Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2012, Az. B 9 V 17/12 B

9. Senat | REWIS RS 2012, 1908

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Zurückverweisung - sozialgerichtliches Verfahren - wesentlicher Mangel - vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts - erfolgloser Befangenheitsantrag - rechtliches Gehör - Aufhebung eines Bescheids - wesentliche Änderung - objektiver Beurteilungsmaßstab


Tenor

Auf die Beschwerde des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

[X.] Der 1971 geborene Kläger beansprucht von dem beklagten Land, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 17.8.1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1989 ab dem [X.] eine Pflegezulage nach Stufe I gemäß § 35 Abs 1 S 5 [X.] ([X.]) zu zahlen.

2

Der Beklagte erkannte mit Bescheid vom [X.] bei dem Kläger auf der Grundlage eines fachpsychologischen Berichtes des [X.] [X.] vom 5.12.1974 und eines HNO-ärztlichen Gutachtens aus derselben Klinik vom 11.3.1975 als Schädigungsfolge einer Pockenschutzimpfung vom 29.10.1973 an:

        

"An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beiderseits mit fehlender Sprachentwicklung, und zwar hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 51 Bundesseuchengesetz."
Ferner enthält der Bescheid die Mitteilung:
"Durch diese Schädigungsfolgen ist Ihr [X.] erwerbsunfähig im Sinne des [X.]es."

3

Nach weiteren Stellungnahmen seines ärztlichen Dienstes vom 26.3. und 3.6.1976 gewährte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß mit Bescheid vom [X.] eine Pflegezulage der Stufe [X.] Im Rahmen der Begründung (Ziff [X.]) teilte der Beklagte darin mit:

           

"Ferner wird gemäß § 35 Abs. 1 vorletzter Satz [X.] eine Pflegezulage der Stufe I gewährt, weil eine durch eine postvaccinale Enzephalitis bedingte zentrale Schädigung mit Auswirkungen auf das Hörvermögen vorliegt."

4

In der Folgezeit blieb ein Verschlimmerungsantrag des [X.] erfolglos, während eine versorgungsärztliche Begutachtung durch den [X.] am 1.12.1988 ergab, dass beim Kläger ab August 1989 (Abschluss des [X.] am [X.]) die Voraussetzungen für das [X.] und eine Pflegezulage nicht mehr gegeben seien, weil es an einer Hilflosigkeit fehle. Daraufhin hob der Beklagte nach Anhörung des [X.] gemäß § 48 [X.] ua den Bescheid vom [X.] ab dem 1.8.1989 teilweise auf, weil eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen insoweit eingetreten sei, als nach Abschluss der [X.] im Juli 1989 die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pflegezulage der Stufe I nicht mehr vorlägen (Bescheid vom 17.8.1989). Auf den Widerspruch des [X.] wurde die Pflegezulage erst zum 1.10.1989 entzogen (Widerspruchsbescheid vom 18.10.1989).

5

In einem Klageverfahren betreffend einen Verschlimmerungsantrag des Klägers schlossen die Beteiligten vor dem Sozialgericht München - [X.] - ([X.] VJ 2/97) am 23.3.1999 einen Vergleich und bezeichneten darin die impfbedingten Gesundheitsstörungen wie folgt:

        

"praktische Taubheit beiderseits mit Sprachstörungen, Gleichgewichtsstörungen."

6

Diese Schädigungsfolgen stellte der Beklagte mit [X.] vom 19.5.1999 ab dem 1.4.1995 fest.

7

Nach Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1.3.1999 machte der Kläger bei dem Beklagten eine Pflegezulage ab Beginn seiner Erwerbsunfähigkeit geltend, weil er hirngeschädigt sei. Dies lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf § 48 [X.] ab, weil eine Hirnschädigung nicht vorliege (Gutachten Prof. Dr. S. vom 25.10.2004 nach Aktenlage). Mit Bescheid vom [X.] sei eine Pflegezulage der Stufe I zu Recht gewährt worden wegen taubheitsbegründeter Hilflosigkeit bis zum 16. Lebensjahr. Allerdings sei die tatsächliche Begründung seinerzeit unzutreffend gewesen.

