Bundessozialgericht, Urteil vom 07.05.2019, Az. B 11 AL 11/18 R

11. Senat | REWIS RS 2019, 7609

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Förderung der ganzjährigen Beschäftigung - Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen - Einsatz auf Baustellen im Ausland - Beschränkung auf Inlandsbeschäftigung - Verfassungsmäßigkeit - Europarechtskonformität


Leitsatz

Saison-Kurzarbeitergeld ist nicht für einen im Ausland eingetretenen Arbeitsausfall zu erbringen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit sind [X.] für Arbeitnehmer der Klägerin und weitere das [X.] ergänzende Leistungen.

2

Die Klägerin ist ein im Inland ansässiges Unternehmen, das auf Baustellen der Auftragnehmer Arbeiten in Lohnarbeit ausführt. Im Februar 2012 ließ sie Schalungs-, Beton- und Rohbauarbeiten auf einer jeweils in [X.] und [X.] sowie fünf in [X.] gelegenen Baustellen ausführen, im März 2012 auf jeweils einer Baustelle in [X.] und [X.].

3

Auf entsprechende Anträge der Klägerin bewilligte die Beklagte wegen des [X.] bei den im Inland eingesetzten Arbeitnehmern [X.] sowie [X.] und erstattete Sozialversicherungsbeiträge für Februar 2012 in Höhe von 2732,41 Euro ([X.] 1598,49 Euro, [X.] 32,50 Euro, Sozialversicherungsbeiträge 1101,42 Euro) und für März 2012 in Höhe von 1191,81 Euro ([X.] 707,95 Euro, Sozialversicherungsbeiträge 483,86 Euro). Die weitergehenden Anträge auf entsprechende Leistungen für die auf [X.] beschäftigten Arbeitnehmer lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, Arbeitsausfälle auf [X.] könnten aufgrund des Territorialitätsprinzips keine Ansprüche auf [X.] und ergänzende Leistungen begründen (Bescheid vom 10.5.2012 und Widerspruchsbescheid vom 10.7.2012 betreffend Februar 2012; Bescheid vom [X.] und Widerspruchsbescheid vom 11.7.2012 betreffend März 2012).

4

Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteil des [X.]; Urteil des [X.] vom 28.6.2018). Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, die bezweckte Förderung ganzjähriger Beschäftigung im Bereich der Bauwirtschaft ziele auf den inländischen Arbeitsmarkt. Eine Winterbauförderung von [X.] komme daher nicht in Betracht. Das BSG habe dies für die ergänzenden Leistungen bereits entschieden. Für das [X.] könne nichts anderes gelten. Die Winterbauförderung stelle ein geschlossenes, miteinander verzahntes System dar. Verfassungsrecht werde dadurch ebenso wenig verletzt wie Europarecht. Die [X.] ([X.]) 883/2004 sei nur auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit anwendbar, wozu das [X.] nicht zähle. Ein Verstoß gegen die bereits primärrechtlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit liege nach der Rechtsprechung des [X.] bei Annahme einer Entsendung nicht vor.

5

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin neben einer unterlassenen Vorlage des Verfahrens an den [X.] die Verletzung von §§ 175 und 175a [X.] aF. Eine Förderung der Baubranche erfolge auch durch die Einbeziehung der auf ausländischen Baustellen tätigen Arbeitnehmer im Falle der Annahme von Aufträgen aus dem Ausland. Es erschließe sich nicht, weshalb der ins Ausland entsandte Arbeitnehmer anders als der im Inland verbleibende Arbeitnehmer keinen Anspruch habe, selbst wenn beide den gleichen Witterungsverhältnissen unterworfen seien und Zahlungen an die Arbeitslosenversicherung entrichteten.

