BT-Drucksache 14/8956

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz - JÖSchG)

Vom 2. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8956
14. Wahlperiode 02. 05. 2002

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Uta Titze-Stecher, Werner Lensing, Sylvia Voß, Hildebrecht
Braun (Augsburg), Ulrich Adam, Ilse Aigner, Ingrid Arndt-Brauer, Dietrich
Austermann, Dr. Hans-Peter Bartels, Günter Baumann, Dr. Sabine
Bergmann-Pohl, Friedhelm Julius Beucher, Hans-Dirk Bierling, Petra Bierwirth,
Rudolf Bindig, Lothar Binding (Heidelberg), Dr. Joseph-Theodor Blank, Peter
Bleser, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Sylvia Bonitz, Dr. Ralf Brauksiepe, Paul
Breuer, Monika Brudlewsky, Cajus Caesar, Marion Caspers-Merk, Wolf-Michael
Catenhusen, Leo Dautzenberg, Wolfgang Dehnel, Christel Deichmann, Ekin
Deligöz, Amke Dietert-Scheuer, Maria Eichhorn, Franziska Eichstädt-Bohlig,
Marga Elser, Ilse Falk, Dr. Hans Georg Faust, Albrecht Feibel, Hans-Josef Fell,
Ingrid Fischbach, Andrea Fischer (Berlin), Norbert Formanski, Rainer Fornahl,
Hans Forster, Herbert Frankenhauser, Dagmar Freitag, Harald Friese, Monika
Ganseforth, Dr. Jürgen Gehb, Katrin Dagmar Göring-Eckardt, Dieter Grasedieck,
Rita Grießhaber, Kurt-Dieter Grill, Hermann Gröhe, Wolfgang Grotthaus,
Hans-Joachim Hacker, Gerald Häfner, Manfred Hampel, Anke Hartnagel, Gottfried
Haschke (Großhennersdorf), Helmut Heiderich, Manfred Heise, Reinhold Hemker,
Frank Hempel, Winfried Hermann, Antje Hermenau, Ulrike Höfken, Jelena
Hoffmann (Chemnitz), Iris Hoffmann (Wismar), Martin Hohmann, Ingrid Holzhüter,
Dr. Karl-Heinz Hornhues, Siegfried Hornung, Hubert Hüppe, Brunhilde Irber,
Renate Jäger, Dr.-Ing. Rainer Jork, Ulrich Kasparick, Ulrich Kelber, Dr. Klaus
Kinkel, Siegrun Klemmer, Monika Knoche, Norbert Königshofen, Dr. Angelika
Köster-Loßack, Eva-Maria Kors, Karin Kortmann, Horst Kubatschka, Helga
Kühn-Mengel, Dr. Hermann Kues, Karl Lamers, Dr. Paul Laufs, Waltraud Lehn,
Peter Letzgus, Walter Link (Diepholz), Eduard Lintner, Dr. Helmut Lippelt,
Dr. Manfred Lischewski, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg), Dr. Reinhard
Loske, Dr. Christine Lucyga, Winfried Mante, Tobias Marhold, Lothar Mark,
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Dr. Michael Meister, Dr. Angela Merkel, Kerstin
Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Christa Nickels, Franz Obermeier, Cem Özdemir,
Manfred Opel, Adolf Ostertag, Norbert Otto (Erfurt), Kurt Palis, Dr. Peter Paziorek,
Georg Pfannenstein, Ruprecht Polenz, Thomas Rachel, Helmut Rauber, Christa
Reichard (Dresden), Katherina Reiche, Erika Reinhardt, Hans-Peter Repnik, Bernd
Reuter, René Röspel, Franz-Xaver Romer, Gudrun Roos, Kurt J. Rossmanith,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Michael Roth (Heringen), Dr. Hansjörg Schäfer,
Siegfried Scheffler, Heinz Schemken, Karl-Heinz Scherhag, Dr. Gerhard Scheu,
Irmingard Schewe-Gerigk, Norbert Schindler, Dieter Schloten, Horst Schmidbauer
(Nürnberg), Christian Schmidt (Fürth), Walter Schöler, Dr. Mathias Schubert,
Wolfgang Schulhoff, Werner Schulz (Leipzig), Ewald Schurer, Clemens Schwalbe,
Dr. Angelica Schwall-Düren, Werner Siemann, Christian Simmert, Dr. Sigrid
Skarpelis-Sperk, Wieland Sorge, Bärbel Sothmann, Dr. Margrit Spielmann,

