Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2014, Az. 8 AZR 655/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 3336

ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT EIGENTUM

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Schadensersatz - Wegnahme von Zahngold - Betriebsübergang - Verjährungsbeginn


Leitsatz

In entsprechender Anwendung des Auftragsrechts (§ 667 BGB) besteht im Arbeitsverhältnis die Verpflichtung des Arbeitnehmers, der Arbeitgeberin als Auftraggeberin alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen. Dazu gehören bei Tätigkeit in einem Krematorium Edelmetallrückstände aus der Krematoriumsasche.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten zu 1. wird das Urteil des [X.] vom 26. Juni 2013 - 5 [X.]/12 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche, die die Klägerin wegen der Wegnahme und Verwertung von Zahngold aus [X.] geltend macht.

2

Die Klägerin, eine Anstalt öffentlichen Rechts, war bis Ende 2009 Betreiberin [X.]. des [X.] Seit Anfang des Jahres 2010 wird dieses von einer Tochtergesellschaft - der [X.] (im Folgenden: Tochtergesellschaft [X.]) - betrieben. Der Beklagte zu 1. war seit 1995 in dem Krematorium bei der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Jedenfalls bis Mai 2005 bediente der Beklagte zu 1. die Einäscherungsanlage, seit Juni 2005 war er überwiegend im Büro der Anlage tätig.

3

Die mit der Einäscherung betrauten Beschäftigten hatten den Vorgaben der Klägerin (in Form von Richtlinien und Anweisungen zum Umgang mit Zahngold und anderen Wertgegenständen) zufolge im [X.] an die Verbrennung die [X.] auf Edelmetalle und Implantate zu untersuchen. Zahngold war sodann in ein dafür vorgesehenes [X.] zu legen. Der Beklagte zu 1. war - jedenfalls auch - zuständig für die Entleerung des [X.], das Wiegen entnommenen Edelmetalls, das Führen eines Kontrollbuchs zur Dokumentation der Entnahmen und die Verwahrung des Schlüssels für das [X.]. Ab dem Jahre 2003 wurden die Beschäftigten der Klägerin mehrfach schriftlich darauf hingewiesen, dass Wertgegenstände Verstorbener nicht privat einbehalten werden dürfen.

4

Ab Oktober 2009 erhielt die Klägerin Hinweise auf Unregelmäßigkeiten und benachrichtigte die Polizei. Im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen schweren Bandendiebstahls, Störung der Totenruhe und [X.] erstellte Videoaufnahmen zeigten laut einem polizeilichen Vermerk, dass Beschäftigte des Krematoriums die Asche der Verstorbenen gezielt nach Gegenständen durchsuchten, „um diese selektierten Gegenstände anschließend zu entwenden“. Bei Hausdurchsuchungen wurden Zahngold aus [X.] und erhebliche Geldbeträge gefunden, sowie in der gemeinsamen Wohnung des Beklagten zu 1. und seiner Lebensgefährtin - der Beklagten zu 2. - [X.]. Unterlagen über Verkäufe von Edelmetall. Daraufhin kündigte die hiesige Klägerin dem Beklagten zu 1. im Oktober 2010 fristlos. Eine gegen diese Kündigung erhobene Klage blieb erfolglos.

5

Die Klägerin macht mit ihrer gesamtschuldnerisch gegen beide Beklagte gerichteten Klage zuletzt noch Schadensersatzansprüche für den Zeitraum von 2003 bis 2009 geltend. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit gegen die zwischenzeitlich verstorbene Beklagte zu 2. nach § 246 ZPO ausgesetzt.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1. sei ihr wegen Verletzung seiner Vertragspflichten zum Schadensersatz verpflichtet. An dem nach Einäscherung herrenlosen Zahngold habe sie im Wege der Aneignung nach § 958 Abs. 1 BGB Eigentum erworben. Die Erlöse aus den Zahngoldverkäufen seien in der Vergangenheit an [X.] Einrichtungen gespendet worden. Ein vorrangiges Aneignungsrecht Dritter bestehe nicht. Jedenfalls hätten Angehörige wie Erben zumindest konkludent auf eine Geltendmachung verzichtet. Vorsorglich habe sie sich ermächtigen lassen, mögliche Schadensersatzansprüche auch der Tochtergesellschaft [X.] gerichtlich geltend zu machen.