6

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des [X.] vom 8. April 2014 und des Urteils des [X.] vom 28. Juni 2018 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 10. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2012 und des Bescheides vom 23. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2012 die Beklagte zu verurteilen, ihr Saison-Kurzarbeitergeld nebst ergänzender Leistungen für die Monate Februar und März 2012 unter Berücksichtigung der witterungsbedingt auf den Baustellen in [X.] und [X.] ausgefallenen Arbeitsstunden zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der [X.]lägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat ohne Verletzung von Bundesrecht (§ 162 [X.]G) ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen, denn ein Anspruch auf weiteres [X.] und ergänzende Leistungen, einschließlich der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen, besteht nicht.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Entscheidungen der Vorinstanzen der Bescheid vom 10.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.7.2012 sowie der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.7.2012. Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte hinsichtlich der auf [X.] beschäftigten Arbeitnehmer der [X.]lägerin die Zahlung von [X.] und ergänzenden Leistungen sowie die pauschalierte Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate Februar und März 2012 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung im Leistungsverfahren (vgl zum zweistufig ausgestalteten Verwaltungsverfahren B[X.] vom [X.] - B 7 [X.] 21/09 R - [X.] 4-4300 § 173 [X.] Rd[X.]6) wendet sich die [X.]lägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1, 4 [X.]G (vgl B[X.] vom 21.6.2018 - B 11 [X.] 4/17 R - juris Rd[X.]4 mwN), zulässigerweise gerichtet auf ein Grundurteil (§ 130 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Dabei macht sie Ansprüche der Arbeitnehmer ihres Betriebs auf [X.] und ergänzende Leistungen zu Recht im Wege der Prozessstandschaft geltend (vgl nur B[X.] vom [X.] - B 7 [X.] 21/09 R - [X.] 4-4300 § 173 [X.] Rd[X.]0 mwN).

2. Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche auf [X.] ist § 175 Abs 1 [X.]B III (in der ab dem 1.4.2006 geltenden Fassung des [X.] vom [X.], [X.] 926), der dem ab dem 1.4.2012 geltenden § 101 [X.]B III (in der Fassung des [X.] der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, [X.] 2854) entspricht. Danach haben Arbeitnehmer in der [X.] vom 1.12. bis 31.3. (Schlechtwetterzeit) Anspruch auf [X.], wenn sie in einem Betrieb beschäftigt sind, der dem Baugewerbe oder einem Wirtschaftszweig angehört, der von saisonbedingtem Arbeitsausfall betroffen ist ([X.]), der Arbeitsausfall erheblich ist ([X.]), die betrieblichen Voraussetzungen sowie die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind ([X.]) und der Arbeitsausfall der [X.] angezeigt worden ist ([X.] 4).

Zu Recht hat das [X.] offengelassen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Denn dem Anspruch auf [X.] steht schon entgegen, dass [X.] nicht für einen im Ausland eingetretenen Arbeitsausfall zu erbringen ist. Ein solcher Arbeitsausfall auf Baustellen in [X.] und [X.] ist nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) jedoch hier im Streit.

Eine Beschränkung des Anspruchs auf [X.] auf im Inland eingetretenen Arbeitsausfall folgt zwar nicht schon aus dem Territorialitätsprinzip. Dieses Prinzip ist in § 30 [X.]B I verortet (vgl den Entwurf der Gesetzesbegründung, BT-Drucks 7/868 [X.] zu § 30) und besagt im Grundsatz, dass staatliche Hoheitsgewalt nur im eigenen Hoheitsbereich ausgeübt wird und das Sozialstaatsgebot nur diejenigen begünstigt, für die der nationale Gesetzgeber verantwortlich ist (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 22/07 R - B[X.]E 101, 224 = [X.] 4-4300 § 421l [X.], Rd[X.]4 mwN; zur Geltung des Territorialitätsprinzips bei Leistungen an Arbeitslose Mutschler, [X.]b 2000, 110 ff). Denn jedenfalls hinsichtlich des Leistungsrechts hängt die Bestimmung des Anwendungsbereichs letztlich vom Inhalt der jeweiligen Sachnorm ab (so bereits B[X.] vom [X.] [X.]/75 - B[X.]E 43, 255, 258 = [X.] 4100 § 80 [X.] S 4 = juris Rd[X.]3). Die Auslegung der hier maßgeblichen Sachnorm des § 175 [X.]B III aF nach ihrer Entstehungsgeschichte unter Berücksichtigung ihres Sinn und Zwecks sowie der systematischen Zusammenhänge ergibt jedoch, dass [X.] nur für Arbeitsausfall im Inland zu erbringen ist.

