Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2005, Az. GSZ 1/04

Großer Senat für Zivilsachen | REWIS RS 2005, 2521

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[X.]BESCHLUSS GSZ 1/04

vom 15. Juli 2005 in dem Rechtsstreit

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[X.] für Zivilsachen des [X.] hat durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.], die Vizepräsidentin des [X.] Dr. [X.], die Vorsitzende Richterin [X.], die Vor-sitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und [X.], die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und Prof. Dr. [X.] und [X.], [X.] und Dr. [X.] am 15. Juli 2005 beschlossen:
Die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht kann ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewer-bebetrieb zum Schadensersatz verpflichten.
Gründe: [X.] Zivilsenat hat dem [X.] für Zivilsachen mit Be-schluß vom 12. August 2004 ([X.], [X.], 958 = [X.], 1366) folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt: Kann eine unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichen-recht bei schuldhaftem Handeln als rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB zur Schadensersatzpflicht verpflichten oder kann sich eine Schadensersatzpflicht, falls nicht § 826 BGB eingreift, nur - 3 -

aus dem Recht des unlauteren [X.] (§§ 3, 4 Nrn. 1, 8 und 10, § 9 UWG) ergeben? Dem [X.] liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, die u.a. Sanitärarmaturen mit Zubehör herstellt und ver-treibt, war Inhaberin zweier dreidimensionaler Marken, die beim [X.] jeweils für "[X.]" aufgrund von Anmeldungen aus dem Jahre 1996 eingetragen waren (Klage-marken). Die Beklagte zu 1 (im folgenden: Beklagte) stellt u.a. Strahlregler für Sanitärarmaturen her. Mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 machte die Klägerin gegenüber der [X.] geltend, deren Strahlregler verletzten die Klagemarken, und verlang-te die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die Beklagte wies diese Forderung als unberechtigt zurück und beantragte beim [X.] und Markenamt die Löschung der Klagemarken. Die Klägerin hat [X.] Klage erhoben und beantragt, die [X.] wegen Verletzung der Klage-marken zur Unterlassung und Auskunftserteilung zu verurteilen sowie deren Schadensersatzpflicht festzustellen. Im Laufe des [X.] hat das [X.] die Löschung der Klagemarken ausge-sprochen, weil diesen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Dabei hat es davon abgesehen, der Klägerin die Kosten der [X.] aufzuerlegen. Die Klägerin hat daraufhin die Markenverlet-zungsklage zurückgenommen. Die der [X.] im Löschungsverfahren entstandenen Kosten sind Gegenstand der allein noch anhängigen Widerklage. Die Beklagte meint, die Klägerin sei ihr zum Schadensersatz verpflichtet, weil die Abmahnung vom 13. Oktober 1997 unberechtigt gewesen sei. - 4 -

Das [X.] hat der Widerklage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen ([X.], [X.], 213).

Der [X.] Zivilsenat hat die Verhandlung der vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision ausgesetzt, da er der Vorlagefrage grundsätzliche Bedeutung beimißt und eine Entscheidung des [X.]s zur Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung für erforderlich hält. Zur Begründung der Vorlage hat der [X.] Zivilsenat ausgeführt: Eine [X.], die sich aus der rechtmäßigen Ausübung von Schutzrechten [X.], sei grundsätzlich wettbewerbskonform und dementsprechend von dem betroffenen Mitbewerber hinzunehmen. Ebenso sei die gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus Schutzrechten, auch wenn sich diese (letztlich) als unbegründet erwiesen, grundsätzlich nicht rechtswidrig. Wer ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleite und betreibe, greife bei subjektiver Redlichkeit nicht rechtswidrig in [X.] seines [X.] ein, auch wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt sei und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwüchsen. An der bisherigen Rechtsprechung, die in einer mit einem ernsthaften und endgültigen Unterlassungsbegehren verbundenen unberechtigten Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB sehe, könne nicht mehr festgehalten werden. Die dem Rechtsstreit zugrundeliegende Verwarnung aus einem Kenn-zeichenrecht könne dem [X.] ebenso wie die Verwarnung aus anderen gewerblichen Schutzrechten schwerwiegende Entscheidungen abverlangen. Diese seien typischerweise nicht so einschneidend wie Patent- und Ge-brauchsmusterstreitigkeiten, weil - sofern es sich nicht wie im Streitfall um eine aus der Form der Ware gebildete Marke handele - das Inverkehrbringen der - 5 -

