Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.09.2021, Az. 26 W (pat) 20/20

26. Senat | REWIS RS 2021, 2690

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Marbo Red/MARLBORO/Marlboro SELECTED PREMIUM TOBACCOS (IR-Marke, Wort-Bildmarke)/MARLBORO TRUE RED (Unionswortmarke)/Marlboro true red (Unionsmarke, Wort-Bildmarke)/Marlboro simply red (Unionsmarke, Wort-Bildmarke)" – teilweise Warenähnlichkeit, teilweise identische Waren – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 13. September 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 23. März 2017 angemeldet und am 11. Mai 2017 unter der Nummer 30 2017 209 676 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Waren der

4

[X.]: Aromen für elektronische Zigaretten, ausgenommen ätherische Öle; Elektronische Shishas; Elektronische Tabakpfeifen; Elektronische Zigaretten; Elektronische Zigarren; Liquide für elektronische Zigaretten; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus pflanzlichem Glyzerin; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus Propylenglykol; Nikotinliquide für elektronische Zigaretten; Zerstäuber für elektronische Zigaretten.

5

Gegen die Eintragung dieser [X.]ke, die am 16. Juni 2017 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdegegnerin Widersprüche erhoben aus der

6

1. aus der Wortmarke

7

[X.]

8

die am 22. Dezember 1982 angemeldet und am 2. August 1983 unter der Nummer 1 051 914 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden ist für Waren der

9

[X.]: Rohtabak und Tabakfabrikate; Raucherartikel, nämlich Tabaksdosen, Zigarren- und Zigarettenspitzen, -etuis, [X.] (sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetall oder damit plattiert), Pfeifenständer, -reiniger, -bestecke, Zigarrenabschneider, Tabakpfeifen, -beutel, Feuerzeuge, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Zigarettenpapier, [X.], [X.], Feuchthalter für Tabakwaren; Streichhölzer;

2. aus der nach dem [X.] Protokoll unter der Nummer 1 204 795 am 3. Februar 2014 international registrierten Wort-/Bildmarke („Red, dark red and gray“)

Abbildung

die seit dem 8. April 2015 Schutz in der [X.] genießt für Waren der

[X.]: [X.], [X.]; [X.], [X.], [X.], [X.], tobacco for roll-your-own [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]; snus; tobacco substitutes (not for medical purposes); smokers' articles, including cigarette paper and tubes, [X.], [X.], [X.], pipes, pocket apparatus for rolling [X.], lighters; matches;

3. aus der Unionswortmarke

[X.] [X.] [X.]

die am 5. Mai 2015 angemeldet und am 22. September 2015 unter der Nummer 014 027 701 in das beim Amt der [X.] für geistiges Eigentum ([X.]) geführte Register eingetragen worden ist für Waren der

[X.]: Tabak, roh oder verarbeitet; Tabakerzeugnisse; Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Tabak zum Drehen von Zigaretten, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Nelkenzigaretten; Snus-Tabak; Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Elektronische Zigaretten; Tabakerzeugnisse zum Erhitzen; Elektronische Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen; Raucherartikel einschließlich Zigarettenpapier, [X.], [X.], Tabakdosen, Zigarettenbehälter und [X.], Pfeifen, Taschenapparate zum Drehen von Zigaretten, Feuerzeuge, Streichhölzer;

4. aus der Unionswort-/Bildmarke (Rot; [X.]; Beige)

Abbildung

die am 5. Mai 2015 angemeldet und am 23. September 2015 unter der Nummer 014 029 649 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden ist für Waren der

[X.]: Tabak, roh oder verarbeitet; Tabakerzeugnisse; Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Tabak zum Drehen von Zigaretten, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Nelkenzigaretten; Snus-Tabak; Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Elektronische Zigaretten; Tabakerzeugnisse zum Erhitzen; Elektronische Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen; Raucherartikel einschließlich Zigarettenpapier, [X.], [X.], Tabakdosen, Zigarettenbehälter und [X.], Pfeifen, Taschenapparate zum Drehen von Zigaretten, Feuerzeuge, Streichhölzer;

und

5. aus der Unionswort-/Bildmarke (Rot; [X.]; Beige)

Abbildung

die am 5. Mai 2015 angemeldet und am 22. September 2015 unter der Nummer 014 027 651 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden ist für Waren der

[X.]: Tabak, roh oder verarbeitet; Tabakerzeugnisse; Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Tabak zum Drehen von Zigaretten, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Nelkenzigaretten; Snus-Tabak; Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Elektronische Zigaretten; Tabakerzeugnisse zum Erhitzen; Elektronische Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen; Raucherartikel einschließlich Zigarettenpapier, [X.], [X.], Tabakdosen, Zigarettenbehälter und [X.], Pfeifen, Taschenapparate zum Drehen von Zigaretten, Feuerzeuge, Streichhölzer.