3. a) Entstehungsgeschichtlich geht die Vorschrift zurück auf Regelungen zur Bekämpfung der [X.] in der Bauwirtschaft, die ihren Ausgang in den späten 1950er Jahren genommen haben (§§ 143a - 143n [X.]) und seitdem - mit Änderungen - fortbestehen (§§ 74 - 90 [X.]; §§ 209 - 214a [X.]B III in der ab 1.1.1998 geltenden Fassung des [X.] vom [X.], [X.] 594; zur Rechtsentwicklung im Einzelnen [X.] in [X.], [X.]B II/[X.]B III, § 101 [X.]B III Rd[X.] 7 ff, Stand März 2018). Diese sog Winterbauförderung kombiniert eine Entgeltersatzleistung mit weiteren Leistungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber und verfolgt neben sozialpolitischen (Lohnsicherung) auch wirtschaftspolitische Ziele. Während die Entgeltersatzleistung aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen finanziert wird, werden die Mittel für die ergänzenden Leistungen über eine Umlage von Arbeitgebern und Arbeitnehmern des betroffenen Wirtschaftszweiges aufgebracht (§§ 354 ff [X.]B III iVm der WinterbeschV).

Die im [X.] vorgenommene Ausgestaltung des bis heute bestehenden [X.] war weiterhin darauf gerichtet, dem Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten entgegenzuwirken, was nach wie vor als drängendes Problem erkannt wurde (vgl BT-Drucks 16/429 S 11). Die gewünschte Verstetigung der Beschäftigungsverhältnisse sollte jedoch nicht mehr auf die Bauwirtschaft beschränkt werden, sondern auch anderen Wirtschaftszweigen mit hohen saisonbedingten Arbeitsausfällen zugutekommen (BT-Drucks 16/429 S 11). Unter Integration der bisherigen Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft in das System des [X.] (BT-Drucks 16/429 S 11) wurde ein Leistungssystem zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung geschaffen (vgl BT-Drucks 16/429 S 14 zu § 175a), in dem die bisherige Winterbauförderung in dem breiter gefassten Ansatz eines [X.] aufgegangen ist (vgl BT-Drucks 16/429 S 16 zu [X.]5). Als zentrale Entgeltersatzleistung trat das [X.] an die Stelle des [X.], das nunmehr neben witterungsbedingten auch auftragsbedingte Arbeitsausfälle erfasste, allerdings trotz dieser Verbreiterung des Förderansatzes unter Anknüpfung an das bisherige System der Winterbauförderung (vgl nur [X.], [X.]b 2007, 197, 198).

b) In der Rechtsprechung des B[X.] wurden die Leistungen der früheren Winterbauförderung indes auf inländische Sachverhalte beschränkt, weil die wirtschaftspolitische Zwecksetzung einer gleichmäßigen jahreszeitlichen Verteilung des [X.] auf das [X.] Inland bezogen sei, die Festlegung der Förderungszeit den [X.]n Witterungsverhältnissen entspreche und zudem die umfangreiche [X.]ontroll- sowie Prüftätigkeit der Behörde eine Beschränkung auf das Inland erforderten (B[X.] vom [X.] [X.]/75 - B[X.]E 43, 255 = [X.] 4100 § 80 [X.]). Eine Leistungsgewährung für Sachverhalte im Ausland ist erst nachträglich im [X.], beschränkt auf das [X.], eröffnet worden, was ebenfalls als Argument dafür angeführt wurde, dass diese Möglichkeit vom Gesetzgeber im Grundsatz nicht vorgesehen war (so B[X.] vom 30.11.1977 - 12 [X.] - juris Rd[X.] 9). Diese Überlegungen zur Begrenzung des [X.]anspruchs auf [X.] hat das B[X.] auf das für witterungsbedingte Arbeitsausfälle zu erbringende Schlechtwettergeld nach §§ 83 ff [X.] übertragen und zur Begründung auf die [X.]onzeption der Leistungen der [X.] als geschlossenes System von sich ergänzenden Einzelleistungen verwiesen, aus dem folge, dass [X.] wie der räumliche Anwendungsbereich für alle Leistungen einheitlich beurteilt werden müssten (B[X.] vom 25.7.1985 - 7 [X.] - [X.] 4100 § 83 [X.]).

4. An dieser einschränkenden Auslegung hält der [X.] für die ab dem 1.4.2006 geltende Neuregelung fest. Die in der bisherigen Rechtsprechung angeführten Gründe sind weiterhin von Bedeutung. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Verbreiterung des Förderansatzes durch die Integration der Winterbauförderung in das System des [X.] von der bisherigen, auf das Inland beschränkten Förderung abrücken wollte. Andernfalls wäre eine Anpassung des Wortlauts zu erwarten gewesen, die indes nicht erfolgt ist (vgl demgegenüber die Änderung von § 183 [X.]B III aF mit der ausdrücklichen Beschränkung auf [X.] unter Bezugnahme auf Rspr des B[X.] BT-Drucks 14/7347 S 73).