Ware selbst ohne die beanstandete Kennzeichnung möglich bleibe und die dem Verletzer drohende Schadensersatzhaftung entsprechend geringer zu be-messen sei. Die möglichen Folgen einer Verwarnung rechtfertigten es jedoch nicht, das Schadensrisiko dadurch auf den [X.] zu verlagern, daß dem [X.] bei [X.] der Verwarnung - auch im Fall bloßer Fahrlässigkeit - ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zugestan-den werde. Der Verwarnende besitze im allgemeinen bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage keinen entscheidenden Informationsvorsprung gegen-über dem [X.]. Die Beurteilung der [X.] könne zwar schwierig sein; dies gelte dann aber für beide Seiten in gleicher Weise. Der [X.] hat sich demgegenüber dafür ausgesprochen, an der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung festzuhalten, nach der die unbe-rechtigte Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Betroffenen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, die den [X.] zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm ein [X.] zur Last fällt. Insbesondere im Hinblick auf die Abnehmerverwarnung sei diese Haftung unerläßlich, um zu verhindern, daß die gesetzlichen Grenzen des Schutzes von Patenten und anderen Schutzrechten von deren Inhaber vor-sätzlich oder fahrlässig zu Lasten des freien [X.] ausgedehnt würden und der Schutzrechtsinhaber hieraus nahezu risikolosen Gewinn ziehen könne, ohne für den hierdurch anderen zugefügten, nicht selten erheblichen Schaden einstehen zu müssen, wenn sich die Verwarnung als unberechtigt erweist. Ent-gegen der Auffassung des [X.] kollidiere diese Rechtsprechung weder mit dem Grundsatz, daß derjenige, der ein gerichtliches Verfahren gegen einen anderen einleite, bei subjektiver Redlichkeit nicht rechtswidrig in [X.] seines [X.] eingreife, noch widerspreche sie - wenn [X.] werde, daß es nicht zulässig sei, die gerichtliche Inanspruchnahme ei-- 6 -

nes vermeintlichen Verletzers zu unterbinden - dem Recht eines jeden ver-meintlich Berechtigten, um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. - 7 -

[X.] Die Vorlage ist nach § 132 Abs. 4 [X.] zulässig. [X.] versteht sie dahin, daß sie die haftungsrechtlichen Folgen einer unbe-rechtigten Verwarnung aus [X.] betrifft. Damit ist die vom [X.] Zivilsenat aufgeworfene Rechtsfrage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung und erfordert eine Entscheidung des [X.]s zur Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung auf dem Gebiet des [X.]. In der Sache ist die Vorlagefrage im Sinne ihrer ersten Alternative zu beantworten. Die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht kann ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum [X.] verpflichten. I[X.] Es entspricht ständiger, auf das [X.] zurückgehender Rechtsprechung des [X.], daß die unberechtigte Schutzrechts-verwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB ge-schützte Rechtsposition sowohl des [X.] als auch desjenigen Gewerbe-treibenden darstellen kann, dessen Kundenbeziehungen durch die unberech-tigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem ver-warnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden. Das [X.] hat diese Rechtsprechung mit [X.]eil vom 27. Februar 1904 ([X.], 24 - [X.]) in einem die Verwarnung aus einem Ge-brauchsmuster betreffenden Streitfall insbesondere damit begründet, daß das Gesetz den Gewerbetreibenden in Gestalt des Patent- und Musterschutzes wertvolle Ausschließungsrechte zur Verfügung stelle, vermöge deren sie die Erzeugnisse ihrer Erfindungstätigkeit vor der Benutzung durch den Wettbewerb sichern und ihrem eigenen Vorteil vorbehalten könnten. Es sei nur ein Korrelat zu dieser bevorzugten Stellung, daß sie auch für den Bestand der zur [X.] 8 -