7

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten zu 1. zuletzt beantragt,

        

        

ihn zu verurteilen, an die Klägerin insgesamt 255.610,41 Euro mit gestaffelten Zinsläufen zu zahlen.

8

Der Beklagte zu 1. hat Klageabweisung beantragt. Er bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Wenn überhaupt, dann könne nur die Tochtergesellschaft [X.] Ansprüche geltend machen. Jedenfalls sei der Klägerin kein Schaden entstanden. Sie habe kein Eigentum an dem Zahngold erworben. Eventuelle Ansprüche seien verjährt.

9

Das Arbeitsgericht hat die Schadensersatzklage, soweit sie gegen den Beklagten zu 1. gerichtet ist, mit Teilurteil abgewiesen. Das [X.] hat ihr in der zuletzt beantragten Höhe stattgegeben. Betreffend eines weitergehenden Anspruchs - iHv. 18.072,56 Euro für das [X.] - hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der nur für ihn zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte zu 1. seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Beklagten zu 1. ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und [X.]ntscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der Begründung des [X.] konnte die Berufung des Beklagten zu 1. nicht zurückgewiesen werden, da die Aktivlegitimation der Klägerin nicht feststeht. Mangels ausreichender Feststellungen des [X.] konnte der [X.] nicht abschließend entscheiden.

A. Das [X.] hat seine [X.]ntscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten zu 1. einen Schadensersatzanspruch im Umfang des ihm und der Beklagten zu 2. in der [X.] von Mai 2003 bis [X.]nde 2009 zugeflossenen [X.]rlöses aus Verkäufen von Dentalscheidgut.

Dieser Anspruch ergebe sich zwar weder aus § 823 [X.] noch aus einer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Dafür fehle es an einem der Klägerin entstandenen Schaden. Sie habe an dem in der Asche verbliebenen [X.]delmetall kein [X.]igentum erlangt. [X.]ine Aneignung herrenloser Sachen nach § 958 Abs. 1 [X.] durch Inbesitznahme scheide wegen einer Verletzung des vorrangigen [X.]s der [X.]rben oder der [X.] (§ 958 Abs. 2 [X.]) aus. [X.]in konkludenter Verzicht der vorrangig Aneignungsberechtigten könne nicht angenommen werden, denn diese gingen regelmäßig davon aus, dass die Asche mit allen ihren Bestandteilen in die Urne gelange.

Jedoch folge aus einer entsprechenden Anwendung des Auftragsrechts (§ 667 ff. [X.]) ein Herausgabeanspruch der Klägerin bzw. hafte der Beauftragte bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe auf Schadensersatz (§ 280 [X.]). Auch wenn Arbeitnehmer nicht im Sinne von § 662 [X.] unentgeltlich tätig würden, enthielten die auftragsrechtlichen Bestimmungen allgemeine Grundsätze, die auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anzuwenden seien. [X.]in Herausgabeanspruch könne vorliegend sowohl nach § 667 Alt. 1 [X.] als auch nach § 667 Alt. 2 [X.] bestehen. Da das erlangte bzw. erhaltene [X.]delmetall zur weiteren Verarbeitung unter [X.]inschmelzen veräußert worden sei, habe der Beklagte zu 1. den Herausgabeanspruch der Klägerin vorsätzlich unmöglich werden lassen, weshalb die Klägerin nach § 280 Abs. 1 [X.] einen Schadensersatzanspruch habe. Dieser sei nicht verjährt.

