Bundessozialgericht, Urteil vom 02.12.2010, Az. B 9 V 2/10 R

9. Senat | REWIS RS 2010, 803

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Kriegsopferversorgung - Beschädigtenversorgung - Blinder - erhöhte Pflegezulage - Arbeitsvertrag - angemessene Kosten - Eheschließung zwischen Beschädigtem und Pflegerin - eheliche Beistandspflicht - Änderung der Verhältnisse


Leitsatz

Heiratet der Beschädigte seine Pflegerin und erbringt diese weiterhin Pflegeleistungen aufgrund eines Arbeitsvertrags, sind insbesondere Zeiten, die zwischen einzelnen Pflegeverrichtungen bzw pflegenahen Bereitschaften liegen, grundsätzlich nicht mehr bei der Bemessung einer erhöhten Pflegezulage zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 5. Mai 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurück-verwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger die gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] ([X.]) gewährte erhöhte [X.] entziehen durfte, nachdem dieser seine Pflegerin geheiratet hatte.

2

Der 1929 geborene Kläger erhält als [X.] aufgrund des Bescheides des beklagten [X.] vom [X.] wegen eines Verlustes des linken Auges und der Erblindung des rechten Auges Versorgung nach einem [X.]rad der Schädigungsfolgen ([X.]dS) von 100 (bis 20.12.2007: Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 vH).

3

Nach dem Tod seiner Ehefrau schloss der Kläger mit der 1935 geborenen [X.] ([X.]) am 17.4.1997 mit Wirkung ab [X.] einen Pflegearbeitsvertrag. Auf seinen Antrag gewährte ihm der Beklagte - neben der [X.] nach [X.] - eine erhöhte [X.] nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.], und zwar ab [X.] in Höhe von monatlich 3651 [X.], ab [X.] in Höhe von monatlich 3603 [X.] (Bescheid vom [X.]). Dabei legte er die im Arbeitsvertrag vereinbarte Pflegezeit (8 Stunden täglich zuzüglich Überstunden) zugrunde und erkannte die dafür zu zahlende Vergütung nach Vergütungsgruppe 9 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des [X.] ([X.]) samt Arbeitgeberaufwendungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 4586,55 [X.] als aufzuwendende angemessene Kosten an.

4

In der Folgezeit wurde die Höhe der erhöhten [X.] wegen Änderungen der [X.] wiederholt neu festgestellt; [X.] wurde die [X.] mit Bescheid vom [X.] ab 1.1.2002 (einschließlich der Pflegepauschale nach [X.]) entsprechend den aufzuwendenden angemessenen Pflegekosten auf 2846 Euro festgesetzt.

5

Nachdem der Kläger im Oktober 2003 angekündigt hatte, dass er seine Pflegerin im Dezember heiraten wolle, teilte ihm der Beklagte mit Schreiben vom 19.11.2003 mit, dass der Arbeitsvertrag damit nicht mehr in der bestehenden Form gültig sein werde. Die Zahlung der erhöhten [X.] nach § 35 Abs 2 [X.] werde daher ab Jan[X.]r 2004 eingestellt. Bis zur Neuentscheidung über die (erhöhte) [X.] werde ab Jan[X.]r 2004 die pauschale [X.] nach [X.] von 558 Euro gewährt.

6

Mit Schreiben vom 19.12.2003 zeigte der Kläger unter Vorlage der Heiratsurkunde an, dass er mit seiner Pflegerin, Frau [X.], am 17.12.2003 die Ehe geschlossen habe. Zugleich teilte er mit, dass der Pflegearbeitsvertrag auch nach der Verheiratung in dem bestehenden Umfang weiterhin gültig und dementsprechend fortzuführen sei. Er bitte deshalb, auch in seinem Fall in dieser Weise zu verfahren.

7

           

Mit Bescheid vom 23.1.2004 hob der Beklagte den Bescheid vom [X.] gemäß § 48 S[X.]B X auf und stellte die Höhe der [X.] für die [X.] von Jan[X.]r 2002 bis Dezember 2003 neu fest. In [X.] und [X.] dieses Bescheides führte er aus:

        

6. … Aufgrund Ihrer Eheschließung am 17.12.2003 wird die Vergütung entsprechend des Arbeitsvertrages vom 17.4.1997 bis zum 17.12.2003 nach § 35 Abs 2 [X.] erstattet. Für die [X.] vom 18. bis 31.12.2003 wird die pauschale [X.] in Höhe von 14/31 gewährt.

        

7. Über die Erhöhung der [X.] ab 18.12.2003 aufgrund des bestehenden Arbeitsvertrages ist in einem weiteren Bescheid zu entscheiden.

8

[X.]egen diesen mit einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid legte der Kläger keinen Widerspruch ein.