schränkung des an sich freien Gewerbebetriebs ihrer Gegner geltend gemach-ten Rechte einzustehen hätten und nicht nur die Vorteile genössen, sondern auch die Gefahren tragen müßten, welche mit der Behauptung solcher aus-schließlichen Patent- und Musterrechte verbunden seien. Seit Beginn der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur unberechtigten [X.] wird damit auf den entscheidenden Gesichtspunkt hingewiesen, dem nach wie vor Rechnung zu tragen ist: Das dem Schutzrechtsinhaber verliehene Ausschließlichkeitsrecht schließt jeden Wettbewerber von der Benutzung des nach Maßgabe der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften definierten [X.] aus. Diese einschneidende, die Freiheit des [X.] begren-zende Wirkung des Ausschließlichkeitsrechts verlangt nach einem Korrelat, welches sicherstellt, daß der Wettbewerb nicht über die objektiven Grenzen hinaus eingeschränkt wird, durch die das Gesetz den für schutzfähig erachte-ten Gegenstand und seinen Schutzbereich bestimmt. Dieser notwendige Ausgleich zwischen dem durch Art. 14 GG verfas-sungsrechtlich geschützten Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, und dem gleichfalls jedenfalls als Ausfluß der [X.] Handlungsfreiheit durch das Grundgesetz geschützten Interesse des [X.], sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können, wäre nicht mehr wirksam ge-währleistet, wenn es dem Schutzrechtsinhaber gestattet wäre, aus einem Schutzrecht Schutz in einem Umfang zu beanspruchen, der ihm nicht zusteht, und wenn er den wirtschaftlichen Nutzen aus einer schuldhaften Verkennung des Umfangs des ihm zustehenden Schutzes ziehen dürfte, ohne für einen hierdurch verursachten Schaden seiner Mitbewerber einstehen zu müssen (vgl. zu letzterem [X.], 200, 204 - [X.]; [X.], 29, 33 - [X.]). - 9 -

Das wird besonders deutlich bei einer Verwarnung von Abnehmern. Bei dieser macht der Schutzrechtsinhaber sein vermeintlich verletztes Recht nicht gegenüber dem unmittelbaren Mitbewerber, sondern - was ihm grundsätzlich freisteht - gegenüber dessen Abnehmern geltend. Das Interesse der Abneh-mer, sich sachlich mit dem Schutzrechtsinhaber auseinanderzusetzen, ist typi-scherweise erheblich geringer als das entsprechende Interesse des mit dem Schutzrechtsinhaber konkurrierenden Herstellers (s. nur [X.], [X.]. v. 19.1.1979 - I ZR 166/76, [X.] 1979, 332, 336 = WRP 1979, 361 - Brombeerleuchte). Bei dem einzelnen Abnehmer können die Umsätze mit dem vermeintlich verletzenden Erzeugnis nur geringe Bedeutung haben; au-ßerdem steht ihm häufig die Alternative zu Gebote, ohne oder ohne erhebliche Nachteile auf ein entsprechendes Produkt des Schutzrechtsinhabers auszu-weichen. [X.] getroffen wird in dieser Situation nicht der verwarnte Abnehmer, sondern der ihn beliefernde Hersteller. Ohne das von der Recht-sprechung entwickelte Institut der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung [X.] sich keine wirksame Handhabe, um einem möglicherweise existenzge-fährdenden Eingriff in seine Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Gel-tendmachung von [X.] gegenüber seinen Abnehmern entgegenzutreten. Wäre die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung für den [X.] ohne Haftungsrisiko, bliebe dem Mitbewerber nur die Klage auf Feststellung, daß dem aus dem Schutzrecht [X.] die vermeintlichen Ansprüche nicht zustehen. Schon wegen der bis zum rechtskräftigen Abschluß eines solchen Verfahrens verstreichenden Zeit wäre hierdurch jedoch in aller Regel kein wirksamer Rechtsschutz zu erreichen. Abgesehen davon, daß insbesondere auf sich schnell verändernden Märkten mit bei Abschluß des Rechtsstreits stark veränderten Marktverhältnis-sen gerechnet werden müßte, wäre es regelmäßig nicht oder nur schwer mög-lich, die einmal beendeten Kundenbeziehungen wieder aufzunehmen. Hinzu - 10 -

