Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2014, Az. VI ZR 466/13

6. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2232

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Gegenstand

Deliktische Haftung durch unterlassene Aufklärung bei Aktienankauf: Garantenstellung des Schädigers


Leitsatz

Eine Garantenstellung des Schädigers, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Erfolgsabwendung dem Herbeiführen des Erfolgs gleichzustellen, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalles auf der Grundlage einer Abwägung der Interessenlage und der Bestimmung des konkreten Verantwortungsbereichs der Beteiligten zu bestimmen. Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Garantenstellung aus einer rechtlichen Sonderbeziehung hergeleitet werden soll.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 14. Oktober 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach [X.] Recht, deliktische Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs von Unternehmensanteilen geltend.

2

Die Beklagte wurde im Jahr 1998 gegründet und gehört zu den Unternehmen der [X.]. Am 1. Oktober 1999 erwarb der Kläger gegen Zahlung von 31.050 DM in bar einen Zeichnungsschein, für den er in der Folge Aktien der [X.] erhielt. Am 28. Dezember 2009 kündigte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten die Geldanlage und forderte von der [X.] die Rückzahlung des angelegten Betrags bis zum 8. Oktober 2010. Sein Begehren blieb erfolglos.

3

Der Kläger behauptet, bei Zeichnung der Anlage habe der Zeuge S. ihm gegenüber erklärt, dass er sein Geld auf Anforderung binnen einer Frist von drei Monaten jederzeit zurückerhalten werde. Darüber, dass es sich um eine Unternehmensbeteiligung handle, bei der durch die Verwirklichung unternehmerischer Risiken das angelegte Kapital auch verloren gehen könne, habe ihn der Zeuge S. nicht aufgeklärt. Die von ihm erworbenen Anteile seien wertlos, da von Anfang an de facto kein offener Markt bestanden habe und sich eine Rückkaufverpflichtung der [X.] weder aus dem [X.] noch aus dem [X.] Aktienrecht ergebe. Die Beklagte hafte für die falschen und unzureichenden Erklärungen des Zeugen S.

4

Das [X.] hat ein dem Klageantrag entsprechendes Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen. Die Beklagte hat dagegen Einspruch eingelegt. Das Versäumnisurteil hat das [X.] mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass die Beklagte verpflichtet ist, den ausgeurteilten Betrag [X.] gegen Rückgabe der Anteilsscheine an der [X.] durch den Kläger zu zahlen. Die Berufung der [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte für deliktische Ansprüche des [X.] gegen die Beklagte angenommen und unter Anwendung [X.] Rechts dem Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1, § 13 Abs. 1, § 25 Abs. 1 Fall 2, § 26 StGB, §§ 31, 830 Abs. 2 BGB zugebilligt und dies - wie folgt - begründet:

6

Die Beklagte habe es trotz einer sie treffenden Garantenpflicht im Sinne des § 13 StGB unterlassen, den Kläger darüber aufzuklären, dass ihm tatsächlich kein Recht im Sinne eines durchsetzbaren Anspruches zustehe, die Rückzahlung seines [X.] gegen Rückgabe der erworbenen Aktien binnen drei Monaten zu fordern, sondern vielmehr die Rückgewähr des [X.] davon abhänge, dass ein Verkauf der vom Kläger erworbenen Papiere an einen anderen Interessenten oder auch ein Tochterunternehmen der [X.] gelinge. Die Zusage an den Kläger sei aufgrund der Angaben des [X.] erwiesen. Der Zeuge S. habe auf dem Formular (Anlage [X.]), mit dem die Zahlung des [X.] quittiert worden sei, seine Unterschrift identifiziert und im Übrigen glaubhaft ausgeführt, dass gerade die Frage der Rückgabemöglichkeit in allen Beratungsgesprächen ein wesentlicher Punkt gewesen sei. Dies werde auch durch den Inhalt des Rundschreibens des Vorstandsvorsitzenden [X.] ("Sehr geehrtes Mitglied") bestätigt, unter dessen Ziffer 15 diese Zusage als "sehr wichtig" hervorgehoben sei. Die Beklagte habe aufgrund einer Garantenstellung gemäß § 13 StGB, die sich aus dem zwischen ihr und dem Kläger bestehenden (vor-)vertraglich begründeten Vertrauensverhältnis ableite, den Kläger darauf hinweisen müssen, dass er den Anlagebetrag nur dann kurzfristig zurückerhalten könne, wenn die von ihm erworbenen Papiere weiter veräußert werden könnten. Das Unterlassen der gebotenen Aufklärung stehe einer ausdrücklichen Täuschung über eine Tatsache im Sinne des § 13 StGB gleich. Der Kläger sei aufgrund der Nichtaufklärung einem Irrtum über die Rückgabemöglichkeit unterlegen. Er habe durch den irrtumsbedingten Abschluss des (Kauf-) Vertrages über sein Vermögen verfügt. Hierdurch sei ihm ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB entstanden. Schon die Belastung des [X.] mit der für seine Zwecke ungeeigneten Anlage stelle sich aufgrund des sog. "individuellen [X.]" als Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB und damit zugleich des § 249 BGB dar. Die verantwortlichen Personen der [X.] hätten zumindest mit [X.] gehandelt. Der Vorstandsvorsitzende [X.] habe gewollt, dass die im Vertrieb tätigen Mitarbeiter den Anlegern vorspiegelten, dass eine verbindliche Zusage der Rückzahlung des [X.] binnen drei Monaten nach Anforderung bestehe. Der Zeuge S. habe in einer Parallelsache mit dem Aktenzeichen 319 [X.] vor dem [X.] glaubhaft ausgesagt, es sei Arbeitsweise der [X.] gewesen, dass sämtliche Mitarbeiter, mit denen er Kontakt gehabt habe, zu diesem in allen Beratungsgesprächen mit Anlegern wesentlichen Punkt gesagt hätten, dass die Kunden ihr Geld binnen drei Monaten wiederbekommen würden. Dies sei ihm von den bei der [X.] für die Anleger zuständigen Mitarbeitern [X.] und [X.] erklärt worden. Es habe eine schriftliche Beteiligungsübersicht gegeben, in der ebenfalls "dringestanden habe, dass man das Geld binnen drei Monaten wiederbekomme, das sei für die Interessenten der wichtigste Paragraph gewesen". Der [X.] des Vorstandsvorsitzenden [X.] folge auch aus dem Geschäftsmodell der [X.], das unstreitig darin bestanden habe, vereinnahmte Gelder in Unternehmen zu investieren. Es sei schlicht wirtschaftlich nicht vorstellbar, dass Investitionen in Firmen verschiedenster Art binnen drei Monaten liquidierbar sein könnten. Der Zeuge S. sei satzungsmäßiger Vertreter der [X.] gewesen, da ihm aufgrund mündlicher Beauftragung der Vertrieb der Aktien der [X.] in dem Ortsraum [X.] habe. Im Übrigen könne dahinstehen, ob dem [X.] die Täuschung bewusst oder er seinerseits gutgläubig gewesen sei. Im erstgenannten Falle ergebe sich die Haftung der [X.] wegen Anstiftung im Sinne des § 26 StGB i.V.m. §§ 31, 830 Abs. 2 BGB, im anderen Fall sei [X.] mittelbarer Täter kraft überlegenen Wissens gewesen, was sich die Beklagte zurechnen lassen müsse.

II.

7

Die Revision ist begründet.

8

1. Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem [X.] die Verjährungseinrede der [X.] zurückgewiesen hat. Dagegen ist auch von Rechts wegen nichts zu erinnern.

9

2. Mit Recht rügt die Revision allerdings durchgreifende Rechtsfehler hinsichtlich der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Feststellungen (§ 286 ZPO).

a) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. [X.] ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - [X.], [X.], 454 Rn. 13 mwN). Derartige Rechtsfehler sind vorliegend gegeben.

b) Das Berufungsgericht hat seine Überzeugung davon, dass dem Kläger die Rückzahlung des Anlagekapitals durch die Beklagte nach einer Kündigung von drei Monaten zugesagt worden sei, ohne ihn darüber aufzuklären, dass hiermit nur die Möglichkeit einer Verwertung der Anlage über einen Weiterverkauf gemeint sei, entscheidend auf die Angaben des [X.] und den Inhalt eines Rundschreibens des Vorstandsvorsitzenden [X.] gestützt. Der Zeuge S. habe seine Unterschrift auf dem Formular [X.], mit dem die Zahlung des [X.] quittiert worden sei, identifiziert und glaubhaft ausgeführt, dass gerade die Frage der Rückgabemöglichkeit in allen Beratungsgesprächen ein wesentlicher Punkt gewesen sei, was durch den Inhalt des Rundschreibens des Vorstandsvorsitzenden [X.] ("Sehr geehrtes Mitglied") bestätigt werde, unter dessen Ziffer 15 gerade diese Zusage als "sehr wichtig" hervorgehoben worden sei.