9

Nachdem der Beklagte unter dem 9.3.2004 eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge des [X.] für die [X.] ab Dezember 2003 vorgenommen hatte, lehnte er mit Bescheid vom 4.11.2004 die Weitergewährung der erhöhten [X.] für die [X.] nach dem 17.12.2003 ab. Nach der Eheschließung sei auch bei einem Fortdauern des Arbeitsvertrages die gegenseitige Beziehung vor allem als ehelich und erst in zweiter Hinsicht als geschäftsmäßig zu werten. Daraus ergebe sich eine geänderte Beurteilung der Angemessenheit der Kosten der Pflege. Die bisher als Arbeitszeit anerkannte Pflegezeit sei - bereinigt um [X.]en der Bereitschaft und des familiären ehelichen Beistands - neu zu beurteilen. Der am 7.4.2004 durchgeführte Hausbesuch habe einen [X.] Pflegebedarf von etwa 1,5 Stunden täglich bzw 10,5 Stunden wöchentlich ergeben. Unter Berücksichtigung einer Stundenvergütung von 8,69 Euro in Anlehnung an die [X.] zuzüglich notwendiger Arbeitgeberkosten ergäben sich hieraus Kosten von monatlich ca 440 Euro, die den Betrag der pauschalen [X.] von zur [X.] 558 Euro nicht überstiegen. Ab dem 18.12.2003 seien demnach die Voraussetzungen für die Erhöhung der pauschalen [X.] nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] nicht mehr gegeben.

[X.]egen diese Entscheidung legte der Kläger Widerspruch ein. Daraufhin führte der Beklagte zunächst eine förmliche Anhörung des [X.] durch. Sodann wies er den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.1.2006 zurück. Darin teilte er [X.] mit, dass die Wirkung des Bescheides vom [X.] über die [X.]ewährung einer erhöhten [X.] mit Ablauf des 17.12.2003 geendet habe.

Das [X.] (S[X.]) hat die gegen den Bescheid vom 4.11.2004 in der [X.]estalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2006 erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 7.11.2006). Das [X.]sozialgericht Berlin-Brandenburg (LS[X.]) hat die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Es hat [X.] ausgeführt:

Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten sei § 48 Abs 1 S[X.]B X. Wenn der Beklagte - dem Wortlaut des Bescheids vom 4.11.2004 zufolge - einen Antrag auf Weitergewährung der erhöhten [X.] abgelehnt habe, so sei dies unschädlich. Denn im Widerspruchsbescheid vom 26.1.2006 habe der Beklagte ausdrücklich auf § 48 Abs 1 S[X.]B X Bezug genommen und damit zu erkennen gegeben, dass er eine Aufhebung der Bewilligung habe verfügen wollen. Eine Doppelregelung sei damit nicht verbunden, denn der Beklagte habe weder im Schreiben vom 19.11.2003 noch im Bescheid vom 23.1.2004 eine Aufhebungsentscheidung getroffen. Die Entscheidung über die erhöhte [X.] habe er sich ausdrücklich vorbehalten.

Die materiellen Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S[X.]B X seien erfüllt. Der Bescheid vom [X.], mit dem dem Kläger eine erhöhte [X.] bewilligt worden sei, sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Dadurch, dass der Kläger seine Pflegerin am 17.12.2003 geheiratet habe, sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die der [X.]ewährung der erhöhten [X.] zugrunde gelegen hätten, eingetreten. Denn die Voraussetzungen der Bewilligung nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] entfallen seien. Zwar erbringe die Ehefrau des [X.] auch nach der Eheschließung auf der [X.]rundlage des nicht gekündigten Arbeitsvertrages Pflegeleistungen. Bei einem Beschäftigungsverhältnis zwischen einem Beschädigten und seinem Ehegatten müsse jedoch nach der Rechtsprechung des BS[X.] (BS[X.] Urteil vom [X.] - B 9 V 28/96 V, [X.]-3100 § 35 [X.] 8) sorgfältig geprüft werden, ob tatsächlich eine arbeitsvertraglich vereinbarte und entsprechend bezahlte Pflegetätigkeit gegeben sei. [X.]rundsätzlich bestünden gegen die Annahme eines [X.] dann keine Bedenken, wenn der Beschädigte seine Pflegekraft heirate und diese die Pflegetätigkeit unter Beibehaltung des Arbeitsvertrages fortsetze, weil hier schon die besonderen Umstände nahe legten, dass die Ehefrau die Pflegetätigkeit nicht allein wegen der sittlichen und gesetzlichen Beistandspflichten gegenüber dem Pflegebedürftigen weiter ausübe.

Indes überstiegen (im vorliegenden Fall) die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für die Pflege des [X.] nicht den Betrag der pauschalen [X.] in Höhe von 558 Euro. Bei einem verheirateten Beschädigten seien grundsätzlich nur die Kosten derjenigen Tätigkeiten angemessen, die eine arbeitsvertragliche Beschäftigung einer familienfremden Pflegekraft notwendig machten, also der Pflegeaufwand, der über die vom Ehepartner sittlich und rechtlich zu erwartenden Verrichtungen hinausgehe. Abzustellen sei daher allein auf den [X.] Pflegebedarf des [X.], der nach den Ermittlungen des Beklagten einen [X.]aufwand von ca 1,5 Stunden täglich in Anspruch nehme und monatliche Kosten von 444 Euro verursache. Nicht berücksichtigungsfähig seien nach der Rechtsprechung des BS[X.] hauswirtschaftliche Hilfeleistungen. [X.]leiches gelte für die [X.], die bei bestehender Ehe keine Beschäftigung einer familienfremden Pflegekraft notwendig machten.

Der Beklagte habe die erhöhte [X.] nach § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] 4 S[X.]B X auch rückwirkend entziehen dürfen, da er dem Kläger bereits mit Schreiben vom 19.11.2003 mitgeteilt habe, dass diesem wegen der Heirat keine erhöhte [X.] mehr zustehe. Der Kläger sei auch nach § 24 Abs 1 S[X.]B X angehört worden. Er habe [X.]elegenheit gehabt, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Davon habe er [X.]ebrauch gemacht.

