Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2011, Az. IV ZR 199/10

4. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2474

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VERTRAGSRECHT VERSICHERUNGSRECHT VERSICHERUNGEN

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Gegenstand

Wohngebäudeversicherung: Wirksamkeit der Sanktionsregelung bei grob fahrlässiger Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten mangels Vertragsanpassung nach Gesetzesänderung


Leitsatz

1. Die Sanktionsregelung bei Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten (hier: § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 VGB 88) ist unwirksam, wenn der Versicherer von der Möglichkeit der Vertragsanpassung gemäß Art. 1 Abs. 3 EGVVG keinen Gebrauch gemacht hat. Der Versicherer kann deshalb bei grob fahrlässiger Verletzung vertraglicher Obliegenheiten kein Leistungskürzungsrecht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG geltend machen .

2. Auf die Verletzung gesetzlicher Obliegenheiten (hier: grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäß § 81 Abs. 2 VVG) kann sich der Versicherer weiterhin berufen .

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 17. August 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Zwangsverwalter eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einem Haus. Er trat im März 2007 in einen bei der Beklagten bestehenden Versicherungsvertrag über eine Wohngebäudeversicherung ein und verlangt Versicherungsleistungen für einen Leitungswasserschaden vom Januar 2009.

2

Dem Versicherungsverhältnis liegen "Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen ([X.]) - Fassung Januar 1995" zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 11 Sicherheitsvorschriften

1. [X.] hat

c) nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten;

d) in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und diese genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten;

2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine dieser Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe von § 6 [X.] zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam.

Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Führt die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung, so gelten die §§ 23 bis 30 [X.]. Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein."

3

Die Beklagte nahm keine Anpassung der [X.] an die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes in der Fassung des [X.] vom 23. November 2007 ([X.] I 2631 - [X.] 2008) gemäß Art. 1 Abs. 3 EG[X.] vor.

4

Das versicherte Haus stand leer und wurde zur Vermietung vorgehalten. Eine Entleerung der wasserführenden Leitungen fand nicht statt. Am 8. Januar 2009 wurde ein Leitungswasserschaden festgestellt.

5

Die Beklagte berief sich vorgerichtlich auf eine Verletzung der Obliegenheit zur regelmäßigen Kontrolle des Gebäudes und zur Entleerung aller wasserführenden Anlagen. Unter Berücksichtigung der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers sagte sie eine hälftige Zahlung der Schadenbeseitigungsaufwendungen zu, die während des anhängigen Berufungsverfahrens erfolgte. Im Prozess hat sie im Hinblick auf eine von ihr behauptete unzureichende Beheizung des Gebäudes zudem geltend gemacht, dass der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit verletzt, eine Gefahrerhöhung vorgenommen und den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe.

6

Das [X.] hat der Klage auf Zahlung von [X.] in Höhe von 6.210,34 € bis auf die eingeklagte Zinsforderung stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, mit der diese eine Abweisung der Klage in Höhe von 3.105,17 € begehrte, blieb ohne Erfolg. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

7

Während des Revisionsverfahrens wurde das Zwangsverwaltungsverfahren nach rechtskräftigem Zuschlagsbeschluss aufgehoben und der Kläger zur Fortführung des Rechtsstreits ermächtigt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

9

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in [X.], 1592 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass die Beklagte den eingetretenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen habe, da sie sich nicht auf eine Obliegenheitsverletzung gemäß § 11 Nr. 1 [X.] und eine quotale Leistungskürzung berufen könne. § 11 Nr. 2 [X.] sei gemäß § 32 [X.], wonach von den §§ 19 bis 29 Abs. 4 und § 31 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden könne, unwirksam. Die Klausel berücksichtige nicht die in § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] statuierte quotale Leistungskürzung bei grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit und weiche deshalb von der gesetzlichen Regelung zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab.

Sie könne wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht auf einen zulässigen Inhalt zurückgeführt werden. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei kein Raum, da es die Beklagte durch eine Anpassung ihrer Bedingungen nach Art. 1 Abs. 3 EG[X.] selbst in der Hand gehabt habe, das Entstehen von Regelungslücken zu verhindern.