8

Das von dem Kläger angerufene [X.] hat ein Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. K. vom 18.2.2008 nebst ergänzender Stellungnahme vom 12.8.2008 eingeholt und mit Gerichtsbescheid vom 20.10.2008 entsprechend dem Antrag des [X.] nach § 44 [X.] den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31.8.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] sowie des Bescheides vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2005 verurteilt, den Bescheid vom 17.8.1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.10.1989 zurückzunehmen und dem Kläger ab dem [X.] eine Pflegezulage nach Stufe I gemäß § 35 Abs 1 S 5 [X.] zu gewähren. Der Beklagte habe § 52 Abs 2 S 4 Bundesseuchengesetz als lex spezialis nicht beachtet; daneben sei für § 48 [X.] kein Raum. Es stehe nicht unzweifelhaft fest, dass die angenommene postvaccinale Enzephalitis beim Kläger nicht vorliege.

9

Dagegen hat der Beklagte beim [X.] ([X.]) Berufung eingelegt. Dieses hat eine erste mündliche Verhandlung vom 20.9.2011 vertagt, um weitere Akten der [X.] beizuziehen. Nach einem Schriftwechsel zwischen dem Senatsvorsitzenden des [X.] und der den Kläger vertretenden Mutter hat letztere den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch Beschluss vom 24.11.2011 hat das [X.] diese Ablehnung für unbegründet erklärt. Dabei hat es sich im Wesentlichen auf die Erwägung gestützt, dass unterschiedliche Auffassungen zwischen dem [X.] und den Beteiligten zu materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Fragen für die Frage einer Besorgnis der Befangenheit unbeachtlich seien, solange nicht konkrete Anhaltspunkte für eine unsachliche, auf Willkür beruhende oder parteiliche Einstellung des [X.]s gegenüber einem Beteiligten beständen. Solche Anhaltspunkte lägen hier nicht vor.

Als Rechtsgrundlage für das Begehren des [X.] komme allein § 44 Abs 1 S 1 [X.] in Betracht, dessen Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt seien. Der Bescheid vom 17.8.1989 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.1989 sei gemessen an § 48 Abs 1 S 1 [X.] rechtmäßig gewesen, weil in den tatsächlichen Verhältnissen, die noch bei Erlass des Bescheides vom [X.] vorgelegen hätten, objektiv eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten sei, dass der Kläger im Juli 1989 das Berufsfindungsjahr am [X.] beendet habe. Diese Änderung sei für die Gewährung einer Pflegezulage auch wesentlich gewesen, weil nach den überzeugenden Feststellungen des Prof. Dr. K. beim Kläger nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis eine Hirnschädigung als Impfschaden (postvaccinale Enzephalitis) festgestellt werden könne. Damit sei der Wegfall der Hilflosigkeit iS von § 35 [X.] durch die Beendigung des [X.] leistungsrechtlich relevant geworden. Im Rahmen der Prüfung, ob eine wesentliche Änderung iS des § 48 [X.] eingetreten sei, komme es auf die objektiven rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse an, die beim Erlass des fraglichen Verwaltungsakts vorgelegen hätten. Damit sei § 48 [X.] auch dann einschlägige Korrekturnorm, wenn diese Verhältnisse von der Behörde anfangs falsch bewertet und subjektiv dem Erlass des Verwaltungsakts gar nicht zugrunde gelegt worden seien.