Mit Beschluss vom 15. Januar 2020 hat die [X.]kenstelle für [X.] des [X.] die Löschung der angegriffenen [X.]ke angeordnet, weil deren Benutzung die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten [X.] ohne rechtfertigenden Grund ausnutzen würde (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.]). Trotz teilweiser Warenidentität und -ähnlichkeit sowie hoher Kennzeichnungskraft der [X.] im Bereich Zigaretten und Tabak könne die jüngere [X.]ke infolge der starken Verkürzung klanglich und schriftbildlich ausreichend sicher von den älteren [X.]ken unterschieden werden, so dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Die [X.]ke „[X.]“ sei im [X.] Kollisionsgebiet amtsbekannt die umsatzstärkste und bekannteste [X.]ke im Bereich „Zigaretten/Tabak“. Die angegriffene [X.]ke verwende Elemente der bekannten [X.]-[X.]ken und lehne sich auffällig an die [X.]ke „[X.] Red“ an, die gewissermaßen der Klassiker unter den [X.]-[X.]ken sei. Aufgrund der hohen Bekanntheit der [X.] im Bereich „Zigaretten/Tabak“ verknüpften die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene [X.]ke gedanklich mit den älteren [X.]ken, sofern sie ihnen im Bereich „Aromen/Liquide/elektronische Zigaretten etc.“ begegne. Sie rufe sofort und unmittelbar die [X.] „[X.]“ in Erinnerung und erreiche aufgrund dieser Annäherung die Aufmerksamkeit des Verkehrs. Die jüngere [X.]ke nutze die Wertschätzung und Unterscheidungskraft der älteren [X.]ken ohne rechtfertigenden Grund aus, weil sie sich deren Bekanntheit und Gütevorstellung zunutze mache und sich insoweit in deren Sogwirkung begebe. Ein rechtfertigender Grund dafür sei weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Einer Differenzierung nach den jeweils konkret von den [X.] beanspruchten Produkten bedürfe es nicht, da sich alle Waren im Bereich „Zigaretten/Tabak“ etc. bewegten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen [X.]ke, die von einer Begründung ihrer Beschwerde abgesehen hat. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie zunächst die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Widersprüche bestritten. Nachdem ihr das [X.] mit Bescheid vom 24. Oktober 2018 unter Übersendung von Abdrucken der per Fax empfangenen Widerspruchserklärungen mitgeteilt hat, dass diese fristgerecht am 18. September 2017 erhoben worden seien, hat sie diesen Einwand nicht mehr aufgegriffen. Weiter ist sie im Amtsverfahren der Ansicht gewesen, die beiderseitigen Waren seien bis auf „elektronische Zigaretten“ unähnlich. Für die jüngere [X.]ke seien elektronische Raucherartikel und Zubehör eingetragen, während sich der Schutz der [X.] auf „echte“ Raucherartikel nebst Zubehör beziehe. Die Vergleichsmarken unterschieden sich in jeder Hinsicht deutlich voneinander. In schriftbildlicher Hinsicht wichen sie – je nach Widerspruchsmarke – nach der Wortanzahl bzw. der Wortlänge, der Schreibweise in Groß- oder Kleinbuchstaben, teilweise auch in der Schriftgröße und/oder den Bildbestandteilen deutlich voneinander ab. In klanglicher Hinsicht stimme die jüngere [X.]ke immer nur mit der ersten und/oder dritten phonetischen Komponente der älteren [X.]ken überein. Gegen eine überragende Bekanntheit der [X.] spreche schon das Verbot der Tabakwerbung, weshalb der Verkehr diese weitgehend gar nicht zu sehen bekomme. Ferner bestreitet sie die Echtheit, inhaltliche Richtigkeit und Relevanz der von der Widersprechenden zum Nachweis der Bekanntheit vorgelegten Unterlagen. Mit „[X.] [X.]“ werde zudem keine Geschmacksrichtung bezeichnet.