aa) Hierzu rügt die Revision mit Recht, dass die Aussage des [X.] nicht im vorliegenden Verfahren, sondern in einem Parallelverfahren vor dem [X.] (Az.: 319 [X.]) getätigt worden ist und die Bekundung des [X.], dass er die Anlage [X.] unterzeichnet hat, nur das dortige Verfahren und nicht den Streitfall betrifft. Dem [X.] wurde eine Beteiligungsübersicht, die den Anteilserwerb des [X.] ausweist, im Streitfall nicht vorgehalten. Zutreffend weist die Revision außerdem darauf hin, dass der Aussage des [X.] im Parallelverfahren (319 [X.]) nichts dafür zu entnehmen ist, dass überhaupt ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem [X.] anlässlich des Erwerbs der Anteile geführt worden ist.

bb) Das Berufungsgericht hat außerdem erheblichen [X.]vortrag nicht hinreichend berücksichtigt (Art. 103 Abs. 1 GG). Dies rügt die Revision mit Recht.

Zwar haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ihr Einverständnis mit der Verwertung der Aussage des [X.] im Parallelverfahren erklärt, doch hat die Beklagte bereits im Schriftsatz vom 21. Dezember 2011 innerhalb gesetzter Schriftsatzfrist vor dem [X.] vorgetragen, dass der Erwerb des Zeichnungsscheins und der Anteile der [X.] jedenfalls nicht über den [X.] gelaufen ist. Dem hätte bereits das [X.] nachgehen müssen. In der Berufungsbegründung hat die Beklagte ergänzend vorgetragen, dass Aktien der [X.] über [X.] und nicht über [X.] an den Kläger veräußert worden seien. Der Zeuge S. habe zum [X.]punkt des Erwerbs der Anteile nicht für die Beklagte, sondern für die [X.], eine weitere Gesellschaft der [X.], gearbeitet. Die Anteile seien nicht von der [X.], sondern von der [X.] über den [X.] veräußert worden. Zum Beweis hierfür legte die Beklagte die Kopie einer Quittung vom 1. Oktober 1999 der [X.] über den Anlagebetrag vor. Für den Vortrag der [X.] spricht außerdem, dass der Kläger am 1. Oktober 1999 nicht Anteile an der [X.] erwarb, sondern einen Zeichnungsschein der [X.], aufgrund dessen ihm in der Folgezeit erst Anteile an der [X.] zugewiesen worden sind.

Der Vortrag der [X.] war erheblich. Arbeitete der Zeuge S. nicht für die Beklagte, kann die Beklagte nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung für das Auftreten des [X.] in Haftung genommen werden, auch wenn der Zeuge S. unzutreffende Erklärungen über die Kündigungsmöglichkeit der Anlage und die Rückzahlung des [X.] abgegeben hätte.

3. Durchgreifende Bedenken bestehen auch gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei aufgrund einer Garantenstellung gegenüber dem Kläger zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Sie hafte wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht aus einem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis auf Schadensersatz wegen Betrugs.

a) Dem Handeln im Sinne eines positiven Tuns steht ein Unterlassen nur gleich, sofern eine Rechtspflicht zum Handeln bestand (vgl. [X.], Urteile vom 14. Februar 1978 - [X.], [X.]Z 71, 86, 93; vom 5. Februar 1992 - [X.], [X.], 487, 488; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 823 Rn. 4). Bei den unechten [X.] muss ein besonderer Rechtsgrund festgestellt werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter aktiv zu werden. Der Täter muss rechtlich verpflichtet sein, den deliktischen Erfolg abzuwenden, also eine Garantenstellung innehaben (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 26 Rn. 18; [X.], Urteile vom 25. Juli 2000 - 1 [X.], [X.], 3013, 3014 mwN; vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087 Rn. 57). Eine sittliche Pflicht oder die bloße Möglichkeit, den Erfolg zu verhindern, genügen nicht (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - [X.], aaO; [X.], Urteil vom 24. Februar 1982 - 3 StR 34/82, [X.]St 30, 391, 394; [X.], NJW 2003, 1030). Ob eine solche Garantenstellung besteht, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Erfolgsabwendung dem Herbeiführen des Erfolgs gleichzustellen, ist nicht nach abstrakten Maßstäben zu bestimmen. Vielmehr hängt die Entscheidung von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab; dabei bedarf es einer Abwägung der Interessenlage und der Bestimmung des konkreten Verantwortungsbereichs der Beteiligten (vgl. [X.], Urteile vom 25. Juli 2000 - 1 [X.], aaO; vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, aaO Rn. 58; vom 17. Juli 2009 - 5 [X.], [X.]St 54, 44 Rn. 23 ff.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 13 Rn. 14). Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Garantenstellung aus einer rechtlichen Sonderbeziehung hergeleitet werden soll.

