Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.06.2011, Az. 8 B 69/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 5504

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zum Kriterium der ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit


Gründe

1

Die [X.] wenden sich unter Berufung auf § 1 Abs. 8 Buchst. a [X.] gegen einen Bescheid des Vermögensamtes des Beklagten, mit welchem die Berechtigung des Beigeladenen hinsichtlich des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens von dessen Rechtsvorgänger, des Prinzen [X.], in [X.] festgestellt wurde. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil [X.] im [X.]punkt der Eigentumsentziehung Ende 1945 von den [X.] Behörden zweifellos als allein [X.] Staatsangehöriger angesehen, das Eigentum also entgegen einem generellen [X.] der [X.] Besatzungsmacht entzogen worden sei, das auch zugunsten [X.] Staatsangehöriger gegolten habe.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hiergegen hat keinen Erfolg. Das angegriffene Urteil weicht weder von der Rechtsprechung des [X.] ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beschwerde bezeichnet auch keine Verfahrensmängel, auf denen das Urteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3

1. Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil des [X.] vom 2. Mai 1996 - BVerwG 7 C 41.95 - (BVerwGE 101, 150 = [X.] 428 § 1 [X.] Nr. 74) liegt nicht vor. Die Beschwerde benennt schon keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das Verwaltungsgericht einem die angebliche Divergenzentscheidung tragenden Rechtssatz zu § 1 Abs. 8 Buchst. a [X.] widersprochen hätte. Der Hinweis der [X.] auf die Begründung der Ablehnung ihres Beweisantrages im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2010 kann keine Abweichung darlegen, weil die Divergenz sich aus dem angegriffenen Urteil selbst ergeben muss (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15). Dem Urteil des [X.] ist kein Rechtssatz zu entnehmen, der den im Urteil des [X.] vom 2. Mai 1996 aufgestellten Rechtssätzen zum Bestehen eines generellen [X.] der [X.] für Vermögenswerte im Eigentum ausländischer Personen widerspräche. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die zitierte Entscheidung Bezug genommen und ist wie diese davon ausgegangen, dass ein generelles Verbot der entschädigungslosen Enteignung von Vermögenswerten galt, die im [X.]punkt der Enteignung im Eigentum ausländischer natürlicher oder juristischer Personen standen (vgl. Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.[X.]). Es hat auch keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass nicht die Staatsangehörigkeit des [X.], sondern allein die damalige - subjektive - Annahme einer Staatsbürgerschaft durch die [X.] maßgeblich sei. Es hat nur die Maßstäbe zur Beurteilung der Staatsangehörigkeit von [X.] während der Besatzungszeit in Übereinstimmung mit der angeblichen Divergenzentscheidung dahin konkretisiert, dass sie jedenfalls keine strengeren (genaueren) sein können als diejenigen, die [X.] Stellen in den Jahren 1933 bis 1945 im Hinblick auf die [X.] Staatsangehörigkeit eines Betroffenen anlegten (Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.[X.]). Der weiteren höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend, hat das Verwaltungsgericht deshalb den Erkenntnisstand der handelnden Behörden im [X.]punkt der Enteignung für maßgeblich gehalten (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 2008 - BVerwG 8 [X.] - juris Rn. 10, insoweit nicht abgedruckt in [X.] 428 § 1 Abs. 8 [X.] Nr. 39).

4

Eine Abweichung von dem Urteil des [X.] vom 24. Mai 2000 - BVerwG 7 C 15.99 - ([X.] 428 § 1 Abs. 8 [X.] Nr. 13) besteht ebenfalls nicht. Dieses Urteil hat die Frage, inwieweit die bloß vermeintliche Verletzung des [X.] Schutzversprechens durch [X.] Stellen die Verantwortung der Besatzungsmacht für die jeweilige Maßnahme entfallen lassen kann, ausdrücklich offen gelassen (a.a.[X.]). Seiner weiteren Erwägung, die Unterbrechung des [X.] setze jedenfalls eine bewusste Missachtung des [X.] und damit die behördliche Annahme einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit des Eigentümers voraus, hat das Verwaltungsgericht nicht widersprochen.