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung seiner Rechte aus § 48 Abs 1 Satz 1 S[X.]B X, § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] und § 103 Satz 1 S[X.][X.]:

Der Beklagte habe mit der Verwaltungsentscheidung vom 4.11.2004 die Weitergewährung der erhöhten [X.] gemäß § 35 Abs 2 [X.] über den 17.12.2003 hinaus abgelehnt, obwohl nach den Feststellungen des LS[X.] die arbeitsvertragliche Pflege nach der am 17.12.2003 erfolgten Eheschließung unverändert fortgesetzt worden sei. Dabei habe das LS[X.] durchaus zugestanden, dass die bis zur Eheschließung durch diesen Arbeitsvertrag entstandenen Kosten der Pflege als angemessen iS des § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] anzusehen gewesen seien. Entsprechend habe der Beklagte mit Bescheid vom [X.] entschieden. Dabei sei die individuelle Prüfung der notwendigen Pflegezeit anhand des Ergebnisses eines Hausbesuchs nur pauschal vorgenommen worden; zu den [X.] fänden sich im Protokoll über den Hausbesuch keine Ausführungen. Für die nach § 48 Abs 1 Satz 1 S[X.]B X Streit entscheidende Frage, ob gegenüber den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die im [X.]punkt des Bescheides vom [X.] vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei, komme es allerdings nicht darauf an, ob die damalige Bewertung - die Pflegekosten seien als angemessen zu übernehmen - richtig gewesen sei. Entscheidend sei vielmehr der Eintritt einer wesentlichen Änderung. Eine solche habe das LS[X.] nicht festgestellt. Es sei davon ausgegangen, dass die Ehefrau ihren Ehemann unter unveränderter Beibehaltung des Arbeitsvertrages ebenso gepflegt habe wie vor der Ehe. Soweit das LS[X.] aus dem Urteil des BS[X.] vom [X.] abgeleitet habe, dass [X.] und hauswirtschaftliche Hilfeleistungen nicht berücksichtigungsfähig seien, so sei diese Ansicht der genannten Entscheidung nicht zu entnehmen.

In der gesamten Rechtsordnung gäbe es keine Vorschrift, nach der eine Heirat zu rechtlichen Nachteilen führe. Der vom BS[X.] im Urteil vom [X.] gegebene Hinweis, dass die Kosten einer arbeitsvertraglichen Ehegattenpflege regelmäßig nur in geringerer Höhe als bei einer [X.] angemessen sein könnten, erscheine deswegen bedenklich. Die Wertung, dass [X.] im Rahmen eines Ehegattenpflegevertrages generell oder überwiegend unentgeltlich zu erbringen seien, verstoße gegen Art 6 Abs 1 [X.][X.].

Auch sei eine Differenzierung dahingehend, ob der pflegerische Bedarf durch dessen sittlich "geschuldete" Deckung faktisch reduziert sein könnte, sachfremd. Ebenso habe das LS[X.] nicht beachtet, dass bei einer Nichtberücksichtigung von [X.] das bestehende Arbeitsverhältnis durch eine entsprechende Änderungskündigung angepasst werden müsste. Dies könne zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, wenn die Pflegeperson nicht bereit sei, die [X.] unentgeltlich zu erbringen. Er, der Kläger, wolle jedoch die seit langen Jahren für ihn tätige, ihm vertraute Pflegeperson, die er inzwischen geheiratet habe, beibehalten. Vor diesem Hintergrund habe das LS[X.] den unbestimmten Rechtsbegriff der angemessenen Kosten iS des § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] unzutreffend konkretisiert.

Der hauswirtschaftliche Hilfebedarf sei nach ständiger Rechtsprechung generell nicht im Rahmen des § 35 Abs 1 und 2 [X.] zu berücksichtigen. Sofern der Pflegevertrag vom [X.] auch Aufwand für hauswirtschaftliche Hilfeleistungen beinhalte, so hätte dieser Leistungsteil allenfalls nach § 45 Abs 1 S[X.]B X entzogen werden können. Hilfsweise hätte nach § 48 Abs 3 S[X.]B X vorgegangen werden können, nicht jedoch nach § 48 Abs 1 S[X.]B X.

Das LS[X.] habe außerdem den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt. Es habe sich auf die pauschalen, nicht mit konkreten [X.]werten hinterlegten Ermittlungen des Beklagten verlassen. Es hätte jedoch den pflegerischen Bedarf durch ein medizinisches Sachverständigengutachten klären lassen müssen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Urteile des [X.]sozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Mai 2009 und des [X.] vom 7. November 2006 sowie die Bescheide des Beklagten vom 19. November 2003, 23. Jan[X.]r 2004, 9. März 2004 und vom 4. November 2004 in der [X.]estalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 26. Jan[X.]r 2006 aufzuheben, soweit darin über die erhöhte [X.] gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] ab 18. Dezember 2003 entschieden wurde,
hilfsweise,
die Urteile des [X.]sozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Mai 2009 und des [X.] vom 7. November 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 19. November 2003, 23. Jan[X.]r 2004, 9. März 2004 und 4. November 2004 in der [X.]estalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 26. Jan[X.]r 2006 zu verpflichten, über den 17. Dezember 2003 hinaus eine erhöhte [X.] gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LS[X.] für zutreffend. Dazu trägt er [X.] vor:

Auch eine Eheschließung könne im Hinblick auf die nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] angemessenen Kosten eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 S[X.]B X sein. Nach dem Urteil des BS[X.] vom [X.] - B 9 V 28/96 R - seien die Kosten bei arbeitsvertraglich durch einen haushaltsangehörigen Ehegatten erbrachter Pflege regelmäßig nur in geringerer Höhe angemessen als beim Einsatz einer familienfremden Pflegekraft. Dies müsse hinsichtlich der [X.] jedenfalls dann gelten, wenn die pflegende Ehefrau zum [X.]punkt der Eheschließung das Rentenalter bereits erreicht habe. Mit einer Eheschließung gingen auch Pflichten einher. Die Erbringung von Pflegeleistungen entspreche im gewissen Umfang einer ehelichen oder sittlichen Pflicht; dies sei auch im Rahmen des § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] zu berücksichtigen. Diese Vorschrift stelle auf die Angemessenheit der Kosten ab. Der Pflegebedarf reduziere sich durch freiwillige oder sittlich geschuldete Leistungen. Dies führe auch im vorliegenden Fall nicht zum Wegfall der Sozialleistung, sondern nur dazu, dass die angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen [X.] nicht überstiegen. Dies verstoße im Vergleich mit den Leistungen nach dem S[X.]B XI nicht gegen Art 3 Abs 1 [X.][X.]. Auch bestünden keine arbeitsrechtlichen Bedenken.

Im vorliegenden Fall sei durch die Eheschließung am 17.12.2003 eine wesentliche Änderung gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die beim Erlass des Bescheides vom [X.] vorgelegen hätten. Der aktuelle Pflegebedarf betrage 90 Minuten pro Tag. Dies hätten seine Ermittlungen im Rahmen des Hausbesuchs vom 7.4.2004 ergeben. Das LS[X.] hätte sich deshalb nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung gedrängt fühlen müssen. Bei dieser Ermittlung seien die [X.] außer Betracht geblieben. Auch die Feststellung des konkreten [X.]bedarfs im Vorfeld der [X.] vom [X.] sei nicht zu beanstanden. Ein Hausbesuch habe damals einen Pflegebedarf von 8 Stunden ergeben. Dass bei der Feststellung dieses Pflegebedarfs maßgeblich auch [X.] berücksichtigt worden seien, ergebe sich aus dem Protokoll, insbesondere aus den Ausführungen zur ständigen Aufsicht und Begleitung. Nach der Eheschließung seien [X.] hingegen nicht mehr berücksichtigungsfähig. Diese würden im Rahmen einer ehelichen [X.]emeinschaft aufgrund einer sittlichen und gesetzlichen Beistandspflicht wahrgenommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 S[X.][X.]).

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils des [X.] und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die tatsächlichen Feststellungen des [X.] reichen nicht aus, um abschließend darüber zu entscheiden, ob das [X.] die Berufung zu Recht zurückgewiesen und damit das die Klage abweisende Urteil des [X.] bestätigt hat.

1. Der Kläger verfolgt mit der Revision seine (isolierte) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) weiter, mit der er - unter Aufhebung der entgegenstehenden gerichtlichen Entscheidungen - erreichen will, die ihn belastenden Verwaltungsakte des [X.]n aufzuheben, soweit sie die vom [X.]n verweigerte Fortzahlung der ihm gewährten erhöhten Pflegezulage für die [X.] nach der Eheschließung mit seiner Pflegerin betreffen. Dies sind die [X.] vom 19.11.2003, 23.1.2004, 9.3.2004 und 4.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des [X.]n vom 26.1.2006, soweit der [X.] darin die Bewilligung der erhöhten Pflegezulage (§ 35 Abs 2 Satz 1 [X.]) im Hinblick auf die am 17.12.2003 erfolgte Eheschließung des [X.] ab 18.12.2003 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse (§ 48 [X.]) - zunächst vorläufig und dann endgültig - aufgehoben und hinfort nur noch die pauschale Pflegezulage nach [X.] weitergewährt hat.

Dieser [X.] ergibt sich aus der Auslegung dieser Verwaltungsakte, der der revisionsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt, also auch dem Revisionsgericht obliegt (vgl [X.], 56, 58 = [X.] 2200 § 368a [X.]; BSG [X.] 1200 § 42 [X.]; [X.] 67, 104, 110 = [X.] 3-1300 § 32 [X.]; BSG [X.] 3-1200 § 42 [X.]; BSG [X.] 4-3250 § 69 [X.] Rd[X.]7; [X.] 99, 284 = [X.] 4-2400 § 15 [X.], Rd[X.]5; BSG [X.] 4-5868 § 3 [X.] Rd[X.]9). Maßstab der Auslegung der [X.] vom 19.11.2003, 23.1.2004, 9.3.2004 und 4.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.1.2006 ist der "[X.]" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 [X.]) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl BSG [X.] 1200 § 42 [X.]; [X.] 67, 104, 110 = [X.] 3-1300 § 32 [X.]; BSG [X.] 3-1200 § 42 [X.]; [X.] 99, 284 = [X.] 4-2400 § 15 [X.], Rd[X.]5; BSG [X.] 4-5868 § 3 [X.] Rd[X.]9). Nach den gesamten Umständen des vorliegenden Falles konnte ein verständiger Beteiligter die vorgenannten Entscheidungen des [X.]n im Zusammenhang mit der Eheschließung des [X.] mit seiner Pflegerin nur so verstehen, dass der [X.] die bestandskräftige Bewilligung der erhöhten Pflegezulage nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (hierzu etwa [X.] 91, 211, RdNr 8 = [X.] 4-3100 § 35 [X.], RdNr 7) ab 18.12.2003 aufheben und damit die Höhe der Pflegezulage (Herabsetzung von der erhöhten auf die pauschale Pflegezulage nach [X.]) neu feststellen wollte, weil nach seiner Auffassung die Voraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Pflegezulage durch die Eheschließung des [X.] am 17.12.2003 weggefallen waren.

