Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2016, Az. VI ZR 618/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3824

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:181016UVIZR618.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

18. Oktober 2016

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]-Übk II Art. 5 Nr. 3; Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 3

Zu den Voraussetzungen des Gerichtsstands des [X.] einer
unerlaubten Handlung iSd Art. 5 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 5 Nr. 3 [X.].

[X.], Urteil vom 18. Oktober 2016 -
VI [X.] -
OLG [X.]

[X.]

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2016 durch den
Vorsitzenden [X.], [X.] und
die Richterinnen
von Pentz,
[X.] und Dr. Roloff
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 26. Oktober 2015 aufgeho-ben.
Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 18. Februar 2015 wird [X.].
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der
in [X.]
wohnhafte
Kläger nimmt den in der [X.] wohn-haften Beklagten auf [X.]adenersatz wegen unerlaubter Erbringung von Fi-nanzdienstleistungen im Inland,
hilfsweise wegen fehlerhafter Vermögensver-waltung in Anspruch.
Der Beklagte war seit Anfang 2004 [X.] und Vorstand der [X.] liquidierten [X.] AG
mit Sitz in [X.], [X.]. Die [X.] AG unterhielt eine Zweigniederlassung
in der [X.]. Bis zum 26. September 2007 hatte die 1
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[X.] AG in [X.] kein Büro und keine festen Angestellten. Eine von der [X.] (im Folgenden: [X.])
erteilte Erlaubnis als grenzüberschreitender Dienstleister nach §
53b KWG war der [X.]
AG bis zum September 2009
nicht erteilt worden.
Der Zeuge [X.]., der
dem
Kläger als Nachbar
und Versicherungsmakler bekannt war, schlug
dem Kläger in mehreren Gesprächen
an dessen
Wohnsitz vor, einen Vermögensverwaltungsvertrag mit der [X.] AG abzuschließen. Dabei bediente er sich eines "[X.]"
der [X.] AG, welches
die Kontaktdaten des Unternehmens in [X.] sowie [X.] enthielt. Der [X.] [X.]. handelte auf der Grundlage eines
Provisionsvertrages mit der [X.] AG mit dem Ziel, dieser den
Kundenstamm aus seiner bisherigen Tätigkeit
als Ver-sicherungsmakler zuzuführen.
Am 22. Mai 2007 begaben sich der Kläger und seine Ehefrau in [X.]. in die [X.] und schlossen dort einen Vertrag mit der [X.] AG über eine "aktive Vermögensverwaltung"
mit einer Anlagesumme von 230.000 Euro. Im Juni und September 2007 überwiesen der Kläger und seine
Ehefrau
einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 250.039,05 Euro von ihrem Konto bei der [X.] in der [X.] auf ein Konto bei der [X.], das der Beklagte auf den Namen des [X.] und seiner Ehefrau angelegt [X.]. In der Folge kam es im Rahmen der Vermögensverwaltung der [X.] AG zu Verlusten bei dem eingebrachten Kapital.
Der Kläger nimmt den Beklagten
aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG
auf [X.]adensersatz in Höhe des eingesetzten Kapitals Zug um Zug gegen Rückübereignung der im Rahmen der Vermögensverwaltung erworbenen Ak-tien und Zertifikate in Anspruch. Das [X.] hat die Klage mangels
inter-nationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat 3
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die internationale Zuständigkeit bejaht, die landgerichtliche Entscheidung
auf-gehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Re-vision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1782 [X.] ist,
hat die internationale Zuständigkeit [X.] Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Aner-kennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen, geschlossen in [X.] am 30. Oktober 2007
(ABl. [X.] L 339 S. 3, im [X.] Übereinkommen oder [X.]) für gegeben erachtet. Zwar bestehe
kein Erfolgsort in
[X.], weil der Erfolg
in Form eines ersten [X.] durch eine Überweisung von einem Konto
in der [X.] eingetreten
sei. Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte sei aber deshalb zu bejahen, weil an einen Handlungsort im Inland angeknüpft werden könne. Tatsächlicher Anknüpfungspunkt sei das Handeln des Zeugen [X.]. Dieser ha-be als "verlängerter Arm"
des Beklagten agiert, denn er habe den Kläger mit Wissen und Wollen des Beklagten als Kunden geworben.