Hinzu kommt, dass auch im Rahmen der Neuregelung an der [X.]onzeption der Regelungen als geschlossenes System von sich ergänzenden Einzelleistungen (vgl dazu bereits B[X.] vom 25.7.1985 - 7 [X.] - [X.] 4100 § 83 [X.] S 3 = juris Rd[X.]3) festgehalten wurde. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, kam es dem Gesetzgeber gerade auf die Verzahnung zwischen Leistungen der Arbeitsförderung in Gestalt des [X.] mit brancheneigenen, umlagefinanzierten ergänzenden Leistungen an (vgl BT-Drucks 16/429 S 12). Diese Verzahnung der Leistungen wird gesetzessystematisch dadurch deutlich, dass die Sozialversicherungsbeiträge, die der Arbeitgeber bei der Gewährung von [X.] grundsätzlich zu tragen hat, im Fall der Gewährung von [X.] als ergänzende Leistung ebenfalls aus der Umlage finanziert werden (§ 175a Abs 4 [X.]B III aF; § 102 Abs 4 [X.]B III). Außerdem besteht eine Verknüpfung des [X.] mit dem Zuschuss-[X.] in der Weise, dass Letzteres nachrangig ist. Zuschuss-[X.] soll den Anreiz schaffen, in [X.]en besserer Arbeitsauslastung Arbeitszeitguthaben aufzubauen und diese in der Schlechtwetterzeit in Anspruch zu nehmen (vgl BT-Drucks 16/429 S 11), um den Bezug von [X.] zu vermeiden.

Für die ergänzenden Leistungen, mit denen das [X.] verzahnt ist, hat der [X.] aber bereits entschieden, dass der Gesetzgeber mit der zum 1.4.2006 erfolgten Neuregelung, ebenso wie anlässlich der Übernahme des Rechts der Winterbauförderung in das [X.]B III, am Ausschluss einer Förderung von [X.] festhalten wollte (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-4300 § 175a [X.] Rd[X.]9 zum Mehraufwands-[X.]). Es besteht nämlich für im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer im Ergebnis schon keine Umlagepflicht, weil die für im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer entrichtete Umlage auf Antrag zu erstatten ist (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-4300 § 175a [X.] Rd[X.]2). Zudem hat der Gesetzgeber für die umlagefinanzierten Leistungen im Baugewerbe ausdrücklich erklärt, dass durch die gesetzliche Fortentwicklung weder eine Ausweitung noch eine Einschränkung des [X.]reises der [X.] im Vergleich zur bisherigen Winterbauförderung beabsichtigt ist (BT-Drucks 16/429 S 15 zu § 175a Abs 5).

Dem steht nicht entgegen, dass für die im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer jedenfalls Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind, wie die Revision geltend macht. Denn in der Arbeitslosenversicherung ist es nicht geboten, bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistung herzustellen (vgl hierzu bereits B[X.] vom 25.7.1985 - 7 [X.] - [X.] 4100 § 83 [X.] S 6 = juris Rd[X.]9; B[X.] vom 21.7.2009 - B 7 [X.] 23/08 R - [X.] 4-4300 § 132 [X.] Rd[X.]9 - 30, mwN). Soweit die Revision weiter darauf verweist, dass mit der Abschaffung von § 216 [X.]B III aF ein territorialer Bezug entfallen sei, ist darauf hinzuweisen, dass § 216 [X.]B III, der auf § 80 Abs 2 [X.] zurückgeht (eingefügt durch das Vierte Gesetz zur Änderung des [X.] vom 12.12.1977, [X.] 2557), eine Zahlung von [X.] in Gebieten außerhalb des Geltungsbereiches des [X.]B III ermöglichen sollte, die in der gesetzlichen Grundkonzeption gerade nicht vorgesehen war (vgl dazu B[X.] vom 30.11.1977 - 12 [X.] - juris Rd[X.] 9 mit Verweis auf die Gesetzesbegründung, BT-Drucks 8/857 S 8). Insofern stützt die spätere Abschaffung der ausnahmsweisen Förderung von [X.] nicht die von der Revision vertretene Auffassung. Im Gegenteil beabsichtigte der Gesetzgeber mit der Abschaffung, Arbeitnehmer für die Dauer der Auslandsbeschäftigung vom Bezug des [X.]es auszuschließen (vgl [X.] zu [X.], § 216 [X.]B III).