5

2. Die Beschwerde formuliert auch keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme.

6

a) Die Frage:

"Findet das [X.] während der Besatzungszeit 1945 bis 1949 grundsätzlich Anwendung, wenn lediglich feststeht, dass die [X.] von einer ausländischen Staatszugehörigkeit des [X.] ausgingen und eine separate Billigung der Enteignung durch die [X.] nicht gegeben ist?"

wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil sie von anderen tatsächlichen Annahmen ausgeht als die angegriffene Entscheidung. Nach den Tatsachenfeststellungen des [X.], an die der Senat mangels wirksamer Verfahrensrügen (dazu unten 3.) nach § 137 Abs. 2 VwGO auch in einem Revisionsverfahren gebunden wäre, sind die [X.] nicht lediglich - subjektiv - von einer ausländischen Staatsangehörigkeit des [X.] ausgegangen. Vielmehr entsprach diese Annahme auch dem Erkenntnisstand im [X.]punkt der Enteignung. Mit der Erwägung, die für die damaligen Stellen erkennbaren Umstände ließen nur den Schluss auf eine ausschließlich [X.] Staatsangehörigkeit des Rechtsvorgängers des Beigeladenen zu, hat das Verwaltungsgericht sich die entsprechende Beurteilung zu eigen gemacht und das Bestehen einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit festgestellt.

7

b) Die weiteren Fragen:

"Setzt die Annahme des generellen [X.]es der [X.] für ausländisches Vermögen in der [X.] von 1945 bis 1949 voraus, dass der Enteignungsbetroffene tatsächlich im [X.]punkt der Enteignung Ausländer war, oder genügt die Feststellung, dass die [X.] von einer ausländischen Staatszugehörigkeit des [X.] ausgingen?

Galt das generelle [X.] nur dann, wenn der Enteignungsbetroffene im [X.]punkt der Enteignung tatsächlich (objektiv) ausländischer Staatsangehöriger war?

Liegt eine besatzungshoheitliche Enteignung gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a [X.] grundsätzlich vor, wenn nicht feststeht, ob der Enteignungsbetroffene im [X.]punkt der Enteignung ausländischer Staatsbürger war?"

erfordern, soweit sie für die angegriffene Entscheidung erheblich waren, keine Klärung in einem Revisionsverfahren. Eine Frage, die noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war, ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = [X.] 310 § 60 VwGO Nr. 228). Das ist hier der Fall.

8

Aus der bisherigen Rechtsprechung zum generellen [X.] der [X.] Besatzungsmacht für Vermögenswerte ausländischer Staatsangehöriger ergibt sich, dass für das maßgebliche Kriterium der ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit im [X.]punkt der Enteignung auf den Erkenntnisstand der damals handelnden Behörden und nicht auf das aus heutiger Sicht festzustellende objektive Bestehen einer solchen Staatsangehörigkeit abzustellen ist. Wie oben dargelegt, können die [X.] keine strengeren oder genaueren sein als diejenigen, die [X.] Stellen in den Jahren 1933 bis 1945 im Hinblick auf die [X.] Staatsangehörigkeit eines Betroffenen anlegten (Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.[X.]; Beschluss vom 19. Dezember 2008 a.a.[X.] Rn. 10). Das gilt für das Bestehen einer bestimmten ausländischen Staatsangehörigkeit ebenso wie für die Frage, ob neben dieser eine [X.] Staatsangehörigkeit bestand oder nicht (vgl. dazu Beschlüsse vom 3. August 1999 - BVerwG 7 [X.] - juris Rn. 9 und vom 19. Dezember 2008 a.a.[X.]). [X.] die handelnden Behörden nach ihren damaligen Erkenntnissen von einer zugleich bestehenden [X.] Staatsangehörigkeit aus, verstießen sie nicht gegen das [X.], weil dieses nur für Personen galt, die nach den damaligen Erkenntnissen zweifelsfrei neben der ausländischen nicht zugleich die [X.] Staatsangehörigkeit besaßen (Beschluss vom 3. August 1999 a.a.[X.]). Umgekehrt lässt eine nach damaligem Stand nicht erkannte, objektiv aus heutiger Sicht aber bestehende zusätzliche [X.] Staatsangehörigkeit den Verstoß gegen das [X.] nicht entfallen (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 2008 a.a.[X.]). Ob die irrige Annahme einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit den besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhang unterbricht, ist nicht klärungsbedürftig, weil das Verwaltungsgericht die Annahme der handelnden Stellen nicht für irrig gehalten hat. Es bedarf auch keines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass eine Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a [X.] nicht schon dann wegen eines [X.] der Besatzungsmacht ausgeschlossen ist, wenn das Bestehen einer (ausschließlich) ausländischen Staatsangehörigkeit ungewiss ist.