Für das [X.] hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin verneint und insoweit die Revision nicht zugelassen. Die Übernahme des Krematoriums durch die Tochtergesellschaft [X.] zu Beginn des Jahres 2010 könne als Betriebsübergang und Arbeitgeberwechsel iSd. § 613a [X.] zu q[X.]lifizieren sein. Zu einem damit ggf. verbundenen [X.] habe die Klägerin selbst auf Nachfrage keine Angaben gemacht. [X.]ine nur schriftsätzlich vorgetragene [X.]rmächtigung sei „rechtlich nicht weiterführend“.

B. Die Revision des Beklagten zu 1. ist begründet. Die [X.]ntscheidung des [X.] hält nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zwar hat das [X.] in der Sache richtig und mit zutreffender Begründung erkannt, dass der Arbeitgeber als Betreiber des Krematoriums grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch hat, wenn ein Arbeitnehmer Zahngold aus [X.] an sich nimmt. Jedoch hat es außer [X.] gelassen, dass die Frage eines Betriebs(teil)übergangs und damit zusammenhängend die der Aktivlegitimation der Klägerin nicht nur für Ansprüche bezüglich des Jahres 2010, sondern auch bezüglich des [X.]raums 2003 bis einschließlich 2009 von entscheidungserheblicher Bedeutung ist.

I. Ob die Klägerin für den [X.]raum von 2003 bis 2009 für die Klage aktiv legitimiert ist, kann der [X.] nicht entscheiden, da es dafür weiterer Feststellungen durch das [X.] bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).

1. [X.]s ist nicht ausgeschlossen, dass die Aktivlegitimation der Klägerin für den [X.]raum von 2003 bis 2009 infolge eines Betriebs(teil)übergangs entfallen ist. Mangels dafür erforderlicher Feststellungen des [X.] konnte in der Revisionsinstanz über diese offene Frage nicht entschieden werden.

a) Das [X.] hat es aufgrund des Parteivortrags für möglich gehalten, dass die Übernahme des Krematoriums durch die Tochtergesellschaft [X.] zu Beginn des Jahres 2010 die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs iSd. § 613a [X.] erfüllt und in diesem Zusammenhang den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch bezogen auf das [X.] abgewiesen. Damit hat es seiner eigenen Feststellung widersprochen, wonach der Beklagte zu 1. „bei der Klägerin bis zum 20. Oktober 2011 (zutreffend wohl eigentlich 2010) beschäftigt“ war und das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Klägerin endete. Sollte das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1. zum 1. Jan[X.]r 2010 - ggf. widerspruchslos - auf die Tochtergesellschaft [X.] als neue Betriebsinhaberin übergegangen sein, könnte es nicht gleichzeitig mit der Klägerin bis zu einer von dieser erklärten Kündigung weiterbestanden haben.

Solcherart in sich widersprüchliche Feststellungen sind für das Revisionsgericht nicht bindend (vgl. [X.] 21. Juni 2005 - VI ZR 238/03 - zu II 2 c der Gründe; 13. April 1988 - [X.]/87 - zu 2 b der Gründe).

b) Die Frage, ob zu Beginn des Jahres 2010 ein Betriebs(teil)übergang iSd. § 613a [X.] erfolgt ist und das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1. infolgedessen von der Klägerin als bisheriger Arbeitgeberin auf die Tochtergesellschaft [X.] als neuer Betriebsinhaberin kraft Gesetzes übergegangen ist, konnte nicht offen bleiben. Die Aktivlegitimation der Klägerin hängt davon ab.

aa) [X.]in Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 [X.] und im Sinne der Richtlinie 2001/23/[X.] liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche [X.]inheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 30 [X.]; [X.] 20. März 2014 - 8 [X.] - Rn. 17 [X.]; 15. Dezember 2011 - 8 [X.] - Rn. 39). Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte [X.]inheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche [X.]inheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck ([X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 31 f. [X.]). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher [X.] 15. Dezember 2005 - [X.] und [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 35 [X.], Slg. 2005, [X.]; [X.] 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 21 [X.]). Bei der Prüfung, ob eine solche [X.]inheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden (im [X.]inzelnen zu den Prüfkriterien und zur vorzunehmenden Gesamtbewertung: [X.] 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 21 - 23).