Bereits das Schreiben vom 19.11.2003 enthält eine Regelung iS des § 31 [X.]. Ein verständiger Beteiligter konnte die Erklärung des [X.]n, er werde ab Januar 2004 die Zahlung der erhöhten Pflegezulage nach § 35 Abs 2 [X.] einstellen und bis zur Neuentscheidung (nur noch) die pauschale Pflegezulage nach § 35 Abs 1 [X.] gewähren, nur als verbindliche Entscheidung werten, mit der der [X.] zugleich nach außen erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, dass er den der Zahlung der erhöhten Pflegezulage zugrunde liegenden bestandskräftigen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ab Januar 2004 aufhebe. Darüber hinaus wird eine erneute Entscheidung über die Weitergewährung in Aussicht gestellt. Damit erhält die Aufhebungsentscheidung letztlich einen vorläufigen Charakter.

Dementsprechend ist das Schreiben des [X.] vom 19.12.2003 als Widerspruch iS des § 84 SGG zu werten, mit dem das Vorverfahren eingeleitet wurde (§ 83 SGG). Denn der Kläger hat mit seinem Einwand, der abgeschlossene Pflegearbeitsvertrag sei auch nach der Verheiratung in dem bestehenden Umfang gültig und fortzuführen, deutlich gemacht, dass er eine Fortzahlung der erhöhten Pflegezulage und damit eine Überprüfung der von der Verwaltung getroffenen Entscheidung anstrebt. Dies hat zur Folge, dass die nachfolgenden - die Entscheidung vom [X.] bzw [X.] - [X.] vom 23.1.2004, 9.3.2004 und 4.11.2004 kraft Gesetzes Gegenstand des Vorverfahrens geworden sind (§ 86 SGG). Es ist deshalb unerheblich, dass der Kläger gegen den Bescheid vom 23.1.2004 entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung keinen gesonderten Widerspruch eingelegt hat.

Im Bescheid vom 23.1.2004 "über die Aufhebung des [X.]s vom [X.] und die Neufeststellung der Höhe der Pflegezulage" hat der [X.] in den Gründen, wo er im einzelnen die Änderungen der Verhältnisse nach § 48 [X.] aufgeführt hat, unter [X.] entschieden, dass "aufgrund Ihrer Eheschließung am 17.12.2003 die Vergütung entsprechend des Arbeitsvertrages vom 17.04.1997 bis zum 17.12.2003 nach § 35 Abs. 2 [X.] erstattet wird" und "für die [X.] vom 18.-31.12.2003 die pauschale Pflegezulage in Höhe von 14/31 gewährt wird". Damit hat er in Abänderung der Entscheidung vom 19.11.2003 den der Zahlung der erhöhten Pflegezulage zugrunde liegenden bestandskräftigen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bereits mit Wirkung vom 18.12.2003 aufgehoben. Die endgültige Entscheidung über die Weitergewährung der erhöhten Pflegezulage ab 18.12.2003 hat er sich unter [X.] - nach wie vor - in einem weiteren Bescheid vorbehalten.

In dem Bescheid vom 9.3.2004 ist ua in der Rubrik "Pflegezulage" ab Dezember 2003 nur die pauschale Pflegezulage in Höhe von 558 Euro als monatlich zustehender Versorgungsbezug ausgewiesen.

Die endgültige Entscheidung über die Weitergewährung der erhöhten Pflegezulage (Bestätigung der Aufhebungsentscheidung) hat der [X.] am 4.11.2004 mit dem [X.] getroffen, "Ihr Antrag auf Weitergewährung der erhöhten Pflegezulage gem. § 35 Abs. 2 [X.] nach dem 17.12.2003 wird abgelehnt" und dies damit begründet, dass "die angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage von zur [X.] 558 Euro nicht" überstiegen und deshalb "ab 18.12.2003 die Voraussetzungen für die Erhöhung der pauschalen Pflegezulage nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht mehr gegeben" seien.

Dass es sich bei dieser Abfolge von Verwaltungsakten letztlich um einen einheitlichen, nach § 48 [X.] zu beurteilenden Entscheidungsvorgang handelt, hat der [X.] im Vorverfahren berücksichtigt, indem er zunächst eine Anhörung des [X.] nach § 24 Abs 1 [X.] nachgeholt (vgl § 41 Abs 1 [X.] [X.]) und sodann den Widerspruchsbescheid vom 26.1.2006 noch einmal ausdrücklich auf § 48 [X.] gestützt hat.