9

c) Auch die weiteren von den Beschwerdeführerinnen für rechtsgrundsätzlich gehaltenen Fragen:

"Liegt eine besatzungshoheitliche Enteignung gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a [X.] vor, wenn nicht feststeht, ob der Enteignungsbetroffene am 8. Mai 1945 ausländischer Staatsbürger war?"

und

"Galt das generelle [X.] der [X.] für ausländisches Vermögen in der [X.] von 1945 bis 1949 nur für das Vermögen der [X.], das tatsächlich am 8. Mai 1945 Vermögen des [X.] als Ausländer war?"

sind zu verneinen, ohne dass es zu ihrer Klärung der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich, dass die nach dem damaligen Erkenntnisstand zu bestimmende Staatsangehörigkeit des [X.] im Enteignungszeitpunkt maßgeblich ist, ohne dass es darauf ankäme, ob der Vermögenswert bereits am 8. Mai 1945 zum Vermögen des [X.] gehörte und ob dieser an jenem Tag Ausländer war. Das entspricht dem wiederholt bekundeten Willen der [X.] Besatzungsmacht, mit Rücksicht auf ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber anderen [X.] das Eigentum ausländischer Staatsangehöriger vor dem Zugriff durch [X.] Stellen zu schützen (Urteil vom 2. Mai 1996 a.a.[X.] S. 155 f.). Aus dem Hinweis der [X.] auf die [X.]-Befehle Nr. 124 und 126 sowie auf die sich auf diese Befehle beziehenden weiteren Befehle Nr. 104 vom 4. April 1946, Nr. 154 / 181 vom 21. Mai 1946 und die sog. Dratwinschen Instruktionen vom 17. November 1947 ergibt sich nicht, dass diese Rechtsprechung der Überprüfung bedürfte; diese Erkenntnisquellen sind seit geraumer [X.] und waren auch dem [X.] bei der Entwicklung seiner genannten Rechtsprechung bekannt. Die auf diese Quellen bezogene letzte von der Beschwerde aufgeworfene Frage kann keine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigen, weil sie keine revisiblen Vorschriften betrifft.

3. Das angegriffene Urteil leidet auch nicht an den geltend gemachten Verfahrensmängeln. Es verletzt weder das Recht der [X.] auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, noch liegt ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO vor, der als Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anzusehen wäre. Auch eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) lässt sich dem Vortrag der [X.] nicht entnehmen.

a) Ein Verfahrensmangel folgt nicht schon daraus, dass das Verwaltungsgericht sich der Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Urteil des [X.] Gera vom 13. Februar 2008 - 2 K 2439/03 Ge - angeschlossen hat. Das wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn das Gericht sein Urteil nicht auf der Grundlage einer eigenen, aus dem Gesamtergebnis seines Verfahrens gewonnenen Überzeugung gebildet (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), sondern das Ergebnis eines anderen Rechtsstreits ungeprüft übernommen hätte. So liegt es aber nicht. Wie sich aus der angegriffenen Entscheidung ergibt, hat sich das Verwaltungsgericht die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Rechtsvorgängers des Beigeladenen im Parallelverfahren aufgrund eigener Sachverhalts- und Beweiswürdigung in Auseinandersetzung mit den von den [X.] erhobenen Einwänden zu eigen gemacht.

b) Die [X.] beanstanden ferner, dass das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Rechtsvorgänger des Beigeladenen als allein [X.] Staatsangehöriger zu gelten habe. Auch insofern zeigen sie aber keinen Verfahrensmangel auf.