Ohne Bedeutung ist, ob das [X.]igentum an den eingesetzten Betriebsmitteln übertragen worden ist (vgl. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.] [X.].] Rn. 41 [X.], Slg. 2003, [X.]; [X.] 11. Dezember 1997 - 8 AZR 426/94 - zu [X.] der Gründe, [X.][X.] 87, 296). Der Begriff „durch Rechtsgeschäft“ des § 613a [X.] ist wie der Begriff „durch vertragliche Übertragung“ in Art. 1 Abs. 1a der Richtlinie 2001/23/[X.] (dazu [X.]. [X.] 7. März 1996 - [X.]/94 - [[X.] und [X.]] Rn. 28, Slg. 1996, [X.]; 6. September 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 63, Slg. 2011, [X.]) weit auszulegen, um dem Zweck der Richtlinie - dem Schutz der Arbeitnehmer bei einer Übertragung ihres Unternehmens - gerecht zu werden. So ist es nicht erforderlich, dass zwischen Veräußerer und [X.]rwerber unmittelbar vertragliche Beziehungen bestehen; die Übertragung kann auch unter [X.]inschaltung eines [X.], wie zB des [X.]igentümers oder des Verpächters, erfolgen ([X.]. [X.] 20. November 2003 - [X.]/01 - [[X.] [X.].] Rn. 39 [X.], aaO).

Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen des § 613a [X.] erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche [X.]inheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des [X.]rwerbers bewahrt oder nicht (vgl. [X.] 6. März 2014 - [X.]/12 - [[X.] [X.].] Rn. 30 ff. [X.]; 12. Febr[X.]r 2009 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 50, Slg. 2009, [X.]; [X.] 20. März 2014 - 8 [X.] - Rn. 18; 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem [X.]rwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen ([X.] 12. Febr[X.]r 2009 - [X.]/07 - [[X.]] Rn. 53, aaO; [X.] 7. April 2011 - 8 [X.] - Rn. 16).

Die Bewertung der maßgeblichen Tatsachen ist nach Unionsrecht Sache der nationalen Gerichte (vgl. [X.]. [X.] 15. Dezember 2005 - [X.] und [X.]/04 - [[X.] und [X.]] Rn. 35, Slg. 2005, [X.]) und im [X.] Arbeitsrecht Sache der Tatsacheninstanzen, die dabei einen Beurteilungsspielraum haben (vgl. [X.]. [X.] 18. August 2011 - 8 [X.] - Rn. 21, [X.][X.] 139, 52).

bb) Bei § 613a [X.] handelt es sich um zwingendes Recht, der Übergang erfolgt von Rechts wegen (vgl. [X.]. [X.] 26. Mai 2005 - [X.]/03 - [[X.]] Rn. 38, Slg. 2005, [X.]; 10. Febr[X.]r 1988 - [X.]/86 - [Foreningen af Arbejdsledere i Danmark, „[X.]“] Rn. 14, Slg. 1988, 739; [X.] 21. Juni 2012 - 8 [X.] - Rn. 81) und ungeachtet anderslautender Abmachungen. [X.]s ist ohne Bedeutung, in welchem (vermeintlichen) Rechtsverhältnis der Übernehmer die bisherigen Arbeitnehmer nach der Übernahme ([X.] ([X.] 20. März 2014 - 8 [X.] - Rn. 24 [X.] zur Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 [X.]; vgl. auch 18. Febr[X.]r 1999 - 8 [X.] - [X.][X.] 91, 41). Die Verträge und Arbeitsverhältnisse, die im [X.]punkt des Übergangs zwischen dem Veräußerer und den im übertragenen Betrieb(steil) beschäftigten Arbeitnehmern bestehen, sind als zu diesem [X.]punkt vom Veräußerer auf den [X.]rwerber übergegangen anzusehen, unabhängig davon, welche [X.]inzelheiten dazu zwischen beiden vereinbart worden sind. Auch können die betroffenen Arbeitnehmer nicht auf die Rechte verzichten, die ihnen aufgrund von § 613a [X.] zustehen. [X.]ine Verkürzung dieser Rechte ist selbst mit ihrer Zustimmung unzulässig ([X.] 6. November 2003 - C-4/01 - [Martin [X.].] Rn. 40 [X.], Slg. 2003, I-12859).