käme, daß der [X.] für den durch die verlorenen [X.] ent-standenen Schaden nicht zu haften brauchte, der Schaden somit bei dem [X.] verbliebe, während der [X.] in jedem Fall den zusätzlichen Gewinn behalten dürfte, den er dadurch erlangt hat, daß sich die Abnehmer seines Mitbewerbers der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung gebeugt ha-ben (vgl. [X.], 200, 204 - [X.]; [X.], 29, 33 - [X.]; [X.]Z 111, 349, 358). Das wird den betroffenen [X.] vielfach von der negativen Feststellungsklage abhalten, während der aus der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung gezogene Gewinn des [X.] allenfalls durch die Verpflichtung geschmälert würde, die Kosten einer solchen negativen Feststellungsklage zu tragen. Im wirtschaftlichen Ergebnis liefe das darauf hinaus, einem Schutzrechtsinhaber zu gestatten, zu Lasten des freien [X.] nahezu risikolos den Schutzbereich seines [X.] nach eigenem Gutdünken zu bestimmen. Das wäre mit dem schon vom [X.] für notwendig erkannten angemessenen Interessenausgleich unvereinbar und ginge weit über dasjenige hinaus, was der wirksame Schutz der gewerblichen Schutzrechte gebietet. [X.] 1. Die Rechtsprechung des [X.] hat sich mehrfach mit der grundsätzlichen Kritik an der Haftung für die unberechtigte [X.]verwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB auseinandergesetzt und stets daran festgehalten, daß die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung untersagt ist und der schuldhafte Verstoß gegen dieses Verbot zum Schadensersatz verpflichtet ([X.]Z 2, 287, 293 - Mülltonnen; [X.], 200, 204 ff. - [X.]; [X.], 29, 31 ff. - [X.]; [X.], [X.]. [X.], [X.] 1976, 715, 716 f. - Spritzgießmaschine; [X.]. v. 19.1.1979 - I ZR 166/76, [X.] 1979, 332, 333 f. = WRP 1979, 361 - Brombeerleuchte; [X.]. v. 23.2.1995 - I ZR 15/93, [X.] 1995, 424, 425 = [X.], 489 - [X.]; [X.]. v. 30.11.1995 - [X.], [X.] 1996, 812, 813 = - 11 -

[X.], 207 [insoweit nicht in [X.]Z 131, 233]; [X.]. v. 17.4.1997 - [X.], [X.] 1997, 741, 742 = WRP 1997, 957 - Chinaherde; [X.]. v. 13.4.2000 - I ZR 220/97, [X.] 2001, 54, 55 = [X.], 1296 - [X.]/ Subwear). 2. Die im Beschluß des vorlegenden [X.] vom 12. August 2004 angeführten Gründe geben keine Veranlassung, von dieser Rechtspre-chung abzuweichen. a) Daß eine Behinderung, die sich aus der rechtmäßigen Ausübung von Schutzrechten ergibt, grundsätzlich wettbewerbskonform und dementspre-chend von den betroffenen Mitbewerbern hinzunehmen ist, ist richtig ([X.], [X.]. v. 10.10.1991 - I ZR 147/89, [X.] 1993, 34, 37 = [X.], 160 - Bedienungsanweisung; [X.] [X.] 1995, 424, 425 - Abnehmerverwarnung). Daraus ergibt sich jedoch nichts dafür, daß auch eine Behinderung hinzuneh-men wäre, die sich aus einer Überschreitung der dem Schutz gewerblicher Schutzrechte gesetzten Grenzen ergibt. b) Zutreffend ist, daß bei subjektiver Redlichkeit nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut seines [X.] eingreift, wer ein staatli-ches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder be-treibt, auch wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem ande-ren Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen. Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet der ein solches Verfahren betreibende Schutzrechtsinhaber wie jeder andere Kläger oder Antragsteller außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Handlung, da der Schutz des [X.] regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet wird. Wo dies allerdings nicht der Fall ist, muß es beim uneingeschränkten [X.] -

