Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2007, Az. III ZR 23/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 74

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[X.] [X.] 20. Dezember 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. Dezember 2007 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Auf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das Ur-teil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 22. November 2006 - 7 U 1650/06 - zugelassen, soweit es die ge-gen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage betrifft. Auf die Revision des [X.] wird das genannte Urteil im [X.] mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtli-chen Kosten der [X.] zu 2 Œ und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Beschwerde des [X.] gegen das genannte Urteil wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Gerichtskosten der [X.], soweit sie zurückgewiesen wurde, und die außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 2 zu tragen. [X.] : bis 65.000 •. - 3 - Gründe: [X.] Der Kläger zeichnete am 11. Dezember 2000 eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio an dem Filmfonds V.

KG. Die [X.] geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in ei-ne wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktions-dienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösaus-fallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen [X.]. 1 Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von noch 52.155,77 • nebst Zinsen. Im Hinblick auf eine Ausschüttung von 1.533,88 • nach Schluss der mündlichen Verhandlung des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer internatio-nal tätigen [X.] - als ([X.]in und [X.] für prospektverant-wortlich. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nimmt der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der [X.] zu 1 aufgetra-genen Prüfung des Prospekts in Anspruch. 2 Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Beschwer-de begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil. 3 - 4 - I[X.] Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nur hin-sichtlich der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage vor. 4 1. Das Berufungsgericht verneint eine Haftung beider [X.], weil der Emissionsprospekt keine Fehler erkennen lasse. Das Gesamtrisiko der [X.] werde nicht unzulässig verharmlost. Zwar werde in den "Leitgedanken" zu Beginn des Prospekts betont, dass das Verlustrisiko durch ein "Sicherheitsnetz" begrenzt werde. Es werde jedoch im nächsten Satz klargestellt, dass es sich hierbei (nur) um ein "Konzept" handele. Auf S. 7 des Prospekts finde sich unter der Überschrift "Risiken der Beteiligung" der mehr als deutliche Hinweis, dass im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren gehen könne. Eines besonderen Hinweises, dass das Sicherheitskonzept nur verwirklicht werden könne, wenn die Geschäftsführung die notwendigen Erlösausfallversicherungen auch abschließe, habe es nicht bedurft. 5 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. 6 a) Der [X.] hat - nach der Entscheidung des Berufungsgerichts - in sei-nen Urteilen vom 14. Juni 2007, die eine Beteiligung an derselben Fondsgesell-schaft betrafen, entschieden, dass der Emissionsprospekt im Hinblick auf die im Abschnitt "Risiken der Beteiligung" angeführte, als "[X.][X.]" den Anleger nicht deutlich genug darauf hinweist, dass seine Beteiligung dem Risiko eines Totalverlustes und nicht le-diglich eines begrenzten Verlustes unterliegt, und hat darin einen Prospekt-mangel gesehen ([X.]/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; [X.]/06 - [X.], 1503, 1504 f Rn. 14 f). An dieser Beurteilung, auf die wegen 7 - 5 - der maßgebenden Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der [X.] - nach erneuter Überprüfung - auch in seinem Urteil vom 22. November 2007 ([X.]/06) festgehalten. Er hat ferner eine Haftung der mit der Erstellung des [X.] betrauten [X.] zu 2 nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für möglich gehalten, wenn sich der Anleger das [X.] hat aushändigen lassen (Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/05 - [X.], 1507, 1510 Rn. 21), und sie verneint, wenn der Anleger nur darauf vertraut, dass seinem Vermittler der Inhalt des Prüfberichts bekannt sei und dieser ihn über etwaige Unzulänglichkeiten des Prospekts aufklären würde, falls Beanstandungen in dem Gutachten enthalten seien (Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1503, 1507 Rn. 28 f). Der [X.] hat diese Rechtsprechung in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2007 (III ZR 298/05 - [X.], 2281) dahin fortgeführt, zur Inanspruchnahme einer solchen Schutzwirkung sei es regelmäßig erforderlich, dass der Anleger den Bericht vor seiner Anlageentscheidung anfordere und von dessen Inhalt Kenntnis nehme. b) Schon die Abweichung des angefochtenen Urteils in der für die Haf-tung vorgreiflichen Frage der Fehlerhaftigkeit des Prospekts erfüllt die [X.] (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), soweit es um die ge-gen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage geht. Das angefochtene Urteil kann zur [X.] auch nicht mit anderer Begründung bestehen bleiben, weil das Berufungs-gericht offen gelassen hat, ob die Beklagte zu 1 für den angeführten Prospekt-mangel verantwortlich ist. Der [X.] hat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2007 eine Prospektverantwortlichkeit der [X.] zu 1 als ([X.] oder [X.] für möglich erachtet und befunden, abschließend könne hierüber erst nach Erhebung der angebotenen Beweise entschieden werden ([X.]/06 8 - 6 - - [X.], 1503, 1505 f Rn. 17-22; [X.]/05 - NJW-RR 2007, 1479 f Rn. 9-13). c) Die Beschwerde rügt weiter mit Recht, dass sich das Berufungsgericht mit neuem Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht auseinandergesetzt hat. Insoweit hat der Kläger unter Bezugnahme auf eine Beweisaufnahme in einem Verfahren von Anlegern gegen die hiesige Beklagte zu 1 vor dem Land-gericht [X.]behauptet, schon bei dem [X.], der VIP

