BT-Drucksache 14/3509

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nationalen Buchpreisbindung

Vom 6. Juni 2000


Deutscher Bundestag Drucksache 14/3509
14. Wahlperiode 06. 06. 2000

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Dr. Ditmar Staffelt, Hermann Bachmaier, Eckhardt
Barthel (Berlin), Klaus Barthel (Starnberg), Dr. Axel Berg, Hans-Werner Bertl, Anni
Brandt-Elsweier, Willi Brase, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Dr. Michael
Bürsch, Dr. Peter Wilhelm Danckert, Dieter Dzewas, Sebastian Edathy, Lothar
Fischer (Hamburg), Norbert Formanski, Dagmar Freitag, Arne Fuhrmann, Monika
Griefahn, Hans Joachim Hacker, Klaus Hagemann, Manfred Hampel, Alfred
Hartenbach, Nina Hauer, Hubertus Heil, Rolf Hempelmann, Jelena Hoffmann
(Chemnitz), Brunhilde Irber, Volker Jung (Düsseldorf), Anette Kramme, Angelika
Krüger-Leißner, Horst Kubatschka, Werner Labsch, Christine Lambrecht,
Christian Lange (Backnang), Dr. Elke Leonhard, Winfried Mante, Dirk Manzewski,
Lothar Mark, Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Jutta Müller (Völklingen), Christian Müller
(Zittau), Andrea Nahles, Volker Neumann (Bramsche), Eckhard Ohl, Johannes
Pflug, Margot von Renesse, Dr. Edelbert Richter, Michael Roth (Heringen), Birgit
Roth (Speyer), Thomas Sauer, Dr. Hermann Scheer, Wilhelm Schmidt (Salzgitter),
Carsten Schneider, Fritz Schösser, Gisela Schröter, Richard Schuhmann
(Delitzsch), Bodo Seidenthal, Erika Simm, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Wieland
Sorge, Ludwig Stiegler, Joachim Stünker, Jörg Tauss, Jella Teuchner, Rüdiger Veit,
Ute Vogt (Pforzheim), Hedi Wegener, Wolfgang Weiermann, Matthias Weisheit,
Gert Weisskirchen (Wiesloch), Dr. Rainer Wend, Inge Wettig-Danielmeier, Dr.
Margrit Wetzel, Dr. Norbert Wieczorek, Heino Wiese (Hannover), Klaus Wiesehügel,
Engelbert Clemens Wistuba, Barbara Wittig, Hanna Wolf (München), Dr. Peter
Struck und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer,
Margareta Wolf (Frankfurt), Volker Beck (Köln), Dr. Thea Dückert, Hans-Josef Fell,
Rita Grießhaber, Ulrike Höfken, Michaele Hustedt, Irmingard Schewe-Gerigk,
Werner Schulz (Leipzig), Hans-Christian Ströbele, Helmut Wilhelm (Amberg),
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nationalen Buchpreisbindung

A. Problem

Zur Aufrechterhaltung der nationalen Buchpreisbindung bedarf es der gesetzli-
chen Klarstellung, dass auch Reimporte der Preisbindung unterliegen. Aus
Gründen der Rechtsklarheit empfiehlt sich, die bisherige Spruchpraxis des

Drucksache 14/3509 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bundeskartellamtes zur Frage der Lückenlosigkeit der Buchpreisbindung ge-
setzlich zu regeln.

B. Lösung

Annahme des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der nationalen Buchpreis-
bindung.

C. Alternativen

Beibehaltung der gegenwärtigen Rechtslage.

D. Kosten

Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/3509

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nationalen Buchpreisbindung

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der
Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998
(BGBl. I S. 2546), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt
geändert:

1. § 15 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

Nach Satz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:

„Die Bindung kann im grenzüberschreitenden Handel
angewendet werden. Für sich spürbar auf den grenzüber-
schreitenden Handel innerhalb der Europäischen Ge-

meinschaft auswirkende Vereinbarungen gilt Satz 2 im
Verhältnis zu Abnehmern in Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Gemeinschaft jedoch nur, soweit hiermit der
Schutz einer im Inland zulässigen Preisbindung gegen
Umgehungen bezweckt ist. Die Beachtung von Pflichten,
die sich aus den Vorschriften des Vertrages zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft ergeben, steht der Wirk-
samkeit und Durchsetzbarkeit der Preisbindung im Übri-
gen nicht entgegen.“

2. Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2000 in Kraft.