Sie rügen in diesem Zusammenhang zum einen, das Verwaltungsgericht habe hierzu ihren Sachvortrag nicht vollständig in Erwägung gezogen (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und zudem Teile des Akteninhalts unberücksichtigt gelassen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei verkennen sie aber, dass das Gericht nur dasjenige Vorbringen und denjenigen Akteninhalt berücksichtigen muss, den es nach seiner materiellen Rechtsauffassung für erheblich ansieht. Nach der materiellen Rechtsauffassung des [X.] kam es allein darauf an, ob der Rechtsvorgänger des Beigeladenen im [X.]punkt der Enteignung des landwirtschaftlichen Unternehmens, also Ende 1945, von den damals handelnden ([X.]) Stellen als allein [X.] Staatsangehöriger angesehen wurde. Diese Frage hat es bejaht. Dass es hierbei Vortrag der [X.] oder Akteninhalt übergangen hätte, die für diese Fragestellung erheblich gewesen wäre, legen die [X.] nicht dar. Soweit sie eine vollständige Aufzählung und Würdigung der eigenen Angaben des Rechtsvorgängers des Beigeladenen zu seiner Staatsangehörigkeit vermissen, übersehen sie, dass das Verwaltungsgericht sich mit [X.] ihres Vorbringens - der Abweichung der Angaben in den Behördenakten der Besatzungszeit von den eigenen Angaben des Betroffenen - auseinandergesetzt hat und zu dem Schluss gekommen ist, der Beweiswert des [X.] werde durch eine abweichende Selbsteinschätzung des Betroffenen nicht in Frage gestellt, zumal die [X.] Besatzungsmacht die in der NS-[X.] aufgezwungene [X.] Staatsangehörigkeit für unmaßgeblich gehalten habe. Soweit sie sich auf zusätzliche Erkenntnisquellen berufen, legen sie nicht dar, inwiefern sich aus diesen ergäbe, dass die damals handelnden Stellen die Frage der Staatsangehörigkeit des Rechtsvorgängers des Beigeladenen in Wahrheit tatsächlich anders beurteilt hätten.

Die [X.] bemängeln zum anderen, das Verwaltungsgericht habe den Akteninhalt selektiv und einseitig gewürdigt und damit unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO aktenwidrige Feststellungen getroffen. Damit setzen sie der Sachwürdigung des [X.] jedoch nur ihre eigene abweichende Sachwürdigung entgegen. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist noch nicht verletzt, wenn das [X.] einen fernliegenden oder nach Auffassung des Rechtsmittelführers unzutreffenden Schluss gezogen hat; erforderlich ist vielmehr, dass die Schlussfolgerung aus logischen Gründen schlechthin unmöglich ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 ). Ein solcher Mangel der Sachwürdigung ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Dass das Verwaltungsgericht einzelne Tatsachen wie die Enteignung in [X.] belegener Vermögenswerte des Rechtsvorgängers des Beigeladenen durch die dortigen Behörden für rechtlich unerheblich hielt, beruht auf seiner materiellen Rechtsauffassung; es belegt keine denkfehlerhafte, denklogisch schlechthin unmögliche Schlussfolgerung.

c) Die [X.] rügen des Weiteren, dass das Verwaltungsgericht die Enteignung auf das Ende des Jahres 1945 datiert und dabei übergangen habe, dass das wohl zur Domäne gehörende [X.] [X.] erst wesentlich später in Anspruch genommen worden sei. Wenn der Enteignungszeitpunkt aber deutlich später liege, so habe das Verwaltungsgericht nicht ihren Vortrag übergehen dürfen, [X.] sei in Wirklichkeit nicht der Rechtsvorgänger des Beigeladenen, der bereits im Februar 1946 verstorben ist, sondern der Beigeladene selbst, der aber jedenfalls auch [X.]r Staatsangehöriger (gewesen) sei.

