruch
auf rechtliches Gehör erstmals in einem Rechtsmittelver-
fahren verletzt wird.

– Der Rechtsbehelf muss in der geschriebenen Rechtsord-
nung (ausdrücklich) geregelt und in seinen Vorausset-
zungen für den Bürger erkennbar sein. Ein Rückgriff auf
nur durch die Rechtsprechung entwickelte außerordentli-
che Rechtsbehelfe genügt den verfassungsrechtlichen
Anforderungen an das Gebot der Rechtsmittelklarheit
nicht.

Für die weitere Ausgestaltung des nach dem Plenarbe-
schluss erforderlichen Rechtsbehelfs räumt das Bundesver-
fassungsgericht dem Gesetzgeber einen Handlungsspiel-
raum ein:
– Die Überprüfung kann auf den verfassungsrechtlichen

(Verfahrens-)Mindestschutz beschränkt werden.
– Die Überprüfung kann durch das erkennende Gericht

(„judex a quo“) erfolgen.
– Eine gesetzliche Regelung kann differenzieren zwischen

Hauptsacheverfahren und Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes: Wird der Anspruch auf rechtliches Ge-
hör im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ver-
letzt, so kann der Betroffene auf eine Korrektur im
Hauptsacheverfahren verwiesen werden, sofern dadurch
keine unzumutbaren Nachteile entstehen.

– Der Gesetzgeber kann im Interesse schneller Rechtskraft
u. a. Fristen und Darlegungserfordernisse vorsehen und
Vorkehrungen gegen die missbräuchliche Nutzung des
Rechtsbehelfs treffen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufge-
geben, bis zum 31. Dezember 2004 eine Lösung zu finden,

soweit dies nicht schon durch das Zivilprozessreformgesetz
vom 27. Juli 2001 (§ 321a ZPO) geschehen ist.

II. Inhalt des Entwurfs
1. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts be-

steht Gesetzgebungsbedarf insoweit, als Verstöße gegen
den Anspruch auf rechtliches Gehör nach geltendem
Recht weder innerhalb des allgemeinen Rechtsbehelfs-
systems noch mit einem ausdrücklich dafür vorgesehe-
nen Rechtsbehelf (wie § 321a ZPO, §§ 33a, 311a StPO)
gerügt werden können. Praktisch besteht danach Rege-
lungsbedarf, soweit nach geltendem Recht Rechtsmittel
ausgeschlossen sind und für letztinstanzliche Entschei-
dungen.

2. Der Entwurf geht davon aus, dass die Überprüfung von
Anhörungsverstößen zunächst im vorhandenen Rechts-
mittelzug stattfindet.
Soweit Rechtsmittel nicht (mehr) gegeben sind, wird ein
eigenständiger Rechtsbehelf vorgesehen, mit dem der
Anhörungsverstoß gerügt werden kann („Anhörungs-
rüge“). Die Anhörungsrüge soll als subsidiärer Rechts-
behelf aber nur dann zum Zuge kommen, wenn der An-
hörungsverstoß nicht im Rahmen anderer zur Überprü-
fung der Entscheidung gegebener Rechtsbehelfe oder
Rechtsmittel behoben werden kann. Bei Verletzung des
rechtlichen Gehörs ist also zunächst das zulässige
Rechtsmittel einzulegen; insoweit bleibt es bei der bishe-
rigen Rechtslage. Damit muss zwar auch in offen-
kundigen Pannenfällen der von einem Anhörungsverstoß
Betroffene den Weg ins Rechtsmittel nehmen. Mit dem
Vorrang des Rechtsmittels können jedoch andernfalls
unvermeidbare Konkurrenzen zwischen Rechtsmittel
und Anhörungsrüge weitgehend ausgeschlossen werden.
Eine Sonderregelung für offenkundige Pannenfälle er-
scheint nicht praktikabel, da diese sich möglicherweise
erst bei Prüfung der Anhörungsrüge als solche erweisen
und nicht immer von vorneherein erkennbar sind.
Die Anhörungsrüge orientiert sich am Regelungsmodell
des bisherigen § 321a ZPO. Dieser durch das Zivilpro-
zessreformgesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2002 neu
eingeführte Rechtsbehelf, der sich – soweit bisher er-
sichtlich – in der Praxis bewährt hat, wird in der Plenar-
entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrück-
lich als mögliches Modell eines Rechtsbehelfs bei Anhö-
rungsverstößen genannt. Nach dem Vorbild des gelten-
den § 321a ZPO wird die Anhörungsrüge wie folgt
ausgestaltet:
l Sie ist bei dem Gericht zu erheben, das die gerügte

Entscheidung erlassen hat („judex a quo“);
l bei erfolgreicher Rüge ist das Verfahren in der Lage

fortzusetzen, in der es sich vor der mit der Gehörs-
rüge angefochtenen Entscheidung befand;

l gegen die Entscheidung, mit der die Anhörungsrüge
verworfen oder zurückgewiesen wird, ist kein
Rechtsbehelf gegeben.

Drucksache 15/3706 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Vergleichbar der Wiedereinsetzung oder der Wiederauf-
nahme – und insoweit anders als der geltende § 321a
ZPO – hindert die Anhörungsrüge den Eintritt der
Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung jedoch
nicht; das mit der Gehörsrüge angerufene Gericht kann
aber Vollstreckungsschutz gewähren. Diese Lösung er-
weist sich als hinreichend flexibel, um einerseits dem
Interesse an einem zügigen rechtskräftigen Abschluss
des Verfahrens Rechnung zu tragen, andererseits aber
den von einer Gehörsverletzung Betroffenen vor vollen-
deten Tatsachen zu schützen. Sie hält sich damit im Rah-
men des vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich
für zulässig Erachteten.
Die Anhörungsrüge wird im Interesse der Rechtsklarheit
jedenfalls in den wichtigsten Prozessordnungen aus-
drücklich geregelt. Dabei bemüht sich der Entwurf um
wortgleiche Regelungen, soweit nicht wegen der „Bin-
nenstimmigkeit“ in den einzelnen Verfahrensordnungen
Abweichungen geboten sind. Die für die unterschiedli-
chen Verfahrensordnungen notwendigen Änderungen
werden möglichst in dem vorliegenden Entwurf gebün-
delt. Soweit allerdings bestimmte Verfahrensordnungen
Gegenstand eigenständiger Gesetzgebungsverfahren
sind wie etwa die Wehrbeschwerdeordnung, werden die
auf Grund des Plenarbeschlusses erforderlichen Ände-
rungen dort mit aufgenommen.

3. Der Entwurf unterscheidet nicht zwischen Hauptsache-
verfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschut-
zes. Nach der Plenarentscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts muss die Anhörungsrüge für Verfahren
des vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls dann zugelas-
sen werden, wenn bei einer erst im Hauptsacheverfahren
stattfindenden Korrektur unzumutbare Nachteile drohen.
Eine Korrektur erst im Hauptsacheverfahren kommt da-
nach insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Eil-
entscheidung endgültige Verhältnisse schafft oder – we-
gen der Dauer des Hauptsacheverfahrens – faktisch zu
endgültigen Verhältnissen führt. Dies ist jedoch häufig
der Fall. Eine Verzögerung des Eilrechtsschutzes ist
nicht zu erwarten, da die Anhörungsrüge bei dem mit
dem Verfahren vertrauten Ausgangsgericht anzubringen
ist. Die Beschränkung der Rügemöglichkeit auf das
Hauptsacheverfahren würde im Übrigen auch dazu füh-
ren, dass Hauptsacheverfahren nur zur Behebung eines
Anhörungsmangels im Eilverfahren eingeleitet werden
müssten; dies erscheint prozessökonomisch nicht sinn-
voll.

4. Dem Tenor der bundesverfassungsgerichtlichen Plenar-
entscheidung folgend ergänzt der Gesetzentwurf das
Rechtsbehelfssystem um die Möglichkeit, einen Verstoß
gegen das in Artikel 103 Abs. 1 GG verbürgte Recht auf
rechtliches Gehör zu rügen. Eine Erstreckung dieses
Rechtsbehelfs auf die Verletzung anderer Verfahrens-
grundrechte ist nicht Gegenstand des vom Bundesverfas-
sungsgericht erteilten Gesetzgebungsauftrages. Im Übri-
gen kann ein Verstoß gegen Artikel 101 Abs. 1 Satz 2
GG (Gebot des gesetzlichen Richters) im Wiederaufnah-
meverfahren geltend gemacht werden. Damit trifft der
Entwurf keine Aussage zu der Frage, wie die Gerichte
künftig mit Verletzungen etwa des Willkürverbots umge-
hen sollen; insbesondere die bisher in diesen Fällen zur

Anwendung gekommenen außerordentlichen Rechtsbe-
helfe wie die außerordentliche Beschwerde oder die Ge-
genvorstellung sollen durch die Beschränkung dieses
Entwurfs auf eine Erweiterung der Rügemöglichkeiten
bei Anhörungsverstößen nicht ausgeschlossen werden.

5. Der Entwurf sieht im Wesentlichen folgende Regelun-
gen vor:
a) Für den Zivilprozess wird der geltende § 321a ZPO

dem vorstehenden Konzept angepasst; insbesondere
wird der Anwendungsbereich der Vorschrift den An-
forderungen des Bundesverfassungsgerichts entspre-
chend erweitert.

b) In den wichtigsten anderen fachgerichtlichen Verfah-
rensordnungen und im Kostenrecht wird die Gehörs-
rüge als eigenständiger Rechtsbehelf nach dem vor-
stehenden Konzept ausdrücklich geregelt. Darüber
hinaus wird im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit für
den Fall verspäteter oder fehlender Begründung des
Berufungsurteils ein besonderes Rechtsmittel ge-
schaffen; damit trägt der Gesetzgeber der Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März
2001 – 1 BvR 383/00 – Rechnung.

c) Für den Strafprozess und das Ordnungswidrigkeiten-
recht sieht der Entwurf folgende Lösung vor:
l In § 33a StPO, der jeden Verstoß gegen Arti-

kel 103 Abs. 1 GG im Beschlussverfahren erfasst,
wird die gebotene weite Auslegung der Vorschrift
durch die Neufassung des Wortlauts verdeutlicht:
Außer zu Tatsachen und Beweisergebnissen müs-
sen sich die Beteiligten etwa auch zu Anträgen
anderer Beteiligter äußern können, die für die
Entscheidung des Gerichts erheblich sind. Der
Wortlaut von § 33a und von § 356a StPO-E wird
daher weitgehend einheitlich gefasst.

l Um Verletzungen des rechtlichen Gehörs durch
die Revisionsgerichte abzuhelfen, wird sowohl
für den Fall einer Entscheidung durch Beschluss
als auch einer Entscheidung durch Urteil als spe-
zieller Rechtsbehelf § 356a StPO-E eingefügt. Im
Falle einer relevanten Verletzung des rechtlichen
Gehörs wird das Revisionsverfahren auf einen be-
fristeten Antrag in die Lage zurückversetzt, die
vor dem Erlass der Entscheidung bestand, um den
Beteiligten ausreichend Gelegenheit einzuräu-
men, sich zu äußern. Die Rechtskraft zwischen-
zeitlich getroffener Revisionsentscheidungen ent-
fällt. Verletzungen des rechtlichen Gehörs in frü-
heren Verfahrensabschnitten, die durch ein Urteil
abgeschlossen wurden, kann mit den allgemeinen
Rechtsmitteln, insbesondere mit der Revision ab-
geholfen werden.

l Im Bußgeldverfahren werden die §§ 33a und 356a
StPO-E auf Grund der Verweisungsregelungen
von § 46 Abs. 1 und § 79 Abs. 3 OWiG ebenfalls
anwendbar sein, ohne dass es insoweit einer
eigenständigen Regelung im OWiG bedarf. Um zu
verdeutlichen, dass Gehörsverstöße im Be-
schlussverfahren nach § 72 OWiG, das eine Beson-
derheit des Bußgeldverfahrens darstellt, im Rah-
men des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu rügen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/3706

sind, sieht der Entwurf eine entsprechende Klar-
stellung in § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG-E vor.

III. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus
Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Artikel 72 GG,
hinsichtlich der Wehrdisziplinarordnung aus Artikel 73
Nr. 1 GG. Soweit der Bund vorliegend im Bereich der kon-
kurrierenden Gesetzgebung tätig wird, ist eine bundesge-
setzliche Regelung zur Wahrung der Rechtseinheit im Ver-
fahren vor den Zivil-, Straf- und Fachgerichten im gesamt-
staatlichen Interesse erforderlich (Artikel 72 Abs. 2 des
Grundgesetzes). Bei unterschiedlichen prozessualen Vor-
schriften in den Ländern könnten die Rechtsuchenden nicht
auf gleichen Rechtsschutz vertrauen; unterschiedliches Ver-
fahrensrecht würde den Rechtszugang zu den Bundes-
gerichten erschweren.

IV. Kosten und Preise; geschlechtsspezifischeAuswirkungen
1. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen

Haushalte
Da mit dem Gesetzgebungsvorhaben die Möglichkeit eröff-
net wird, einen Anhörungsverstoß auch in den Fällen zu rü-
gen, in denen bisher kein Rechtsbehelf gegeben war, kann
sich das Aufkommen an Verfahren sowohl bei den Instanz-
gerichten als auch bei den obersten Bundesgerichten erhö-
hen. Dadurch können für die Justizhaushalte der Länder und
des Bundes Mehrkosten entstehen. Da sich allerdings nicht
belastbar prognostizieren lässt, in welchem Umfang von
dem neu eröffneten Rechtsbehelf Gebrauch gemacht wer-
den wird, können über den Umfang der finanziellen Aus-
wirkungen keine verlässlichen Aussagen getroffen werden.
2. Sonstige Kosten und Preise
Außerhalb der öffentlichen Haushalte, insbesondere im Be-
reich der Wirtschaft oder der sozialen Sicherungssysteme,
sind Mehrbelastungen nicht zu erwarten. Auswirkungen auf
das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau,
sind ebenfalls nicht zu erwarten.
3. Geschlechtsspezifische Auswirkungen
Die vorgesehenen Änderungen der Prozessordnungen, mit
denen die prozessrechtliche Situation der von einem Ge-
hörsverstoß betroffenen Beteiligten an einem gerichtlichen
Verfahren verbessert wird, haben keine spezifischen Aus-
wirkungen auf die Lebenssituation von Männern und
Frauen.

B. Einzelbegründung
Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)
Zu Nummer 1 ( § 321a)
Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsge-
richts ist der sachliche Anwendungsbereich des § 321a ZPO
zu erweitern. Die neu gefasste Vorschrift ist künftig zum
einen auf unanfechtbare Urteile aller Instanzen anwendbar.
Die erweiterte Bestimmung eröffnet dadurch jedem Gericht

im Falle der gerügten Verletzung des Anspruchs auf rechtli-
ches Gehör (Artikel 103 Abs. 1 GG) die Möglichkeit der
Selbstkorrektur bei unanfechtbaren Urteilen. Die bisherige
Beschränkung auf erstinstanzliche Urteile wird aufgegeben.
Zum anderen ist die Vorschrift künftig auf unanfechtbare
Beschlüsse anwendbar. Damit werden auch Zurückwei-
sungsbeschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO der richterlichen
Selbstkorrektur zugänglich. Nach geltendem Recht kann
der Betroffene hier nur noch die Verfassungsbeschwerde
zum Bundesverfassungsgericht einlegen (Artikel 93 Abs. 1
Nr. 4a GG; § 13 Nr. 8a, §§ 90 ff. BVerfGG).
Absatz 1 enthält in Satz 1 die Voraussetzungen, unter denen
die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Ge-
hör statthaft und begründet ist. Das Gericht ist bei einer
Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ver-
pflichtet, den Prozess fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel
oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben und eine Ver-
letzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in entschei-
dungserheblicher Weise festzustellen ist.
Zu den Rechtsbehelfen im Sinne des Absatzes 1 zählt auch
die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO, die nach
dem Regelungskonzept des Gesetzes zur Reform des Zivil-
prozesses (Zivilprozessreformgesetz – ZPO-RG) vom
27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) den Zugang zum Revisions-
gericht gerade auch imHinblick auf Gehörsverstöße gewähr-
leisten soll. Entsprechend gilt dies für die – revisionsähnlich
ausgestaltete – Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 i. V. m.
Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Einführung der reinen Zulassungsre-
vision durch das ZPO-RGwar mit einer Erweiterung der Zu-
lassungsgründe verbunden. Insbesondere sollten mit dem
Revisionszulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung auch Fälle erfasst werden, in denen die
Grundrechte auf Gewährung des rechtlichen Gehörs oder
auf ein objektiv willkürfreies Verfahren verletzt sind und
deswegen Gegenvorstellung erhoben und Verfassungs-
beschwerde eingelegt werden könnte (Bundestagsdruck-
sache 14/4722, S. 67, 104).
In den Fällen entscheidungserheblicher Verletzung des
rechtlichen Gehörs in der Berufungsinstanz kann der Betrof-
fene durch eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde
das Revisionsverfahren eröffnen und dort die Überprüfung
und Aufhebung des Berufungsurteils erreichen. Dies hat der
Bundesgerichtshof in mehreren Grundsatzentscheidungen
bestätigt. Demnach vermag ein Verfahrensfehler mit Grund-
rechtsrelevanz die Zulassung der Revision jedenfalls dann
zu rechtfertigen, wenn nicht zweifelhaft erscheint, dass das
Bundesverfassungsgericht das Berufungsurteil auf eine Ver-
fassungsbeschwerde hin aufheben würde (BGH [11. ZS]
NJW 2003, 65, 68; BGH [5. ZS] NJW 2003, 1943, 1946).
Der Revision kommt auf diese Weise auch die Funktion zu,
präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeid-
bar zu machen (BGH [5. ZS] a. a. O.). Für die Zulassung der
Revision wegen eines Rechtsfehlers des Berufungsgerichts
sind mithin die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil
führen würden. Ob dieses Ergebnis aus dem Zulassungs-
grund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 ZPO) oder der Sicherung einer einheitlichen Recht-
sprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) gewonnen wer-
den kann, war zwar zwischen den Zivilsenaten zunächst

Drucksache 15/3706 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

streitig. Mit Beschluss des XI. Zivilsenats vom 11. Mai 2004
(XI ZB 39/03) ist der Bundesgerichtshof jedoch zu einer
einheitlichen Linie dahin gehend gelangt, dass in diesen Fäl-
len der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung anzunehmen ist. Darüber hinaus besteht
zwischen den Zivilsenaten nunmehr Einvernehmen darüber,
dass die Zulassung der Revision wegen einer dem Beru-
fungsurteil zugrunde liegenden Verletzung von Verfahrens-
grundrechten nicht von dem zusätzlichen Erfordernis ab-
hängt, dass der Verfassungsverstoß offensichtlich ist.
Insgesamt ist sonach festzustellen, dass nach der Rechtspre-
chung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofes ein Verstoß
gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör – wie im Übrigen
auch gegen andere Verfahrensgrundrechte sowie eine Ver-
letzung des allgemeinen Willkürverbots – zur Zulassung der
Revision und zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führen.
Dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts im Plenar-
beschluss vom 30. April 2003 und im Kammerbeschluss
vom 8. Januar 2004 (1 BvR 864/03), Lücken im Rechts-
schutz gegenüber Gehörsverstößen zu schließen, ist mithin
durch die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofes Rechnung getragen, ohne dass es insoweit einer weite-
ren Regelung durch den Gesetzgeber bedarf; die Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofes entspricht vielmehr unein-
geschränkt der Vorstellung des Gesetzgebers bei der
Neuregelung der Revisionszulassungsgründe durch das
ZPO-RG (vgl. dazu auch BVerfG vom 26. April 2004,
1 BvR 138/04).
Wie nach bisherigem Recht begründet eine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Artikel 103 Abs. 1 GG)
nur dann die Fortführung des Prozesses, wenn sie entschei-
dungserheblich ist. Entscheidungserheblichkeit liegt vor,
wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht
ohne die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu
einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Absatz 1 Satz 2 begrenzt den – erweiterten – Anwendungs-
bereich des § 321a ZPO-E mit Blick auf diejenigen Ent-
scheidungen, die der Endentscheidung vorausgehen (Zwi-
schenentscheidungen). Die Endentscheidung wird in der
Regel das Endurteil sein; in Betracht kommen jedoch auch
Beschlüsse, die entweder die Instanz im Hauptsacheverfah-
ren oder aber einen Beschwerderechtszug abschließen. Nur
gegenüber solchen Entscheidungen eröffnet der Entwurf die
Möglichkeit der Anhörungsrüge. Grund hierfür ist zum
einen, dass erst zum Zeitpunkt der Endentscheidung fest-
stellbar ist, ob die Partei, deren Anspruch auf rechtliches
Gehör verletzt wurde, durch die Entscheidung beschwert ist
(Satz 1 erster Halbsatz) und ob die Gehörsverletzung ent-
scheidungserheblich war (Satz 1 Nr. 2). Zum anderen würde
die Einbeziehung von Zwischenentscheidungen in den
Anwendungsbereich des § 321a ZPO-E nicht angemessen
berücksichtigen, dass die ZPO die isolierte Anfechtung von
Zwischenentscheidungen im Interesse einer zügigen Erledi-
gung des Rechtsstreits bewusst einschränkt.
Der Umstand, dass der Anwendungsbereich des § 321a
ZPO-E nicht auch für unanfechtbare Zwischenentscheidun-
gen geöffnet wird – für diese also kein neuer Rechtsbehelf
zur Verfügung gestellt wird – rechtfertigt nicht den Um-
kehrschluss, dass hiermit Einschränkungen gegenüber der
bisherigen Rechtslage verbunden sind. Insbesondere bleibt
die ständige Rechtsprechung zu der Frage, ob die Verwei-

