Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2022, Az. 30 W (pat) 35/20

30. Senat | REWIS RS 2022, 288

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Gegenstand

Markenbeschwerdesache/Löschungsverfahren – "Kremlinoff (Wortzeichen)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltebedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 030 263

(hier: Löschungsverfahren [X.])

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 7. April 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] Merzbach

beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 22. Mai 2014 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

wurde am 17. Juni 2014 für die Waren der

4

„Klasse 29: Fleisch; Geräucherte Wurst; Lebensmittelpasteten aus Fleisch; Wurst und Würste; Wurstwaren

5

Klasse 30: Fertiggerichte, die Teigwaren enthalten; Gefüllte Teigwaren“

6

in das Markenregister eintragen.

7

Mit einem am 1. Juli 2016 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 [X.] beantragt.

8

Die Markeninhaberin und Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag, der ihr am 29. Juli 2016 zugestellt worden war, mit am 3. August 2016 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz widersprochen.

9

Mit Beschluss vom 14. August 2020 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]s den Löschungsantrag zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, die angegriffene Marke sei keine beschreibende Angabe [X.]. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und verfüge über hinreichende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Bei der streitgegenständlichen Marke [X.] handele es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien um eine Wortneuschöpfung aus dem Begriff „[X.]“ und einer im [X.] typischen Endung für Eigennamen. Nach der von der Antragstellerin vorgelegten beglaubigten Übersetzung stelle das [X.] eine künstlich erschaffene Kreation dar. Zwar könnten auch [X.] zur Beschreibung von Produktmerkmalen [X.]. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] eingesetzt werden. Das setze aber insbesondere voraus, dass die fragliche Bezeichnung eine ohne weiteres verständliche, glatt beschreibende Aussage vermittele, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Endung „-inoff“ besitze – auch nach dem Vortrag der Antragstellerin – keinerlei Bedeutungsgehalt, insbesondere nicht im Hinblick auf Produkteigenschaften. Damit könne der Wortbestandteil auch in Kombination mit einem anderen Begriff keine unmittelbar beschreibende Gesamtaussage bilden. Die streitgegenständliche Marke [X.] stelle sich allenfalls als Wortspiel dar, das Assoziationen an den [X.], den [X.] Regierungssitz, wecke und darüber hinaus durch die typische Namensendung eine Art Personifizierung beinhalte. Eine eindeutige, unmissverständliche Sachaussage werde hingegen nicht erzeugt.

Aus diesem Grund könne der Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden. Ihr Bedeutungsgehalt erschöpfe sich weder in einer unmittelbar [X.] Angabe noch in einer Aussage mit sachlichem Bezug zu den beanspruchten Waren. Zwar möge der Begriff [X.] Vorstellungen und Erwartungen hinsichtlich einer besonderen, dem [X.] [X.] und heutigem Regierungssitz angemessene Qualität wecken. Allerdings vermittele die Marke einen derartigen Hinweis allenfalls sehr indirekt, so dass die Bezeichnung weniger eine klare und eindeutige Werbebotschaft sei als eine sprechende Marke mit beschreibendem Anklang.

Gegen die Zurückweisung des Löschungsantrags durch die Markenabteilung 3.4 wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, zu der sie jedoch weder einen Antrag gestellt noch eine Begründung eingereicht hat.