2. Ob das [X.] zutreffend entschieden hat, dass der [X.] ermächtigt war, nach der Eheschließung des [X.] die Gewährung der erhöhten Pflegezulage (§ 35 Abs 2 Satz 1 [X.]) wegen Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs 1 [X.] ab 18.12.2003 aufzuheben, diese Leistung also von diesem [X.]punkt an zu entziehen, kann der erkennende Senat aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen.

           

Der insoweit als Rechtsgrundlage vorrangig zu prüfende § 48 Abs 1 Satz 1 [X.] bestimmt:

        

"Soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben."

Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt demnach einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts und im [X.]punkt der Überprüfung (also grundsätzlich bei Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung betreffend die Aufhebung) voraus (vgl etwa BSG [X.] 4-5870 § 1 [X.] Rd[X.]5 mwN; hierzu auch Schütze in von [X.], [X.], 7. Aufl 2010, § 48 Rd[X.]).

a) Ausgangspunkt der Prüfung sind die bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsakts maßgebenden Verhältnisse. Da der [X.] davon ausgegangen ist, dass dem Kläger jedenfalls bis zur Eheschließung am 17.12.2003 die erhöhte Pflegezulage nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] zustand, wird das [X.] als erstes festzustellen haben, welcher bestandskräftige Verwaltungsakt des [X.]n die für die Gewährung der erhöhten Pflegezulage bis zur Eheschließung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geregelt hat. Denn für die Anwendung des § 48 Abs 1 [X.] ist auf den Regelungsgehalt desjenigen bestandskräftigen Verwaltungsakts als "Vergleichsbescheid" abzustellen, mit dem über die Voraussetzungen, hinsichtlich derer eine wesentliche Änderung eingetreten sein soll, letztmalig entschieden worden ist (vgl [X.] in [X.] Kommentar, Stand 1. Oktober 2010, § 48 [X.] Rd[X.]6 mwN). Dies lässt sich nicht losgelöst von dem im konkreten Fall angewendeten materiellen Recht prüfen.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung der erhöhten Pflegezulage war vor der Eheschließung § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] (idF des Art 1 [X.]5 [X.] 1990 vom [X.] <[X.]l I 582>, geändert durch Art 9 [X.]2 Buchst b [X.] vom [X.] <[X.]l I 1014>). Danach wurde die in § 35 Abs 1 [X.] gesetzlich festgelegte pauschale Pflegezulage um den Mehrbetrag erhöht, wenn fremde Hilfe aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet wurde und die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage überstiegen (zur Struktur des § 35 [X.]: [X.] 92, 42 Rd[X.]3 = [X.] 4-3100 § 35 [X.] Rd[X.]9).

Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "angemessenen Kosten" hat deshalb bei Anwendung des § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] eine individuelle Prüfung der tatsächlich erforderlichen Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege zu erfolgen. Die für eine bezahlte Pflegekraft angemessenen Aufwendungen konnten deshalb weder einseitig durch Vertrag zwischen dem Beschädigten und der Pflegeperson, noch in pauschaler Weise und ohne hinreichende Rücksicht auf die individuellen Verhältnisse festgelegt werden (vgl [X.] 65, 119, 122 = [X.] 3100 § 35 [X.]1 S 75 f; BSG [X.] 4-3100 § 35 [X.] Rd[X.]5). Maßgebend war vielmehr das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit für die täglichen Verrichtungen (ohne allgemeine Hausarbeiten) je nach den besonderen Behinderungen des Beschädigten und die objektiv nach allgemeiner Erfahrung dafür notwendige Pflegetätigkeit. Im ersten Schritt war demgemäß die Art der Pflegetätigkeit und die dafür erforderliche Qualifikation der Pflegekraft zu prüfen. Im zweiten Schritt war die vergütungsmäßige Bewertung dieser Pflegetätigkeit anhand eines geeigneten Maßstabs vorzunehmen (vgl BSG [X.] 4-3100 § 35 [X.] Rd[X.]5 f).

Das [X.] hat die insoweit maßgeblichen Umstände dieses Falles nicht hinreichend festgestellt. Dem Bescheid vom [X.] lässt sich entnehmen, dass der [X.] vorliegend eine individuelle Prüfung der vor der Eheschließung aufgrund des Arbeitsvertrages vom 17.4.1997 tatsächlich erforderlichen Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege durchgeführt hat. Dabei war er hinsichtlich des Ausmaßes der Hilfebedürftigkeit, dh des zeitlichen Umfangs der Pflegetätigkeit, entsprechend dem Arbeitsvertrag von einer reinen Pflegezeit (tariflichen Arbeitszeit) von 40 Stunden wöchentlich sowie monatlich pauschal 69 Überstunden, die je zur Hälfte an Samstagen und Sonntagen geleistet wurden, ausgegangen. Als Maßstab für die vergütungsmäßige Bewertung hatte er ebenfalls entsprechend dem Arbeitsvertrag die Vergütungsgruppe 9 der [X.] in der jeweils gültigen Fassung herangezogen. Dementsprechend hatte er die für die Pflegeleistungen aufgrund des Arbeitsvertrages entstehenden Kosten als angemessene Aufwendungen anerkannt und den die Pflegepauschale nach [X.] übersteigenden Betrag als Erhöhungsbetrag festgesetzt. Den berufungsgerichtlichen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, welche genauen Umstände dieser Verwaltungsentscheidung zugrunde lagen, ob diese Umstände bis zum 17.12.2003 fortbestanden haben und ob der Bescheid vom [X.] insoweit durch spätere [X.] ersetzt worden ist.

b) Bezogen auf die noch nicht hinreichend geklärte Vergleichsgrundlage ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und ggf inwieweit sich die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse durch die Eheschließung des [X.] mit seiner Pflegerin geändert haben, insbesondere, ob und ggf inwieweit sich dadurch die aufgrund des Arbeitsvertrages vom 17.4.1997 gegen eine Vergütung geschuldete und (bis dahin) tatsächlich erforderliche Pflegetätigkeit und damit auch die für die Erhöhung der Pflegezulage nach § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] maßgebenden "aufzuwendenden angemessenen Kosten" verringert haben.