sung wegen Unzuständigkeit auch dann nach § 281 Abs. 2
Satz 4 ZPO bindend ist, wenn der Beschluss unter Versa-
gung rechtlichen Gehörs ergangen ist, unberührt.
Absatz 2 regelt Frist, Form und Inhalt der Rüge. Nach Satz 1
ist die Rüge innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen zu er-
heben. Abweichend vom bisherigen Recht beginnt die Frist
in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Betroffene von der
Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt. Damit
lehnt sich die Vorschrift an die entsprechenden Regelungen
in den – ebenfalls rechtskraftdurchbrechenden – Rechts-
behelfen der Wiedereinsetzung und der Wiederaufnahme an.
Der Betroffene muss glaubhaft machen, wann er von der
Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. Im
Interesse der Rechtssicherheit sieht Satz 2 eine Ausschluss-
frist von einem Jahr seit Bekanntgabe der angegriffenen Ent-
scheidung vor. Die Frist ist – wie ihre Entsprechungen in
§ 234 Abs. 3, § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO – als materielle Aus-
schlussfrist der Wiedereinsetzung nicht zugänglich. Bisher
nicht zuzustellende Entscheidungen sollen nicht im Hinblick
auf eine mögliche Gehörsrüge zustellungspflichtig werden;
daher sieht Satz 3 für den Fall der formlosen Mitteilung eine
Fiktion der Bekanntgabe vor. Satz 4 sieht wie bisher vor,
dass die Rüge durch Einreichung eines Schriftsatzes erhoben
wird. Bei Verfahren vor dem Amtsgericht gelten die §§ 496,
129a ZPO, so dass auch eine Erklärung zu Protokoll der Ge-
schäftsstelle des Prozessgerichts oder jedes anderen Amts-
gerichts zulässig ist. Aus der Rügeschrift muss gemäß Satz 5
hervorgehen, welche Entscheidung mit der Rüge angegriffen
wird und aus welchen Umständen sich eine entscheidungser-
hebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör er-
gibt (vgl. Absatz 1 Satz 1 Nr. 2).
Die Absätze 3 und 4 sind gegenüber dem bisherigen Recht
weitgehend unverändert. Nach Absatz 4 Satz 4 ergehen die
ablehnenden Entscheidungen wie bisher durch unanfecht-
baren Beschluss; im Sinne einer redaktionellen Anpassung
spricht das Gesetz nunmehr von Entscheidung statt von Ent-
scheidungen. Lediglich die Anforderungen an die Verpflich-
tung zur Begründung des Beschlusses werden nach
Absatz 4 Satz 5 etwas herabgesetzt, um der Erweiterung des
Anwendungsbereichs auf alle Instanzen Rechnung zu tragen
und einen Gleichklang mit anderen Verfahrensordnungen
herzustellen. Die Herabsetzung der Begründunganforde-
rung gibt dem Revisionsgericht den erforderlichen Spiel-
raum, die Zurückweisung einer Gehörsrüge gegen eine Ent-
scheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nur unter
den einschränkenden Voraussetzungen des § 544 Abs. 4
Satz 2 ZPO zu begründen. Damit ist sichergestellt, dass eine
Gehörsrüge gegen eine Entscheidung über eine Nichtzulas-
sungsbeschwerde nicht zur Herbeiführung einer Begrün-
dungsergänzung eingelegt werden kann.
Absatz 5 Satz 1 und 2 enthält gegenüber dem bisherigen
Recht lediglich redaktionelle Anpassungen. Satz 1 beruht
auf der Fassung der Änderung durch Artikel 1 Nr. 12 des
Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (1. Justiz-
modernisierungsgesetz) vom 24. August 2004 (BGBl. I
S. 2198). Hierdurch wird klargestellt, dass im Fortsetzungs-
verfahren nur noch der Streitgegenstand erneut verhandelt
wird, der von der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör betroffen ist (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1508,
S. 19). Satz 4 trifft eine Bestimmung über die Zurückverset-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/3706

zung von Verfahren ohne mündliche Verhandlung (§ 128
Abs. 2 bis 4) nach erfolgreicher Gehörsrüge.
Der bisherige Absatz 6 des § 321a ZPO entfällt; stattdessen
wird eine Ergänzung des § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorge-
nommen (vgl. die Ausführungen zu Nummer 3).
Zu Nummer 2 (§ 544 ZPO)
In den Fällen entscheidungserheblicher Verletzung des
rechtlichen Gehörs in der Berufungsinstanz hat der Bundes-
gerichtshof einer hierauf gestützten Nichtzulassungsbe-
schwerde des Betroffenen stattzugeben (vgl. die Ausführun-
gen zu Nummer 1). Nach der Systematik des § 544 Abs. 6
ZPO müsste das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfah-
ren fortgesetzt werden. Insbesondere müsste stets eine
mündliche Verhandlung vorbereitet und durchgeführt wer-
den. Zur Beschleunigung des Verfahrens und zur Entlastung
des Bundesgerichtshofes erscheint es sachgerecht, diesem
die Möglichkeit einzuräumen, das angefochtene Urteil in
dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss aufzuheben
und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entschei-
dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen; eine ähn-
liche Regelung enthält bereits § 133 Abs. 6 VwGO.
Zu Nummer 3 (§ 705 ZPO)
Die Neufassung der Vorschrift führt dazu, dass die Ein-
legung der Gehörsrüge die bisher vorhandene rechtskraft-
hemmende Wirkung verliert. Die Gehörsrüge wird zum
rechtskraftdurchbrechenden Rechtsbehelf umgestaltet und
in ihrer Systematik und prozessualen Funktion der Wieder-
aufnahme bzw. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an-
genähert. Dies genügt den Anforderungen, die das Bundes-
verfassungsgericht an die Ausgestaltung fachgerichtlicher
Abhilfe für den Fall der entscheidungserheblichen Verlet-
zung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufstellt.
Zu Nummer 4 (§ 707 ZPO)
Die Ergänzung des § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist eine Konse-
quenz der Umgestaltung der Gehörsrüge zum rechtskraft-
durchbrechenden Rechtsbehelf. Die systematische Annähe-
rung der Gehörsrüge an die Wiederaufnahme bzw. die Wie-
dereinsetzung in den vorigen Stand ist auch im Vollstre-
ckungsrecht nachzuvollziehen. Dies führt dazu, dass die
Rüge nach § 321a ZPO in den Katalog des § 707 Abs. 1
Satz 1 ZPO aufzunehmen ist.
Der Verweisung in § 321a Abs. 6 ZPO auf § 707 Abs. 1
Satz 1, Abs. 2 ZPO bedarf es nicht mehr (s. Nummer 1). Für
die derzeitige Ausklammerung des § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO
ist nach der neuen Konzeption kein Raum; denn anders als
bislang ist das Urteil nicht nur auf Grund gerichtlicher An-
ordnung vorläufig, sondern – da es rechtskräftig ist – kraft
Gesetzes vollstreckbar (§ 704 ZPO). Deshalb besteht für
eine Sonderregelung kein Anlass mehr.
Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung)
Zu Nummer 1 (§ 33a StPO)
§ 33a StPO ist bereits bisher so auszulegen und anzuwen-
den, dass er jeden Verstoß gegen Artikel 103 Abs. 1 GG im
Beschlussverfahren erfasst. Die Vorschrift inkorporiert die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in ihrer je-

weiligen Tragweite in das einfache Recht (BVerfGE 42,
243). Die somit gebotene weite Auslegung der Vorschrift
soll durch die Neufassung des Wortlauts verdeutlicht wer-
den: Außer zu Tatsachen und Beweisergebnissen müssen
sich der Beschuldigte und die übrigen Beteiligten etwa auch
zu Anträgen und Rechtsausführungen anderer Beteiligter
äußern können, die für die Entscheidung des Gerichts er-
heblich sind, damit sich insoweit jeder Beteiligte auf neue
rechtliche Gesichtspunkte einstellen und zu ihnen Stellung
nehmen kann. Der Wortlaut der §§ 33a und 356a StPO-E
wird daher weitgehend einheitlich gefasst. Allerdings soll
entsprechend der bisherigen Rechtslage der Antrag nach
§ 33a StPO-E weiterhin ohne eine Befristung gestellt wer-
den können, der Beteiligte muss durch den Beschluss des
Gerichts noch materiell beschwert sein und das Gericht
kann auch von Amts wegen einer Verletzung des rechtlichen
Gehörs abhelfen. Insoweit sind keine Gründe ersichtlich,
die ein Abweichen von der bisherigen Rechtslage rechtferti-
gen würden. Der Antrag ist weiterhin nur dann zulässig,
wenn der Beschluss nicht anders anfechtbar ist, wobei auch
der Rechtsbehelf nach § 356a StPO-E als speziellere Rege-
lung § 33a StPO-E verdrängt. Auch zur Beschwerdefähig-
keit der Entscheidung kann auf die bisherige Rechtspre-
chung zurückgegriffen werden.
„Entscheidungserheblich“ ist eine unterbliebene Anhörung
nur dann, wenn und soweit sie sich auf das Ergebnis des Be-
schlusses ausgewirkt hat. Hätte insbesondere der Betroffene
nichts anderes vortragen, sich also nicht anders verteidigen
können, als er tatsächlich bereits vorgetragen hat, oder ist es
sonst ausgeschlossen, dass das Gericht bei ordnungsgemä-
ßer Anhörung anders entschieden hätte, ist der Gehörsver-
stoß nicht entscheidungserheblich.
Zu Nummer 2 (§ 356a StPO)
Auch dann, wenn der Anspruch auf rechtliches Gehör erst-
malig in der letzten Instanz verletzt wurde und der Fehler
entscheidungserheblich ist, muss die Verfahrensordnung
eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorse-
hen. Verletzungen dieses Anspruchs in früheren Verfahrens-
abschnitten kann mit den allgemeinen Rechtsmitteln, insbe-
sondere mit der Revision, abgeholfen werden. Bisher wird
in der Rechtsprechung § 33a StPO entsprechend angewen-
det, wenn über die Revision eines Angeklagten durch Be-
schluss entschieden wurde, obwohl die Frist zur Gegener-
klärung auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft noch nicht
abgelaufen war oder dem Angeklagten diese Erklärung ver-
sehentlich nicht zugestellt wurde. Diese entsprechende An-
wendung des § 33a StPO ist im Hinblick auf die Anforde-
rungen an die Rechtsmittelklarheit unbefriedigend. Zudem
ist § 33a StPO auf Urteile nicht anwendbar. Zwar ist eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs kaum vorstellbar, wenn
der Angeklagte oder sein Verteidiger in der Hauptverhand-
lung vor dem Revisionsgericht anwesend sind, weil sie sich
dann umfassend äußern können. Da die Hauptverhandlung
vor dem Revisionsgericht aber auch ohne den Angeklagten
oder seinen Verteidiger stattfinden kann, ist es möglich, dass
sie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör deshalb nicht
wahrnehmen können, weil ihnen der Zeitpunkt der Haupt-
verhandlung versehentlich nicht oder nicht rechtzeitig mit-
geteilt wurde oder weil sie durch andere Gründe am Er-
scheinen verhindert sind (zur Problematik vgl. LR-Hanack,
StPO, 25. Auflage, § 350 Rn. 14 f.; KK-Kuckein, StPO,