Der Zeuge [X.]. sei auf der Grundlage eines Provisionsvertrages mit dem Ziel tätig geworden, der [X.] AG seinen überwiegend in [X.] lebenden Kundenstamm aus seiner bisherigen Tätigkeit als Versicherungsmakler zuzuführen und die in Betracht kommenden Kunden zum Abschluss eines [X.] mit der [X.] AG zu bewegen.
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II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die
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auch im [X.] wegen zu prüfende (vgl. etwa [X.]surteil vom 7. Juli 2015
-
VI [X.], [X.], 1385 Rn. 13 und [X.], Urteil vom 9. Juni 2016
-
IX [X.], [X.], 1168 Rn. 32 jeweils mwN) -
internationale Zustän-digkeit [X.] Gerichte nicht gegeben.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall die internationale Zuständigkeit nach dem
vorbezeichneten Überein-kommen
zu bestimmen
ist, dessen
verwendete Begriffe grundsätzlich autonom auszulegen sind
(vgl. etwa [X.],
Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 -
VI [X.], [X.] 2015, 423 Rn. 14 ff.
mwN).
2. Eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 [X.]
II, der als Ausnahme vom grundsätzlichen Beklagtenwohnsitzprinzip in Art. 2 [X.]
II
einen Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung zulässt, ist entgegen der Ansicht des [X.] nicht gegeben.
a) Nach Art. 5 Nr. 3 [X.]
II
kann eine Person, die ihren Wohnsitz im
Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat
verklagt werden,
wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer [X.] Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.
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aa) Danach ist eine internationale Zuständigkeit [X.]
Gerichte be-gründet, wenn der Kläger die erforderlichen Tatsachen für eine im Inland be-gangene unerlaubte oder dieser gleichgestellten Handlung des Beklagten im Sinne der autonom auszulegenden Vorschrift des Art. 5 Nr. 3 [X.]
schlüssig behauptet (vgl. [X.],
Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 -
VI [X.], [X.] 2015, 423 Rn. 18 mwN).
[X.]) Für die Auslegung des
Übereinkommens
gelten im Wesentlichen dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zustän-digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen ([X.]). Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] der [X.] (zukünftig: Gerichtshof) beruht die besonde-re Zuständigkeit am Ort der unerlaubten Handlung darauf, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme eine [X.] dieser Gerichte rechtfertigt. Dabei ist der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 [X.] und im gleichlau-tenden
Art. 5 Nr. 3 [X.] so zu verstehen, dass er sowohl den Ort des [X.] (Handlungsort) als auch den Ort der Verwirklichung des [X.]adenserfolgs (Erfolgsort) meint. Beide Orte können unter dem Aspekt der gerichtlichen Zuständigkeit eine signifikante Verknüpfung begründen, da jeder
von beiden je nach Lage des Falles für die Beweiserhebung und für die Gestal-tung des Prozesses einen besonders sachgerechten Anhaltspunkt liefern kann (vgl. zum Vorstehenden: [X.], Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 -
VI
[X.], [X.] 2015, 423 Rn. 28
mwN).
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b) Im Streitfall
hat das Berufungsgericht einen inländischen Ort der Ver-wirklichung des [X.]adenserfolgs (Erfolgsort) einer behaupteten unerlaubten Handlung des Beklagten
mit Recht
und von der Revisionserwiderung [X.] verneint.
Der den Gerichtsstand begründende Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 [X.] bzw.
Art. 5 Nr.
3
[X.]
II
kann zwar auch der Ort der Min-derung des [X.] sein (vgl. [X.], Urteile vom 13. Juli 2010 -
XI [X.], aaO Rn. 30, und -
XI ZR 28/09, aaO Rn. 32; vom 12. Oktober 2010
-
XI
ZR 394/08, aaO Rn. 32; vom 15. November 2011 -
XI ZR 54/09, aaO Rn.
32; jeweils mwN; vgl. auch [X.]sbeschluss vom 15. Februar 2011 -
VI [X.], juris und Versäumnisurteil vom 24. Juni 2014 -
VI [X.], [X.] 2015, 423 Rn. 33). Dieser lag hier jedoch nach den Feststellungen des [X.]
in der [X.], denn die
Anlagesumme wurde vom Kläger und dessen Ehefrau von ihrem
dortigen
Konto bei der [X.]
überwiesen.
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
liegt aber
auch kein Handlungsort im Inland vor.
aa) Handlungsort iSd Art. 5 Nr. 3