Auch damit ist ein Verfahrensmangel nicht dargetan. Die [X.] übersehen, dass das angegriffene Urteil für die Datierung der Enteignung auf den Beginn des Zugriffs auf das landwirtschaftliche Unternehmen als Vermögensgesamtheit abgestellt hat; auf die Inanspruchnahme einzelner Flächen, die auch nach seinen Feststellungen zum Teil erst später abgeschlossen wurden, kam es ihm nicht an. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen auch nicht etwa aktenwidrig eine Bewirtschaftung des gesamten enteigneten Unternehmens durch Staatsbetriebe angenommen. Es hat lediglich festgestellt, das von Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides erfasste Eigentum des Rechtsvorgängers des Beigeladenen sei im Zuge der Bodenreform nicht vollständig aufgesiedelt, sondern zu einem Großteil - also ebenfalls nicht vollständig - volkseigen bewirtschaftet worden. Ziffer 1 des Bescheides hat das Verwaltungsgericht zudem dahin ausgelegt, sie erfasse nicht die zunächst an Neubauern verteilten, später aber in das Eigentum des Volkes zurückgelangten Flächen; diese seien damit nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Auch hiergegen wenden sich die [X.] vergebens. Die Auslegung eines Verwaltungsakts richtet sich nach materiell-rechtlichen Vorschriften (§§ 133, 157 BGB), deren Verletzung nicht mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden kann.

d) Die Beschwerdebegründung zeigt schließlich nicht auf, dass das Verwaltungsgericht eine Billigung der Enteignung des landwirtschaftlichen Unternehmens [X.] verneint hätte. Auf die Inanspruchnahme des [X.]es [X.] kam es auch insoweit nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung nicht an, weil diese nicht das gesamte landwirtschaftliche Unternehmen, sondern - sofern es denn zur Domäne gehörte - allenfalls einen Teil davon betraf. Deshalb musste sich dem Verwaltungsgericht ohne entsprechenden Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen [X.] nach § 86 Abs. 1 VwGO keine weitere Aufklärung zur Reichweite des Befehls Nr. 428 der [X.] aufdrängen, der sich nach den Angaben der [X.] auf das [X.] bezog. Ihr Vortrag zur Enteignung des [X.] des [X.] und zur Enteignung zuvor sequestrierter Einzelimmobilien des Rechtsvorgängers des Beigeladenen lässt nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht aus seiner Sicht bedeutsame Tatsachen übergangen hätte. Es musste den Zugriff auf sonstiges Vermögen des Rechtsvorgängers des Beigeladenen in [X.] nicht für entscheidungserheblich halten, weil es davon ausging, solche Maßnahmen erklärten sich aus der zunächst noch vorherrschenden Annahme der damaligen Behörden, der Rechtsvorgänger des Beigeladenen sei trotz ausschließlich [X.] Staatsbürgerschaft nicht schutzwürdig, da [X.] im [X.] nicht auf der Seite der alliierten [X.] gestanden habe. Diese Feststellung hat die Beschwerde nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

Meta

8 B 69/10

23.06.2011

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Gera, 8. Juni 2010, Az: 2 K 2363/09, Urteil

§ 1 Abs 8 VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.06.2011, Az. 8 B 69/10 (REWIS RS 2011, 5504)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5504

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

8 B 9/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Zurechnungszusammenhang zwischen Enteignung und sowjetischem Willen; Besatzungsmacht als oberste Hoheitsgewalt


8 C 1/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Besatzungshoheitliche Enteignung trotz des Enteignungsverbots für nicht sequestriertes Vermögen?


8 B 15/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Außerkraftsetzung eines ausgesprochenen Enteignungsverbots


8 C 10/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Faktischer Enteignungsbegriff im Vermögensrecht


8 B 29/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Enteignung; Rückübertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.