Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2007, Az. III ZR 61/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 69

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[X.] [X.] vom 20. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. Dezember 2007 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Auf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 25. Januar 2007 - 23 U 2113/06 - zugelassen, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage betrifft. Auf die Revision des [X.] wird das genannte Urteil im Kosten-punkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtli-chen Kosten der [X.] zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Beschwerde des [X.] gegen das genannte Urteil wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Gerichtskosten der [X.], soweit sie zurückgewiesen wurde, und die außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 2 zu tragen. [X.] : bis 25.000 •. - 3 - Gründe: [X.] Der Kläger zeichnete am 3. November 2000 - unter Einschaltung der [X.] als Treuhänderin - eine Kommanditeinlage über 50.000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio an dem Filmfonds V.

KG. Die [X.] geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in eine wirtschaftliche Schiefla-ge. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und [X.] für [X.] Produktionen nicht abgeschlossen waren. Auf die gezahlten Be-träge wurde dem Kläger vorprozessual Provision von 4.160 DM zurückerstattet. 1 Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der genannten Erstattung und einer Ausschüttung von 766,94 • nach Schluss der mündlichen Verhand-lung des erstinstanzlichen Verfahrens - noch 23.959,14 • nebst Zinsen. Im [X.] auf die Ausschüttung hat der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international täti-gen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und [X.] für prospektverantwortlich. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nimmt der Kläger we-gen behaupteter Fehler bei der ihr von der [X.] zu 1 aufgetragenen Prü-fung des Prospekts in Anspruch. 2 - 4 - Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Beschwer-de begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil. 3 I[X.] Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nur hin-sichtlich der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage vor. 4 1. Das Berufungsgericht verneint eine Haftung beider [X.], weil der Emissionsprospekt keine Fehler erkennen lasse. Das Gesamtrisiko der [X.] werde nicht unzulässig verharmlost. Auf S. 7 des Prospekts finde sich un-ter der Überschrift "Risiken der Beteiligung" der deutliche Hinweis, dass im Ex-tremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren gehen könne. Bei der gebo-tenen sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts ergebe sich, dass [X.] erst für einzelne konkrete Filmvorhaben durch die Geschäftsführung abzuschließen seien. Die Risikobetrachtung auf S. 38 des Prospekts setze voraus, dass die Geschäftsführung das [X.] umsetze, und sei insoweit nicht zu beanstanden. 5 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. 6 a) Der [X.] hat - nach der Entscheidung des Berufungsgerichts - in sei-nen Urteilen vom 14. Juni 2007, die eine Beteiligung an derselben Fondsgesell-schaft betrafen, entschieden, dass der Emissionsprospekt im Hinblick auf die im Abschnitt "Risiken der Beteiligung" angeführte, als "[X.][X.]" den Anleger nicht deutlich genug darauf hinweist, dass seine Beteiligung dem Risiko eines Totalverlustes und nicht le-7 - 5 - diglich eines begrenzten Verlustes unterliegt, und hat darin einen Prospekt-mangel gesehen ([X.]/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; [X.]/06 Œ [X.], 1503, 1504 f Rn. 14 f). An dieser Beurteilung, auf die we-gen der maßgebenden Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der [X.] - nach erneuter Überprüfung - auch in seinem Urteil vom 22. November 2007 ([X.]/06) festgehalten. Er hat ferner eine Haftung der mit der Erstellung des [X.] betrauten [X.] zu 2 nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für möglich gehalten, wenn sich der Anleger das [X.] hat aushändigen lassen (Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/05 - [X.], 1507, 1510 Rn. 21), und sie verneint, wenn der Anleger nur darauf vertraut, dass seinem Vermittler der Inhalt des Prüfberichts bekannt sei und dieser ihn über etwaige Unzulänglichkeiten des Prospekts aufklären würde, falls Beanstandungen in dem Gutachten enthalten seien (Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1503, 1507 Rn. 28 f). Der [X.] hat diese Rechtsprechung in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2007 (III ZR 298/05 - [X.], 2281) dahin fortgeführt, zur Inanspruchnahme einer solchen Schutzwirkung sei es regelmäßig erforderlich, dass der Anleger den Bericht vor seiner Anlageentscheidung anfordere und von dessen Inhalt Kenntnis nehme. b) Schon die Abweichung des angefochtenen Urteils in der für die Haf-tung vorgreiflichen Frage der Fehlerhaftigkeit des Prospekts erfüllt die Zulas-sungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO, soweit es um die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage geht. Das angefochtene Urteil kann zur [X.] auch nicht mit anderer Begründung bestehen bleiben, weil das [X.] offen gelassen hat, ob die Beklagte zu 1 für den angeführten 8 - 6 - [X.] verantwortlich ist. Der [X.] hat in seinen Urteilen vom 14. [X.] 2007 eine Prospektverantwortlichkeit der [X.] zu 1 als (Mit-)Initiatorin oder [X.] für möglich erachtet und befunden, abschließend könne hier-über erst nach Erhebung der angebotenen Beweise entschieden werden ([X.]/06 - [X.], 1503, 1505 f Rn. 17-22; [X.]/05 - NJW-RR 2007, 1479 f Rn. 9-13). c) Die Beschwerde rügt weiter mit Recht, dass sich das Berufungsgericht mit neuem Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht auseinandergesetzt hat. Insoweit hat der Kläger unter Bezugnahme auf eine Beweisaufnahme in einem Verfahren von Anlegern gegen die hiesige Beklagte zu 1 vor dem Land-gericht [X.]behauptet, schon bei dem [X.], der VIP