Berlin, den 6. Juni 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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Begründung

A. Allgemeines

I. Ausgangslage

Seit 1997 ist bei der Europäischen Kommission ein Verfah-
ren gegen den Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf
Untersagung der Zulassung der grenzüberschreitenden
Buchpreisbindung im Verhältnis zu Österreich anhängig.
Der Börsenverein steht seit diesem Zeitpunkt in ständigem
Gespräch mit der Europäischen Kommission. Die Bundes-
regierung hatte mehrfach bei den früheren Kommissaren
van Miert und Oreja sowie dem früheren Präsidenten der
EU-Kommission Santer sowie bei den Nachfolgern Prodi
und Monti im Interesse der Aufrechterhaltung der Buch-
preisbindung interveniert.

Am 8. Februar 2000 hat jetzt die Europäische Kommission
dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels mitgeteilt,
dass sie bereit ist, die bestehende nationale Buchpreisbin-
dung in Deutschland und eine neu zu schaffende gesetzliche
Buchpreisbindung in Österreich zu akzeptieren. Die Euro-
päische Kommission ist auch bereit, eine Regelung für den
Reimport von Verlagserzeugnissen zu akzeptieren, wenn
sich aus objektiven Umständen ergibt, dass diese Verlagser-
zeugnisse allein zum Zweck ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt
worden sind, um die Preisbindung in Deutschland zu umge-
hen.

Damit wird dem mehrfach hervorgehobenen Anliegen des
Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, die nati-
onale Preisbindung für Verlagserzeugnisse im Interesse der
Bewahrung der kulturellen Vielfalt und insbesondere der
Erhaltung der kleinen Verlage und Buchhandlungen auf-
recht zu erhalten, grundsätzlich Rechnung getragen.

II. Gründe für die Ergänzung des § 15 Abs. 1 GWB

Eine Ergänzung des § 15 Abs. 1 GWB erweist sich im
Sinne einer politischen Klarstellung zur Aufrechterhaltung
der nationalen Buchpreisbindung als erforderlich, um noch
einmal hervorzuheben, dass auch Reimporte der Preisbin-
dung unterliegen, sofern sie der Umgehung der nationalen
Preisbindung dienen sollen. Ferner sollen durch die bishe-
rige Spruchpraxis des Bundeskartellamtes zur Frage der Lü-
ckenlosigkeit der Buchpreisbindung aufgeworfene Fragen
im Gesetz geregelt werden.

B. Im Einzelnen

Zu Nummer 1 (neue Sätze 2 und 3)

Mit den neu aufzunehmenden Sätzen 2 und 3 in § 15 Abs. 1
GWB soll ausdrücklich klargestellt werden, dass Reimporte
deutscher Bücher zur Umgehung der nationalen Buchpreis-
bindung unzulässig sind. Solche Sachverhalte sind zwar
grundsätzlich schon jetzt vom Geltungsbereich des § 15
Abs. 1 Satz 1 GWB umfasst, doch besteht ein großes Be-
dürfnis für eine ausdrückliche Erwähnung der Reimportpro-
blematik im Gesetz, um eine Untersagung von unzulässigen