Drucksache 15/3706 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

5. Auflage, § 350 Rn. 10, auch bez. anderer Verfahrensbe-
teiligter). Daher muss sowohl für den Fall einer Entschei-
dung des Revisionsgerichts durch Beschluss als auch einer
Entscheidung durch Urteil die Möglichkeit geschaffen wer-
den, dass allen entscheidungserheblichen Verletzungen des
rechtlichen Gehörs nachträglich durch die Revisionsge-
richte abgeholfen werden kann.
„Entscheidungserheblich“ ist eine unterbliebene Anhörung
nur dann, wenn und soweit sie sich auf das Ergebnis der Re-
visionsentscheidung ausgewirkt hat. Hätte insbesondere der
Betroffene nichts anderes vortragen, sich also nicht anders
verteidigen können, als er tatsächlich bereits vorgetragen
hat, oder ist es sonst ausgeschlossen, dass das Revisions-
gericht bei ordnungsgemäßer Anhörung anders entschieden
hätte, ist der Gehörsverstoß nicht entscheidungserheblich.
Für den Fall, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör in
entscheidungserheblicher Weise verletzt wurde, wird das
Revisionsverfahren in die Lage zurückversetzt, die vor dem
Erlass der Entscheidung bestand, soweit die Revisionsent-
scheidung von dem Gehörsverstoß betroffen ist. Sind ein-
zelne abtrennbare Verfahrensteile nicht von der Verletzung
des rechtlichen Gehörs betroffen, besteht dagegen keine
Veranlassung, die Rechtskraft der Revisionsentscheidung
auch insoweit zu durchbrechen. Die Verletzung ist bezüg-
lich dieser Verfahrensteile nicht „entscheidungserheblich“,
insoweit wird deshalb das Verfahren auch nicht zurückver-
setzt.
Dem Beteiligten wird dadurch eine ausreichende Gelegen-
heit zur Wahrnehmung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehör eingeräumt. Die Rechtskraft zwischenzeitlich getrof-
fener Revisionsentscheidungen entfällt auf Grund des Be-
schlusses, durch den das Verfahren im Falle eines begründe-
ten Antrags zurückversetzt wird. Die Wirkung dieses
Rechtsbehelfs entspricht derjenigen einer Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand. Dementsprechend muss in dem Um-
fang, in dem die Rechtskraft entfällt, eine bereits begonnene
Vollstreckung der Strafe abgebrochen werden. Sofern sich
der Angeklagte vor Eintritt der Rechtskraft in Unter-
suchungshaft befunden hat, die Inhaftierung andauert und
keine anderweitige Strafhaft vollstreckt wird, kann die
Grundlage für die weitere Inhaftierung nur der ursprüng-
liche Haftbefehl sein, der durch die Zurückversetzung des
Verfahrens wieder auflebt. Der Angeklagte befindet sich
deshalb in diesen Fällen nach Bekanntmachung des in
§ 356a StPO-E genannten Beschlusses wieder in Unter-
suchungshaft.
Soweit § 356a Satz 4 StPO-E § 47 Abs. 1 StPO für entspre-
chend anwendbar erklärt, ist dies lediglich eine Klarstel-
lung, weil allein durch den Antrag die Rechtskraft und
damit auch die Vollstreckbarkeit der Entscheidung nicht
berührt wird. Die entsprechende Anwendbarkeit von § 47
Abs. 2 StPO räumt dem Gericht jedoch zusätzlich die Mög-
lichkeit ein, frühzeitig einen Aufschub der Vollstreckung
anzuordnen.
Für die Anhörung der übrigen Beteiligten gilt § 33 Abs. 2
und 3 StPO. Das Revisionsgericht kann somit unter Abwä-
gung aller Argumente erneut über die Revision entscheiden.
Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens
wird die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs entsprechend der
Regelung für Wiedereinsetzungsanträge befristet. Die

Rechtskraft von Revisionsentscheidungen soll durch An-
träge des Angeklagten oder des Nebenklägers nicht unbe-
fristet durchbrochen werden können. Die Frist zur Stellung
des Antrags von einer Woche nach Kenntnis von der Verlet-
zung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entspricht der
Frist, die auch sonst im Strafverfahren für die Einlegung
von Rechtsmitteln und -behelfen vorgesehen ist (vgl. §§ 44,
311, 314, 341 StPO). Diese Kenntnis muss sich dabei nur
auf die tatsächlichen Umstände beziehen, aus denen sich die
Gehörsverletzung ergeben kann. Weil das Revisionsgericht
den Zeitpunkt, zu dem der Beteiligte Kenntnis von diesen
tatsächlichen Umständen erlangt, nicht selbst zuverlässig
feststellen kann und dieser häufig von Umständen aus der
Sphäre des Betroffenen abhängt, muss er den Zeitpunkt der
Kenntniserlangung glaubhaft machen. Dagegen kann eine
Glaubhaftmachung der übrigen Umstände, die eine Verlet-
zung des Gehörs durch das Gericht begründen, nicht ver-
langt werden, weil sich diese Umstände regelmäßig aus den
Akten ergeben und das Gericht aus eigener Kenntnis be-
urteilen muss, ob es den Betroffenen angehört hat. Eine
förmliche Zustellung von Revisionsentscheidungen, die in
Abwesenheit des Angeklagten ergehen, ist nicht notwendig,
weil durch die Bekanntmachung der Entscheidung selbst
keine Frist in Lauf gesetzt wird (§ 35 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Der Rechtsbehelf ist kurz zu begründen, damit das Gericht
erkennen kann, ob eine unterbliebene Äußerung des Betei-
ligten der Sphäre der Justiz oder des Beteiligten selbst zu-
zuordnen ist. Im Hinblick auf die Bedeutung des Anspruchs
aus Artikel 103 Abs. 1 GG sind an diese Begründung aber
keine hohen Anforderungen zu stellen. Der Beschluss des
Revisionsgerichts über diesen Rechtsbehelf ist unanfechtbar
(§ 304 Abs. 4 Satz 1 und 2 erster Halbsatz StPO). Da § 33a
StPO-E ausdrücklich nur subsidiären Charakter hat, ist
diese Vorschrift auf Entscheidungen des Revisionsgerichts
nicht mehr anwendbar.
Bei dem außerordentlichen Rechtsbehelf nach § 356a StPO-E
handelt es sich nicht um ein Rechtsmittel im Sinne des § 34
StPO. Weitergehende Anforderungen an die Entscheidungs-
gründe als diejenigen, die bereits bisher gelten, werden da-
durch an die Revisionsentscheidungen nicht gestellt. Auch
die Revisionsbegründungsfrist des § 345 StPO wird da-
durch nicht berührt, weshalb es auch künftig nicht möglich
sein wird, eine nicht formgerecht innerhalb der Revisions-
begründungsfrist erhobene Verfahrensrüge nachzuschie-
ben. Ebenso ist eine Rechtsmittelbelehrung nach § 35a
StPO über diesen außerordentlichen Rechtsbehelf nicht not-
wenig. Dem Revisionsgericht bleibt es jedoch unbenom-
men, den Betroffenen auf diese Möglichkeit hinzuweisen,
wenn es dies für sachdienlich erachtet.
Zu Artikel 3 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes)
In Artikel 2 Nr. 2 sieht der Entwurf einen neuen § 356a
StPO-E vor, um den Anspruch auf rechtliches Gehör auch
bei Revisionsentscheidungen zu sichern. Über § 2 JGG wird
diese Vorschrift auch auf jugendstrafrechtliche Revisions-
entscheidungen Anwendung finden. Im Jugendstrafverfah-
ren kann wegen der Rechtsmittelbeschränkung des § 55
Abs. 2 JGG aber auch bereits die Berufungsentscheidung
für Beteiligte letztinstanzlichen Charakter haben. Hier sind
Fälle nicht auszuschließen, in denen einer Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht schon mit der An-
wendung von § 33a oder § 329 Abs. 3 StPO (jeweils in Ver-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/3706

bindung mit § 2 JGG) begegnet werden kann. Diese Vor-
schriften böten etwa dann keine Handhabe, wenn das Ge-
richt übersehen hätte, dem in der Hauptverhandlung anwe-
senden Angeklagten die Gelegenheit zum Schlussvortrag zu
eröffnen. Für derartige Fälle wird mit der Ergänzung von
§ 55 JGG § 356a StPO-E für entsprechend anwendbar er-
klärt. Der neue Absatz 4 bezieht außerdem die Fälle des
Absatzes 1 mit ein, soweit dieser generell die isolierte An-
fechtbarkeit von Sanktionsentscheidungen unterhalb der Ju-
gendstrafe ausschließt. Ohne diese Erstreckung wäre der
Betroffene, der mit dem Schuldspruch an sich einverstanden
ist und nur gegen die Sanktionsentscheidung wegen einer
diesbezüglichen Verletzung seines Anspruchs auf rechtli-
ches Gehör vorgehen will, gezwungen, die Entscheidung in
vollem Umfang mit der Berufung (oder Revision) anzufech-
ten. Der Aufwand und die verzögerte Erledigung durch die
Befassung einer weiteren Instanz sowie ein Konflikt mit der
grundsätzlich wünschenswerten Unrechtseinsicht und Ver-
antwortungsübernahme durch den Jugendlichen lassen sich
durch die Anwendung des § 356a StPO-E auch auf die Fälle
des Absatzes 1 vermeiden. Die in Absatz 4 vorgesehene
„entsprechende“ Anwendung beinhaltet im Übrigen auch,
dass bei Verkündung der erstinstanzlichen oder der Beru-
fungsentscheidung in Anwesenheit des Beteiligten die Wo-
chenfrist des § 356a Satz 2 StPO-E mit der Verkündung an-
stelle der Zustellung beginnt (vgl. § 35 StPO).

Zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über die
Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit)

Einer Regelung zur Umsetzung der Entscheidung des Bun-
desverfassungsgerichts vom 30. April 2003 bedarf es auch
in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. § 18 Abs. 1
FGG erübrigt eine solche Regelung nicht, da diese Norm
nur dem erstinstanzlichen Gericht (nicht aber den Be-
schwerdegerichten, §§ 21, 28 FGG) die Möglichkeit gibt,
eine von ihm erlassene, noch nicht rechtskräftige Ver-
fügung, auch ohne dass dagegen Beschwerde eingelegt wor-
den wäre, von Amts wegen zu ändern, wenn gegen diese
Verfügung nicht die sofortige Beschwerde stattfindet. Ent-
sprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist
der sachliche Anwendungsbereich der fachgerichtlichen
Abhilfemöglichkeit jedoch zu erweitern. Dem dient § 29a
FGG-E, der in seiner Fassung an § 321a ZPO-E anknüpft.
Absatz 1 Satz 1enthält die Voraussetzungen, unter denen die
Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs zulässig und
begründet ist. Das Gericht ist bei einer entsprechenden
Rüge gehalten, das Verfahren fortzuführen, wenn ein
Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht mehr ge-
geben und eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör in entscheidungserheblicher Weise festzustellen ist.
Im Bereich der Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
ist dabei der Begriff „anderer Rechtsbehelf“ weit zu verste-
hen, d. h. alle Sondervorschriften, die eine Abänderung der
Entscheidung (auch) ermöglichen, wie z. B. in Sorgerechts-
verfahren (§ 1696 BGB) oder in Betreuungs- und Unter-
bringungsverfahren (§§ 69i, 70i FGG), bleiben unberührt.
Dies gilt ebenso für die Sonderbestimmungen in register-
rechtlichen Verfahren (§§ 142 ff. FGG). In Erbscheinsver-
fahren ist § 2361 BGB zu berücksichtigen. Soweit der
Rechtspfleger die Verfügung erlassen hat, kommt für ihn

eine Abhilfemöglichkeit nach dieser Vorschrift nicht in Be-
tracht (BVerfGE 101, 397 ff.). Satz 2 begrenzt den Anwen-
dungsbereich auf das Verfahren abschließende Entscheidun-
gen. Die Entscheidung vorbereitende Verfügungen sollen
aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung mit der Anhö-
rungsrüge nicht gesondert angegriffen werden können.
Ist die das Verfahren abschließende Entscheidung unan-
fechtbar/unabänderbar und damit rechtskräftig, ist eine
Anwendung des § 29a FGG-E nicht ausgeschlossen. Für
Entscheidungen nach § 56e FGG hat das Bundesverfas-
sungsgericht in seiner Entscheidung vom 8. Februar 1994
(BVerfGE 89, 381 ff.) anerkannt, dass „eine Beseitigung der
Rechtskraft“ auszusprechen ist, damit das Fachgericht das
rechtliche Gehör nachholen und abschließend darüber ent-
scheiden kann, ob der Adoptionsbeschluss rückwirkend
aufzuheben oder aufrechtzuerhalten ist. In seiner Begrün-
dung hat das Bundesverfassungsgericht auf eine ähnliche
Regelung in § 33a StPO verwiesen. Mit § 29a FGG-E wird
nunmehr eine entsprechende Rechtsgrundlage für Verfahren
der freiwilligen Gerichtsbarkeit geschaffen.
Absatz 2 regelt Frist, Form und Inhalt der Rüge und ist im
Wesentlichen § 321a ZPO-E nachgebildet. Wegen der Ein-
zelheiten wird daher auf die Begründung zu Artikel 1 Nr. 1
Bezug genommen. Mit Satz 3 soll keine Änderung bezogen
auf die Zustellung gerichtlicher Entscheidungen bewirkt
werden. Es verbleibt bei der grundlegenden Regelung des
§ 16 FGG. Förmliche Zustellungen sind daher nur unter den
Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 FGG veranlasst, nicht aber
aufgrund von § 29a FGG-E. Satz 3 dient allein der Berech-
nung der Ausschlussfrist bei nicht förmlich zugestellten
– schriftlichen – Entscheidungen. Aus Gründen der Klar-
stellung ist in Satz 4 aufgenommen, dass die Rüge auch zu
Protokoll der Geschäftsstelle erhoben werden kann, wobei
§ 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 FGG anwendbar bleibt, soweit es
sich um Verfahren vor dem Oberlandesgericht handelt.
Die Regelungen in den Absätzen 3 und 4 entsprechen denen
des § 321a ZPO-E. Auf die dortige Begründung wird Bezug
genommen.
Absatz 5 ordnet die Fortsetzung des Verfahrens an, wobei
– abweichend von den Regelungen in den übrigen Verfah-
rensordnungen – es einer Anknüpfung an den Schluss der
mündlichen Verhandlung o. Ä. nicht bedarf. Über § 24
Abs. 2 und 3 FGG hat das Beschwerdegericht die Möglich-
keit, die Vollstreckung auszusetzen.
Soweit auf die Regelungen des Gesetzes über die Angele-
genheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen wird
(z. B. § 9 LwVG; § 3 FEVG), gilt § 29a FGG-E durch die
Bezugnahme unmittelbar.

Zu Artikel 5 (Änderung der Grundbuchordnung)
Der neu eingefügte § 81 Abs. 3 GBO-E trägt den Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichts Rechnung. Ebenso wie bei
§ 105 Abs. 2 und § 110 GBO wird aus Gründen der Einheit-
lichkeit auf die Regelung im Gesetz über die Angelegenhei-
ten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen.

Zu Artikel 6 (Änderung der Schiffsregisterordnung)
Der neu eingefügte § 89 Abs. 3 Schiffsregisterordnung-E
trägt den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rech-

Drucksache 15/3706 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

nung. Ebenso wie in der Vorschrift des § 81 Abs. 3 GBO-E
wird auch hier aus Gründen der Einheitlichkeit auf die
Regelung im Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilli-
gen Gerichtsbarkeit verwiesen.
Zu Artikel 7 (Änderung des Arbeitsgerichts-

gesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 55 Abs. 1)
Folgeänderung zu § 78a Abs. 6.
Zu Nummer 2 (§ 72 Abs. 2)
Zu Buchstabe a
Das Bundesarbeitsgericht stellt bei der Grundsatzrevision
darauf ab, ob die Entscheidung des Rechtsstreits von einer
Rechtsfrage abhängt und diese Klärung entweder von allge-
meiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen
ihrer tatsächlichen Ausgestaltung die Interessen der All-
gemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit eng
berührt (vgl. BAG vom 16. September 1997 – 9 AZN 133/
97 – AP Nr. 54 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz). Begriff-
lich wird deshalb deutlich gemacht, dass es auch bei der
Grundsatzrevision weniger um Einzelfallgerechtigkeit geht,
als um die Wahrung der Rechtseinheit und die Fortbildung
des Rechts.
Zu Buchstabe b
Mit der neuen Nummer 3 wird die Revision zugelassen,
wenn ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 547 Nr. 1
bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungs-
erhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt. Dies
entspricht der Erweiterung der Zulassungsgründe wie sie im
Bereich der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit durch das Ge-
setz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreform-
gesetz – ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) be-
reits eingeführt wurde: Die Revision soll auch dann möglich
sein, wenn Verfahrensgrundrechte, insbesondere das Grund-
recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs, verletzt sind
und deswegen Gegenvorstellungen erhoben und Verfas-
sungsbeschwerde eingelegt werden könnte (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 14/4722, S. 67, 104). Vergleichbare Zulas-
sungsgründe finden sich in anderen wichtigen Verfahrens-
ordnungen (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 160 Abs. 2
Nr. 3 SGG, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
In den Fällen der neuen Nummer 3 wird eine Zulassung der
Revision erst im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde
nach § 72a erfolgen. Im Falle des absoluten Revisionsgrun-
des der „Entscheidung ohne Gründe“ (§ 547 Nr. 6 ZPO)
wird außerhalb des Revisionsverfahrens mit dem neuen
§ 72b ein besonderes Rechtsmittel vorgesehen (vgl. Begrün-
dung zu Nummer 4).
Zu Nummer 3 (§ 72a)
Zu Buchstabe a
Der Entwurf schafft bei Rechtsstreitigkeiten, in denen eine
entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Be-
deutung hat, einen Gleichklang zwischen der Zulassungs-
revision (§ 72 Abs. 2 Nr. 1) und der Nichtzulassungsbe-
schwerde (§ 72a Abs. 1), wie er in anderen Verfahrensord-
nungen bereits vorgesehen ist (vgl. z. B. § 543 Abs. 1 ZPO).

Die im Arbeitsgerichtsgesetz vorgesehene Beschränkung
der Nichtzulassungsbeschwerde auf bestimmte Rechtsstrei-
tigkeiten über Tarifverträge, Arbeitskampfmaßnahmen und
Betätigungsrechte der Vereinigungen ist sachlich kaum zu
rechtfertigen. Nicht nur die Auslegung von Tarifbegriffen,
sondern auch – und erst recht – die Auslegung von Geset-
zesbegriffen kann von grundsätzlicher Bedeutung sein. Die
Beschränkung wird deshalb gestrichen. Die Nichtzulas-
sungsbeschwerde ist künftig in allen Fällen statthaft, in
denen eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grund-
sätzliche Bedeutung hat.
Zu Buchstabe b
Folgeänderung, die bei der erforderlichen Begründung der
Nichtzulassungsbeschwerde die neuen Revisionszulas-
sungsgründe (§ 72 Abs. 2 Nr. 3) berücksichtigt.
Zu Buchstabe c
Folgeänderung zur Neufassung des § 72a Abs. 1 ArbGG-E
in Bezug auf die personelle Zusammensetzung eines Senats
des Bundesarbeitsgerichts, der über eine Nichtzulassungs-
beschwerde zu entscheiden hat. In Anlehnung an § 544
Abs. 4 Satz 2 ZPO kann künftig auch dann von einer Be-
gründung der Entscheidung abgesehen werden, wenn der
Beschwerde stattgegeben wird.
Zu Buchstabe d
In einem neuen Absatz 6 werden in Anlehnung an § 544
Abs. 6 ZPO die Folgen einer erfolgreichen Nichtzulas-
sungsbeschwerde geregelt. Das Verfahren wird als Revi-
sionsverfahren fortgesetzt. Der förmlichen Einlegung der
Revision bedarf es nicht mehr. Der Lauf der Revisions-
begründungsfrist beginnt mit der Zustellung der die Revi-
sion zulassenden Entscheidung.
In Absatz 7 wird dem Bundesarbeitsgericht in den Fällen
entscheidungserheblicher Verletzung des rechtlichen Ge-
hörs durch ein Landesarbeitsgericht die Möglichkeit einge-
räumt, das angefochtene Urteil in dem der Beschwerde
stattgebenden Beschluss aufzuheben und den Rechtsstreit
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes-
arbeitsgericht zurückzuverweisen. Die Regelung orientiert
sich an dem neuen § 544 Abs. 7 ZPO-E (vgl. Artikel 1
Nr. 2). Sie dient der Beschleunigung des Verfahrens.
Zu Nummer 4 (§ 72b)
Mit der neuen sofortigen Beschwerde in § 72b ArbGG-E
werden außerhalb des Revisionsverfahrens die verfahrens-
rechtlichen Konsequenzen aus der Entscheidung des Bun-
desverfassungsgerichts vom 26. März 2001 gezogen (Kam-
merbeschluss [1. Senat] – 1 BvR 383/00, NJW 2001, 2161).
Der Entscheidung lag ein arbeitsgerichtliches Verfahren zu-
grunde, in dem von einem Landesarbeitsgericht die Revi-
sion nicht zugelassen wurde und die Berufungsentscheidung
in vollständiger Fassung erst mehr als 18 Monate nach der
Verkündung der Beschwerdeführerin zugestellt wurde. Ob-
wohl der absolute Revisionsgrund „Entscheidung ohne
Gründe“ (§ 547 Nr. 6 ZPO) vorlag, konnte die Beschwerde-
führerin keine statthafte Beschwerde gegen die Nichtzulas-
sung der Revision einlegen, da sie die Zulassungsvoraus-
setzungen gemäß § 72a Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 2 (grund-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/3706