b) Vor diesem Hintergrund wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei aufgrund eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses deliktsrechtlich verpflichtet gewesen, den Kläger vor Erwerb der Aktien darüber aufzuklären, dass die Papiere nicht jederzeit gegen Rückzahlung des Kapitals von ihr zurückgenommen würden. Eine Garantenstellung der [X.], die sie verpflichtet hätte, den Kläger in der vom Berufungsgericht angenommenen Weise aufzuklären, ist nach den Umständen des Streitfalls nicht gegeben. Der bloße Ankauf eines Zeichnungsscheins, der zur Übernahme von Aktien der [X.] durch den Kläger berechtigte, vermag ein besonderes Vertrauensverhältnis zur [X.], aufgrund dessen diese deliktsrechtlich gehalten gewesen wäre, dem Kläger eine besondere Aufklärung über die Risiken der Anlage zu erteilen, nicht zu begründen.

c) Eine Aufklärungspflicht der [X.] lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht daraus herleiten, dass der Vorstandsvorsitzende [X.] der [X.] in einem Rundschreiben vor dem [X.] betont habe, dass man selbstverständlich "sofort zahlen" werde. Unabhängig davon, dass für die rechtliche Beurteilung die Feststellung des genauen Inhalts und Adressatenkreises des Schreibens unverzichtbar sind (vgl. hierzu Senatsurteil vom 6. Juni 2013 - [X.], juris Rn. 19 ff.), kann auch auf die Feststellung des [X.]punktes, wann und in welcher Funktion [X.] das Rundschreiben verfasst und veröffentlicht hat, nicht verzichtet werden, zumal die Beklagte erst im Jahr 1998 gegründet worden ist. Darauf weist die Revision mit Recht hin.

Die in § 31 BGB normierte haftungsrechtliche Zurechnung knüpft an die Fähigkeit des Organs an, für die juristische Person zu handeln (vgl. Senatsurteile vom 13. Januar 1987 - [X.], [X.]Z 99, 298, 299 f.; vom 8. Juli 1986 - [X.], [X.]Z 98, 148, 151 und vom 14. Januar 2014 - [X.], juris Rn. 10). Die Einstandspflicht der juristischen Person setzt deshalb voraus, dass das Organ in dem ihm zugewiesenen Wirkungskreis auftrat (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 1958 - [X.], [X.], 80, 81; vom 20. Februar 1979 - [X.], [X.], 523, 524; vom 8. Juli 1986 - [X.], aaO, 151 f.; vom 13. Januar 1987 - [X.], aaO, 300 und vom 14. Januar 2014 - [X.], aaO). Für ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten des [X.] müsste die Beklagte nur insoweit einstehen, als [X.] als ihr Organ gehandelt hat. Das kann nur in der [X.] nach ihrer Gründung der Fall gewesen sein. Da die Beklagte erst im Jahre 1998 gegründet wurde, haftete sie nicht für den Inhalt eines zeitlich davor veröffentlichten Schreibens des [X.] Auch käme eine Haftung nicht in Betracht, wenn der Vorstandsvorsitzende [X.] für eine andere juristische Person gehandelt hätte, die zum selben Konzern gehört. Umstände, aufgrund derer sich die Beklagte Erklärungen des [X.] außerhalb seiner Funktion als ihr Vorstandsvorsitzender zurechnen lassen müsste, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

III.

Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht gegebenenfalls dem in der Revision gebrachten Vortrag zur Frage eines Vermögensschadens des [X.] nachzugehen haben.

[X.]                        [X.]                           Pauge

            von [X.]                              Offenloch

Meta

VI ZR 466/13

14.10.2014

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 14. Oktober 2013, Az: 13 U 27/13

§ 823 Abs 2 BGB, § 263 Abs 1 StGB, § 13 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2014, Az. VI ZR 466/13 (REWIS RS 2014, 2232)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2232

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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