[X.]ine Regelung wie § 4 Abs. 3 Satz 1 [X.] zur Personalgestellung (dazu [X.] 20. März 2014 - 8 [X.] - Rn. 24 [X.]) kann jedoch insbesondere im Fall eines wirksamen Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses (zur Abhängigkeit des Fristlaufs des Widerspruchsrechts von der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 [X.] [X.]. [X.] 14. November 2013 - 8 [X.] - Rn. 18 ff. [X.]) praktische Bedeutung erlangen.

cc) [X.]rfüllt die Übernahme des Krematoriums durch die Tochtergesellschaft [X.] zu Beginn des Jahres 2010 die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs iSd. § 613a [X.], ist diese Gesellschaft - vorbehaltlich des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 [X.] - in das bestehende Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten eingetreten, § 613a Abs. 1 Satz 1 [X.]. Dazu gehört auch ein Schadensersatzanspruch, der aus entsprechender Anwendung auftragsrechtlicher Bestimmungen im Arbeitsverhältnis folgt.

(1) Nach dem Gesetzeswortlaut (§ 613a Abs. 1 Satz 1 [X.]) handelt es sich um „die“ Rechte und Pflichten „aus“ dem Arbeitsverhältnis (ebenso Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/[X.], bezogen auf „Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis“). Dabei tritt der [X.]rwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein. Dies gibt den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren ([X.] 9. März 2006 - [X.]/04 - [Werhof] Rn. 25, Slg. 2006, [X.]). Umfasst sind alle Rechtspositionen (abgesehen von den wenigen, in der Richtlinie 2001/23/[X.] konkret bezeichneten Ausnahmen, vgl. [X.] 4. Juni 2002 - [X.]/00 - [[X.]] Rn. 37, Slg. 2002, [X.]) aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die im [X.]punkt des Betriebsübergangs den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen ([X.] 21. April 2010 - 4 [X.] - Rn. 50, [X.][X.] 134, 130), nicht jedoch bloße [X.]rwartungen und somit hypothetische Vergünstigungen ([X.] 9. März 2006 - [X.]/04 - [Werhof] Rn. 29, aaO).

(2) Betroffen ist sowohl die Stellung des Arbeitgebers als Schuldner wie auch die als Gläubiger. [X.]rfasst sind auch die für den Arbeitnehmer nachteiligen Rechtspositionen ([X.] 19. September 2007 - 4 [X.] - Rn. 23, [X.][X.] 124, 123).

Zu den Rechten und Pflichten iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 [X.] gehören in der Stellung des Arbeitgebers als Gläubiger beispielsweise etwaige Rückzahlungsansprüche wegen überzahlter Vergütung und Schadensersatzansprüche aus Verletzung arbeitsrechtlicher Vertragsbeziehungen (vgl. Gaul Das Arbeitsrecht der Betriebs- und Unternehmensspaltung § 13 Rn. 75 für die genannten Schadensersatzansprüche; MüKo[X.]/Müller-Glöge 6. Aufl. [X.] § 613a Rn. 100; [X.]/Koch ArbR-Hdb. 15. Aufl. § 118 Rn. 5; [X.]/Preis 14. Aufl. [X.] § 613a Rn. 79). Für aus entsprechender Anwendung auftragsrechtlicher Bestimmungen im Arbeitsverhältnis resultierende Schadensersatzansprüche gilt nichts anderes. [X.]s handelt sich um Rechte und Pflichten „aus“ dem Arbeitsverhältnis (zur Unterscheidung zwischen „Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis“ und einem „vom Arbeitsverhältnis unabhängigen, eigenständigen“ Anspruch am Beispiel eines Arbeitgeberdarlehens: vgl. [X.] 21. Jan[X.]r 1999 - 8 [X.] - zu II 3 b der Gründe), die so vom Veräußerer auf den [X.]rwerber übergehen, wie sie „im [X.]punkt des Übergangs“ bestehen.