Im Verfahren vor dem [X.] hat sie eine beglaubigte Übersetzung eingereicht (Anlage [X.]), wonach es sich bei dem Begriff [X.] um ein Kunstwort handele und die Endung „-inoff“ ein gewöhnlich in Nachnamen vorkommendes Suffix ohne Bedeutungsgehalt sei. Das [X.] werde deshalb durch den Bestandteil „[X.]“ gekennzeichnet. Die angesprochenen russischsprachigen Durchschnittsverbraucher würden dies ohne weiteres erkennen. So denke der Verkehr, dass eine mit [X.] gekennzeichnete Wurst aus dem [X.] komme bzw. im [X.] verzehrt werde. Die maßgeblichen Verkehrskreise würden die vorliegende Bezeichnung deshalb als Herkunfts- und Qualitätsangabe dahingehend verstehen, dass das Produkt eine sehr hohe „Abstammung“, nämlich den [X.] habe.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht zur Sache geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Vor der Markenabteilung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, bei dem Wort [X.] handele es sich um einen [X.]. Das ergebe sich aus der von der Antragstellerin selbst vorgelegten beglaubigten Übersetzung. Als [X.] sei die angegriffene Marke eine typische unterscheidungskräftige Bezeichnung, die auch nicht freihaltebedürftig sei.

Allein das Benutzen des Wortstamms „[X.]“ reiche nicht aus, um der Marke die Unterscheidungskraft abzusprechen. Bloße Assoziationen und eine durch mehrere Gedankenschritte hergestellte Verbindung mit dem Wort „[X.]“ reichten für die Verneinung jeglicher Unterscheidungskraft nicht aus. Überdies werde ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher in [X.] keinerlei beschreibende Sachangabe für Wurst- und Fleischwaren erkennen. Der Verkehr habe deshalb kein Interesse an der freien Verwendung der angegriffenen Marke.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist für ihre Zulässigkeit kein (konkreter) Antrag erforderlich. Fehlt, wie vorliegend, ein Antrag, muss von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang ausgegangen werden (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 66 Rn. 40).

Die Beschwerde der Löschungsantragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg, denn die angegriffene Marke stellt sich nicht als beschreibende Angabe [X.]. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar. Überdies verfügt sie über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. [X.] [X.]s hat den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit und Löschung der Wortmarke [X.] daher zu Recht zurückgewiesen (§§ 50 Abs. 1, Abs. 2, 54 [X.]).

A. Schon während des [X.] ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie ([X.]) 2015/2436 des [X.] und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ([X.] I 2018, [X.]) mit Wirkung vom 14. Januar 2019 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht.

Da der Löschungsantrag am 1. Juli 2016 und damit vor dem 14. Januar 2019 gestellt worden ist, ist § 50 Abs. 2 [X.] in seiner bisher geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 8 [X.] n. F.). Die neue Fassung des § 50 Abs. 1 [X.] ist seit ihrem Inkrafttreten am 14. Januar 2019 anwendbar, da insoweit keine Übergangsregelung existiert (vgl. [X.] I ZB 42/19 Rn. 24 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung [X.]; [X.] I ZB 21/20 Rn. 10 – Black Friday).

Weiter anzuwenden ist auch die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 54 [X.] in der bis zum 30. April 2020 geltenden Fassung (vgl. Art. 5 Abs. 3 MarkenrechtsmodernisierungsG).

Dem in seiner Begründung konkret auf die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] gestützten und auch ansonsten nach §§ 54, 50 [X.] zulässigen Löschungsantrag der Beschwerdeführerin hat die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des § 54 Abs. 2 S. 2 [X.] widersprochen, so dass die Voraussetzungen zur Durchführung des [X.] gemäß § 54 Abs. 2 S. 3 [X.] vorliegen.

B. Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 [X.] gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von [X.] zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 [X.] verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das [X.] sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke ([X.], 565 (Nr. 10) – [X.]; [X.] 2014, 483 (Nr. 22) – test; [X.] 2013, 1143 (Nr. 15) – Aus Akten werden Fakten) bestanden hat als auch – soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-9 [X.] geht – im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen, nicht möglich, muss es – gerade in Grenz- oder Zweifelsfällen – bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden habe (vgl. [X.], 565 Rn. 18 – [X.]; BPatG [X.] 2006, 155 - Salatfix).

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieser Vorschrift besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 8 Rn. 408). Es genügt also, wenn das angemeldete Zeichen in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. [X.] [X.] 1999, 723 Rn. 30, 31 – [X.]; [X.] 2004 Rn. 56 – Postkantoor). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.] [X.] 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 442 und 443).