Drucksache 14/8956 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Antje-Marie Steen, Christian Sterzing, Reinhold Strobl (Amberg), Thomas Strobl
(Heilbronn), Hans-Christian Ströbele, Joachim Stünker, Joachim Tappe, Wolfgang
Thierse, Edeltraut Töpfer, Hans-Eberhard Urbaniak, Angelika Volquartz, Hans
Georg Wagner, Dr. Konstanze Wegner, Matthias Weisheit, Gerald Weiß
(Groß-Gerau), Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Dr. Margrit Wetzel, Annette
Widmann-Mauz, Heinz Wiese (Ehingen), Helmut Wilhelm (Amberg), Dr. Wolfgang
Wodarg, Wolfgang Zöller

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in
der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz – JÖSchG)

A. Problem
Erstmals seit 20 Jahren ist der Raucheranteil bei Kindern und Jugendlichen un-
ter 16 Jahren wieder deutlich angestiegen. Dies belegt die 1998 von der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vorgelegte Drogenaffi-
nitätsstudie. Derzufolge rauchten bei der vorangegangenen Befragung von
1993 in Westdeutschland 21 % der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen, bei
der jüngsten Befragung von 1997 sind es schon 26 %. In Ostdeutschland stieg
die Raucherquote hingegen von 19 sogar auf 34 %. Auffallend ist hier der An-
stieg bei den weiblichen Jugendlichen und jungen Frauen unter den Rauchern.
Allein in Deutschland sterben nach Darstellung der Deutschen Hauptstelle ge-
gen die Suchtgefahren (Jahrbuch Sucht 2000) jährlich über 111 000 Menschen
an den Folgen des Rauchens. Damit gehört Rauchen zu den häufigsten Todesur-
sachen. Folgerichtig hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung
vom 22. Januar 1997 zur Anbringung von Warnhinweisen auf Zigaretten-
schachteln dargelegt, dass Rauchen mehr Menschen tötet als Verkehrsunfälle,
Aids, Alkohol, illegale Drogen, Morde und Selbstmorde zusammen.
Angesichts dieses erschreckenden gesundheitlichen Gefährdungspotentials
müssen Kinder und Jugendliche davor bewahrt werden, mit dem Rauchen zu
einem Zeitpunkt anzufangen, zu dem sie noch nicht die süchtigmachende Wir-
kung von Nikotin verantwortungsvoll abschätzen können; werden doch ihre
Verhaltensweisen noch sehr stark von äußeren Einflussfaktoren bestimmt.
Bereits in einer Studie des Bundesministeriums für Gesundheit aus dem Jahre
1983 (Konsum und Missbrauch von Alkohol, illegalen Drogen, Medikamenten
und Tabakwaren durch junge Menschen) wurde ermittelt, dass Jugendliche der
Altersgruppe 12 bis 14 Jahre, die rauchen, ein Drittel ihres Bedarfs aus den
Zigarettenautomaten beschaffen. 18 % der Tabakwaren werden an Kiosken und
weitere 18 % in Tabakwarengeschäften erworben. 16 % der Tabakwaren stam-
men von Freunden und Bekannten, nur 2 % aus dem Vorrat der Eltern. Somit ist
ein enger Zusammenhang zwischen dem Rauchverhalten von Kindern und Ju-
gendlichen und der Versorgung mit Tabakwaren aus Automaten, Kiosken, Ta-
bakwarengeschäften und Supermärkten offensichtlich.

B. Lösung
Neben Maßnahmen im präventiven Bereich, die bereits erfolgreich von der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durchgeführt werden, ist der

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8956

Gesetzgeber gefordert, die Abgabe von Tabakwaren in der Öffentlichkeit an
Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren zu verhindern. Die Vorschriften in § 9
JÖSchG, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren das Rauchen in der Öffent-
lichkeit nicht zu gestatten, ist unzureichend und wird deshalb um ein entspre-
chendes Abgabeverbot erweitert. Tabakwaren werden künftig den gleichen Be-
schränkungen unterliegen, wie sie für Alkoholika seit über 15 Jahren gelten
(§ 4 JÖSchG).

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Den Zigarettenautomaten aufstellenden Unternehmen werden durch die in § 9
Abs. 2 Nr. 2 genannten technischen Vorrichtungen nicht unbeträchtliche
Umrüstungskosten entstehen. Der Finanzierbarkeit dieser Kosten versucht der
Entwurf mit der mehrjährigen Übergangsfrist Rechnung zu tragen (Artikel 2).

Drucksache 14/8956 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in
der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz - JÖSchG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Jugendschutzgesetzes

Das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit
(Jugendschutzgesetz – JÖSchG) vom 25. Februar 1985
(BGBl. I S. 425), zuletzt geändert durch Artikel 8a des Ge-
setzes vom 15. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3762), wird wie
folgt geändert:
1. § 9 wird wie folgt geändert:

㤠9
(1) In Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der

Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren an Kinder und
Jugendliche unter 16 Jahren weder abgegeben noch darf
ihnen das Rauchen gestattet werden.
(2) In der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren nicht in

Automaten angeboten werden. Dies gilt nicht, wenn
1. ein Automat an einem für Kinder und Jugendliche

unter 16 Jahren unzugänglichen Ort aufgestellt ist
oder

2. durch technische Vorrichtungen oder durch ständige
Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugend-
liche unter 16 Jahren Tabakwaren nicht aus dem Au-
tomaten entnehmen können.”