Schließlich könne sich die Beklagte nicht unmittelbar auf ein Leistungskürzungsrecht nach § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] stützen, da dieses eine wirksame vertragliche Vereinbarung einer Obliegenheit voraussetze, an der es wegen der Unwirksamkeit der gesamten Bestimmung des § 11 [X.] fehle.

Eine allgemeine Aufklärungspflichtverletzung durch falsche Darstellung des [X.]s scheide mangels einschlägiger vertraglicher Regelung i.S. des § 28 Abs. 2 [X.] aus.

Der Vortrag der Beklagten zu einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles und zu einer Gefahrerhöhung sei nicht hinreichend substantiiert.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ein Leistungskürzungsrecht der Beklagten sowohl wegen Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit als auch aufgrund einer Gefahrerhöhung verneint. Dagegen hat es die Anforderungen an den Sachvortrag der Beklagten zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäß § 81 [X.] überspannt.

1. Der Kläger, dessen Prozessführungsbefugnis in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, ist nach Beendigung der Zwangsvollstreckung infolge der rechtskräftigen Zuschlagserteilung weiterhin prozessführungsbefugt (vgl. [X.], Urteil vom 11. August 2010  XII ZR 181/08, [X.], 3033 Rn. 13 ff.).

2. Die Bestimmungen des § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.] sind unwirksam.

a) Da der Versicherungsfall im [X.] eingetreten ist, findet gemäß Art. 1 Abs. 1 EG[X.] das [X.] in der Fassung des [X.] vom 23. November 2007 ([X.] I 2631) Anwendung. § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] bestimmt, dass der Versicherer im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit nur berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Von dieser Regelung weicht das Sanktionensystem in § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.] entgegen § 32 Satz 1 [X.] zum Nachteil des Versicherungsnehmers ab. Denn § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.] nimmt Bezug auf die Kündigung und die Leistungsfreiheit in § 6 [X.] a.F., wonach eine grob fahrlässig begangene Obliegenheitsverletzung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Vorschrift die volle Leistungsfreiheit zur Folge hat.

b) Dies führt zur Unwirksamkeit der Regelung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Abweichung von der halbzwingenden Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] zum Nachteil des Versicherungsnehmers stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (vgl. [X.]surteil vom 28. Juni 1995  IV ZR 19/94, unter [X.]), da die Leistungsfreiheit des Versicherers bei lediglich grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung mit wesentlichen Grundgedanken des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht zu vereinbaren ist.

3. Die [X.], die durch die Unwirksamkeit der Regelung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung entstanden ist, kann nicht geschlossen werden.

Allerdings ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob sich der Versicherer bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer auf ein quotales Leistungskürzungsrecht berufen kann, wenn in einem Altvertrag i.S. des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] die dortigen Bestimmungen über die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten durch Inkrafttreten und Anwendbarkeit des [X.] 2008 unwirksam geworden sind, weil der Versicherer auf eine Anpassung seiner Versicherungsbedingungen nach Art. 1 Abs. 3 EG[X.] verzichtet hat. Hiernach konnte der Versicherer bis zum 1. Januar 2009 seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Altverträge mit Wirkung zum 1. Januar 2009 ändern, soweit sie von den Vorschriften des [X.]es abwichen, und er dem Versicherungsnehmer die geänderten Versicherungsbedingungen unter Kenntlichmachung der Unterschiede spätestens einen Monat vor diesem Zeitpunkt in Textform mitteilte.

a) Zum Teil wird vertreten, dass die vereinbarte Obliegenheit im Sinne einer Verhaltensnorm weiterhin wirksam bleibt und die gesetzliche Bestimmung des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] gemäß § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der unwirksamen vertraglichen Sanktionsregelung tritt.

aa) Dabei wird das Weiterbestehen der Obliegenheit trotz Unwirksamkeit der hierzu in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen getroffenen Sanktionsregelung unterschiedlich begründet:

(1) Teilweise wird angenommen, dass es sich bei der Verhaltensnorm und der Sanktionsregelung um inhaltlich trennbare Regelungen handele, wobei die Verhaltensnorm aus sich heraus verständlich sei. Deshalb sei eine derartige Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht insgesamt, sondern nur teilweise hinsichtlich der dort bestimmten Rechtsfolgen unwirksam ([X.], [X.], 612, 616; [X.]/[X.], [X.], 907, 909).