sätzliche Bedeutung der Rechtssache oder Divergenz), nicht
darlegen konnte. Das Bundesverfassungsgericht hat fest-
gestellt, dass eine rechtsstaatliche Urteilsbegründung, auf
die eine Revisionsbegründung gestützt werden könne, nicht
mehr möglich sei, wenn die Entscheidungsgründe eines Be-
rufungsurteils nach Ablauf von 5 Monaten nach seiner Ver-
kündung noch nicht abgesetzt seien. Dies stelle einen aus
rechtsstaatlicher Sicht auf Dauer schwer hinnehmbaren Zu-
stand dar.
Der Entwurf schafft Abhilfe. Die neue Beschwerderegelung
eröffnet ein einfaches und – im Vergleich zu dem Weg über
die Nichtzulassungsbeschwerde – schnelleres Verfahren,
um so bald wie möglich die Sache vor dem Landesarbeits-
gericht neu verhandeln zu können und eine mit Gründen
versehene Entscheidung zu erhalten. Durch die Ausgestal-
tung des Beschwerdeverfahrens wird dem Bundesarbeits-
gericht eine zügige Beschlussfassung ermöglicht, die weder
einer mündlichen Verhandlung noch der Hinzuziehung der
ehrenamtlichen Richterinnen und Richter bedarf. Dem in
der Arbeitsgerichtsbarkeit besonders ausgeprägten Grund-
satz der beschleunigten Verfahrenserledigung wird dadurch
Rechnung getragen.
Nach Absatz 1 kann die sofortige Beschwerde wegen ver-
späteter Absetzung des Berufungsurteils dann eingelegt
werden, wenn das Urteil nach der Verkündung nicht inner-
halb der vorgeschriebenen Frist vollständig abgefasst der
Geschäftsstelle übergeben worden ist. Zugleich wird deut-
lich gemacht, dass beim „Urteil ohne Gründe“ nur das
Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft ist. Erst
wenn ein „Urteil mit Gründen“ vorliegt, soll die Nicht-
zulassungsbeschwerde in Betracht kommen, wenn das Lan-
desarbeitsgericht die Revision nicht zugelassen hat. Die
neue Beschwerde ist aber auch dann das allein statthafte
Rechtsmittel, wenn das Landesarbeitsgericht die Revision
zugelassen hat. Auch in diesem Falle kann das Bundesar-
beitsgericht nicht abschließend in der Sache entscheiden.
Absatz 2 bestimmt die für die Einlegung und Begründung
der sofortigen Beschwerde beim Bundesarbeitsgericht zu
beachtende Notfrist und deren Beginn. Es wird klargestellt,
dass § 9 Abs. 5 keine Anwendung findet, da eine Belehrung
über das Rechtsmittel ohnehin aus tatsächlichen Gründen
nicht in Betracht kommt. Ein unterlassener Hinweis auf das
Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde soll nicht dazu füh-
ren können, dass das Rechtsmittel noch binnen Jahresfrist
eingelegt werden kann.
Absatz 3 regelt die Einlegung und Begründung der soforti-
gen Beschwerde, insbesondere den notwendigen Inhalt der
Beschwerdeschrift.
Absatz 4 ermöglicht dem Bundesarbeitsgericht eine zügige
Entscheidung. Die Feststellung der Verfristung der Ent-
scheidungsgründe bedarf keiner Hinzuziehung der ehren-
amtlichen Richter. Eine mündliche Verhandlung ist nicht er-
forderlich.
Absatz 5 regelt die Modalität der Zurückverweisung, wenn
die sofortige Beschwerde zulässig und begründet ist. In
Anlehnung an § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann die Sache an
einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurück-
verwiesen werden.

Zu Nummer 5 (§ 73 Abs. 1)
Die Revision kann nicht auf die verspätete Urteilsabsetzung
gestützt werden. Dafür ist das befristete Rechtsmittel des
§ 72b ArbGG-E allein maßgebend. Wird das Urteil nach
Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung, aber
noch innerhalb der Beschwerdefrist des § 72b Abs. 2 Satz 1
und 2 ArbGG-E zugestellt, muss die Partei sich entscheiden,
ob sie eine Revision in der Sache durchführt oder die Sache
wegen der nicht rechtzeitigen Absetzung des Urteils vor
dem Landesarbeitsgericht neu verhandeln möchte.
Zu Nummer 6 (Überschrift des Vierten Unterabschnitts)
Ergänzung der Überschrift des Vierten Unterabschnitts des
Ersten Abschnitts des Dritten Teils.
Zu Nummer 7 (Überschrift zu § 78)
Einfügung einer Überschrift „Beschwerdeverfahren“ in
§ 78.
Zu Nummer 8 (§ 78a)
Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Plenar-
beschluss vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02) werden im
Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit durch die neue Vorschrift
des § 78a umgesetzt. Die Rüge der Verletzung rechtlichen
Gehörs ist künftig bei unanfechtbaren instanzbeendenden
Entscheidungen in allen Rechtszügen anwendbar und eröff-
net insoweit jedem Gericht die Möglichkeit der Selbst-
korrektur. Es dient der Rechtsklarheit, wenn anstelle zahl-
reicher allgemeiner Verweisungen auf den erweiterten
§ 321a ZPO-E eine eigenständige Regelung in das Arbeits-
gerichtsgesetz aufgenommen wird. Dadurch wird den pro-
zessualen Besonderheiten im Arbeitsgerichtsverfahren
Rechnung getragen.
In den Absätzen 1 bis 5 werden die erforderlichen Regelun-
gen in Anlehnung an den erweiterten § 321a ZPO-E formu-
liert. Dies gilt insbesondere für die Voraussetzungen, unter
denen eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf recht-
liches Gehör statthaft und begründet ist, die Regelungen
über Frist, Form und Inhalt der Rüge sowie die Klarstel-
lung, dass im Fortsetzungsverfahren nur noch der Streit-
gegenstand erneut verhandelt wird, der von der Verletzung
des Anspruchs auf rechtliches Gehör betroffen ist.
Der Rechtsbehelf ist nicht statthaft, wenn ein Rechtsmittel
oder ein anderer Rechtsbehelf gegeben ist. Zu den Rechts-
behelfen zählt auch die Nichtzulassungsbeschwerde nach
§ 72a (vgl. BAG vom 1. April 1980 – 4 AZN 77/80, AP
Nr. 5 zu § 72a ArbGG 1979). Da die Nichtzulassungsbe-
schwerde künftig auch bei der Verletzung des Anspruchs
auf rechtliches Gehör statthaft sein soll (vgl. § 72 Abs. 2
Nr. 3 ArbGG-E) ist § 78a ArbGG-E in diesen Fällen nicht
anwendbar. Der Rechtsbehelf des § 78a ArbGG-E und die
erweiterte Nichtzulassungsbeschwerde werden so deutlich
voneinander abgegrenzt. Dies entspricht im Ergebnis der
neuen Regelung in § 321a ZPO-E.
In Absatz 6 wird deutlich gemacht, dass über die Rüge
grundsätzlich in gleicher geschäftsplanmäßiger Besetzung
zu entscheiden ist wie in der Hauptsache. Die Zurückwei-
sung der Rüge als unbegründet muss durch die Kammer
oder den Senat, also unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen
Richter, erfolgen, wenn die der Rüge zugrundeliegende Ent-

Drucksache 15/3706 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

scheidung vom gesamten Spruchkörper getroffen wurde.
Dies gilt nicht, wenn die der Rüge zugrundeliegende Ent-
scheidung vom Vorsitzenden oder von den hauptamtlichen
Richtern allein getroffen wurde oder die Rüge als unzuläs-
sig verworfen wird. In diesen Fällen entscheiden die Vorsit-
zenden oder die hauptamtlichen Richter allein.
Absatz 7 trägt der Aufnahme der Rüge nach § 321a ZPO-E
in den Katalog des § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO-E Rechnung.
Die Verweisung berücksichtigt die Besonderheit, dass im
Arbeitsgerichtsverfahren die einstweilige Einstellung der
Zwangsvollstreckung nur angeordnet werden darf, wenn der
Beklagte glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen
nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde (vgl. § 62
Abs. 1 Satz 3 ).
Absatz 8 stellt klar, das die neuen Bestimmungen auch auf
unanfechtbare instanzbeendende Entscheidungen im Be-
schlussverfahren (§§ 80 ff.) anwendbar sind. Bei verfah-
rensbeendenden Beschlüssen der Arbeitsgerichte ist die
Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs mit dem
Rechtsmittel der Beschwerde vor dem Landesarbeitsgericht
geltend zu machen, weil die Beschwerde ohne weitere Vor-
aussetzungen stets zulässig ist (§ 87 Abs. 1).
Zu Nummer 9 (§ 92a)
In Satz 1 wird auch bei der Rechtsbeschwerde der Gleich-
klang zwischen Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das
Landesarbeitsgericht (§ 92 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 72 Abs. 2
Nr. 1) und der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 92a Satz 1)
hergestellt, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage
grundsätzliche Bedeutung hat. Die im Arbeitsgerichtsgesetz
bisher vorgesehene Beschränkung der Nichtzulassungs-
beschwerde auf Rechtsstreitigkeiten über die Tariffähigkeit
und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wird gestrichen.
Künftig ist die Nichtzulassungsbeschwerde u. a. auch in be-
triebsverfassungs- und personalvertretungsrechtlichen Strei-
tigkeiten statthaft. Als Folgeänderung wird in Satz 2 die
Verweisung auf § 72a auch auf den neuen Absatz 6 er-
streckt.
Zu Nummer 10 (§ 92b)
Der Beschluss eines Landesarbeitsgerichts im Beschwerde-
verfahren kann durch sofortige Beschwerde angefochten
werden, wenn er nicht binnen fünf Monaten nach der Ver-
kündung vollständig abgefasst und mit den Unterschriften
sämtlicher Mitglieder der Kammer versehen der Geschäfts-
stelle übergeben worden ist. Die Vorschriften des § 72b
Abs. 2 bis 5 ArbGG-E gelten entsprechend.
Zu Nummer 11 (§ 93 Abs. 1)
Die Rechtsbeschwerde kann nicht auf die verspätete Abset-
zung des Beschlusses gestützt werden. Dafür ist das befris-
tete Rechtsmittel des § 92b ArbGG-E allein maßgebend
(vgl. Begründung zu Nummer 5).
Zu Artikel 8 (Änderung der Verwaltungsgerichts-

ordnung)
Zu den Nummern 1 und 2 (Inhaltsübersicht und Über-

schrift des 14. Abschnitts)
Der neu zu schaffende Rechtsbehelf zur Abhilfe bei Verlet-
zung des Rechts auf rechtliches Gehör („Anhörungsrüge“)

soll als § 152a in den 14. Abschnitt eingestellt werden, der
bisher mit „Beschwerde“ überschrieben ist. Dies soll in der
Abschnittsüberschrift seinen Ausdruck finden; zugleich
wird der Vollständigkeit halber die in § 151 geregelte Erin-
nerung in die Abschnittsüberschrift aufgenommen.