2. § 12 Abs. 1 Nr. 14 wird wie folgt gefasst:
„14. entgegen § 9 Tabakwaren an ein Kind oder einen

Jugendlichen unter 16 Jahren abgibt oder diesen
Personen das Rauchen in der Öffentlichkeit gestat-
tet oder”

Artikel 2
Übergangsvorschrift

Automaten, die nicht den Bestimmungen des § 9 Abs. 2
Nr. 2 entsprechen, sind innerhalb von vier Jahren nach
Inkrafttreten dieses Gesetzes zu entfernen.

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am … in Kraft.

Uta Titze-Stecher
Werner Lensing
Sylvia Voß
Hildebrecht Braun (Augsburg)
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Ingrid Arndt-Brauer
Dietrich Austermann
Dr. Hans-Peter Bartels
Günter Baumann
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Friedhelm Julius Beucher
Hans-Dirk Bierling
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)
Dr. Joseph-Theodor Blank
Peter Bleser
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Sylvia Bonitz
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Cajus Caesar
Marion Caspers-Merk

Wolf-Michael Catenhusen
Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Christel Deichmann
Ekin Deligöz
Amke Dietert-Scheuer
Maria Eichhorn
Franziska Eichstädt-Bohlig
Marga Elser
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Hans-Josef Fell
Ingrid Fischbach
Andrea Fischer (Berlin)
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Herbert Frankenhauser
Dagmar Freitag
Harald Friese
Monika Ganseforth
Dr. Jürgen Gehb
Katrin Dagmar Göring-Eckardt
Dieter Grasedieck

Rita Grießhaber
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Wolfgang Grotthaus
Hans-Joachim Hacker
Gerald Häfner
Manfred Hampel
Anke Hartnagel
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)
Helmut Heiderich
Manfred Heise
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Ulrike Höfken
Jelena Hoffmann (Chemnitz)
Iris Hoffmann (Wismar)
Martin Hohmann
Ingrid Holzhüter
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Brunhilde Irber

Berlin, den 12. März 2002

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/8956

Renate Jäger
Dr.-Ing. Rainer Jork
Ulrich Kasparick
Ulrich Kelber
Dr. Klaus Kinkel
Siegrun Klemmer
Monika Knoche
Norbert Königshofen
Dr. Angelika Köster-Loßack
Eva-Maria Kors
Karin Kortmann
Horst Kubatschka
Helga Kühn-Mengel
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Paul Laufs
Waltraud Lehn
Peter Letzgus
Walter Link (Diepholz)
Eduard Lintner
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Manfred Lischewski
Götz-Peter Lohmann (Neubran-
denburg)
Dr. Reinhard Loske
Dr. Christine Lucyga
Winfried Mante
Tobias Marhold
Lothar Mark
Dr. Martin Mayer (Siegerts-
brunn)
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Kerstin Müller (Köln)
Winfried Nachtwei

Christa Nickels
Franz Obermeier
Cem Özdemir
Manfred Opel
Adolf Ostertag
Norbert Otto (Erfurt)
Kurt Palis
Dr. Peter Paziorek
Georg Pfannenstein
Ruprecht Polenz
Thomas Rachel
Helmut Rauber
Christa Reichard (Dresden)
Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Bernd Reuter
René Röspel
Franz-Xaver Romer
Gudrun Roos
Kurt J. Rossmanith
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)
Dr. Hansjörg Schäfer
Siegfried Scheffler
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Dr. Gerhard Scheu
Irmingard Schewe-Gerigk
Norbert Schindler
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer (Nürnberg)
Christian Schmidt (Fürth)
Walter Schöler
Dr. Mathias Schubert

Wolfgang Schulhoff
Werner Schulz (Leipzig)
Ewald Schurer
Clemens Schwalbe
Dr. Angelica Schwall-Düren
Werner Siemann
Christian Simmert
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Wieland Sorge
Bärbel Sothmann
Dr. Margrit Spielmann
Antje-Marie Steen
Christian Sterzing
Reinhold Strobl (Amberg)
Thomas Strobl (Heilbronn)
Hans-Christian Ströbele
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Wolfgang Thierse
Edeltraut Töpfer
Hans-Eberhard Urbaniak
Angelika Volquartz
Hans Georg Wagner
Dr. Konstanze Wegner
Matthias Weisheit
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Dr. Margrit Wetzel
Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)
Helmut Wilhelm (Amberg)
Dr. Wolfgang Wodarg
Wolfgang Zöller