(2) Überwiegend wird für Allgemeine Versicherungsbedingungen, die Obliegenheiten vertraglich festlegen und deren Verstoß mit den Rechtsfolgen des § 6 [X.] a.F. sanktionieren, eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion befürwortet. Denn der Schutzzweck dieses Prinzips passe nicht für Allgemeine Versicherungsbedingungen, die bei Vertragsschluss wirksam gewesen und erst durch eine spätere Gesetzesänderung unwirksam geworden seien (MünchKomm-[X.]/[X.], Art. 1 EG[X.] Rn. 27; [X.], [X.], 163, 168; [X.] aaO).

(3) Schließlich wird vereinzelt eine Parallele zur Behandlung verhüllter Obliegenheiten gezogen. Bei diesen halte die Sanktionsregelung der Klausel den gesetzlichen Vorgaben nicht stand; dennoch betrachte die Rechtsprechung die Obliegenheiten als wirksam und wende hierauf unmittelbar das Obliegenheitenrecht an. Gleiches müsse hier gelten ([X.]/[X.], [X.], 440, 445).

bb) Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen finden sich unterschiedliche Begründungsansätze:

(1) Teilweise wird das Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung über die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung bei grob [X.] als unschädlich betrachtet, da es sich bei § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] um ein gesetzliches Leistungskürzungsrecht handele, das unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien bestehe (LG Erfurt [X.], 335; HK-[X.]/[X.], Art. 1 EG[X.] Rn. 17; Brand in [X.]/[X.], [X.] Art. 1 EG[X.] Rn. 21; [X.], [X.], 480, 481; [X.]/[X.], [X.], 949, 951; [X.]/[X.] aaO 441).

(2) Überwiegend wird angenommen, dass die Lücke bezüglich der Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung durch die gesetzliche Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu schließen sei (LG Ellwangen [X.], 62; [X.] aaO; [X.] aaO). Teilweise wird auch hier wiederum auf die Lückenfüllung durch Anwendung des Obliegenheitenrechts auf verhüllte Obliegenheiten verwiesen ([X.]/[X.] aaO 445).

b) Nach anderer Auffassung führt unabhängig von der Frage der Teilwirksamkeit einer vertraglichen Obliegenheitsvereinbarung ohne entsprechende Sanktionsregelung - also auch bei [X.] einer solchen Klausel - eine ergänzende Vertragsauslegung dazu, dass die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen vereinbarte Obliegenheit mit den Sanktionen des § 28 [X.] als vereinbart gelten soll (vgl. Armbrüster in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. Art. 1 EG[X.] Rn. 39; nur für den Fall der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung: Brand in [X.]/[X.] aaO; HK-[X.]/[X.] aaO Rn. 24; [X.]/[X.] aaO 952).

c) Schließlich wird eine Korrektur der gesetzlichen Unwirksamkeitsfolge abgelehnt. Wenn der Versicherer von der in Art. 1 Abs. 3 EG[X.] eingeräumten Möglichkeit zur Anpassung seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen keinen Gebrauch gemacht habe, so müsse es bei der sich aus dem Gesetz ergebenden Unwirksamkeit bleiben ([X.], 145, 147; [X.]/[X.], [X.] Rn. 2; [X.]/[X.], Das neue [X.] kompakt 4. Aufl. Rn. 391 ff.; [X.]/[X.], [X.], 320, 322 f.; von [X.], [X.], 221, 223 ff.; [X.], [X.], 448; [X.], r+s 2008, 89, 90; [X.], [X.] 2007, 408, 409; [X.], [X.], 986, 987 ff.; [X.], [X.], 1, 4 f.; [X.]. [X.] 3/2010 [X.]. 2; [X.]/[X.], [X.] 2011, 411, 412 ff.; Wagner, [X.], 1190, 1193 f.).

d) Letztgenannte Auffassung trifft zu. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die durch Unwirksamkeit der Sanktionsregelung des § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.] entstandene [X.] nicht geschlossen werden kann. Ob die vertragliche Obliegenheit in § 11 Nr. 1 [X.] als teilbare Klausel oder im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion weiter besteht, obwohl § 11 Nr. 2 Satz 1 bis Satz 3 [X.] zwar eine Sanktion anordnet, jedoch ein unwirksames Sanktionensystem enthält, kann deshalb dahinstehen.

aa) Eine quotale Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] setzt voraus, dass neben einer vertraglichen Obliegenheit auch eine Sanktion für den Fall ihrer Verletzung im Versicherungsvertrag vereinbart ist. § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] enthält kein gesetzliches Leistungskürzungsrecht.