Ist die Eignung der angemeldeten Marke für die Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen festgestellt, setzt das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] keinen weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweis voraus, dass und in welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird; vielmehr reicht aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr., vgl. z. B. [X.] [X.] 2004, 674 Rn. 97 – Postkantoor; [X.] 2008, 160 Rn. 35 – [X.]; [X.] Int. 2010, 503 Rn. 37 – [X.]; [X.] 2010, 534 Rn. 52 – [X.]; [X.] [X.] 2012, 272 Rn. 12, 17 – [X.]; [X.] 2012, 276 Rn. 8 – [X.]; siehe auch [X.] in [X.]/ [X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 431ff.). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es – in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich – ein oder mehrere Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] [X.] 2004, 146 Rn. 32 - DOUBLEMINT).

2. Nach diesen Maßstäben besteht an der angegriffenen Wortmarke [X.] kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Sie besteht nicht ausschließlich aus [X.] Angaben, so dass ein Bedürfnis an einer freien Verwendbarkeit der Allgemeinheit, insbesondere der Mitbewerber der Anmelderin nicht besteht.

Nach dem übereinstimmenden [X.] handelt es sich bei [X.] um eine Wortneuschöpfung aus dem Begriff „[X.]“ und einer im [X.] typischen Endung für Eigennamen wie [X.] und [X.]. Das ergibt sich aus der von der Antragstellerin vorgelegten beglaubigten Übersetzung vom 30. Juni 2016, der die Markeninhaberin „in vollem Umfang“ zustimmt. Dieser zufolge handelt es sich bei [X.] um ein künstlich erschaffenes Wort.

Aus der bloßen Neuheit einer Marke kann allerdings noch nichts über ihre (fehlende) Eignung zur Beschreibung hergeleitet werden ([X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 8 Rn. 440), weil auch [X.] einen produktbeschreibenden Aussagegehalt aufweisen können (BPatG 30 W (pat) 513/20 – eBikeKey). Das setzt jedoch voraus, dass der beschreibende Aussagegehalt einer Angabe so deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass diese ihre Funktion als Sachbegriff ohne weiteres erfüllen kann ([X.] in [X.]/[X.]/Thiering, aa[X.], § 8 Rn. 603). Dazu müssen die beteiligten Verkehrskreise einen konkreten und direkten Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren herstellen können ([X.] in [X.]/[X.]/Thiering, aa[X.], § 8 Rn. 441). Das ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar mag die Endung „-inoff“ dem Verkehr z.B. als Suffix in Nachnamen geläufig sein, nicht aber- worauf die Markenstelle zutreffend abgestellt hat - als sachbezogene Angabe zur Benennung von Produkteigenschaften. Unbestritten hat sie für sich betrachtet keinen Bedeutungsgehalt. Soweit die Antragstellerin daraus schließt, der Verkehr werde sich lediglich an dem Bestandteil „[X.]“ orientieren und der Marke deshalb die beschreibende Bedeutung beimessen, die Wurst komme aus dem [X.] oder werde dort verzehrt, kann dem nicht gefolgt werden. So bemisst sich das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ausschließlich danach, ob die Marke, hier [X.], in ihrer angemeldeten Form für sich eine beschreibende Angabe darstellt, ohne dass weitere Elemente hinzugedacht oder weggelassen werden dürfen (Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, aa[X.], § 8 Rn. 450). Die unstrittig bedeutungslose und damit nicht sachbeschreibende Endung „-inoff“ darf deshalb bei der Schutzfähigkeitsprüfung nicht vernachlässigt werden. Sie macht aus dem Gesamtbegriff ein Fantasiewort ohne unmittelbar beschreibende Bedeutung. Soweit sich aus [X.] Assoziationen an den [X.], den [X.] Regierungssitz, ergeben mögen und das [X.] darüber hinaus durch die typische Namensendung eine Art Personifizierung beinhaltet, liegt darin gerade keine eindeutige, unmissverständliche Sachaussage. Die angegriffene Marke erfüllt damit nicht den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], weil sie zur Beschreibung der beanspruchten Waren nicht geeignet ist und deshalb auch nicht von Mitbewerbern benötigt wird.