KG, sei im Jahr 1999 mit Produktio-nen begonnen worden, ehe Einzelpolicen einer Erlösausfallversicherung vorge-legen hätten; ein Abschluss von [X.] sei daran gescheitert, dass seitens des Versicherers Bedingungen nachgeschoben worden seien. Die Beklagte zu 1 habe von der Tatsache, dass mit den Produktionen bereits vor Abschluss einer Erlösausfallversicherung begonnen worden sei, Kenntnis [X.]. Sollte dieser Vortrag, für den der Kläger Beweis angetreten hat, richtig sein, läge zum einen ein weiterer Prospektmangel vor, weil dieser Umstand das gesamte der vorgesehenen Tätigkeit der [X.] zugrunde liegende Konzept verändert hätte und im Prospekt klar und eindeutig hätte dargestellt werden müssen. Denn das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung im [X.] zutreffend zugrunde, dass über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. [X.], 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - [X.] - NJW 1992, 228, 230 ), aufzuklären ist. Darüber [X.] dürfte bei der behaupteten Kenntnis der [X.] zu 1 - unabhängig vom Grad ihrer Einflussnahme auf die Gestaltung des Prospekts - ihre deliktsrechtli-che Verantwortlichkeit nach §§ 31, 826, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB nahe liegen (vgl. hierzu bereits [X.]surteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1503, 1506 Rn. 23). 9 - 7 - Gründe des Prozessrechts, dieses Vorbringen unberücksichtigt zu [X.], hat das Berufungsgericht nicht angeführt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Der Kläger war mit diesem Vorbringen nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO ausge-schlossen. Die zum Gegenstand seines Beweisantritts gemachten Tatsachen sind dem Kläger, wie er belegt hat, erst am 3. Februar 2006, also nach der Zu-stellung des erstinstanzlichen Urteils vom 26. Oktober 2005, zur Kenntnis ge-langt. Er hat ferner sein Bemühen hinreichend dargelegt, von den Vorgängen aus dem Verfahren vor dem [X.]zu einem früheren [X.]punkt Kenntnis zu erhalten. Wenn der Kläger nicht Gefahr laufen wollte, Behauptungen ohne eine hinreichende Grundlage in das laufende Verfahren einzuführen, war er auf eine Akteneinsicht, der sich die Beklagte zu 1 widersetzt haben soll, oder eine Übersendung von Protokollen angewiesen. Beide Wege entsprachen einer sachgerechten Prozessführung und verletzten die [X.] Sorgfalts- und Förderungspflicht nicht. 10 Dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen unberücksichtigt und in seinen Entscheidungsgründen unerwähnt gelassen hat, verletzt den Kläger in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG und zwingt nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Zulassung der Revision, soweit es um die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage geht. Dies gilt auch dann, wenn man bei der Frage, ob das rechtliche Gehör verletzt worden ist, - wie geboten - von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts ausgeht, der Prospekt enthaltene einen hinreichenden Hinweis zum Totalverlustrisiko. Da nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens anders entschieden hätte, macht der [X.] von der Möglichkeit Gebrauch, mit der Zu-lassung der Revision zugleich das angefochtene Urteil in diesem Umfang auf-11 - 8 - zuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). d) Demgegenüber kommt eine Haftung der [X.] zu 2 nicht in [X.], so dass das angefochtene Urteil insoweit im Ergebnis bestehen bleiben kann. Der Kläger, der sich das [X.] nicht vor seiner An-lageentscheidung hat aushändigen lassen, kann eine Haftung der [X.] zu 2 nicht mit seinem Vortrag begründen, die Anlageberaterin S. der [X.]-Bank habe ihm die Beteiligung empfohlen und mitgeteilt, dass es ein beanstan-dungsfreies [X.] gebe; er - der Kläger - habe auf die im [X.] enthaltenen Angaben vertraut; die Beraterin hätte die Beteiligung ohne das beanstandungsfreie Gutachten nicht empfohlen. Wie der [X.] unter Heranziehung früherer Entscheidungen befunden hat, kommt es für die Erstreckung der Schutzwirkung und die Haftung nach den Grundsät-zen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Bereich der Experten-haftung entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten Gebrauch macht und hierdurch ein Vertrauen des Anlegers erzeugt und auf seinen Willensentschluss Einfluss genommen wird (Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.]/06 - [X.], 1503, 1507 Rn. 28). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Maß der Erstreckung der Schutzpflicht nicht allein aus der Sicht des am Vertrag nicht beteiligten [X.] zu bestimmen, sondern dass dies in erster Linie Sache der Vertragsparteien ist (vgl. [X.]surteil [X.], 257, 261). Im vorliegenden Fall ist insoweit darauf abzustellen, was zu dem [X.] - für alle Anleger lesbar - in dem Prospekt verlautbart worden ist. Wenn es dort heißt, dass "der Bericht nach Fertigstellung den von den [X.] vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt" werde, kann der Anleger den Drittschutz grundsätzlich nur dann in Anspruch nehmen, wenn er das Gutachten für seine Zwecke anfordert 12 - 9 - und es auf diese Weise zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Solchen Sachvortrag weist die Beschwerde auch in ihrem Schriftsatz vom 20. Sep-tember 2007 nicht auf. [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.11.2005 - 4 O 24399/04 - [X.], Entscheidung vom 22.11.2006 - 7 U 1650/06 -

Meta

III ZR 23/07

20.12.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2007, Az. III ZR 23/07 (REWIS RS 2007, 74)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 74

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