Der [X.] hält an der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F., wonach der Versicherungsvertrag eine Vereinbarung über die Sanktion einer Obliegenheitsverletzung enthalten muss (vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 1989  II ZR 34/89, NJW-RR 1990, 405 unter 3), auch für das neue Recht fest. Für den Fall der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung regelt § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] ausdrücklich, dass der Vertrag bestimmen muss, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist. Systematisch knüpft § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] unmittelbar an die allgemeinen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] an und ersetzt lediglich die vollständige Leistungsfreiheit nach § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] für den Fall der groben Fahrlässigkeit durch ein Kürzungsrecht des Versicherers (MünchKomm-[X.]/[X.], § 28 Rn. 214; [X.], [X.], 195; [X.]/[X.] aaO). Weiterhin finden sich in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/3945, [X.]) keine Anhaltspunkte dafür, dass das Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung zwar für eine vollständige Leistungsfreiheit, nicht jedoch für teilweise Leistungsfreiheit erforderlich sein soll (MünchKomm-[X.]/[X.] aaO).

bb) Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB zur Lückenfüllung herangezogen werden. Bei Art. 1 Abs. 3 EG[X.] handelt es sich um eine gesetzliche Sonderregelung, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeine Bestimmung des § 306 Abs. 2 BGB verdrängt.

(1) Das Gesetzgebungsverfahren belegt, dass der Gesetzgeber die Schließung von [X.]n, die durch die Anwendung der Regelungen des [X.] 2008 entstehen, allein durch eine Wahrnehmung der [X.] des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] seitens des Versicherers zulassen wollte, um die erforderliche Transparenz des vertraglichen Regelwerkes zu gewährleisten (vgl. von [X.] aaO 224 f.; [X.] aaO). Zur Vermeidung des Aufwands für die Anpassung von Altverträgen an das [X.] 2008 hatte der Bundesrat eine Regelung vorgeschlagen, "die bestehende Versicherungsbedingungen unter Berücksichtigung des fiktiven Willens der Vertragsparteien für den Fall der Kenntnis der neuen Rechtslage auslegt" ([X.]. 707/06 [Beschluss], [X.]0). Der Gesetzgeber hat diesen Vorschlag nicht aufgegriffen, sondern an der Anpassungsmöglichkeit des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] in seiner jetzigen Fassung festgehalten. Damit hat er nicht nur einer ergänzenden Vertragsauslegung eine Absage erteilt, sondern auch deutlich gemacht, dass es ohne eine Anpassung gemäß Art. 1 Abs. 3 EG[X.] für den Versicherer keine Möglichkeit geben soll, aus der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten in Altverträgen nachteilige Rechtsfolgen für den Versicherungsnehmer abzuleiten.

(2) Die Heranziehung des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] über die allgemeine Bestimmung des § 306 Abs. 2 BGB wi[X.]präche der in Art. 1 Abs. 3 EG[X.] vorgenommenen Interessenabwägung zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern bei der Anpassung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen an das [X.] 2008.

Hauptanliegen des Gesetzgebers bei der Reform des Versicherungsvertragsrechts war es, die Stellung des Versicherungsnehmers deutlich zu stärken und die Transparenz von Versicherungsbedingungen zu verbessern (vgl. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/3945, [X.]). Vor diesem Hintergrund muss die Regelung des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] gesehen werden. Dem Gesetzgeber war das Problem der Unwirksamkeit von Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Altverträgen durch Inkrafttreten des neuen Rechts bewusst. Deshalb hat er den Versicherern die [X.] des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] eingeräumt. Ein Versicherer kann die [X.] hiernach jedoch nur durch eine Anpassung seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen abwenden, indem er den Versicherungsnehmer in der durch Art. 1 Abs. 3 EG[X.] geregelten Weise über die geänderte [X.] informiert (vgl. BT-Drucks. 16/3945, [X.]18, wo die [X.] als "geboten" bezeichnet wird). Dies zeigt, dass es dem Gesetzgeber auch um eine rasche Umstellung auf transparente, neue Vertragswerke ging und er eine unterbliebene Vertragsumstellung durch den Wegfall der unwirksam gewordenen Vertragsbestimmung sanktionieren wollte (vgl. von [X.] aaO).