Zu Nummer 3 (§ 152a)
Der vorgeschlagene § 152a soll den Vorgaben des Bundes-
verfassungsgerichts für das verwaltungsgerichtliche Ver-
fahren Rechnung tragen. Soweit nicht die Besonderheiten
des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens oder der Zusam-
menhang mit anderen Vorschriften der Verwaltungsgerichts-
ordnung Abweichungen erfordern, übernimmt er die unter
Artikel 1 Nr. 1 vorgeschlagene Neufassung des § 321a
ZPO-E. Bei der Anhörungsrüge handelt es sich – wie im
Allgemeinen Teil der Begründung unter II. 2 dargelegt – um
einen außerordentlichen Rechtsbehelf. Für das verwaltungs-
gerichtliche Verfahren hat das zur Folge, dass eine Rechts-
mittelbelehrung, die § 58 für alle ordentlichen Rechtsbe-
helfe vorschreibt, nicht erforderlich ist (vgl. Kopp/Schenke,
VwGO, 13. Auflage 2003, § 58 Rn. 4 und 5).
Absatz 1 enthält die Voraussetzungen, unter denen die Rüge
der Verletzung des rechtlichen Gehörs statthaft und begrün-
det ist. Insoweit kann auf die Begründung zu Artikel 1
(§ 321a Absatz 1 ZPO-E) verwiesen werden.
Absatz 2 trifft Regelungen zur Frist, innerhalb deren die
Rüge erhoben werden kann, und zur Form, in der die Rüge
zu erheben ist. Er entspricht der in § 321a Abs. 2 ZPO-E
vorgeschlagenen Neuregelung. Die Sätze 4 und 5 stellen für
den Verwaltungsprozess klar, das die Rüge, sofern nicht
nach § 67 Abs. 1 Anwaltszwang besteht, auch zur Nieder-
schrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben
werden kann. Anwaltszwang besteht in den Fällen, in denen
die Rüge beim Oberwaltungsgericht oder beim Bundesver-
waltungsgericht zu erheben ist, weil sie sich gegen unan-
fechtbare Entscheidungen dieser Gerichte wendet.
Die Absätze 3 bis 5 entsprechen § 321a Abs. 3 bis 5 ZPO-E;
auf die dortige Begründung wird verwiesen.
Mit Absatz 6 wird dem Umstand Rechnung getragen, dass
die Erhebung der Anhörungsrüge die Rechtskraft der ange-
griffenen Entscheidung unberührt lässt und damit auch die
Vollstreckung nicht hindert. Nach dem gemäß Absatz 6 ent-
sprechend anzuwendenden § 149 Abs. 1 Satz 2 kann aber
das mit der Anhörungsrüge befasste Gericht die (weitere)
Vollziehung der angegriffenen Entscheidung aussetzen,
wenn dies nach den Umständen des Falles geboten ist.

Zu Artikel 9 (Änderung des Sozialgerichtsgesetzes)
Es handelt sich um eine Parallelregelung zu § 152a VwGO
(Artikel 8 Nr. 3). Auf die Begründung zu Artikel 8 wird ver-
wiesen.

Zu Artikel 10 (Änderung der Finanzgerichts-
ordnung)

Es handelt sich um eine Parallelregelung zu § 152a VwGO
(Artikel 8 Nr. 3), § 178a SGG (Artikel 8 Nr. 3). Auf die Be-
gründung zu Artikel 8 wird verwiesen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/3706

Zu Artikel 11 (Änderung des Gerichtskosten-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Die Inhaltsübersicht wird um den Hinweis auf den Rechts-
behelf zur Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtli-
ches Gehör ergänzt.

Zu Nummer 2 (§ 12)
Die Nummer 2110 des Kostenverzeichnisses ist gegenüber
dem bis zum 30. Juni 2004 geltenden GKG um weitere
Vollstreckungshandlungen erweitert worden. Diese Erweite-
rung ist bei der Regelung über die Abhängigmachung der
gerichtlichen Handlung von der vorherigen Zahlung der Ge-
bühr in § 12 Abs. 5 nicht nachvollzogen worden.

Zu Nummer 3 (§ 63)
Es handelt sich eine redaktionelle Korrektur.

Zu Nummer 4 (§ 68)
Absatz 1 der Vorschrift soll an den vorgeschlagenen § 69a
Abs. 2 angepasst werden.

Zu Nummer 5 (§ 69a)
Der vorgeschlagene § 69a soll den Vorgaben des Bundes-
verfassungsgerichts Rechnung tragen. Er lehnt sich an die
unter Artikel 1 vorgeschlagene Neufassung des § 321a
ZPO-E an, passt die Vorschrift aber in der Diktion („Betei-
ligte“ statt „Partei“) an die Erfordernisse des kostenrecht-
lichen Verfahrens an.
Der in Absatz 6 vorgesehene Ausschluss der Kostenerstat-
tung entspricht einem Grundsatz in kostenrechtlichen Ver-
fahren (vgl. § 66 Abs. 8 und 68 Abs. 3).

Zu Nummer 6 (§ 70)
Die vorgeschlagene Ergänzung des § 70 Abs. 2 stellt sicher,
dass die Vorschrift über die Gehörsrüge auch auf das in § 70
Abs. 2 geregelte Beschwerdeverfahren Anwendung findet.

Zu Nummer 7 (Kostenverzeichnis)
Die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes über die für
das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des An-
spruchs auf rechtliches Gehör zu erhebenden Gebühren
sollen an die Änderungen des Verfahrensrechts angepasst
werden.
Für Verfahren nach der StPO und dem OWiG sollen neue
Gebührentatbestände geschaffen werden, die inhaltlich den
Gebührentatbeständen 1700, 2500, 3900, 5400, 6400, 7400
und 8500 entsprechen.
Bei den Änderungen durch die Buchstaben f und k handelt
es sich um redaktionelle Korrekturen. Der bisherige Ver-
weis auf die Mindestgebühr in den Nummern 3200 und
4300 Kostenverzeichnis GKG geht fehl, weil es eine Min-
destgebühr nur für Wertgebühren gibt (§ 34 Abs. 2 GKG).

Zu Artikel 12 (Änderung der Kostenordnung)
Zu Nummer 1 (§ 131d)
Für die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit soll ein
mit den im Gerichtskostengesetz für die Anhörungsrüge
vorgesehenen Gebührentatbeständen vergleichbarer Gebüh-
rentatbestand geschaffen werden.
Zu Nummer 2 (§ 157a)
Die Vorschrift entspricht dem vorgeschlagenen § 69a GKG-E.
Auf die Begründung zu Artikel 11 Nr. 5 wird Bezug genom-
men. Der Anwendungsbereich der Vorschrift soll auf Ent-
scheidungen „nach diesem Gesetz“ beschränkt werden. Da-
mit soll klargestellt werden, dass im Fall des § 8 Abs. 3
Satz 2 Halbsatz 2 über den neuen § 81 Abs. 3 GBO-E die
Vorschriften des FGG über die Gehörsrüge anwendbar sind.
Zu Artikel 13 (Änderung des Gerichtsvollzieher-

kostengesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 2)
Es handelt sich um eine Korrektur.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 GvKostG wird zum 1. Januar 2005 durch
Artikel 24 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistun-
gen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I
S. 2954) und durch Artikel 40 des Gesetzes zur Einordnung
des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. De-
zember 2003 (BGBl. S. 3022) geändert.
Artikel 10 des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli
2004 (BGBl. I S. 2014), der am 31. Juli 2004 in Kraft getre-
ten ist und ebenfalls eine Änderung des § 2 Abs. 2 Satz 1
GvKostG vorsieht, basiert auf der Fassung des § 2 Abs. 2
Satz 1 GvKostG, die er erst durch Artikel 24 des Vierten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
mit Wirkung ab 1. Januar 2005 erhält. Der Änderungsbefehl
ist daher nicht umsetzbar.
Um sicherzustellen, dass am 1. Januar 2005 § 2 Abs. 2
Satz 1 GvKostG in der richtigen Fassung in Kraft tritt, soll
die Vorschrift insgesamt neu gefasst werden. Gleichzeitig
sollen Artikel 24 des Vierten Gesetzes für moderne Dienst-
leistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003
(BGBl. I S. 2954) und Artikel 40 des Gesetzes zur Einord-
nung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom
27. Dezember 2003 (BGBl. S. 3022) aufgehoben werden
(vgl. Artikel 21 dieses Entwurfs).
Zu Nummer 2 (§ 5)
Um auch im Beschwerdeverfahren nach dem GvKostG die
Gehörsrüge zu ermöglichen, soll auf § 69a GKG-E
(Artikel 11 Nr. 5) verwiesen werden.
Zu den Artikeln 14 und 15
(Änderung der Justizverwaltungskostenordnung
und des Artikels XI des Gesetzes zur Änderung
und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften)
Um im Beschwerdeverfahren nach der JVKostO und nach
Artikel XI des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung
kostenrechtlicher Vorschriften die Gehörsrüge zu ermög-
lichen, soll jeweils auf § 157a KostO-E (Artikel 12 Nr. 2)
verwiesen werden.

Drucksache 15/3706 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Artikel 16 (Änderung des Justizvergütungs- und
-entschädigungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Die Inhaltsübersicht wird um den Hinweis auf den Rechts-
behelf zur Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtli-
ches Gehör ergänzt.
Zu Nummer 2 (§ 4a)
Die Vorschrift entspricht dem vorgeschlagenen § 69a GKG-E.
Auf die Begründung zu Artikel 11 Nr. 5 wird Bezug genom-
men. Der Anwendungsbereich der Vorschrift soll auf Ent-
scheidungen „nach diesem Gesetz“ beschränkt werden. Da-
mit soll klargestellt werden, dass im Fall des § 4 Abs. 2
Satz 2 die Vorschriften der StPO über die Gehörsrüge über
die allgemeine Verweisungsregelung im OWiG anwendbar
sind.
Zu Nummer 3 (Anlage 1)
Es handelt sich um eine Korrektur. Die zu streichende Vor-
schrift existiert nicht.

Zu Artikel 17 (Änderung des Rechtsanwalts-
vergütungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Die Inhaltsübersicht wird um den Hinweis auf den Rechts-
behelf zur Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf recht-
liches Gehör ergänzt.
Zu Nummer 2 (§ 12a)
Die Vorschrift entspricht dem vorgeschlagenen § 69a GKG-E.
Auf die Begründung zu Artikel 11 Nr. 5 wird Bezug genom-
men. Der Anwendungsbereich der Vorschrift soll auf Ent-
scheidungen „nach diesem Gesetz“ beschränkt werden. Da-
mit soll klargestellt werden, dass in den Fällen des § 11
Abs. 2 Satz 3, § 42 Abs. 5 Satz 4, § 52 Abs. 4 und § 57
Satz 2 die Vorschriften des jeweiligen Verfahrensrechts über
die Gehörsrüge anwendbar sind.
Zu den Nummern 3 und 4 Buchstabe f
Die Klammerzusätze in § 19 Abs. 1 Nr. 5 und in
Nummer 3330 des Vergütungsverzeichnisses des RVG, die
auf § 321a ZPO verweisen, sollen gestrichen werden, weil
die jeweiligen neuen Vorschriften der Verfahrensordnungen
nunmehr ebenfalls einschlägig werden. Die Zitierung der
Vorschriften ist entbehrlich, weil die Bezeichnung der Ver-
fahren auch so eindeutig ist.
Die Einführung eigener Gebührentatbestände in den
Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses ist nicht erfor-
derlich, weil die Auffangtatbestände in den Nummern 4302,
5200 und 6404 ausreichen.
Zu Nummer 4 Buchstabe a, b, c, d und g
Die Änderungen dienen der Klarstellung, in welchen Ver-
fahren sich die Terminsgebühr nach Abschnitt 1 des Teils 3
richtet. Die Nummer 3304 ist wegen der neuen Vorbemer-
kung 3.3.1 entbehrlich.