[X.] bzw. Art. 5 Nr. 3 [X.] ist der Ort, an dem die schadensbegründende Handlung vorgenommen wurde bzw. der "Ort des für den [X.]aden ursächlichen Geschehens"
([X.], Urteil vom
16. Mai 2013 -
C 228/11, [X.], 1257 Rn. 25 -
Melzer).
[X.]) Der Beklagte war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht selbst als Verursacher im Inland tätig, sondern ausschließlich in der [X.]. Dort wurden die abschließenden Beratungsgespräche geführt, der Vermögensverwaltungsvertrag geschlossen und ausgeführt.
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cc) Soweit das Berufungsgericht das Handeln des Zeugen [X.]. dem
Beklagten als dessen "verlängerter Arm"
zurechnen will, steht dies in [X.] zur Rechtsprechung des Gerichtshofs ([X.], Urteil vom 16. Mai 2013
-
C
228/11, [X.], 1257 Rn. 25 -
Melzer).
(1) Danach ist Art. 5 Nr. 3 [X.] dahin auszulegen, dass er es nicht erlaubt, aus dem Ort der Handlung, die einem der mutmaßlichen Verursacher eines [X.]adens -
der nicht Partei des Rechtsstreits ist -
angelastet wird
(hier: Werbetätigkeit des Zeugen [X.]. im Inland), eine gerichtliche Zuständigkeit in Bezug auf einen anderen, nicht im Bezirk des angerufenen Gerichts tätig ge-wordenen mutmaßlichen Verursacher dieses [X.]adens (hier: der Beklagte) herzuleiten.
(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sprechen
im vorlie-genden Fall nicht nur der Tenor, sondern auch
die Erwägungsgründe des [X.]
im Fall Melzer
([X.], Urteil vom 16. Mai 2013 -
C 228/11, [X.], 1257) gegen die Annahme eines Handlungsortes in [X.], der sich aus der Zurechnung des Verhaltens des [X.].
ergeben soll.
Der Gerichtshof hebt in den Gründen
(Rn. 23) zunächst hervor, dass [X.] Abschnitt 2 der Verordnung Nr. 44/2001 nur als Ausnahme von dem in ihrem Art. 2 Abs. 1 aufgestellten tragenden Grundsatz, der die Zuständigkeit den Gerichten des Mitgliedstaats zuweist, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine Reihe besonderer Zuständigkeiten vorsieht, darunter die nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung. Da die Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besondere Zuständigkeitsregel darstellt, ist sie eng auszulegen und erlaubt keine Auslegung, die über die ausdrücklich in der Verordnung Nr. 44/2001 vor-gesehenen Fälle hinausgeht (Rn. 22).
Die Zuständigkeitsregel in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 beruht
darauf, dass zwischen der Streitigkeit und den 17
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Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des [X.] eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt
(Rn. 26).
Bei unerlaubten Handlungen oder Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sind, ist das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten in der Lage, den Rechtsstreit zu entscheiden (Rn. 27).
Da die Ermittlung eines der Anknüp-fungspunkte es somit erlauben muss, die Zuständigkeit des Gerichts zu be-gründen, das objektiv am besten beurteilen kann, ob die Voraussetzungen für die Haftung des Beklagten vorliegen, muss der relevante Anknüpfungspunkt im Bezirk des angerufenen Gerichts liegen (Rn. 28). Wird nur einer von mehreren mutmaßlichen Verursachern eines geltend gemachten [X.]adens vor einem Gericht verklagt, in dessen Bezirk er nicht tätig geworden ist, fehlt es aber grundsätzlich an dem auf das Handeln des Beklagten gestützten [X.] (Rn. 30).
Unter diesen Umständen müsste das angerufene Gericht, um seine Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr.
44/2001 bejahen zu können, ausführen, weshalb das für den [X.]aden ursächliche Geschehen gleichwohl in seinem Bezirk verortet werden sollte. Dies würde aber bereits im [X.] eine Beurteilung erfordern, die der bei der Prüfung der Begründetheit der Klage vorzunehmenden Beurteilung entspräche
(Rn. 31).
Insbesondere würde sich nämlich die Frage stellen, unter welchen Voraussetzungen es im Fall mehrerer Verursacher zulässig wäre, die Handlun-gen eines von ihnen den anderen zuzurechnen, um letztere vor dem Gericht verklagen zu können, in dessen Bezirk diese Handlungen stattgefunden haben. Da es jedoch an einem eine solche Zurechnung ermöglichenden gemeinsamen Konzept in den nationalen Rechtsordnungen und der Rechtsordnung der Euro--