Dieses Regelungsgefüge würde unterlaufen, wenn dem Versicherer auch ohne Umstellung seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen die Anwendung der Rechtsfolgen des [X.] 2008 auf [X.] gestattet wäre. Das Anpassungsverfahren nach Art. 1 Abs. 3 EG[X.] wäre in diesem Falle letztlich überflüssig. Eine Lückenfüllung durch § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] über die allgemeine Bestimmung des § 306 Abs. 2 BGB hätte entgegen dem Zweck des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] zur Folge, dass für den Versicherungsnehmer mangels Übersendung angepasster Allgemeiner Versicherungsbedingungen eine völlig intransparente Sanktionsregelung Bestand hätte, bei der er dem Vertrag insbesondere nicht seine nach § 28 [X.] 2008 erweiterten Verteidigungsmöglichkeiten entnehmen kann.

(3) Dem steht nicht entgegen, dass eine Vertragsumstellung mit hohen Kosten verbunden ist. Der hohe Umstellungsaufwand der Versicherer wurde im Gesetzgebungsverfahren gesehen ([X.]. 707/06 [Beschluss], [X.]0). Von der Bundesregierung wurde die Übergangsregelung mit Blick auf den erheblichen Anpassungsbedarf nochmals geprüft (vgl. BT-Drucks. 16/3945, [X.]33). Danach hat der Gesetzgeber an Art. 1 Abs. 3 EG[X.] in seiner jetzigen Fassung festgehalten.

Nicht durchdringen kann die Beklagte damit, dass es ihr auf Grund besonderer Umstände wie einem hohen Vertragsbestand, vieler unterschiedlicher Allgemeiner Versicherungsbedingungen und mehrerer EDV-Plattformen faktisch unmöglich gewesen sei, alle Altverträge gemäß Art. 1 Abs. 3 EG[X.] umzustellen, folglich der Gesetzgeber in Art. 1 Abs. 3 EG[X.] eine zu kurze Umstellungsfrist bemessen habe und deshalb zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips an eine unterbliebene Umstellung keine negativen Folgen geknüpft werden dürften. Der Gesetzgeber ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durch Art. 1 EG[X.] statuierte Anwendung des neuen Rechts auf Altverträge lediglich unechte Rückwirkung entfaltet (BT-Drucks. 16/3945, [X.]18), da eine Norm auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt (vgl. [X.] 123, 186, 257; 101, 239, 263). Gemessen am Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ist die unechte Rückwirkung in der Regel zulässig ([X.] 123, 186, 257; 101, 239, 263). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt das Erfordernis angemessener Übergangsregelungen ([X.] 67, 1, 15). Ob und in welchem Umfang Übergangsregelungen notwendig sind, muss einer Abwägung des gesetzlichen Zwecks mit der Beeinträchtigung der Betroffenen entnommen werden. Dabei steht dem Gesetzgeber ein erheblicher Spielraum zur Verfügung ([X.] 67, 1, 15). Überdies ist er bei [X.] zu Typisierungen verfassungsrechtlich befugt ([X.] 103, 271, 290).

Indem der Gesetzgeber die in Art. 1 Abs. 3 EG[X.] festgelegte Frist für angemessen erachtet hat, hat er weder seinen Gestaltungsspielraum überschritten noch den Bereich zulässiger Typisierung verlassen. Dies folgt zum einen daraus, dass die Beklagte für einige Versicherungssparten branchenweit eine weitgehende Umstellung der Altverträge gemäß Art. 1 Abs. 3 EG[X.] eingeräumt hat und auch für die Sachversicherung nicht geltend macht, dass sämtliche oder die Mehrzahl der Versicherer die [X.] des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] nicht hätten wahrnehmen können. Zum anderen beruft sich die Beklagte auf Umstände, die gerade ihren spezifischen Vertragsbestand betreffen und unter anderem durch die Übernahme zahlreicher kleinerer Versicherer mit jeweils abweichenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen und eine besondere Situation bei der [X.] bedingt sind. Derartige spezifische Einzelumstände muss der Gesetzgeber im Rahmen zulässiger Typisierung nicht in Rechnung stellen. Vor diesem Hintergrund ist auch für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG kein Raum. Daher hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen der Beklagten zu Recht als unerheblich betrachtet und auf eine weitere Sachaufklärung verzichtet.