schutz verbleiben, den § 823 Abs. 1 und § 826 BGB gewähren (vgl. [X.], [X.]. v. 18.10.1994 - [X.], NJW 1995, 397; s.a. [X.]Z 74, 9, 16; [X.]Z 118, 201, 206; [X.]Z 154, 269, 271 f.; [X.], [X.]. v. 11.11.2003 - VI ZR 371/02, NJW 2004, 446, 447). Bei diesem Ansatz ergibt sich aus der in der Rechtsprechung des [X.] anerkannten Rechtfertigungswirkung des gerichtlichen Verfah-rens gegenüber dem [X.] nichts für einen grundsätzlichen [X.] der Haftung für eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, namentlich nicht für denjenigen Fall, in dem der rechtswidrige Eingriff in das Recht am ein-gerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dadurch begangen wird, daß [X.] des Gewerbetreibenden unberechtigt in Anspruch genommen werden und der geschädigte Gewerbetreibende seine Rechte folglich weder in einem gerichtlichen Verfahren wahrnehmen kann noch in irgendeiner Form an einem solchen Verfahren beteiligt ist. Daß der Geschädigte dem Rechtsstreit gegen seinen Abnehmer gegebenenfalls als Streithelfer beitreten könnte, ändert [X.] grundsätzlich nichts. Abgesehen davon, daß eine solche förmliche Beteili-gung an dem Rechtsstreit nicht zwingend ist, ist sie zur Wahrung der Rechte des Geschädigten ungeeignet, wenn der Abnehmer - und gerade dann stellt sich typischerweise die Frage nach einer Schadensersatzhaftung - den Streit nicht vor Gericht austragen will. Denn zu den Erklärungen und Handlungen der [X.] kann sich der Streithelfer nicht wirksam in Widerspruch setzen (§ 67 ZPO). Allerdings geht der vorlegende [X.] Zivilsenat zu Recht davon aus, daß dem durch eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung Betroffenen nicht das Recht zuzubilligen ist, die gerichtliche Geltendmachung der vermeintlichen [X.] gegenüber seinen Abnehmern mit einem hiergegen gerichteten [X.] zu verhindern. Denn die gerichtliche Prüfung eines auch nur vermeintlich bestehenden Anspruchs kann nicht unterbunden werden (s. nur - 13 -

[X.], [X.]. v. 22.1.1998 - I ZR 177/95, [X.] 1998, 587, 589 = [X.], 512 - Bilanzanalyse [X.], m.w.N.). Das ist aber, wie schon aus der Anerkennung der Möglichkeit deliktsrechtlicher Schadensersatzansprüche Dritter durch die höchstrichterliche Rechtsprechung folgt, ein rein prozessuales Privileg, das es nur ausschließt, dem aus einem Schutzrecht [X.] den Zugang zu einer gerichtlichen Prüfung seines Anspruchs mittels einer anderen gerichtli-chen Entscheidung zu verwehren, ohne indessen damit den darin liegenden Eingriff in das Recht eines Mitbewerbers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb rechtmäßig zu machen. Es steht deshalb einem [X.]anspruch des Mitbewerbers nicht entgegen. c) Dem vorlegenden [X.] Zivilsenat kann nicht in der Annahme gefolgt werden, daß die Privilegierung der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechts-schutzes auf die außer- oder vorgerichtliche Abmahnung zu erstrecken sei und der Mitbewerber, der den [X.] nicht an einer Klage gegen einen ver-meintlich schutzrechtsverletzend handelnden Abnehmer zu hindern vermöge, ihn ebensowenig daran hindern könne, diesen unberechtigterweise abzumah-nen. Die Gleichbehandlung von Klage und Abmahnung ist nicht logisch zwin-gend vorgegeben; die der gefestigten Rechtsprechung zur unberechtigten [X.] aus [X.] zugrundeliegenden Sachgründe sprechen viel-mehr gegen eine Privilegierung der Verwarnung, wie sie der Klage zugestan-den wird. Die Abmahnung ist weder für die Klage noch für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung Prozeßvoraussetzung. Sie erlaubt es dem [X.] lediglich, das Schutzrecht gegebenenfalls ohne gerichtliche Hilfe durchzusetzen, und bewahrt ihn vor der Kostenlast, wenn sich der [X.] erst im gerichtlichen Verfahren unterwirft. Dieses Interesse des [X.] ist bei einer unberechtigten Verwarnung jedoch nicht schutzwürdig. Legitime Interessen des Schutzrechtsinhabers werden lediglich dann [X.] 14 -