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päischen Union fehlt, würde sich das angerufene Gericht wahrscheinlich an seinem nationalen Recht orientieren
(Rn. 32).
Eine Lösung, die darin bestünde, die Bestimmung des [X.] von Beurteilungskriterien abhängig zu machen, die dem innerstaatlichen materiellen Recht entnommen würden, liefe dem Ziel der Rechtssicherheit zuwider, da das anwendbare Recht dafür maß-gebend wäre, ob die Handlung einer Person, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts stattgefunden hat, für die Zwecke der [X.] nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 als für den [X.]aden [X.] Geschehen eingestuft werden könnte. Diese Lö-sung würde es dem Beklagten nämlich nicht erlauben, bei verständiger Be-trachtung vorherzusehen, vor
welchem Gericht er verklagt werden könnte.
(3) Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall, in dem ebenfalls mehrere [X.]adensverursacher in Rede stehen und lassen sich nicht mit dem
-
rechtlich unspezifischen -
Argument des Berufungsgerichts übergehen, der Zeuge [X.]. sei als "verlängerter Arm"
des Beklagten tätig geworden.
Eine sol-che Lösung, die dazu führen würde, dass unter dem Gesichtspunkt des für den [X.]aden ursächlichen Geschehens gegen den mutmaßlichen Verursacher ei-nes [X.]adens vor einem Gericht eines Mitgliedstaats Klage erhoben werden könnte, in dessen Bezirk er weder
tätig geworden
noch der Erfolg eingetreten
ist, ginge über die von der Verordnung ausdrücklich erfassten Fallgestaltungen hinaus und verstieße damit gegen ihre Systematik und ihre Zielsetzungen
(vgl. [X.], Urteil vom 16. Mai 2013 -
C
228/11, [X.], 1257 Rn. 36 -
Melzer).
(4) Darüber hinaus
ergibt sich auch aus dem Wortlaut der vorgenannten Entscheidung eindeutig, dass für die Begründung des Gerichtsstands des [X.] einer unerlaubten Handlung
iSd Art. 5 Nr. 3 [X.] bzw. Art. 5 Nr.
3 [X.]
erforderlich ist, dass der Verursacher "selbst"
und nicht durch einen Dritten als
sein
"verlängerter
Arm"
dort tätig geworden sein muss. Denn 21
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der Gerichtshof
führt aus, dass das Gericht, in dessen Bezirk der mutmaßliche Verursacher "selbst nicht tätig geworden ist",
seine Zuständigkeit nicht aus dem Ort des für den [X.]aden ursächlichen Geschehens herleiten kann.
d) Der erkennende [X.] ist nicht gehalten, den Gerichtshof gemäß Art.
267 Abs. 1 und 3 A[X.]V um eine Vorabentscheidung zur Auslegung des Art. 5 Nr. 3 [X.] zu ersuchen. Für das Übereinkommen
besteht zwar eine Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofs (zweiter Erwägungsgrund der [X.] zum Protokoll 2 nach Art. 75 [X.] über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den Ständigen Ausschuss; vgl. auch [X.]surteile vom 20. Dezember 2011 -
VI [X.], [X.], 852 Rn. 28 mwN; vom 23. Okto-ber 2012 -
VI [X.], [X.]Z 195, 166 Rn. 22). Die Vorlagepflicht letztin-stanzlicher Gerichte der Mitgliedstaaten entfällt aber, wenn die betreffende ge-meinschaftsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschafts-rechts derart offenkundig ist,
dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (vgl. [X.], Urteile vom 6. Oktober 1982 -
C-283/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 13 ff. -
C.I.L.F.I.T/[X.] und vom 15. September 2005
-
C-495/03, [X.]. 2005, [X.] Rn. 33 und ständig; [X.], Urteile vom 20. [X.] 2011 -
VI
[X.], aaO mwN; vom 23. Oktober 2012 -
VI [X.], aaO; vom 25. Februar 2014 -
VI [X.], [X.], 593 Rn. 23; [X.], [X.] vom 22.
März 2010 -
NotZ 16/09, [X.]Z 185, 30 Rn. 33). Dies ist hier

