Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2016, Az. VI ZR 618/15

6. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3841

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Gegenstand

Internationale Zuständigkeit: Voraussetzungen des Gerichtsstands des Handlungsorts einer unerlaubten Handlung


Leitsatz

Zu den Voraussetzungen des Gerichtsstands des Handlungsorts einer unerlaubten Handlung i.S.d Art. 5 Nr. 3 LugÜ II bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 26. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 18. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der in [X.] wohnhafte Kläger nimmt den in [X.] wohnhaften Beklagten auf Schadenersatz wegen unerlaubter Erbringung von Finanzdienstleistungen im Inland, hilfsweise wegen fehlerhafter Vermögensverwaltung in Anspruch.

2

Der Beklagte war seit Anfang 2004 [X.] und Vorstand der mittlerweile liquidierten [X.] mit Sitz in [X.], [X.]. Die [X.] unterhielt eine Zweigniederlassung in [X.]. Bis zum 26. September 2007 hatte die [X.] in [X.] kein Büro und keine festen Angestellten. Eine von der [X.] (im Folgenden: [X.]) erteilte Erlaubnis als grenzüberschreitender Dienstleister nach § 53b KWG war der [X.] bis zum September 2009 nicht erteilt worden.

3

[X.]., der dem Kläger als Nachbar und Versicherungsmakler bekannt war, schlug dem Kläger in mehreren Gesprächen an dessen Wohnsitz vor, einen Vermögensverwaltungsvertrag mit der [X.] abzuschließen. Dabei bediente er sich eines "[X.]" der [X.], welches die Kontaktdaten des Unternehmens in [X.] sowie [X.] enthielt. [X.]. handelte auf der Grundlage eines Provisionsvertrages mit der [X.] mit dem Ziel, dieser den Kundenstamm aus seiner bisherigen Tätigkeit als Versicherungsmakler zuzuführen.

4

Am 22. Mai 2007 begaben sich der Kläger und seine Ehefrau in Begleitung des [X.]. in die [X.] und schlossen dort einen Vertrag mit der [X.] über eine "aktive Vermögensverwaltung" mit einer Anlagesumme von 230.000 Euro. Im Juni und September 2007 überwiesen der Kläger und seine Ehefrau einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 250.039,05 Euro von ihrem Konto bei der [X.] in [X.] auf ein Konto bei der [X.], das der Beklagte auf den Namen des [X.] und seiner Ehefrau angelegt hatte. In der Folge kam es im Rahmen der Vermögensverwaltung der [X.] zu Verlusten bei dem eingebrachten Kapital.

5

Der Kläger nimmt den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG auf Schadensersatz in Höhe des eingesetzten Kapitals Zug um Zug gegen Rückübereignung der im Rahmen der Vermögensverwaltung erworbenen Aktien und Zertifikate in Anspruch. Das [X.] hat die Klage mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit bejaht, die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

6

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1782 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in [X.] am 30. Oktober 2007 ([X.]. [X.] L 339 S. 3, im Folgenden Übereinkommen oder [X.]) für gegeben erachtet. Zwar bestehe kein Erfolgsort in [X.], weil der Erfolg in Form eines ersten Vermögensschadens durch eine Überweisung von einem Konto in [X.] eingetreten sei. Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte sei aber deshalb zu bejahen, weil an einen Handlungsort im Inland angeknüpft werden könne. Tatsächlicher Anknüpfungspunkt sei das Handeln des Zeugen [X.]. Dieser habe als "verlängerter Arm" des [X.]n agiert, denn er habe den Kläger mit Wissen und Wollen des [X.]n als Kunden geworben. Der Zeuge [X.]. sei auf der Grundlage eines Provisionsvertrages mit dem Ziel tätig geworden, der [X.] seinen überwiegend in [X.] lebenden Kundenstamm aus seiner bisherigen Tätigkeit als Versicherungsmakler zuzuführen und die in Betracht kommenden Kunden zum Abschluss eines [X.] mit der [X.] zu bewegen.

II.

7

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (vgl. etwa [X.]surteil vom 7. Juli 2015 - [X.], [X.], 1385 Rn. 13 und [X.], Urteil vom 9. Juni 2016 - [X.], [X.], 1168 Rn. 32 jeweils mwN) - internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nicht gegeben.

8

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall die internationale Zuständigkeit nach dem vorbezeichneten Übereinkommen zu bestimmen ist, dessen verwendete Begriffe grundsätzlich autonom auszulegen sind (vgl. etwa [X.], Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 - [X.] 347/12, [X.] 2015, 423 Rn. 14 ff. mwN).