trächtigt, wenn ihm eine rechtmäßige Verwarnung auf Antrag eines [X.] zu Unrecht durch einstweilige Verfügung untersagt wird. Klagt der [X.]inhaber daraufhin gegen einen Abnehmer, ohne diesen zuvor abzumah-nen, stellt jedoch eine hieraus etwa resultierende Kostenlast eine Folge der Vollstreckung der Untersagungsverfügung dar und verpflichtet den [X.] daher nach § 945 ZPO zum Schadensersatz. Der gleichwohl verbleibende, für eine Privilegierung von Klage und Ab-mahnung in gleichem Umfang sprechende Nachteil für den Schutzrechtsinha-ber wiegt gering gegenüber den Gründen, die gegen eine Privilegierung der Abmahnung sprechen. Stünde die Abmahnung der Klage gleich, bliebe eine fahrlässige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung praktisch folgenlos. Das Bedürfnis nach einer Sanktion ist jedoch in Fällen der Verwarnung ungleich größer als in [X.]. Die außergerichtliche Abmahnung auch einer [X.] bedeutet nur einen relativ geringen Aufwand und ist [X.] in der Praxis häufig anzutreffen. Demgegenüber entschließt sich der Schutzrechtsinhaber erfahrungsgemäß nicht leicht zu einem gerichtlichen [X.] gegen einen Abnehmer und noch schwerer dazu, gleichzeitig eine [X.] eines Mitbewerbers gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Ein solches Vorgehen ist mit beträchtlichem finanziellen, zeitlichen und organi-satorischen Aufwand und Risiko verbunden, zumal gegebenenfalls eine Mehr-zahl von Gerichten angerufen werden muß und im [X.] die Kosten jedes Gegners zu erstatten sind. Ein Rechtsstreit kann die Geschäftsbeziehung zu den Abnehmern, die der Schutzrechtsinhaber vielfach als Kunden gewinnen will, sehr viel nachhaltiger stören als eine Abmahnung; zudem erhöht es aus Sicht des [X.] die Gefahr, daß die Abnehmer sich zu Widerstand entschließen. Demgemäß haben die in der Vergangenheit in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des [X.] gegen [X.] ausgesprochenen gerichtlichen Verbote - 15 -