c) Sollte das [X.] zu dem [X.]rgebnis kommen, dass das Arbeitsverhältnis und damit die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bezogen auf die Jahre 2003 bis einschließlich 2009 auf die Tochtergesellschaft [X.] übergegangen sind, spricht dies gegen die Aktivlegitimation der Klägerin. Anhaltspunkte für eine ggf. nach § 398 [X.] wirksame Abtretung bzw. - im Hinblick auf eine behauptete [X.]rmächtigung - für eine gewillkürte Prozessstandschaft sind nicht ersichtlich.

2. Das [X.] wird den Parteien Gelegenheit zu geben haben, ergänzend zu einem eventuell erfolgten Betriebs(teil)übergang und zu einer ggf. erfolgten [X.]rmächtigung und deren Folgen vorzutragen.

II. In der Sache selbst hat das [X.] zutreffend erkannt, dass sich ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers aus § 667 Alt. 2 [X.] analog iVm. § 280 Abs. 1 [X.] ergeben kann, wenn Beschäftigte [X.] aus der [X.] an sich nehmen. Die Beschäftigten sind danach als Beauftragte verpflichtet, der Arbeitgeberin als Auftraggeberin alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen. Hingegen scheiden Ansprüche aus Delikt aus.

1. Schadensersatzansprüche aus Delikt sind nicht gegeben, weil es insoweit jedenfalls an einer [X.]igentumsverletzung fehlt. Die Arbeitgeberin als Betreiberin des Krematoriums konnte an dem Zahngold kein [X.]igentum nach § 958 Abs. 1 [X.] erwerben. Dem stand das [X.] der vorrangig bzw. ausschließlich aneignungsberechtigten Angehörigen oder [X.]rben entgegen, § 958 Abs. 2 [X.]. Für einen stillschweigenden Verzicht der Aneignungsberechtigten sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

2. [X.]in Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers ergibt sich grundsätzlich aus § 667 Alt. 2 [X.] analog iVm. § 280 Abs. 1 [X.].

a) Nach ständiger Rechtsprechung enthalten die auftragsrechtlichen Bestimmungen allgemeine Grundsätze, die auch für Arbeitsverhältnisse gelten. § 667 [X.] ist auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anzuwenden, obwohl Arbeitnehmer nicht im Sinne von § 662 [X.] unentgeltlich tätig werden ([X.] 14. Dezember 2011 - 10 [X.] - Rn. 17; 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 21, [X.][X.] 118, 16; vgl. entsprechend zum Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 [X.]: [X.] 14. Oktober 2003 - 9 [X.] -; 12. April 2011 - 9 [X.] - Rn. 25). Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aus ihr aber auch regelmäßig neben der vereinbarten Arbeitsvergütung keine weiteren materiellen Vorteile ziehen ([X.] 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 21 [X.], aaO). [X.]s besteht die Verpflichtung des beauftragten Arbeitnehmers, der Arbeitgeberin als Auftraggeberin alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen. Das kann jeder Vorteil sein, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat (vgl. [X.] 17. Oktober 1991 - III ZR 352/89 - zu 3 b der Gründe [X.]). Dazu gehören bei Tätigkeit in einem Krematorium [X.] aus der [X.].

b) Bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe - beispielsweise im Fall der Weitergabe der [X.] zum [X.]inschmelzen - haftet der Beauftragte auf Schadensersatz, § 280 Abs. 1 [X.].