9

2. Eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 [X.], der als Ausnahme vom grundsätzlichen [X.]nwohnsitzprinzip in Art. 2 [X.] einen Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung zulässt, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben.

a) Nach Art. 5 Nr. 3 [X.] kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.

aa) Danach ist eine internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte begründet, wenn der Kläger die erforderlichen Tatsachen für eine im Inland begangene unerlaubte oder dieser gleichgestellten Handlung des [X.]n im Sinne der autonom auszulegenden Vorschrift des Art. 5 Nr. 3 [X.] schlüssig behauptet (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 - [X.] 347/12, [X.] 2015, 423 Rn. 18 mwN).

bb) Für die Auslegung des Übereinkommens gelten im Wesentlichen dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ([X.]). Nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] (zukünftig: Gerichtshof) beruht die besondere Zuständigkeit am Ort der unerlaubten Handlung darauf, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der [X.] seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt. Dabei ist der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 [X.] und im gleichlautenden Art. 5 Nr. 3 [X.] so zu verstehen, dass er sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) als auch den Ort der Verwirklichung des [X.]adenserfolgs (Erfolgsort) meint. Beide Orte können unter dem Aspekt der gerichtlichen Zuständigkeit eine signifikante Verknüpfung begründen, da jeder von beiden je nach Lage des Falles für die Beweiserhebung und für die Gestaltung des Prozesses einen besonders sachgerechten Anhaltspunkt liefern kann (vgl. zum Vorstehenden: [X.], Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 - [X.] 347/12, [X.] 2015, 423 Rn. 28 mwN).

b) Im Streitfall hat das Berufungsgericht einen inländischen Ort der Verwirklichung des [X.]adenserfolgs (Erfolgsort) einer behaupteten unerlaubten Handlung des [X.]n mit Recht und von der Revisionserwiderung unangegriffen verneint. Der den Gerichtsstand begründende Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 5 Nr. 3 [X.] kann zwar auch der Ort der Minderung des Kontoguthabens sein (vgl. [X.], Urteile vom 13. Juli 2010 - [X.], aaO Rn. 30, und - [X.], aaO Rn. 32; vom 12. Oktober 2010 - [X.], aaO Rn. 32; vom 15. November 2011 - [X.], aaO Rn. 32; jeweils mwN; vgl. auch [X.]sbeschluss vom 15. Februar 2011 - [X.] 189/10, juris und Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 - [X.] 347/12, [X.] 2015, 423 Rn. 33). Dieser lag hier jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in [X.], denn die Anlagesumme wurde vom Kläger und dessen Ehefrau von ihrem dortigen Konto bei der W.-Bank überwiesen.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt aber auch kein Handlungsort im Inland vor.

aa) Handlungsort iSd Art. 5 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 5 Nr. 3 [X.] ist der Ort, an dem die schadensbegründende Handlung vorgenommen wurde bzw. der "Ort des für den [X.]aden ursächlichen Geschehens" ([X.], Urteil vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 1257 Rn. 25 - [X.]).

bb) Der [X.] war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht selbst als Verursacher im Inland tätig, sondern ausschließlich in [X.]. Dort wurden die abschließenden Beratungsgespräche geführt, der Vermögensverwaltungsvertrag geschlossen und ausgeführt.

cc) Soweit das Berufungsgericht das Handeln des Zeugen [X.]. dem [X.]n als dessen "verlängerter Arm" zurechnen will, steht dies in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs ([X.], Urteil vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 1257 Rn. 25 - [X.]).

(1) Danach ist Art. 5 Nr. 3 [X.] dahin auszulegen, dass er es nicht erlaubt, aus dem Ort der Handlung, die einem der mutmaßlichen Verursacher eines [X.]adens - der nicht Partei des Rechtsstreits ist - angelastet wird (hier: Werbetätigkeit des Zeugen [X.]. im Inland), eine gerichtliche Zuständigkeit in Bezug auf einen anderen, nicht im Bezirk des angerufenen Gerichts tätig gewordenen mutmaßlichen Verursacher dieses [X.]adens (hier: der [X.]) herzuleiten.

(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sprechen im vorliegenden Fall nicht nur der Tenor, sondern auch die Erwägungsgründe des Gerichtshofs im Fall [X.] ([X.], Urteil vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 1257) gegen die Annahme eines Handlungsortes in [X.], der sich aus der Zurechnung des Verhaltens des [X.]. ergeben soll.