- soweit erkennbar - nicht dazu geführt, daß Abnehmer statt dessen in erhebli-chem Umfang unmittelbar gerichtlich in Anspruch genommen worden sind. Dem Betroffenen den deliktsrechtlichen Schutz zu entziehen, wäre dem im [X.] der Allgemeinheit liegenden Ziel eines angemessenen und praktisch wirksamen Ausgleichs zwischen dem Schutz der geistigen Leistung einerseits und dem Schutz des freien [X.] außerhalb des Schutzbereichs beste-hender Ausschließlichkeitsrechte andererseits in hohem Maße abträglich. d) Einen gegen die Ersatzpflicht des unberechtigt [X.] sprechenden Gesichtspunkt sieht der [X.] Zivilsenat noch darin, daß der [X.] im allgemeinen bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage keinen entscheidenden Informationsvorsprung gegenüber dem [X.] besitze; vielmehr gelte für beide Seiten in gleicher Weise, daß die Beurteilung der [X.] schwierig sein könne. Auch das rechtfertigt indes keine Auf-gabe der gefestigten Rechtsprechung des [X.] (vgl. zur Bedeu-tung einer solchen Rechtfertigung Großer Senat in [X.]Z 85, 65, 66). Allerdings sind die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage verschiedentlich zur Rechtfertigung der Haftung für die unberech-tigte Schutzrechtsverwarnung herangezogen worden ([X.], 200, 205 - [X.]; [X.], [X.]. v. 19.1.1979 - I ZR 166/76, [X.] 1979, 332, 333 f. = WRP 1979, 361 - Brombeerleuchte; [X.]. v. 17.4.1997 - [X.], [X.] 1997, 741, 742 = WRP 1997, 957 - Chinaherde). Zum Teil ist die recht-liche Behandlung der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auch weiter [X.] begründet worden, daß der Verwarnende sich auf ein ihm zustehendes Schutzrecht berufe, über dessen Rechtsbestand und Tragweite er regelmäßig selbst weit besser als der [X.] unterrichtet sei (z.B. [X.], [X.]. v. 8.2.1963 - [X.], [X.], 97, 99 - [X.]). Die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind jedoch letztlich nur der Grund dafür, warum die Grenzen des Schutzbereichs eines Rechts im Einzelfall typi-- 16 -

scherweise nicht evident sind. Gerade deswegen besteht die Gefahr, daß es dem Schutzrechtsinhaber gelingt, seine unberechtigten Schutzbereichsvorstel-lungen durchzusetzen. Die Erwägungen, eine Unsicherheit über die [X.] bestehe beiderseits, betreffen den - wie dargestellt wichtigsten - Fall der [X.] nicht, in dem der verwarnte Abnehmer gar nicht prüfungswillig, der betroffene Lieferant hingegen zur wirksamen Wahrnehmung seiner Rechte nicht in der Lage ist. Selbst im Verhältnis zwischen [X.] und [X.]m ist es im übrigen nicht zwingend, daß die Beurteilung der [X.] für beide Seiten gleich schwierig ist; wo dies im Einzelfall tatsächlich der Fall ist, kann dem, wie schon das [X.] anerkannt hat, flexibel mit dem [X.] des Mitverschuldens Rechnung getragen werden. Dabei wird jedoch zu beachten sein, daß derjenige, der fahrlässig zu Unrecht ein Ausschließlich-keitsrecht geltend macht und damit schuldhaft unberechtigterweise mit den [X.] Rechtsfolgen droht, die das Gesetz zugunsten des Inhabers ei-nes solchen Rechts vorsieht, "näher dran" ist, den daraus resultierenden Scha-den zu tragen als derjenige, der - und sei es gleichfalls fahrlässig - nicht er-kannt hat, daß das Ausschließlichkeitsrecht zu Unrecht geltend gemacht [X.] ist. So wie der Wettbewerber das Risiko tragen muß, daß er fahrlässig den Schutzbereich eines gewerblichen Schutzrechts oder Urheberrechts zu eng bemißt, so ist es umgekehrt angemessen, den aus einem Schutzrecht [X.]n dafür einstehen zu lassen, daß er fahrlässig, insbesondere ohne die von ihm nach Lage des jeweiligen Falles zu erwartende Prüfung der Sach- und Rechtslage, Schutz beansprucht hat, der ihm in dieser Form nicht zustand. Auf - 17 -

diese Weise werden der Schutz der geistigen Leistung einerseits und die Frei-heit des [X.] andererseits, die durch die Grenzen des Schutzbereichs objektiv voneinander abgegrenzt werden, auch hinsichtlich der Mittel ihrer Durchsetzung und der Haftung für die Überschreitung dieser Grenzen ins Gleichgewicht gebracht.

[X.] Deppert Ullmann [X.] Hahne Melullis Fischer [X.] [X.] Schlichting [X.]

Meta

GSZ 1/04

15.07.2005

Bundesgerichtshof Großer Senat für Zivilsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2005, Az. GSZ 1/04 (REWIS RS 2005, 2521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2521

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