KG, sei im Jahr 1999 mit Produktio-nen begonnen worden, ehe Einzelpolicen einer Erlösausfallversicherung vorge-legen hätten; ein Abschluss von [X.] sei daran gescheitert, dass seitens des Versicherers Bedingungen nachgeschoben worden seien. Die Beklagte zu 1 habe von der Tatsache, dass mit den Produktionen bereits vor Abschluss einer Erlösausfallversicherung begonnen worden sei, Kenntnis [X.]. Sollte dieser Vortrag, für den der Kläger Beweis angetreten hat, richtig sein, läge zum einen ein weiterer [X.] vor, weil dieser Umstand das gesamte der vorgesehenen Tätigkeit der [X.] zugrunde liegende Konzept verändert hätte und im Prospekt klar und eindeutig hätte dargestellt werden müssen. Denn das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung im [X.] zutreffend zugrunde, dass über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. [X.], 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - [X.] - NJW 1992, 228, 9 - 7 - 230 ), aufzuklären ist. Darüber [X.] dürfte bei der behaupteten Kenntnis der [X.] zu 1 - unabhängig vom Grad ihrer Einflussnahme auf die Gestaltung des Prospekts - ihre deliktsrechtli-che Verantwortlichkeit nach §§ 31, 826, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB nahe liegen (vgl. hierzu bereits [X.]surteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1503, 1506 Rn. 23). Gründe des Prozessrechts, dieses Vorbringen unberücksichtigt zu [X.], hat das Berufungsgericht nicht angeführt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Der Kläger war mit diesem Vorbringen nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO ausge-schlossen. Die zum Gegenstand seines Beweisantritts gemachten Tatsachen sind dem Kläger, wie er belegt hat, erst am 3. Februar 2006, also nach der Zu-stellung des erstinstanzlichen Urteils vom 18. Oktober 2005 zur Kenntnis ge-langt. Er hat ferner sein Bemühen hinreichend dargelegt, von den Vorgängen aus dem Verfahren vor dem [X.]zu einem früheren [X.]punkt Kenntnis zu erhalten. Wenn der Kläger nicht Gefahr laufen wollte, Be-hauptungen ohne eine hinreichende Grundlage in das laufende Verfahren ein-zuführen, war er auf eine Akteneinsicht, der sich die Beklagte zu 1 widersetzt haben soll, oder eine Übersendung von Protokollen angewiesen. Beide Wege entsprachen einer sachgerechten Prozessführung und verletzten die [X.] Sorgfalts- und Förderungspflicht nicht. 10 Dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen unberücksichtigt und in seinen Entscheidungsgründen unerwähnt gelassen hat, verletzt den Kläger in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG und führt ebenfalls nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Zulassung der Revision, soweit es um die gegen die Be- 11 - 8 - klagte zu 1 gerichtete Klage geht. Dies gilt auch dann, wenn man bei der Frage, ob das rechtliche Gehör verletzt worden ist, - wie geboten - von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts ausgeht, der Prospekt enthaltene einen hinreichenden Hinweis zum Totalverlustrisiko. Da nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens anders entschieden hätte, macht der [X.] von der Möglichkeit Gebrauch, mit der Zu-lassung der Revision