Der Gerichtshof hebt in den Gründen (Rn. 23) zunächst hervor, dass Kapitel II Abschnitt 2 der Verordnung Nr. 44/2001 nur als Ausnahme von dem in ihrem Art. 2 Abs. 1 aufgestellten tragenden Grundsatz, der die Zuständigkeit den Gerichten des Mitgliedstaats zuweist, in dessen Hoheitsgebiet der [X.] seinen Wohnsitz hat, eine Reihe besonderer Zuständigkeiten vorsieht, darunter die nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung. Da die Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besondere Zuständigkeitsregel darstellt, ist sie eng auszulegen und erlaubt keine Auslegung, die über die ausdrücklich in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Fälle hinausgeht (Rn. 22). Die Zuständigkeitsregel in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 beruht darauf, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (Rn. 26). Bei unerlaubten Handlungen oder Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind, ist das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten in der Lage, den Rechtsstreit zu entscheiden (Rn. 27). Da die Ermittlung eines der Anknüpfungspunkte es somit erlauben muss, die Zuständigkeit des Gerichts zu begründen, das objektiv am besten beurteilen kann, ob die Voraussetzungen für die Haftung des [X.]n vorliegen, muss der relevante Anknüpfungspunkt im Bezirk des angerufenen Gerichts liegen (Rn. 28). Wird nur einer von mehreren mutmaßlichen Verursachern eines geltend gemachten [X.]adens vor einem Gericht verklagt, in dessen Bezirk er nicht tätig geworden ist, fehlt es aber grundsätzlich an dem auf das Handeln des [X.]n gestützten Anknüpfungspunkt (Rn. 30). Unter diesen Umständen müsste das angerufene Gericht, um seine Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 bejahen zu können, ausführen, weshalb das für den [X.]aden ursächliche Geschehen gleichwohl in seinem Bezirk verortet werden sollte. Dies würde aber bereits im [X.] eine Beurteilung erfordern, die der bei der Prüfung der Begründetheit der Klage vorzunehmenden Beurteilung entspräche (Rn. 31). Insbesondere würde sich nämlich die Frage stellen, unter welchen Voraussetzungen es im Fall mehrerer Verursacher zulässig wäre, die Handlungen eines von ihnen den anderen zuzurechnen, um letztere vor dem Gericht verklagen zu können, in dessen Bezirk diese Handlungen stattgefunden haben. Da es jedoch an einem eine solche Zurechnung ermöglichenden gemeinsamen Konzept in den nationalen Rechtsordnungen und der Rechtsordnung der [X.] fehlt, würde sich das angerufene Gericht wahrscheinlich an seinem nationalen Recht orientieren (Rn. 32). Eine Lösung, die darin bestünde, die Bestimmung des [X.] von Beurteilungskriterien abhängig zu machen, die dem innerstaatlichen materiellen Recht entnommen würden, liefe dem Ziel der Rechtssicherheit zuwider, da das anwendbare Recht dafür maßgebend wäre, ob die Handlung einer Person, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts stattgefunden hat, für die Zwecke der Begründung der Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 als für den [X.]aden [X.] Geschehen eingestuft werden könnte. Diese Lösung würde es dem [X.]n nämlich nicht erlauben, bei verständiger Betrachtung vorherzusehen, vor welchem Gericht er verklagt werden könnte.

(3) Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, in dem ebenfalls mehrere [X.]adensverursacher in Rede stehen und lassen sich nicht mit dem - rechtlich unspezifischen - Argument des Berufungsgerichts übergehen, der Zeuge [X.]. sei als "verlängerter Arm" des [X.]n tätig geworden. Eine solche Lösung, die dazu führen würde, dass unter dem Gesichtspunkt des für den [X.]aden ursächlichen Geschehens gegen den mutmaßlichen Verursacher eines [X.]adens vor einem Gericht eines Mitgliedstaats Klage erhoben werden könnte, in dessen Bezirk er weder tätig geworden noch der Erfolg eingetreten ist, ginge über die von der Verordnung ausdrücklich erfassten Fallgestaltungen hinaus und verstieße damit gegen ihre Systematik und ihre Zielsetzungen (vgl. [X.], Urteil vom 16. Mai 2013 - [X.], [X.], 1257 Rn. 36 - [X.]).