Die Inhaberin der angegriffenen [X.]ke beantragt sinngemäß,

den Beschluss der [X.]kenstelle für [X.] des [X.] vom 15. Januar 2020 aufzuheben und die Widersprüche zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie die Ansicht vertreten, die Widersprüche seien fristgemäß am 18. September 2017 eingelegt worden. Die Waren der [X.] seien teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich. Die [X.] verfügten über eine überragende Bekanntheit und sehr hohe Kennzeichnungskraft, weil es sich bei „[X.]“ um eine der bekanntesten [X.]ken weltweit handele. Zum Nachweis hat die Widersprechende mehrere [X.]kenrankings von 1984 bis 2005, 2008, 2009 und 2014, Presseartikel von 2011 und 2012, Entscheidungen des [X.] und Auszüge aus dem Jahresbericht 2008 der P…
 Inc. vorgelegt. Die Zigarettenmarke „[X.]“ werde in einer Verpackung mit
dem roten sog. „[X.]-Dach“ angeboten. „[X.] [X.]“ werde vom Verkehr als Geschmacksrichtung aufgefasst, wie mehrere im [X.] belegten. Die Vergleichsmarken seien ähnlich. Vor allem die [X.] „[X.] simply red“ und „[X.] [X.] [X.]“ wiesen eine hochgradige Ähnlichkeit auf, weil die Wörter „[X.]“ und „[X.]“ den Bestandteil „[X.]“ nur betonten. Vor diesem Hintergrund sei eine Verwechslungsgefahr gegeben. Darüber hinaus greife der Sonderschutz bekannter [X.]ken durch. Die angegriffene [X.]ke „[X.]“ nehme auf „[X.]“ bzw. die benutzte Form „[X.] [X.]“ Bezug, so dass die Unterscheidungskraft und Wertschätzung dieser bekannten [X.]ke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt und beeinträchtigt werde.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 2. Juni 2021 ist darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe und dass entgegen der Ansicht der [X.]kenstelle eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Da es sich vorliegend um ein Verfahren über Widersprüche handelt, die nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden sind, ist die Bestimmung des § 42 Absatz 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

A. Die Widersprüche sind zulässig, sie sind insbesondere rechtzeitig eingelegt worden.

Die dreimonatige Widerspruchsfrist gemäß § 42 Abs. 1 [X.] hat am Tag der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen [X.]ke, also am 16. Juni 2017, zu laufen begonnen (§ 187 Abs. 1 BGB) und hat mit Ablauf des 16. September 2017 geendet. Da der 16. September 2017 ein Samstag gewesen ist, hat sich das Fristende auf Montag, den 18. September 2017, verschoben (§§ 188 Abs. 2, 193 BGB). Wie bereits das [X.] den Verfahrensbeteiligten mit Bescheid vom 24. Oktober 2018 unter Übersendung von Abdrucken der per Fax empfangenen Widerspruchserklärungen mitgeteilt hat, sind die Widersprüche am 18. September 2017 vorab per Telefax eingereicht worden. Dies geht aus den maschinell erstellten Fax-Sende- und Empfangsdaten hervor, mit denen die vorab per Fax eingereichten Widerspruchserklärungen versehen sind. Der Beschwerdeführerin lagen zunächst offenbar nur Doppel der einen Tag später nachgereichten Originale vor.

B. Die Widersprüche sind auch begründet. Zwischen der angegriffenen Wortmarke „[X.]“ und den fünf [X.] besteht die Gefahr von Verwechslungen. Die [X.]kenstelle hat daher im Ergebnis zu Recht die Löschung der jüngeren [X.]ke angeordnet.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der [X.]ken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren [X.]ke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der [X.]ken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren [X.]ke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: [X.] GRUR 2020, 52 [X.]. 41 - 43 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 356 [X.]. 45 f. – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] 2019, 1058 [X.]. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 [X.]. 9 – [X.]/[X.] Club m. w. N.).