Entgegen der Auffassung des [X.] sei eine Hirnschädigung auch nicht als Schädigungsfolge anerkannt worden. Mit Bescheid vom [X.] sei als Schädigungsfolge lediglich eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beiderseits mit fehlender Sprachentwicklung festgestellt worden. Mit weiterem Bescheid vom [X.] habe der Beklagte dann in dem speziellen Teil des Bescheids, der den eigentlichen [X.] vorbehalten gewesen sei, lediglich die Gewährung der Pflegezulage der Stufe I ausgesprochen, während er anschließend in einem räumlich und gliederungstechnisch klar abgegrenzten und mit "Gründe:" überschriebenen Teil des Bescheids erläutert habe, die Pflegezulage werde aufgrund einer zentralen Störung gewährt. Dem sei nach dem objektiven Empfängerhorizont zu entnehmen gewesen, dass ausschließlich die Zuerkennung der Pflegezulage als solche Regelungsgegenstand gewesen sei, nicht aber der Grund dafür. Der Bescheid vom [X.] weise eine bewusst gewählte und klar erkennbare Trennung in [X.] und Begründung auf, sodass die Bindungswirkung nur von dem [X.] ausgehe. Das ergebe sich auch aus der Regelung in § 35 [X.], wonach Erläuterungen zu den getroffenen Regelungen gerade nicht zum verfügenden Teil des Verwaltungsakts gehörten und damit nicht an dessen Bindungswirkung teilnähmen.

Ferner stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auch nicht auf der Grundlage des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes zu, denn mit Erlass des Bescheids vom 17.8.1989 sei nicht objektiv eine ursprünglich gegebene Rechtswidrigkeit des Bescheids vom [X.] korrigiert worden. Dieser Bescheid sei vielmehr rechtmäßig gewesen, weil die darin enthaltene Regelung - die Gewährung einer Pflegezulage - objektiv mit dem geltenden Recht in Einklang gestanden habe. Der Kläger sei wegen seines kindlichen Alters als hilflos einzustufen gewesen. Dass sich der Beklagte der eigentlichen Gründe, die objektiv zur Gewährung der Pflegezulage berechtigten, seinerzeit nicht bewusst gewesen sei und dementsprechend eine "eklatant falsche" Begründung geliefert habe, spiele keine Rolle, weil es insoweit nur auf die objektive Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts ankomme. Darüber hinaus könnten § 45 [X.] keine Wertungen entnommen werden, die sich im vorliegenden Fall zugunsten des [X.] auswirkten und mittelbar in einen Vertrauensschutz mündeten. Zwar solle jegliches Verhalten eines Sozialleistungsträgers selbst dann richtig sein, wenn es nicht der Bestandskraft fähig ist, wie [X.] die Begründung eines Verwaltungsakts. Eine Restitution einer Entscheidung sei jedoch nur insoweit zu befürworten, als dies mit dem geltenden Recht in Einklang zu bringen sei. Vor diesem Hintergrund gelte der Vorbehalt der veränderten Verhältnisse auch dann im Rahmen der Bestimmung des § 48 [X.] ohne Einschränkung, wenn die Verhältnisse, welche die objektive Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts begründen (hier das kindliche Alter des [X.]), verkannt würden. Auch aus den sonst - [X.] von der [X.] - gemachten behördlichen Äußerungen, der Kläger sei hirngeschädigt, könnten keinesfalls weitergehende Rechte als aus der falschen Begründung des Bescheids vom [X.] abgeleitet werden.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.] (B[X.]) Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie von [X.] 160 Abs 2 [X.] und 3 [X.]G) begründet.

I[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist zulässig und begründet. Das angegriffene Urteil des [X.] vom 20.12.2011 beruht auf einem vom Kläger hinreichend bezeichneten (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G) Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G. Bei Erlass dieser Entscheidung war das [X.] nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 547 [X.] ZPO iVm § 202 [X.]G), weil ein vom Kläger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnter [X.] mitgewirkt hat (§ 60 Abs 1 [X.]G iVm §§ 42, 47 ZPO). Dem steht ausnahmsweise nicht entgegen, dass das Ablehnungsgesuch des [X.] durch Beschluss des [X.] vom 24.11.2011 für unbegründet erklärt worden ist.