(4) Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem Wortlaut der vorgenannten Entscheidung eindeutig, dass für die Begründung des Gerichtsstands des [X.] einer unerlaubten Handlung iSd Art. 5 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 5 Nr. 3 [X.] erforderlich ist, dass der Verursacher "selbst" und nicht durch einen [X.] als sein "verlängerter Arm" dort tätig geworden sein muss. Denn der Gerichtshof führt aus, dass das Gericht, in dessen Bezirk der mutmaßliche Verursacher "selbst nicht tätig geworden ist", seine Zuständigkeit nicht aus dem Ort des für den [X.]aden ursächlichen Geschehens herleiten kann.

d) Der erkennende [X.] ist nicht gehalten, den Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 A[X.]V um eine Vorabentscheidung zur Auslegung des Art. 5 Nr. 3 [X.] zu ersuchen. Für das Übereinkommen besteht zwar eine Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofs (zweiter Erwägungsgrund der [X.] zum Protokoll 2 nach Art. 75 [X.] über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den Ständigen Ausschuss; vgl. auch [X.]surteile vom 20. Dezember 2011 - [X.] 14/11, [X.], 852 Rn. 28 mwN; vom 23. Oktober 2012 - [X.] 260/11, [X.]Z 195, 166 Rn. 22). Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt aber, wenn die betreffende gemeinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. [X.], Urteile vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 13 ff. - C.I.L.F.I.T/[X.] und vom 15. September 2005 - [X.]/03, [X.]. 2005, [X.] Rn. 33 und ständig; [X.], Urteile vom 20. Dezember 2011 - [X.] 14/11, aaO mwN; vom 23. Oktober 2012 - [X.] 260/11, aaO; vom 25. Februar 2014 - [X.] 144/13, [X.], 593 Rn. 23; [X.], Beschluss vom 22. März 2010 - [X.] 16/09, [X.]Z 185, 30 Rn. 33). Dies ist hier - wie bereits dargelegt - der Fall.

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts ist auch nicht deshalb im Ergebnis richtig (vgl. § 561 ZPO), weil sich die internationale Zuständigkeit aus einem anderen besonderen Gerichtsstand ergäbe.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klage gegen den [X.]n als ehemaligem Vorstand einer ausländischen Kapitalgesellschaft nicht auf den [X.] am Wohnsitz des Verbrauchers nach Art. 16 Abs. 1 [X.] gestützt werden kann. Der Kläger stand nur mit der [X.] in vertraglichen Beziehungen, nicht mit dem [X.]n. Der [X.] soll nach dem Klägervortrag für sein Verhalten als Organ einer Kapitalgesellschaft haften und nicht aus einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung, weswegen kein Fall vergleichbar der [X.]sentscheidung vom 5. Oktober 2010 ([X.] 159/09, [X.]Z 187, 156) vorliegt. Für die Fallkonstellation der Haftung des [X.] im vertraglichen Gerichtsstand des [X.] nach Art. 5 Abs. 1 [X.], der mit Art. 5 Abs. 1 [X.] gleichlautend ist, hat der [X.] dies mit seinen beiden Urteilen vom 24. Juni 2014 ([X.] 347/12, [X.] 2015, 423 und - [X.] 315/13, [X.], 1614 Rn. 28; vgl. auch [X.], Urteil vom 18. Juli 2013 - [X.]/12, [X.], 1932 Rn. 41 "[X.]" zur [X.]) klargestellt.

2. Soweit der Kläger hilfsweise einen Anspruch wegen fehlerhafter Durchführung der Vermögensverwaltung geltend macht, hat das Berufungsgericht einen Gerichtsstand in [X.] ebenfalls mit Recht verneint. Für eine solche unerlaubte Handlung lägen sowohl der Handlungs- als auch der Erfüllungsort in [X.], wo die Vermögensverwaltung stattfand.

IV.

Da es mithin an der internationalen Zuständigkeit der [X.] Gerichte fehlt, war auf die Revision hin das angegriffene Urteil aufzuheben und die Berufung des [X.] zurückzuweisen. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Galke      

        

Wellner      

        

von [X.]

        

Oehler      

        

[X.]      

        

Meta

VI ZR 618/15

18.10.2016

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 26. Oktober 2015, Az: 5 U 46/15, Urteil

Art 5 Nr 3 VollstrZustÜbk 2007, Art 5 Nr 3 EGV 44/2001, § 823 Abs 2 BGB, § 32 KredWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2016, Az. VI ZR 618/15 (REWIS RS 2016, 3841)

Papier­fundstellen: WM2017,323 REWIS RS 2016, 3841


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VI ZR 618/15

Bundesgerichtshof, VI ZR 618/15, 18.10.2016.


Az. 5 U 46/15

Oberlandesgericht Hamm, 5 U 46/15, 22.09.2015.


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