Aus der von der Revision angeführten Regelung über die Ausstrahlung (§ 4 [X.]B IV) ergibt sich nichts anderes. Unabhängig von der Frage, ob § 4 [X.]B IV wegen seiner [X.] im vorliegenden Fall durch Gemeinschaftsrecht verdrängt (vgl dazu Dietrich in [X.]Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B IV, 3. Aufl 2016, § 4 [X.]B IV Rd[X.]3) bzw modifiziert wird (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B IV, [X.] § 4 Rd[X.] 6, Stand April 2014), bezieht sich § 4 Abs 1 [X.]B IV nur auf das Bestehen von Versicherungspflicht oder -berechtigung. Leistungsansprüche kommen allenfalls in Betracht, wenn das nationale Recht keine Ausnahme vorsieht (vgl Dietrich in [X.] Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B IV, 3. Aufl 2016, § 4 [X.]B IV Rd[X.] 48), was aber vorliegend der Fall ist (vgl dazu B[X.] vom [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-4300 § 175a [X.] Rd[X.]3 für Mehraufwands-[X.] als ergänzende Leistungen nach § 175a [X.]B III).

5. a) Der Beschränkung der Leistungsgewährung auf Inlandsbeschäftigung steht nationales Verfassungsrecht nicht entgegen. Diese ist insbesondere im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden und findet ihre Rechtfertigung in der Verfolgung eines legitimen, sich auf den inländischen Arbeitsmarkt beziehenden Zwecks, nämlich dem Abbau der [X.] und der Verstetigung der von saisonaler Arbeitslosigkeit betroffenen Beschäftigungsverhältnisse.

b) Auch das [X.] Gemeinschaftsrecht erfordert keine andere Auslegung. Zwar dürfte das [X.], anders als das [X.] meint, vom sachlichen Anwendungsbereich der sekundärrechtlichen [X.] ([X.]) 883/2004 zur [X.]oordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die zum [X.] in [X.] getreten ist (vgl Art 97 [X.] <[X.]> 987/2009), erfasst sein. Unter den von [X.] ([X.]) 883/2004 genannten Leistungen bei Arbeitslosigkeit werden Leistungen verstanden, die den aufgrund der Arbeitslosigkeit verlorenen Arbeitslohn ersetzen sollen und deshalb für den Unterhalt des arbeitslosen Arbeitnehmers bestimmt sind (vgl nur [X.] in [X.]Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B I, 3. Aufl 2018, Art 3 [X.] <[X.]> 883/2004 Rd[X.] 51, mwN). Darunter fällt das [X.], das ebenfalls [X.] hat (vgl [X.] in [X.]Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B I, 3. Aufl 2018, Art 3 [X.] <[X.]> 883/2004 Rd[X.] 56). Zudem wird [X.]urzarbeit in Art 65 Abs 1 Satz 1 [X.] ([X.]) 883/2004 aufgeführt, der sich im 6. [X.]apitel des 3. Titels (Leistungen bei Arbeitslosigkeit) befindet.

Doch unabhängig davon, ob die hier betroffenen Arbeitnehmer überhaupt vom persönlichen Anwendungsbereich der [X.] ([X.]) [X.] 883/2004 umfasst waren, wozu ausreichende Feststellungen des [X.] fehlen, folgt aus der [X.] ([X.]) [X.] 883/2004 jedenfalls kein Anspruch auf [X.] für Auslandssachverhalte. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem allgemeinen, für alle von der [X.] erfassten Sozialleistungen geltenden Gleichbehandlungsgebot nach Art 4 [X.] ([X.]) 883/2004, das den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten die gleichen Rechte und Pflichten einräumt wie Inländern und gebietet, den [X.] gegenüber einem Inländer nicht anders zu behandeln. Mit der Beschränkung der Gewährung von [X.] auf inländischen Arbeitsausfall liegt jedoch kein Fall vor, der den Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgebotes eröffnete, was etwa der Fall wäre, wenn Aufenthalt, Wohnsitz oder Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat zu Nachteilen führen würde ([X.] in [X.]Voelzke, jurisP[X.]-[X.]B I, 3. Aufl 2018, Art 4 [X.] <[X.]> 883/2004 Rd[X.]7). Vielmehr sind [X.] ebenso wie Inländer dem Ausschluss der Gewährung von [X.] im Ausland unterworfen.