Eine rechtswidrige Zurückweisung eines [X.] kann grundsätzlich nicht als Mangel eines danach unter Mitwirkung des erfolglos abgelehnten [X.]s durch Urteil abgeschlossenen Verfahrens iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G geltend gemacht werden, weil es sich hierbei um eine dem Urteil vorausgehende Entscheidung des Berufungsgerichts handelt, die ihrerseits unanfechtbar ist (vgl B[X.] vom 5.8.2003 - B 3 P 8/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.]; B[X.] vom [X.] - B 12 KR 24/07 B - Rd[X.]1). Die Rüge fehlerhafter Besetzung des Berufungsgerichts bei Erlass des angefochtenen Urteils kann im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde allerdings darauf gestützt werden, die Zurückweisung des [X.] beruhe auf willkürlichen Erwägungen oder habe Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkannt (B[X.] vom 2.11.2007 - B 1 KR 72/07 B - [X.] 4-1100 Art 101 [X.]). Wenn ein zuvor erfolglos abgelehnter [X.] an der angegriffenen Entscheidung mitgewirkt hat und die Entscheidung der Zurückweisung des [X.] auf willkürlichen, manipulativen Erwägungen beruht, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind, liegt ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen [X.]s iS des Art 101 Abs 1 S 2 GG vor (vgl [X.] 37, 67, 75; B[X.] vom 10.9.1998 - B 7 [X.] 36/98 R - Rd[X.]9 nach Juris). Die Entscheidung über die [X.]ablehnung darf unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar, muss also offensichtlich unhaltbar sein (vgl [X.] 29, 45, 48 f; [X.] vom [X.]/07 - NVwZ 2008, 1025), sei es den Inhalt, sei es das Verfahren betreffend (vgl B[X.], aaO). Demzufolge rechtfertigt es die Rüge einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts auch, wenn die Ablehnungsentscheidung auf einem der Willkür vergleichbaren schweren Verfahrensmangel beruht (vgl [X.], aaO), wie [X.] auf einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl [X.] vom 19.2.2009 - [X.]/08; vom [X.]/08; vom [X.]/06 - [X.]/NV 2007, 757).

Gemessen an diesen Kriterien liegt der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel vor. Dabei kann offenbleiben, ob sich der vom Kläger abgelehnte Vorsitzende [X.] am [X.] [X.] diesem gegenüber so verhalten hat, dass die Zurückweisung des [X.] im Ergebnis als objektiv willkürlich anzusehen ist. Allerdings können richterliche Unmutsäußerungen durchaus Anlass für ein begründetes Ablehnungsgesuch sein, wenn sie gänzlich unangemessen sind und den Eindruck der Voreingenommenheit erwecken (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 60 RdNr 8i). Jedenfalls leidet der Beschluss des [X.] vom 24.11.2011 an einem schweren Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG).

Das [X.] hat die zur Begründung des [X.] eingereichten Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.10.2011 und 17.11.2011 zwar erwähnt, sich in seinen Beschlussgründen jedoch nur mit Vorbringen des Klägers befasst, das nicht geeignet erscheint, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen (Rechtsauffassung des abgelehnten [X.]s). Hingegen ist es gerade auf die Punkte nicht eingegangen, die als Ablehnungsgrund in Betracht kommen (Äußerungen des [X.]s, durch die sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers persönlich angegriffen gefühlt hat). Insbesondere die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten [X.]s vom 28.10.2011 enthält Ausführungen, die bei der Behandlung des [X.] einer genauen Prüfung hätten unterzogen werden müssen. So hat dieser [X.] dargelegt, er finde es bedenklich, wenn Kläger versuchten, durch Befangenheitsanträge das Gericht "auf [X.] zu bringen". Auch ist im Zusammenhang mit Rechtsansichten der Prozessbevollmächtigten des Klägers von "verfehlten Meinungen" und einer "abwegigen Ansicht" die Rede. Weiter heißt es dort:

        

"Das Schreiben vom 22.10.2011 zeigt wie schon das vom 14.10., dass sich die Sache mittlerweile nur noch im Kreis dreht, Frau P. aber immer mehr Verdrossenheit aufbaut. Da von ihr immer nur das Gleiche kommt, andererseits meine Äußerungen, die sie nicht hören will, sie zu provozieren scheinen, sehe ich keinen Grund mehr, weiter schriftlich über die schon reichlich erörterten Punkte zu diskutieren - wobei natürlich weiterhin alles was Frau P. schreibt, zur Kenntnis und in Erwägung gezogen wird, wie es das rechtliche Gehör vorsieht."