Zunächst ist die Anwendung des § 35 Abs 2 [X.] für die [X.] ab 18.12.2003 nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger und seine Pflegerin seit dem 17.12.2003 verheiratet sind. Das BSG hat bereits entschieden, dass sich aus § 35 Abs 2 Satz 1 und 2 [X.] kein Verbot von Pflegearbeitsverträgen zwischen dem pflegebedürftigen Beschädigten und seinem pflegenden Ehegatten herleiten lässt. § 35 Abs 2 Satz 1 [X.] eröffnet vielmehr ganz allgemein die Möglichkeit, die in Abs 1 genannten pauschalen Beträge der Pflegezulage zu erhöhen, wenn das Entgelt für arbeitsvertraglich geleistete Pflege diese Beträge überschreitet ([X.] - B 9 V 28/96 R, [X.] 3-3100 § 35 [X.]). Voraussetzung ist jedoch immer das Vorliegen eines wirksamen Arbeitsvertrages. Gegen die Annahme eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses bestehen dann grundsätzlich keine Bedenken, wenn der Beschädigte seine Pflegekraft heiratet und diese ihre Pflegetätigkeit unter unveränderter Beibehaltung des Arbeitsvertrages fortsetzt. Denn hier legen schon die besonderen Umstände nahe, dass die Ehefrau die Pflegetätigkeit nicht allein wegen der sittlichen und gesetzlichen Beistandspflichten gegenüber dem pflegebedürftigen Ehepartner weiter ausübt (BSG aaO [X.]). Dementsprechend haben [X.]r und [X.] im vorliegenden Fall das Bestehen eines derartigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau bejaht.

Zwischen den Beteiligten ist allein die Höhe der vom Kläger dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten streitig. Diese Höhe hängt im Wesentlichen davon ab, in welchem zeitlichen Umfang die Pflegetätigkeit der Ehefrau dabei zu berücksichtigen ist. Der [X.] und das [X.] halten insoweit eine Herabsetzung des täglichen [X.]aufwandes von 8 auf 1,5 Stunden für angebracht. Dabei gehen sie von rechtlichen Erwägungen aus, die der erkennende Senat nicht in vollem Umfang teilt. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit einer ergänzenden Sachverhaltsaufklärung.

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 4.12.1998 bereits darauf hingewiesen, dass die Kosten bei arbeitsvertraglich durch einen haushaltsangehörigen Ehegatten erbrachter Pflege regelmäßig nur in geringerer Höhe angemessen sein werden als beim Einsatz einer familienfremden Pflegekraft (BSG [X.] 3-3100 § 35 [X.]). Der vorliegende Fall gibt Veranlassung, insoweit genauere Maßstäbe zu entwickeln. Dabei sind die gegenseitigen ehelichen Unterhalts- und Beistandspflichten von Bedeutung.

Bei der in § 1353 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 [X.] geregelten Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, aus der als ein Kernbereich die gegenseitige eheliche Beistandspflicht - ua bei gesundheitlichen Störungen - hergeleitet wird (vgl hierzu Brudermüller in [X.], 69. Aufl 2010, § 1353 Rd[X.]; [X.] in [X.] Kommentar [X.], Familienrecht I, 5. Aufl 2010, § 1353 Rd[X.]1; [X.] in [X.], [X.], 2007, § 1353 RdNr 53; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2008, § 1353 Rd[X.]5), handelt es sich um eine Generalklausel. Der Inhalt der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft wird entsprechend dem heutigen Eheverständnis des bürgerlichen Rechts von den Eheleuten für ihre Ehe weitgehend durch einvernehmliche Regelungen selbst bestimmt. Das Maß des nach § 1353 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 [X.] (üblicherweise) geschuldeten Beistands richtet sich im Rahmen des dem anderen Ehegatten Zumutbaren nach dessen Möglichkeiten (vgl [X.], aaO, § 1353 RdNr 53; [X.], aaO, § 1353 Rd[X.]5). Entscheidend sind deshalb letztlich die Umstände des Einzelfalls.

Dabei ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) die Pflege eines Schwerstbehinderten über das Maß hinausgeht, das im Rahmen der gegenseitigen Beistands- und Unterhaltspflicht der Ehegatten gem §§ 1353, 1360 [X.] geschuldet wird (vgl [X.] NJW 1995, 1486, 1488). Entgegen der Auffassung des [X.] und des [X.]n werden auch Bereitschaftszeiten, die nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats "zeitlich und örtlich denselben Einsatz erfordern wie körperliche Hilfe" (vgl BSG [X.] 4-3250 § 69 [X.] Rd[X.]4 in Fortentwicklung von BSG [X.] 3-3870 § 4 [X.]2), üblicherweise nicht generell in Erfüllung einer ehelichen Beistandspflicht erbracht, denn die Aufenthaltsbeschränkung, die insoweit mit der erforderlichen (zeitlich vorgegebenen) Präsenz verbunden ist, kann das dem Ehegatten zumutbare Maß der Hilfe überschreiten. Die dafür aufzuwendenden Kosten können deshalb nicht von vornherein als unangemessen angesehen werden.