(4) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil Art. 1 Abs. 3 EG[X.] keine Verpflichtung zur Umstellung enthält, sondern der Gesetzgeber den Versicherern lediglich die Möglichkeit einräumt, ihre Bedingungen anzupassen. Damit hat der Gesetzgeber die Weiterverwendung der bisherigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Altverträge zugelassen. Er hat jedoch zugleich an den Verzicht auf eine Vertragsanpassung die dargestellten Rechtsfolgen gekoppelt. Hierfür war es nicht notwendig, in Art. 1 Abs. 3 EG[X.] eine besondere Unwirksamkeitsfolge bei nicht angepassten Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu statuieren. Diese ergibt sich über Art. 1 Abs. 1 EG[X.] aus der Anwendung des [X.] 2008 auf Altverträge mit den Folgen der § 32 [X.] und § 307 BGB.

(5) Entgegen der Ansicht der Revision steht die Nichtanwendung des § 28 Abs. 2 Satz 2 [X.] in den Fällen unterbliebener [X.] nach Art. 1 Abs. 3 EG[X.] nicht in Wi[X.]pruch zur Anwendung des [X.] auf verhüllte Obliegenheiten. Zwar trifft es zu, dass in der Rechtsprechung des [X.]s bei verhüllten Obliegenheiten auf die gesetzliche Regelung des § 6 [X.] a.F. zurückgegriffen wurde, obwohl es in den zu beurteilenden Klauseln keine Sanktionsregelung gab, da diese als Risikobegrenzung formuliert waren ([X.]surteile vom 24. Mai 2000  IV ZR 186/99, [X.], 969 unter 1 c; vom 29. November 1972  IV ZR 162/71, NJW 1973, 284 unter [X.]). Indes stellt die Anwendung des § 6 [X.] a.F. auf verhüllte Obliegenheiten nichts anderes als eine Lückenfüllung i.S. von § 306 Abs. 2 BGB dar. Die allgemeine Bestimmung des § 306 Abs. 2 BGB wird jedoch für den speziellen Bereich der erst durch Inkrafttreten des [X.] 2008 unwirksam gewordenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen durch die Sondervorschrift des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] verdrängt, die für die unwirksame Sanktionsregelung bei Verletzung vertraglicher Obliegenheiten gerade keine Schließung der [X.] durch Rückgriff auf gesetzliche Regelungen zulässt. Aus dem dargestellten Zweck der Regelung und dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens folgt, dass im Anwendungsbereich dieser Vorschrift eine Lückenfüllung bei unterbliebener [X.] ausgeschlossen ist.

cc) Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus.

(1) Grundsätzlich ist sie bei Unwirksamkeit einer Klausel in einem vorformulierten Vertrag möglich, wenn dispositive Gesetzesbestimmungen nicht zur Verfügung stehen, so dass das Regelungsgefüge eine Lücke aufweist ([X.]surteil vom 22. Januar 1992  IV ZR 59/91, [X.]Z 117, 92 unter 5). Voraussetzung hierfür ist, dass die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führt, es dem Versicherer gemäß § 306 Abs. 3 BGB ohne ergänzende Vertragsauslegung unzumutbar ist, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden, und der ergänzte Vertrag für den Versicherungsnehmer typischerweise von Interesse ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, tritt diejenige Gestaltungsmöglichkeit ein, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der bei[X.]eitigen Interessen nach [X.] und Glauben redlicher Weise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre ([X.]surteil vom 22. Januar 1992 aaO unter 6).