Der das Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschluss hat danach keinen Bestand, sodass der abgelehnte [X.] [X.] an der Entscheidung des [X.] vom 20.12.2011 nicht hätte mitwirken dürfen. Folglich war das [X.] insoweit nicht vorschriftsmäßig besetzt (vgl § 547 [X.] ZPO iVm § 202 [X.]G).

Da es nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ausreicht, dass die vorinstanzliche Entscheidung auf einem der gerügten Verfahrensmängel beruht, braucht sich der Senat mit den weiteren vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehlern nicht zu befassen. Er macht im Rahmen des ihm nach § 160a Abs 5 [X.]G eingeräumten Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch, auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Eine Zulassung der Revision ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil sich der Kläger auch auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) beruft. Einen solchen Zulassungsgrund hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G). Er hat zwar folgende Rechtsfrage aufgeworfen:

        

Liegt eine wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 S 1 [X.] vor, wenn die Behörde - ausweislich der ausdrücklich verlautbarten Angaben im Bescheid - bei Erlass des Verwaltungsakts subjektiv von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, der Verwaltungsakt sich aber objektiv aufgrund eines alternativ vorliegenden [X.] als im Ergebnis richtig erweist und sich nur eine Änderung in den dem Verwaltungsakt subjektiv nicht zugrunde gelegten Verhältnissen, die aus dem Bescheid nicht als maßgeblich erkennbar waren, ergeben hat, nicht aber in den subjektiv von der Behörde angenommenen, verlautbarten tatsächlichen Verhältnissen?

Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage hat der Kläger jedoch nicht genügend begründet. Hierzu fehlt bereits eine ausreichende Auseinandersetzung des [X.] mit der umfangreichen Rechtsprechung zur wesentlichen Änderung iS des § 48 Abs 1 S 1 [X.] (vgl Auflistung bei [X.] in [X.] Komm, Stand Mai 2006, § 48 [X.] Rd[X.]3 ff). Danach kommt es für die Prüfung einer wesentlichen Änderung iS von § 48 [X.] grundsätzlich weder auf die im ursprünglichen Bescheid genannten noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung angenommenen Verhältnisse, sondern auf die in Wirklichkeit vorliegenden Verhältnisse und deren objektive Änderung an (vgl [X.], aaO, Rd[X.]4 mit Hinweisen aus der Rspr; sowie Schütze, in von [X.], [X.], 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 6). Entsprechendes hat der Senat bereits mit Urteil vom 11.10.1994 (- 9 RVs 2/93 - [X.] 3-3870 § 4 [X.]0) entschieden.

Um dem Kläger bei der erneuten Bearbeitung der Sache durch das [X.] ein unbelastetes Verfahren zu gewährleisten, hält der Senat die Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des [X.] für geboten, weil das Vertrauen des [X.] in eine unbefangene Rechtsfindung durch den 15. Senat des [X.] nachhaltig erschüttert erscheint (vgl B[X.] vom [X.] - B 2 U 182/09 B - Juris Rd[X.]0; B[X.] [X.] 4-1500 § 170 [X.] RdNr 79 f). Der andere Senat bestimmt sich nach dem für das laufende Jahr gültigen Geschäftsverteilungsplan des [X.] (B[X.] vom [X.], aaO).

Das [X.] wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 9 V 17/12 B

25.10.2012

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG München, 20. Oktober 2008, Az: S 33 VJ 1/05, Gerichtsbescheid

§ 62 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 202 SGG, § 42 ZPO, § 47 ZPO, § 547 Nr 1 ZPO, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2012, Az. B 9 V 17/12 B (REWIS RS 2012, 1908)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1908

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