3. Mangels [X.]ingreifens der besonderen Tatbestände der §§ 196, 197 [X.] unterliegt der Anspruch der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 [X.]. [X.] ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] den Fristbeginn ausgehend vom Monat Oktober 2009 bestimmt hat (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Im Fall des Betriebsübergangs laufen Verjährungsfristen weiter, als ob das Arbeitsverhältnis zur selben Partei fortbestünde (vgl. auch MüKo[X.]/Müller-Glöge 6. Aufl. [X.] § 613a Rn. 89 [X.]).

III. Das [X.] wird im Hinblick auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch zu prüfen haben, welche entscheidungserheblichen Fragen streitig bzw. unstreitig sind und wozu ggf. angebotene Beweise zu erheben sind.

1. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des [X.]s, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich das [X.] entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat. Im Urteil sind zwar gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Dies erfordert jedoch nicht eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat. Hierbei kann auch nicht außer Betracht bleiben, dass nach § 313 Abs. 3 ZPO die [X.]ntscheidungsgründe nur eine kurze Zusammenfassung der [X.]rwägungen enthalten müssen, auf denen die [X.]ntscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (vgl. [X.] 11. Febr[X.]r 1987 - [X.] - zu 2 a der Gründe [X.]; [X.] 19. Mai 1983 - 2 [X.] - [X.]).

2. Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, welche konkreten Gründe für die Beurteilung des Schadensersatzanspruchs und seines Umfangs bestimmend waren.

a) Zwar bezieht sich das Berufungsgericht auf die „Würdigung des unstreitigen Sachverhalts“, jedoch enthält der unstreitige Sachverhalt zur Frage der Schadenshöhe wenig Konkretes, zudem nicht bezogen auf jedes Jahr des noch streitgegenständlichen [X.]raums von 2003 bis 2009.

Ausgehend von den Angaben im Tatbestand des Urteils scheint das [X.] wohl im Wesentlichen einen in der Akte befindlichen „Vermerk des [X.] vom 17. November 2011“ herangezogen zu haben, woraus sich ergeben soll, dass „die Firma [X.] für das erhaltene Zahngold insgesamt 273.682,97 [X.]uro gezahlt hat“. Jedoch enthält dieser polizeiliche Vermerk, dessen inhaltliche Richtigkeit von dem Beklagten zu 1. bestritten worden ist, keine Aufstellung bezogen auf jedes Jahr des noch streitgegenständlichen [X.]raums.

b) [X.]s wären Ausführungen des [X.] erforderlich gewesen, warum und in welcher Höhe damit von einer Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1. auszugehen ist. [X.]s fehlt auch an einer Auseinandersetzung des [X.] mit dem auf die Richtigkeit des Vermerks bezogenen Bestreiten des Beklagten zu 1. unter Würdigung der angebotenen Beweise.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wroblewski    

        

    Wein    

                 

Meta

8 AZR 655/13

21.08.2014

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 12. September 2012, Az: 3 Ca 248/12, Teilurteil

§ 958 Abs 1 BGB, § 958 Abs 2 BGB, § 667 Alt 1 BGB, § 667 Alt 2 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 662 BGB, § 613a Abs 1 S 1 BGB, § 195 BGB, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 196 BGB, § 197 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2014, Az. 8 AZR 655/13 (REWIS RS 2014, 3336)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 429 REWIS RS 2014, 3336

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

8 AZR 771/14 (Bundesarbeitsgericht)


8 AZR 728/14 (Bundesarbeitsgericht)


8 AZR 119/14 (Bundesarbeitsgericht)

(Betriebsteilübergang - Massenentlassungsanzeige - Aufhebungsverträge als "andere Beendigungen" i.S.v. § 17 Abs 1 S 2 …


8 AZR 139/14 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsteilübergang - Objektschutz an einer Hochschule - wirtschaftliche Einheit - Identitätswahrung


8 AZR 1/13 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsteilübergang - zwingendes Recht - Kindertagesstätte


Referenzen
Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.