zugleich das angefochtene Urteil in diesem Umfang auf-zuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). d) Demgegenüber kommt eine Haftung der [X.] zu 2 nicht in [X.], so dass das angefochtene Urteil insoweit im Ergebnis bestehen bleiben kann. Der Kläger, der sich das [X.] nicht persönlich hat aushändigen lassen, kann eine Haftung der [X.] zu 2 nicht mit seinem Vortrag begründen, ihm sei als seinerzeit bei der [X.]GmbH angestelltem Anlageberater der Fonds im [X.] 2000 durch den Ge-schäftsführer der Prospektherausgeberin in den Räumen seines Arbeitgebers vorgestellt worden; bei dieser Veranstaltung sei erklärt worden, eine namhafte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe den Prospekt geprüft und keinerlei Bean-standungen festgestellt; seinem Arbeitgeber sei das [X.] überlassen worden; die Existenz dieses Gutachtens sei Voraussetzung für seinen Arbeitgeber gewesen, das Produkt in sein Sortiment aufzunehmen, und für ihn als Anlageberater, die Beteiligung anderen Kunden zu empfehlen und sich selbst zu beteiligen. 12 - 9 - Wie der [X.] unter Heranziehung früherer Entscheidungen befunden hat, kommt es für die Erstreckung der Schutzwirkung und die Haftung nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Bereich der [X.] entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten Gebrauch macht und hierdurch ein Vertrauen des Anlegers erzeugt und auf seinen Willensentschluss Einfluss genommen wird (Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1503, 1507 Rn. 28). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Maß der Erstreckung der Schutzpflicht nicht allein aus der Sicht des am Vertrag nicht beteiligten [X.] zu bestimmen, sondern dass dies in erster Linie Sache der Vertragsparteien ist (vgl. [X.]surteil [X.], 257, 261). Im vorliegenden Fall ist insoweit darauf abzustellen, was zu dem [X.] - für alle Anleger lesbar - in dem Prospekt verlautbart worden ist. Wenn es dort heißt, dass "der Bericht nach Fertigstellung den von den [X.] vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt" werde, kann der Anleger den Drittschutz grundsätzlich nur dann in Anspruch nehmen, wenn er das Gutachten für seine Zwecke anfordert und es auf diese Weise zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Eine - not-wendigerweise allgemein bleibende - abgeleitete Kenntnis genügt hierfür nicht. Es besteht insoweit auch kein Anlass, den Kläger als angestellten Anlagebera-ter besser zu behandeln als einen Anleger, der seinerseits Beraterdienste in Anspruch nimmt. Sein Vertrauen stützt sich nicht auf das Gutachten unmittel-bar, sondern auf Äußerungen oder Beurteilungen hierüber von dritter Seite, für 13 - 10 - die die Beklagte zu 2 nach der dargestellten Beschränkung der Schutzwirkung nicht in Anspruch genommen werden kann. [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.10.2005 - 4 O 5496/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 23 U 2113/06 -

Meta

III ZR 61/07

20.12.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2007, Az. III ZR 61/07 (REWIS RS 2007, 69)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 69

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