Anders sind die Kosten für zwischen einzelnen Hilfeleistungen (einschließlich Bereitschaftszeiten) liegende [X.]abschnitte zu beurteilen. Die von einer abhängig beschäftigten Pflegekraft zu erbringende Hilfeleistung wird nicht nur durch den zeitlichen Betreuungsaufwand als solchen, sondern auch durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der notwendigen Verrichtungen (bzw Bereitschaften) mitbestimmt. Die abhängig beschäftigte Hilfsperson kann grundsätzlich nicht für einzelne Handreichungen herangezogen, sondern regelmäßig nur für zusammenhängende [X.]abschnitte beschäftigt werden (vgl [X.] 98, 1 = [X.] 4-3100 § 35 [X.], Rd[X.]8). Insoweit erfasst dann ein mit einer fremden Pflegeperson geschlossener Pflegearbeitsvertrag notwendigerweise auch Zwischenzeiten, in denen keine Pflege stattfindet. Diese nicht durch Pflege, Wartung und pflegenahe Bereitschaft gebundene [X.] fällt bei einer arbeitsvertraglich durch einen haushaltsangehörigen Ehegatten erbrachten Hilfeleistung üblicherweise in den Kernbereich der Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft, denn dazu gehört in der Regel das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft an einem von den Eheleuten gemeinsam gewählten Wohnsitz (vgl [X.] NJW 1987, 1761, 1762 = FamRZ 1987, 572, 574; [X.] NJW 1990, 1847, 1849 = FamRZ 1990, 492, 495; dazu auch [X.], aaO, § 1353 RdNr 5; Brudermüller, aaO, § 1353 Rd[X.]). Würden insoweit Kosten geltend gemacht, wären diese im Rahmen des § 35 Abs 2 [X.] grundsätzlich als unangemessen anzusehen.

Hauswirtschaftliche Hilfeleistungen gehören - anders als bei der Pflegebedürftigkeit iS des § 14 [X.]I - nicht zum Pflegebedarf eines Hilflosen iS des § 35 Abs 1 [X.] (vgl etwa BSG [X.] 3-3100 § 35 [X.] S 10 ff; [X.] 90, 185, 186 = [X.] 3-3100 § 35 [X.]2 S 31 f; BSG [X.] 4-3100 § 35 [X.] Rd[X.]5). Soweit sie von einer fremden Pflegekraft während anfallender notwendiger Zwischenzeiten im Rahmen des Arbeitsvertrags erbracht werden, werden sie allerdings - wie alles, was in solche Zwischenzeiten fällt - von den angemessenen Kosten im Sinne des § 35 Abs 2 [X.] erfasst. Dies gilt jedoch nicht bei einer pflegenden Ehefrau, soweit bei dieser die Einbeziehung von Zwischenzeiten in die "aufzuwendenden angemessenen Kosten" ausscheidet.

Da das [X.] bei den von ihm als angemessen angesehenen Kosten nur Pflegeverrichtungen, nicht jedoch erforderliche Bereitschaftszeiten berücksichtigt hat, fehlt es auch in diesem Zusammenhang an berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen.

3. Die nach alledem erforderlichen weiteren Ermittlungen können im Revisionsverfahren nicht erfolgen (vgl § 163 SGG). Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Bei der weiteren Behandlung des Falles wird das [X.] ua Folgendes zu berücksichtigen haben:

Im Hinblick darauf, dass die Pflegerin bei der Eheschließung bereits 68 Jahre alt war, könnte Veranlassung bestehen, näher zu prüfen, ob die Hilfeleistungen ab dem 18.12.2003 tatsächlich weiterhin auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 17.4.1997 im Rahmen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses erbracht worden sind. Ein Indiz dafür könnte insbesondere die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen sein. Sollte das Bestehen eines wirksamen Arbeitsvertrages für die [X.] ab 18.12.2003 bejaht werden können, wäre die Höhe der dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats festzustellen.

Bei der Anwendung des § 48 Abs 1 [X.] wird ggf zu beachten sein, dass jedenfalls für die [X.] vom 18. bis 31.12.2003 durch den Bescheid vom 23.1.2004 eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung erfolgt ist. Ob der Kläger im Hinblick auf die mit Schreiben des [X.]n vom 19.11.2003 erst ab Januar 2004 erfolgte Entziehung der erhöhten Pflegezulage mit dieser Entscheidung rechnen musste (vgl § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]), erscheint fraglich.

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 9 V 2/10 R

02.12.2010

Bundessozialgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: V

vorgehend SG Potsdam, 7. November 2006, Az: S 5 SB 51/06, Urteil

§ 35 Abs 2 S 1 BVG, § 1353 Abs 1 S 2 Halbs 1 BGB, § 48 Abs 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 02.12.2010, Az. B 9 V 2/10 R (REWIS RS 2010, 803)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 803

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