Der vom nationalen Recht geforderte Inlandsbezug des [X.] wird auch nicht von der [X.] des Art 5 lit b [X.] ([X.]) 883/2004 als Sonderfall des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots (vgl Eichenhofer in [X.] 2018, 3, 5) erfasst, mit der Folge, dass der vorliegende Auslandssachverhalt einem (anspruchsbegründenden) Inlandssachverhalt gleichgestellt wäre. Art 5 zielt nicht auf eine Harmonisierung ab, sondern verpflichtet den jeweils zuständigen Mitgliedstaat zur Berücksichtigung entsprechender Sachverhalte, die sich im mitgliedstaatlichen Ausland ereignet haben. Der sachliche Anwendungsbereich des aufgrund kollisionsrechtlicher Bestimmungen anwendbaren inländischen Sozialrechts wird auf Auslandssachverhalte erweitert, indem das materielle Recht eines Staates auf Auslandssachverhalte erstreckt wird (vgl Eichenhofer, [X.] 2018, 3, 7). Ausgangspunkt ist demnach das nationale Recht, das hinsichtlich einzelner Tatbestandsmerkmale offen für die Berücksichtigung ausländischer Sachverhalte sein muss (vgl [X.] in [X.], [X.]s Sozialrecht, 7. Aufl 2017, Art 4 [X.] <[X.]> 883/2004 Rd[X.], 5, 6, mwN). Die Anwendung der [X.] kommt nicht in Betracht, wenn die Auslegung des nationalen Rechts ergibt, dass ein rein nationales Merkmal vorliegt und in der Festlegung dieses Merkmals keine unzulässige Diskriminierung iS des Art 4 [X.] ([X.]) 883/2004 liegt (vgl [X.] in [X.], [X.]s Sozialrecht, 7. Aufl 2017, Art 4 [X.] <[X.]> 883/2004 Rd[X.] 4; [X.] in [X.]/Wunder/[X.], [X.] <[X.]> 883/2004, 2012, Art 4 Rd[X.] 4, 8). So liegt es im vorliegenden Fall einer auf das Gebiet der [X.] bezogenen Beschäftigungsförderung für die aufgrund der inländischen Witterungsverhältnisse von saisonaler Arbeitslosigkeit betroffenen (Bau-)Betriebe.

Das primärrechtliche Gebot der Gleichbehandlung bei Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art 45 Abs 2 A[X.] ist ebenfalls nicht verletzt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.], wonach die betroffenen Arbeitnehmer der [X.]lägerin für beschränkte [X.]räume auf fremden Baustellen zur Ausführung bestimmter von der [X.]lägerin zu erbringenden Bauarbeiten eingesetzt worden sind, ist nämlich von einer Entsendung (vgl Art 12 Abs 1 [X.] <[X.]> 883/2004) auszugehen. Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber zur Erbringung einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt worden sind, unterfallen indes nicht dem Anwendungsbereich von Art 45 ff A[X.] (vgl [X.] vom 25.10.2001 - [X.]/98, [X.]/98, [X.]/98 bis [X.]/98, [X.]/98 bis [X.]/98 - , Slg 2001, [X.], 7897 = juris Rd[X.]2), sondern werden von ihrem Arbeitgeber im Rahmen der diesem eröffneten Dienstleistungsfreiheit (Art 56 ff A[X.]) eingesetzt (vgl Müller-Graff in [X.], [X.]/A[X.], 3. Aufl 2018, Art 56 A[X.] Rd[X.]6; vgl auch [X.] vom 19.6.2014 - [X.]/13 und [X.]/13 - - juris Rd[X.]0 mwN).

Doch wird auch die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 A[X.]), deren Anwendungsbereich im Fall der grenzüberschreitenden Ausführung von Bauarbeiten grundsätzlich für die [X.]lägerin eröffnet ist (vgl [X.] vom 27.3.1990 - [X.]/89 - , Slg 1990, [X.], 1445; [X.] vom 28.3.1996 - [X.]/94 - , Slg 1996, [X.], 1921, 1922), durch die Beschränkung der Gewährung von [X.] auf Inlandsbaustellen nicht verletzt. Unter einer verbotenen Beschränkung sind die von einem Mitgliedstaat getroffenen Maßnahmen zu verstehen, die, obwohl sie unterschiedslos anwendbar sind, den Marktzugang von Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (vgl [X.] vom [X.]/17 - juris Rd[X.] 57 mwN; der Zugang zum [X.] Markt für Finanzdienstleistungen von [X.]reditgebern mit Sitz außerhalb [X.]roatiens war von der Erteilung einer Zulassung durch die [X.] abhängig). Eine solche Zugangsbeeinträchtigung liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die [X.]lägerin als inländische Marktteilnehmerin von einer nationalen Norm betroffen wird, deren Anwendungsbereich zwar auf das Inland beschränkt ist, ansonsten aber keinerlei Differenzierung bezogen auf die Marktteilnehmer und deren wirtschaftliche Betätigung vorsieht (vgl [X.] in [X.]/Hilf/[X.], Das Recht der [X.]n Union, Art 45 A[X.] Rd[X.]20 f, Stand September 2010).