(2) Eine planwidrige [X.] ist hier nicht anzunehmen. Die am hypothetischen Parteiwillen orientierte richterliche Vertragsergänzung soll eine Regelung herbeiführen, die die Parteien vereinbart hätten, wenn sie von der Unwirksamkeit der Klausel gewusst hätten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass für eine richterliche Vertragsergänzung dann kein Raum ist, wenn der Verwender von der Unwirksamkeit der Klausel wusste und eine mögliche Vorsorge hiergegen nicht getroffen hat (vgl. [X.]/[X.] aaO; [X.], NJW 1981, 2025, 2031). Vor diesem Hintergrund hat der [X.] eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt, wenn der Verwender einer Klausel diese in Kenntnis ihrer Unwirksamkeit weiter verwendet (Urteil vom 4. Juli 2002  VII ZR 502/99, [X.]Z 151, 229 unter B [X.] c). Gleiches muss gelten, wenn der Verwender in Kenntnis der Unwirksamkeit einer Klausel die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit zu ihrer einseitigen Ersetzung durch eine gültige Regelung nicht wahrnimmt (insoweit abweichend der Sachverhalt in [X.], Urteil vom 1. Februar 1984  VIII ZR 54/83, [X.]Z 90, 69, 74). Für eine richterliche Vertragsergänzung ist dann kein Raum mehr.

Den Versicherern war spätestens mit Verkündung des [X.] im November 2007 ([X.] I S. 2631) bekannt, dass das neue [X.] gemäß Art. 1 Abs. 1 EG[X.] ab 1. Januar 2009 auf Altverträge anzuwenden sein wird. Damit war klar, dass die an § 6 [X.] a.F. orientierten Klauseln über die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten im Hinblick auf §§ 28, 32 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB künftig unwirksam werden. Gleichzeitig bestand Kenntnis von der Möglichkeit, über die Wahrnehmung der [X.] des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] selbst Vorsorge durch Anpassung der betroffenen Klauseln zu treffen. Wenn der Verwender eine derartige Möglichkeit zur Schließung einer [X.] nicht ergreift und diese Lücke  etwa wegen der hiermit verbundenen [X.]  hinnimmt, dann kann von einer planwidrigen [X.], die durch subsidiäre richterliche Vertragsergänzung geschlossen werden müsste, nicht mehr die Rede sein (vgl. [X.]/[X.], aaO).

(3) Gesetzesgeschichte und Regelungssystematik des Art. 1 Abs. 3 EG[X.] sprechen wie oben unter bb) (1) dargelegt gegen die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die Situation ist an[X.] als bei den Übergangsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (zur ergänzenden Vertragsauslegung dort [X.] NJW 2005, 1820), da in Art. 229 § 5 EGBGB die in Art. 1 Abs. 3 EG[X.] eingeräumte [X.] für Altverträge gerade nicht vorgesehen wurde ([X.]/[X.] aaO; [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO). Die sich im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung ergebende Frage, wie mit langfristig angelegten Formularverträgen ohne die Möglichkeit der einseitigen Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen umzugehen ist, stellt sich daher hier nicht.

(4) Dem Versicherer ist es nicht unzumutbar, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden.

Ob eine unzumutbare Härte vorliegt, ist im Wege der Interessenabwägung zu ermitteln; zu berücksichtigen ist nicht nur die nachteilige Veränderung der Austauschbedingungen für den Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingung, sondern auch das berechtigte Interesse des anderen Teils an der Aufrechterhaltung des Vertrags ([X.], Urteil vom 22. Februar 2002  [X.], NJW-RR 2002, 1136 unter [X.]). [X.] kann das Festhalten am Vertrag dann sein, wenn infolge der Unwirksamkeit einer Klausel das Vertragsgleichgewicht grundlegend gestört ist. Allerdings genügt nicht schon jeder wirtschaftliche Nachteil des Verwen[X.], sondern es ist eine einschneidende Störung des [X.] erforderlich, die das Festhalten am [X.] ([X.], Urteil vom 22. Februar 2002 aaO).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Versicherer aus der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten keine Sanktionen mehr herleiten kann. Denn das Gesetz bietet dem Versicherer zahlreiche Auffangregelungen, zu denen die Regelungen über die Gefahrerhöhung gemäß §§ 23 ff. [X.], die Bestimmungen über die Herbeiführung des Versicherungsfalles nach § 81 [X.] und die Obliegenheiten nach § 82 [X.] gehören (vgl. [X.], [X.], 837, 838 ff.; Stockmeier, [X.], 312, 315 ff.). Der [X.] verkennt nicht, dass diese Regelungen nicht das gesamte Spektrum möglicher vertraglicher Obliegenheiten abbilden, von anderen Tatbestandsvoraussetzungen abhängen und für den Versicherer verglichen mit den vertraglichen Obliegenheiten prozessuale Nachteile wie das Fehlen gesetzlicher Vermutungen zu grober Fahrlässigkeit und Kausalität bei § 81 Abs. 2 [X.] mit sich bringen. Insofern verschiebt sich das Vertragsgleichgewicht zu Ungunsten des Versicherers. Die genannten gesetzlichen Auffangregelungen verhindern jedoch, dass das Vertragsgleichgewicht grundlegend gestört ist (vgl. [X.] aaO 196). Zudem spricht die bewusst getroffene Entscheidung, die gesetzlich eingeräumte Anpassungsmöglichkeit nicht wahrzunehmen, ebenfalls gegen die [X.]keit.