3. Der angegriffenen Marke [X.] kann in Bezug auf die beanspruchten Waren auch nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden.

a. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] 2015, 1198, Rn. 59 – [X.]; [X.] [X.] 2020, 411, Rn. 10 – #darferdas? [X.]; [X.] 2018, 301, Rn. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934, Rn. 9) – [X.]; jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2014, 373, Rn. 20 – [X.]; [X.] 2010, 228, Rn. 33 – Vorsprung durch Technik; [X.] a. a. [X.] – #darferdas? [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein [X.] begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. [X.] – [X.]). Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung nicht nur umfassend, sondern auch streng sein muss, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (vgl. zuletzt [X.], [X.], [X.]/18, Rn. 28 – #darferdas?); entsprechendes gilt im Löschungsverfahren. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428, Rn. 53 – [X.]; [X.] a. a. [X.], Rn. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412, Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 376, Rn. 11 – grill meister).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.] 2013, 519, Rn. 46 – [X.]; [X.] 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; [X.] [X.] 2017, 186, Rn. 30 und 32 – [X.]; [X.] 2014, 1204 Rn. 12 – [X.]; [X.] 2014, 569, Rn. 14 – [X.]; [X.] 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat).

b. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen kommt der streitgegenständlichen Marke [X.] die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu.

Der Bedeutungsgehalt der angegriffenen Marke erschöpft sich, wie bereits ausgeführt, nicht in einer unmittelbar [X.] Angabe. Zudem wird der maßgebliche Verkehr dem [X.] keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen.

Zwar mag eine Kennzeichnung der Waren mit [X.] beim Verkehr die von der Antragstellerin angeführten Vorstellungen und Erwartungen hinsichtlich einer besonderen, dem [X.] [X.] und heutigen Regierungssitz angemessenen Qualität wecken. Allerdings vermittelt sie – wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat - einen derartigen Hinweis allenfalls nur sehr indirekt, so dass die Bezeichnung auf den Verkehr, zu dem wegen der [X.] Schreibweise auch [X.] Verbraucher zählen, nicht wie eine Werbebotschaft wirkt. Dafür ist der erforderliche Interpretationsaufwand zu groß. Der Verkehr müsste zunächst den Bestandteil „[X.]“ erkennen, was wegen der Silbentrennung „Krem-li-noff“ nicht ohne weiteres auf der Hand liegt. Soweit „[X.]“ erkannt wird, bleibt es überdies vage und verschwommen, welches Qualitätsmerkmal sich aus der Anspielung auf den [X.] [X.] und heutigen Regierungssitz ergibt. Es ist nicht erkennbar und wurde von der Antragstellerin auch nicht belegt, dass der Begriff „[X.]“ gebräuchlich ist, um auf die besondere Qualität von Nahrungsmitteln hinzuweisen. Auch die nach der Antragstellerin in [X.] enthaltene Anspielung auf eine „sehr hohe Abstammung“ ist zu unbestimmt, um das [X.] ausschließlich als werbemäßigen Qualitätshinweis zu verstehen.

Im Ergebnis ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass der angesprochene Verkehr dem Kunstwort [X.] einen betrieblichen Herkunftshinweis entnimmt. Insofern kann nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verneint werden.

4. Die Beschwerde der Antragstellerin ist daher zurückzuweisen.

C.Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 35/20

07.04.2022

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 2 MarkenG vom 12.03.2004, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG, § 158 Abs 8 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2022, Az. 30 W (pat) 35/20 (REWIS RS 2022, 288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 288

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I ZB 21/20

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