Einer Vorlage an den [X.] bedarf es mangels ungeklärter Rechtsfragen zum Gewährleistungsgehalt der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit nicht (vgl zu den Voraussetzungen der Vorlagepflicht eines nationalen letztinstanzlichen Gerichts nur [X.] vom [X.] - 1 BvR 3201/11 - juris Rd[X.]7).

6. Rechtsgrundlage für die Ansprüche der Arbeitnehmer auf [X.] als Zuschuss-[X.] und Mehraufwands-[X.] ist § 175a Abs 2, 3 [X.]B III aF 102 Abs 2, 3 [X.]B III) sowie § 175a Abs 4 [X.]B III aF (§ 102 Abs 4 [X.]B III) für den Anspruch der [X.]lägerin als Arbeitgeberin auf Erstattung der von ihr zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung.

Einem Anspruch steht auch hier - im Einklang mit Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht - entgegen, dass die Arbeiten nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) im Ausland ausgeführt wurden (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-4300 § 175a [X.]; kritisch hierzu [X.], jurisPR-[X.] 21/2016 Anm 2). Die zum [X.] in [X.] getretene [X.] ([X.]) 883/2004 führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung hinsichtlich der an Arbeitnehmer zu gewährenden ergänzenden Leistungen, denn diese erfasst nur Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Für das Mehraufwands-[X.] gilt, dass die Anspruchsberechtigten weder arbeitslos noch konkret von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sondern vielmehr ggf Leistungen zur Förderung des Verbleibs in Beschäftigung erhalten (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-4300 § 175a [X.] Rd[X.]1). Für das Zuschuss-[X.], das ebenfalls zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit dienen soll und an den Einsatz von Arbeitszeitguthaben anknüpft, gilt nichts anderes.

Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G. § 197a Abs 1 Satz 1 [X.]G findet keine Anwendung (vgl B[X.] vom [X.] [X.] 3/15 R - [X.] 4-4300 § 175a [X.] Rd[X.]5 - 36, mwN).

Meta

B 11 AL 11/18 R

07.05.2019

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Koblenz, 8. April 2014, Az: S 9 AL 156/12, Urteil

§ 30 SGB 1, § 175 Abs 1 SGB 3 vom 24.04.2006, § 175a Abs 1 SGB 3, § 175a Abs 4 SGB 3, § 4 Abs 1 SGB 4, Art 3 Abs 1 Buchst h EGV 883/2004, Art 4 EGV 883/2004, Art 5 Buchst b EGV 883/2004, Art 45 Abs 2 AEUV, Art 56 AEUV, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.05.2019, Az. B 11 AL 11/18 R (REWIS RS 2019, 7609)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7609

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Förderung der ganzjährigen Beschäftigung - kein Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld für Arbeitnehmer bei Einsatz auf Arbeitsplätzen …


B 11 AL 6/21 R (Bundessozialgericht)

Berechnung des Kurzarbeitergelds - Nettoentgeltdifferenz - Berücksichtigung von pauschalierten Abzügen für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag - …


B 11 AL 11/12 R (Bundessozialgericht)

Kurzarbeitergeldanspruch - persönliche Voraussetzung - Arbeitsunfähigkeit - Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - Teilnahme an einer Maßnahme …


B 11 AL 6/19 R (Bundessozialgericht)

Winterbeschäftigungs-Umlage - Fliesenlege- und Trockenbauarbeiten - Umlagepflicht der selbständigen Betriebsabteilung - Abgrenzung zum Gesamtbetrieb - …


B 11 AL 34/21 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeldanspruch - Bemessung - Berücksichtigung von pauschalierten Abzügen für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag - fiktiver Abzug …


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1 BvR 3201/11

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