4. Die Beklagte kann ihre Leistung auch nicht gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 [X.] wegen einer Gefahrerhöhung kürzen. Das Berufungsgericht hat zu Recht bemängelt, dass der Sachvortrag der Beklagten zu den Voraussetzungen des §§ 23 ff. [X.] keine Ausführungen zur Dauerhaftigkeit der von ihr behaupteten Gefahrerhöhung enthält.

5. Die weitere Auffassung des Berufungsgerichts, der Sachvortrag der Beklagten zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles gemäß § 81 [X.] durch den Kläger sei nicht hinreichend substantiiert, hält rechtlicher Überprüfung indes nicht stand.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, um dort eventuell weitere Einzelheiten zu ermitteln ([X.]sbeschluss vom 23. September 2009  IV ZR 152/08, [X.]. 2009 Nr. 216 unter [X.] m.w.N.). Die Beklagte hat unter Benennung konkreter Außentemperaturen am Ort des Gebäudes und unter Beweisantritt eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, dass die zum [X.] notwendige Auskühlung des Gebäudes nur deshalb erreicht werden konnte, weil das Gebäude bereits vor dem vom Kläger behaupteten Heizungsausfall nicht ordnungsgemäß beheizt war. Damit hat sie eine grob fahrlässige Herbeiführung des Leitungswasserschadens seitens des [X.] in ausreichender Weise geltend gemacht. An diesem Sachvortrag war sie nicht dadurch gehindert, dass sie ihre vorgerichtliche Leistungsablehnung noch nicht auf die grob fahrlässige Herbeiführung eines Versicherungsfalles gemäß § 81 [X.] gestützt hatte (vgl. [X.]surteil vom 30. November 2005  IV ZR 154/04, [X.]Z 165, 167 unter [X.] b).

Das Berufungsgericht wird daher den Sachverhalt weiter aufzuklären haben. Bei den Anforderungen an eine genügend häufige Kontrolle der Beheizung des versicherten Gebäudes in der kalten Jahreszeit wird es dabei zu berücksichtigen haben, dass das jeweils erforderliche Kontrollintervall vom Tatrichter an Hand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen und dabei allein zu Grunde zu legen ist, in welchen Intervallen die jeweils eingesetzte Heizungsanlage nach der Verkehrsanschauung und Lebenserfahrung mit Blick auf ihre Bauart, ihr Alter, ihre Funktionsweise, regelmäßige Wartung, Zuverlässigkeit, Störanfälligkeit und ähnliches kontrolliert werden muss; unerheblich ist dagegen, welcher Zeitablauf nach einem unterstellten Heizungsausfall im ungünstigsten Fall bis zum Schadeneintritt zu erwarten ist ([X.]surteil vom 25. Juni 2008  IV ZR 233/06, [X.], 1207 Rn. 14 ff.).

Dr. Kessal-Wulf                                       [X.]                                                Felsch

                                   Lehmann                                   Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 199/10

12.10.2011

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 17. August 2010, Az: 9 U 41/10, Urteil

Art 1 Abs 3 VVGEG, § 28 Abs 2 S 2 VVG, § 81 Abs 2 VVG, § 11 Nr 2 S 1 VGB 1988, § 11 Nr 2 S 2 VGB 1988, § 11 Nr 2 S 3 VGB 1988

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2011, Az. IV ZR 199/10 (REWIS RS 2011, 2474)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2474

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