Zu Nummer 4 Buchstabe e und h
Bei der Änderung der Nummer 3327 handelt es sich um
eine redaktionelle Korrektur und bei der Ergänzung der Vor-
bemerkung 5.1 Abs. 2 handelt es sich um eine Klarstellung.

Zu Artikel 18 (Änderung des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten)

Über die Verweisungsregelungen in § 46 Abs. 1 und § 79
Abs. 3 OWiG gelten die in Artikel 2 vorgesehenen Ände-
rungen der Strafprozessordnung auch im Bußgeldverfahren.
Der Anwendungsbereich des § 33a StPO wird durch die
vorgesehene Neufassung dieser Vorschrift daher auch im
Bereich des Bußgeldverfahrens verdeutlicht. Über § 356a
StPO-E besteht zukünftig eine eigenständige rechtliche Ab-
hilfemöglichkeit, wenn der Anspruch auf rechtliches Gehör
erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz verletzt wird.
Ein Änderungsbedarf besteht im Bußgeldverfahren nur mit
Blick auf die Regelungen zur Anfechtbarkeit einer Ent-
scheidung im Beschlussverfahren nach den §§ 72, 79 Abs. 1
Satz 1 Nr. 5 OWiG.
Nach den Vorschriften der §§ 72, 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
OWiG darf das Gericht nicht gegen den Widerspruch des
Betroffenen ohne Hauptverhandlung durch Beschluss ent-
scheiden; sie schützen dadurch zugleich das durch Arti-
kel 103 Abs. 1 GG gewährleistete Recht des Betroffenen
auf rechtliches Gehör. Verstöße gegen Artikel 103 Abs. 1
GG sind nach der Rechtsprechung über den reinen Wortlaut
des § 79 Abs. 1 Nr. 5 OWiG hinaus jedoch auch in anderen
Fällen denkbar, z. B. wenn keine hinreichende Gelegenheit
zum Widerspruch gegeben wurde, insbesondere weil ein
Hinweis nach § 72 Abs. 1 Satz 2 OWiG unterblieben ist
(vgl. BGHSt 27, 85, 87; OLG Düsseldorf, DAR 1999, 129).
Diese nur entsprechende und durch die Rechtsprechung ent-
wickelte Anwendung der Vorschrift erscheint im Hinblick
auf die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anfor-
derungen an die Rechtsmittelklarheit zumindest unbefriedi-
gend. Auch wenn es hier auf Grund des § 79 Abs. 1 Satz 1
Nr. 5 OWiG und des § 33a StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG
nicht an einer gesetzlich normierten Regelung fehlt, dass
gegen einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich veran-
kerte Gebot des rechtlichen Gehörs ein fachgerichtlicher
Rechtsbehelf zur Verfügung steht, so fehlt doch eine expli-
zite Regelung, wann hierbei die form- und fristgebundene
Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG und
wann die grundsätzlich unbefristete Anhörungsrüge beim
judex a quo nach § 33a StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG in
Betracht kommt. Der Entwurf orientiert sich hierbei an der
überwiegenden Rechtsprechung, die bei einem Verstoß ge-
gen den Anspruch auf rechtliches Gehör im Beschlussver-
fahren nach § 72 OWiG grundsätzlich § 79 Abs. 1 Satz 1
Nr. 5 OWiG entsprechend anwendet (vgl. BayObLG bei
Rüth, DAR 1986, 251, VRS 61, 375; OLG Köln, NZV
1991, 441, VRS 57, 437).
Auch wenn die nachträgliche Gewährung des rechtlichen
Gehörs nach § 33a StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG unter
Umständen schneller erfolgen kann, da sie nicht den beson-
deren Form- und Begründungszwängen des Rechtsbe-
schwerdeverfahrens unterworfen ist, erscheint eine Über-
prüfung im Rahmen des im OWiG auch sonst geltenden
Rechtsmittelverfahrens – insbesondere vor dem Hinter-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/3706

grund des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG – systemkonformer.
Hinzu kommt, dass durch die für das Rechtsbeschwerdever-
fahren geltende Wochenfrist eine zeitlich nahezu unbe-
grenzte Infragestellung des Ergebnisses eines rechtskräftig
abgeschlossenen Verfahrens verhindert werden kann (vgl.
BayObLGSt 1977, 94). Schließlich ist zu bedenken, dass
eine gesetzlich klare und praktikable Differenzierung zwi-
schen denjenigen in der Rechtsprechung anerkannten Fall-
gestaltungen, in denen eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs zugleich eine Verletzung des Widerspruchsrechts
bedeutet und solchen, in denen dies nicht der Fall ist, nicht
möglich erscheint (vgl. Göhler, JR 1982, 172; der Versuch
einer Einzelfallabgrenzung bei Göhler, OWiG, 13. Auflage,
§ 72 Rn. 71, 72, 75, 81 m. w. N.). Die ausdrückliche Erstre-
ckung des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG-E auf alle Fälle
der „Versagung des rechtlichen Gehörs“ im Beschlussver-
fahren dient damit auch insoweit der Rechtsklarheit, wobei
sich die konkrete Formulierung an der des § 80 Abs. 1 Nr. 2
OWiG orientiert, ohne dass damit ein inhaltlicher Unter-
schied zu der in anderen Verfahrensordnungen verwendeten
Begrifflichkeit „Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör“ bezweckt wäre.
Da die Neuregelung nur die schon bislang vorherrschende
Auffassung der Rechtsprechung im Wege einer gesetzlichen
Klarstellung übernimmt, ist ein merklicher Anstieg der Be-
lastung der Oberlandesgerichte nicht zu befürchten, zumal
im Jahr 2002 ohnedies nur 3,9 % aller Rechtsbeschwerden
Beschlüsse nach § 72 OWiG betroffen haben. Diese Klar-
stellung lässt im Übrigen auch die Bemühungen der Recht-
sprechung unberührt, § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG nicht
zu einem konturlosen Auffangtatbestand für jegliche
Rechtsverletzungen im Beschlussverfahren ausufern zu las-
sen (vgl. BGHSt 32, 394).

Zu Artikel 19 (Änderung der Wehrdisziplinar-
ordnung)

Zu Nummer 1 (§ 121a)
Der neu eingefügte § 121a trägt den Vorgaben des Bundes-
verfassungsgerichts für Berufungsentscheidungen im ge-
richtlichen Disziplinarverfahren nach der WDO Rechnung,
die bisher in vollem Umfang unanfechtbar waren.
Sonstige, bisher unanfechtbare Beschlüsse im gerichtlichen
Disziplinarverfahren nach der WDO werden über § 91
Abs. 1 WDO in ergänzender Anwendung des ebenfalls ge-
änderten § 33a der Strafprozessordnung (Artikel 2 Nr. 2) er-
fasst, der für sämtliche unanfechtbaren Beschlüsse die Ver-
pflichtung des Gerichts vorsieht, Anhörungsfehler auch
nachträglich von Amts wegen oder auf Antrag zu besei-
tigen. Maßnahmen, an denen die Wehrdienstgerichte im
vorgerichtlichen Verfahren beteiligt sind, wie z. B. die An-
ordnung einer Durchsuchung und Beschlagnahme oder die
Zustimmung zu Arrestanträgen, sind gemäß § 42 WDO mit
der Beschwerde nach den Vorschriften der Wehrbeschwer-
deordnung anfechtbar.

Zu Nummer 2 (§ 139 Abs. 5)
Die Einbeziehung des neu einzufügenden § 121a WDO-E in
§ 139 Abs. 5 WDO ist erforderlich, um die entsprechende
Anwendung der Kostenregelungen für Rechtsmittel- und
Rechtsbehelfsverfahren im Antragsverfahren nach § 121a
WDO-E sicherzustellen.
Zu Nummer 3 (§ 140 Abs. 9)
Die Einbeziehung des neu einzufügenden § 121a WDO-E in
§ 140 Abs. 9 WDO ist erforderlich, um die entsprechende
Anwendung der Regelungen für die Erstattung notwendiger
Auslagen im Antragsverfahren nach § 121a WDO-E sicher-
zustellen.
Zu Artikel 20 (Änderung des Gesetzes über Wettbe-

werbsbeschränkungen)
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Nummer 2 (§ 71a)
Der vorgeschlagene § 71a GWB-E soll den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen. Es handelt
sich um eine Parallelregelung zu § 152a VwGO-E (Arti-
kel 8 Nr. 3). Betroffen sind die rechtskräftig abgeschlosse-
nen Beschwerdeverfahren im Sinne der §§ 63 ff. GWB vor
den Oberlandesgerichten und über die Verweisungsregelung
des § 76 Abs. 5 GWB auch die entsprechenden Rechts-
beschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof. Nicht er-
fasst sind bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne der
§§ 87 ff. GWB, für die unmittelbar § 321a ZPO-E gilt, so-
wie Bußgeldverfahren im Sinne der §§ 81 ff. GWB, für die
über die Verweisungsregelungen in § 46 Abs. 1 und § 79
Abs. 3 OWiG die allgemeinen Gesetze über das Strafver-
fahren, insbesondere § 356a StPO-E, gelten. Im Übrigen
wird auf die Begründung zu Artikel 8 verwiesen.
Zu Nummer 3 (§ 120 Abs. 2)
Um auch in den gerichtlichen Nachprüfungsverfahren in
Vergabesachen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerich-
tes zu entsprechen, wird die Regelung des § 120 GWB über
die Verfahrensvorschriften vor dem Beschwerdegericht in
Absatz 2 um eine Verweisung auf den neuen § 71a GWB-E
ergänzt.
Zu Artikel 21 (Aufhebung von Rechtsvorschriften)
Es wird auf die Begründung zu Artikel 13 Nr. 1 Bezug
genommen.
Zu Artikel 22 (Inkrafttreten)
Das Gesetz soll dem Gesetzgebungsauftrag des Bundesver-
fassungsgerichts entsprechend am 1. Januar 2005 in Kraft
treten. Lediglich Artikel 21 (Aufhebung von Rechtsvor-
schriften) soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten,
damit die in den aufzuhebenden und am 1. Januar 2005 in
Kraft tretenden Vorschriften enthaltenen Änderungsbefehle
nicht mehr wirksam werden.

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