Reimporten auch schnell in der Praxis durchsetzen zu kön-
nen. Zunächst einmal gilt nach dem Wortlaut des § 15
Abs. 1 GWB, dass Unternehmen, also nicht nur Verlage,
sondern auch von diesen eingesetzte inländische Alleinim-
porteure, preisbindungsberechtigt sind. Darüber hinaus hat
aber das schon seit vielen Jahren laufende Verfahren der
Freistellung der grenzüberschreitenden Preisbindung zwi-
schen Deutschland und Österreich nämlich bei Verlegern,
Buchhändlern und denjenigen Unternehmen, die Bücher nur
im Nebengewerbe vertreiben, zu erheblichen Verunsiche-
rungen geführt. So sind viele Unternehmen nicht in der
Lage zu beurteilen, welche Lieferungen von Büchern über
Staatsgrenzen hinweg preisgebunden erfolgen müssen. Des-
halb ist eine ausdrückliche Klarstellung des § 15 Abs. 1
GWB dringend geboten, dass Reimporte von Verlagser-
zeugnissen unzulässig sind, wenn sich aus objektiven Um-
ständen ergibt, dass diese nur zum Zwecke ihrer Wiederein-
fuhr ausgeführt worden sind, um die bestehende Preisbin-
dung in Deutschland zu umgehen.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die betroffenen deut-
schen Verlage eine Umgehung ihrer Preisbindung durch
unzulässige Reimporte nur dann wirkungsvoll verhindern
können, wenn sie innerhalb kürzester Frist einstweilige Ver-
fügungen veranlassen können, die den unzulässigen Ver-
trieb ihrer Bücher untersagen. Mit der angestrebten Klar-
stellung wird den Gerichten, die solche Fälle zu entscheiden
haben, eine wichtige Auslegungshilfe für die Beurteilung
der Rechtmäßigkeit der entsprechenden Vertragsbestim-
mungen im deutschen Sammelrevers, in dem sich der Buch-
handel gegenüber den Verlagen zur Einhaltung der Preisbin-
dung verpflichtet, an die Hand gegeben. Nachdem Bücher
nunmehr auch über das Internet vertrieben werden, sind
schnelle Entscheidungen der Gerichte für die betroffenen
Verlage noch wichtiger geworden. Denn nur wenn es ge-
lingt, innerhalb kürzester Zeit unzulässige Reimporte zu un-
tersagen, kann verhindert werden, dass andere Marktteil-
nehmer zur vermeintlichen Wahrung ihrer Stellung im
Markt ebenfalls deutsche Bücher unterhalb des gebundenen
Ladenpreises anbieten. Damit wäre dann die Buchpreisbin-
dung in Deutschland insgesamt in höchstem Maße gefähr-
det.

Zu Nummer 1 (neuer Satz 4)

Nach der traditionellen Spruchpraxis des Bundeskartellam-
tes darf eine Preisbindung nur dann durchgesetzt werden,
wenn sie gedanklich und praktisch lückenlos ist. Der neu
aufzunehmende Satz 4 trägt vor diesem Hintergrund der
neueren einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes Rechnung. Schon im Jahre 1994 hatte der Eu-
ropäische Gerichtshof entschieden, dass die Lückenlosig-
keit eines selektiven Vertriebssystems nach dem Gemein-
schaftsrecht keine Voraussetzung für seine Rechtswirksam-
keit ist (EuGH, Urteil vom 13. Januar 1994, Metro/Cartier,
EuZW 1994, 124, 126). Nach dieser Entscheidung ist es
zweifelhaft geworden, ob in Deutschland weiterhin an der
Voraussetzung der gedanklichen und praktischen Lückenlo-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/3509

sigkeit für die Durchsetzbarkeit von selektiven Vertriebssys-
temen oder Preisbindungssystemen gegenüber den vertrag-
lich gebundenen Händlern festgehalten werden kann. Schon
zuvor hatte der Bundesgerichtshof in der Entscheidung
„Schweizer Außenseiter“ die Anforderungen an die gedank-
liche Lückenlosigkeit gelockert. Er hatte festgestellt, dass
eine gedankliche Lückenlosigkeit nicht die Möglichkeit des
rechtlichen Vorgehens gegen Außenseiter im Ausland vor-
aussetzt, sofern nur den Vertragshändlern die Belieferung
von Außenseitern wirksam untersagt werden kann (BGH,
GRUR 1989, 832, 834).

Aufgrund dieser Entscheidung ist es geboten, im Gesetz
klarzustellen, dass die Preisbindung eines deutschen Verla-
ges nicht bereits dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn euro-
parechtlich preisbindungsfreie Reimporte von in Deutsch-
land preisgebundenen Titeln nicht ausgeschlossen werden
können. Vielmehr soll die Preisbindung auch in einem sol-
chen Fall wirksam und durchsetzbar bleiben.

Zu Nummer 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Berlin, den 6. Juni 2000

Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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