Drucksache 14/8956 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines
Kinder und Jugendliche sind durch Rauchen besonders ge-
fährdet. Nach der im Zusammenwirken mit der Weltgesund-
heitsorganisation (WHO) an der Universität Bielefeld er-
stellten Studie „Health Behavior in School-Children“ liegt
das Einstiegsalter zum regelmäßigen Rauchen bei 12,5 Jah-
ren. Rund 13 % der 13-Jährigen rauchen regelmäßig. Bei
den 15-Jährigen ist es bereits mehr als ein Viertel. Das
Suchtverhalten beginnt somit im Jugendalter. Der Nikotin-
konsum deutscher Jugendlicher liegt im internationalen
Ländervergleich an der Spitze.
Die allgemeine Kenntnis über die Gesundheitsschädlichkeit
des Rauchens und die Bemühungen der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung, der Krankenkassen und Institu-
tionen der Gesundheitsförderung für eine verbesserte Auf-
klärung reichen offensichtlich immer noch nicht aus, um ei-
nen gesellschaftlichen Umdenkungsprozess in demMaße zu
bewirken, wie dies etwa durch Aufklärungsmaßnahmen
über Aids erreicht werden konnte. Vor allem Kinder und Ju-
gendliche sind effektiver vor den Gesundheitsgefahren des
Tabakkonsums zu schützen.
Bereits 1985 hat der Gesetzgeber mit der Novellierung des
Jugendschutzgesetzes das Abgabeverbot für alkoholische
Getränke an Kinder und Jugendliche in der Öffentlichkeit
um ein Verbot der Alkoholabgabe über Automaten erwei-
tert. Eine entsprechende Schutzmaßnahme bei Tabakwaren
existiert jedoch bisher nicht, obwohl es in Deutschland rund
400 000 Außenautomaten für Zigaretten gibt. So dürfen ge-
genwärtig Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse ohne
Beschränkung in Automaten, in Gaststätten und anderen öf-
fentlichen Verkaufsstellen auch an Kinder und Jugendliche
verkauft werden. Lediglich das Rauchen in der Öffentlich-
keit darf – nach der wenig klaren und wirksamen Vorschrift
des § 9 – Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nicht
gestattet werden. Da bei dieser Altersgruppe ein erheblicher
Absatz über den Automatenverkauf stattfindet, ist zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen ein Einschreiten des
Gesetzgebers geboten.

B. Einzelbegründung
Zu Artikel 1 (Änderung des Jugendschutzgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 9)
In Analogie zu § 4 wird § 9 so modifiziert, dass in Absatz 1
ein Abgabeverbot von Tabakwaren an Kinder und Jugend-
liche unter 16 Jahren in der Öffentlichkeit verhängt wird.
Hiermit wird ein schon häufig beklagter Widerspruch des
Jugendschutzgesetzes beseitigt: Während nach § 4 ein Ab-
gabeverbot für Alkohol an Kinder und Jugendliche in der
Öffentlichkeit besteht, existiert eine entsprechende Schutz-
regelung für Tabak nicht.
Absatz 2 ergänzt das allgemeine Abgabeverbot nach Ab-
satz 1 entsprechend dem für Alkohol geltenden § 4 Abs. 3
um ein besonderes Automaten-Abgabeverbot; davon lässt
der Entwurf jedoch zwei Ausnahmen zu: wenn der Automat
an einem für die jungen Leute unzugänglichen Ort – etwa in
einer Bar – aufgestellt ist (Nummer 1) oder wenn durch
technische Vorrichtungen – gedacht ist an ein elektronisches
Chip-Zugangssystem – junge Leute vom Bezug ausge-
schlossen sind, schließlich, wenn derselbe Erfolg durch
ständige Aufsicht des Automaten – etwa in einem Gastraum
– sichergestellt ist (Nummer 2).
Versuche der Automatenindustrie haben laut Auskunft des
Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und
Automatenaufsteller e.V. gezeigt, dass mit Hilfe der heuti-
gen Technik eine wirksame Alterskontrolle des Kunden-
klientels durch elektronische Vorrichtungen möglich ist.
Zu Nummer 2 (§ 12)
Hier wird die erforderliche Anpassung der Bußgeldvor-
schrift des § 12 an den veränderten § 9 vorgenommen.
Zu Artikel 2 (Übergangsvorschrift)
Die vorgesehene Übergangsfrist von vier Jahren ermöglicht
es der Automatenwirtschaft, die erforderliche Anpassung
der Verkaufsautomaten durchzuführen. Da diese Frist erst
mit Inkrafttreten des Gesetzes – voraussichtlich nicht vor
Mitte 2002 – beginnt, würde die Umstellungszeit frühestens
Mitte 2006 enden.

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