-
wie bereits dargelegt -
der Fall.

23
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III.
Das Urteil des Berufungsgerichts ist auch nicht deshalb im Ergebnis rich-tig
(vgl. §
561 ZPO), weil sich die internationale Zuständigkeit aus einem ande-ren besonderen Gerichtsstand ergäbe.
1.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass
die Klage gegen den Beklagten als ehemaligem Vorstand einer ausländischen Kapitalgesell-schaft nicht auf den [X.] am Wohnsitz des Verbrauchers nach Art. 16 Abs. 1 [X.] gestützt werden
kann. Der Kläger stand nur mit
der [X.] AG in vertraglichen Beziehungen, nicht mit dem Beklagten. Der Beklagte soll nach dem Klägervortrag für sein Verhalten als Organ einer Kapitalgesellschaft haften und nicht aus einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung, weswegen kein Fall vergleichbar der [X.]sentscheidung vom 5.
Oktober 2010 ([X.], [X.]Z 187, 156)
vorliegt. Für die Fallkonstellation der Haftung des [X.] im vertraglichen Gerichtsstand des [X.] nach Art.
5 Abs.
1 [X.], der mit Art. 5 Abs. 1 [X.] gleichlautend ist, hat der [X.] dies mit seinen beiden Urteilen vom 24. Juni 2014 (VI [X.], [X.] 2015, 423 und -
[X.] 315/13, [X.], 1614 Rn. 28;
vgl. auch [X.], Urteil vom 18.
Juli 2013 -
C-147/12, [X.], 1932 Rn. 41 "[X.]"
zur [X.]) klarge-stellt.
2.
Soweit der Kläger hilfsweise einen Anspruch wegen fehlerhafter Durchführung der Vermögensverwaltung geltend macht, hat das Berufungsge-richt einen Gerichtsstand in [X.] ebenfalls mit Recht
verneint. Für eine solche unerlaubte Handlung lägen sowohl der Handlungs-
als auch der Erfül-lungsort in der [X.], wo die Vermögensverwaltung stattfand.

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13

-

IV.
Da es mithin
an der internationalen Zuständigkeit der [X.] Gerichte fehlt, war auf die Revision hin das angegriffene Urteil aufzuheben und die Beru-fung des [X.] zurückzuweisen.
Der [X.] kann in der Sache selbst [X.], da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei An-wendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Galke
[X.]
von Pentz

Oehler
Roloff

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.02.2015 -
6 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 26.10.2015 -
5 U 46/15 -

27

Meta

VI ZR 618/15

18.10.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2016, Az. VI ZR 618/15 (REWIS RS 2016, 3824)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3824

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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