I. Widerspruch aus der älteren Wortmarke „[X.]“ (1 051 914)

Zwischen der angegriffenen Wortmarke „[X.]“ und der [X.] „[X.]“ besteht Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

1. Ausgehend von der maßgeblichen [X.] können sich die Vergleichsmarken auf durchschnittlich ähnlichen Waren begegnen.

a) Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] [X.], 356 [X.]. 65 – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] 2014, 488 [X.]. 12 – [X.]/[X.]; [X.], 176, 177 [X.]. 16 – [X.]). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der [X.]ken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist ([X.] – [X.]/[X.]; a. a. [X.] [X.]. 17 – [X.]). Das stärkste Gewicht kommt im Hinblick auf die Herkunftsfunktion der [X.]ke der regelmäßigen betrieblichen Herkunft, also dem gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich für die Qualität der Waren und/oder Dienstleistungen zu, während der regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsstätte ein geringeres Gewicht zugemessen wird.

b) Die für die jüngere [X.]ke eingetragenen Waren „Aromen für elektronische Zigaretten, ausgenommen ätherische Öle; Elektronische Shishas; Elektronische Tabakpfeifen; Elektronische Zigaretten; Elektronische Zigarren; Liquide für elektronische Zigaretten; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus pflanzlichem Glyzerin; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus Propylenglykol; Nikotinliquide für elektronische Zigaretten; Zerstäuber für elektronische Zigaretten“ weisen zu den Widerspruchsprodukten „Tabakfabrikate; Tabakpfeifen“ eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit auf.

Zwar unterscheiden sich elektronische Zigaretten, Shishas (Wasserpfeifen), Tabakpfeifen und Zigarren nebst Zerstäuber (Verdampfer), Aromen und Liquids von den traditionellen Tabakfabrikaten und Tabakpfeifen, weil bei elektronischen Zigaretten, Zigarren und Pfeifen ein batteriebetriebenes Heizelement eine Flüssigkeit mit oder ohne Nikotin, ein sog. Liquid, verdampft und die Nutzer den Dampf über ein Mundstück einziehen. Es handelt sich aber um Tabakerzeugnissen verwandte Produkte, weil das dabei entstehende Aerosol ähnlich wie beim Rauchen durch den Konsumenten inhaliert wird (vgl. BPatG 26 W (pat) 521/15 – [X.]). Außerdem gibt es Geschmacksstoffe für Liquids, die darauf abzielen, [X.] nachzuahmen und dem Nutzer so das Erlebnis des Konsums eines Tabakfabrikats möglichst nahe zu bringen (www.avoria-liquids.de/tabak-aromen/, [X.] 4 zum gerichtlichen Hinweis). Sowohl elektronische Zigaretten, Zigarren und Pfeifen als auch die herkömmlichen Raucherartikel dienen dazu, den Konsumenten Rauchgenuss zu verschaffen, verfolgen daher als Raucherbedarf dieselbe Zweckrichtung, werden häufig gemeinsam im Raucherfachhandel vertrieben und richten sich an den gleichen [X.] (vgl. BPatG 26 W (pat) 530/19 – Power Bowl).

2. Von den im Ähnlichkeitsbereich liegenden Produkten werden der jeweilige Fachhandel für Tabakwaren und elektronischen Raucherbedarf sowie erwachsene Endverbraucher (vgl. § 10 Jugendschutzgesetz) angesprochen, wobei insoweit auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; GRUR 1999, 723 [X.]. 29 – [X.] [[X.]]). Beim Kauf elektronischer Inhalationsgeräte nebst Liquids und Zubehör wird der Verkehr schon wegen der erwarteten längeren Gebrauchsdauer eine genauere Prüfung der Ware vornehmen. Im Übrigen mag es sich bei Waren des traditionellen Raucherbedarfs zwar um Alltagswaren handeln, angesichts der in diesem Bereich üblichen [X.]kentreue ist jedoch auch insoweit mit einer leicht erhöhten Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu rechnen.

3. Die Widerspruchsmarke „[X.]“ verfügt für die unter den eingetragenen Oberbegriff „Tabakfabrikate“ fallende Ware „Zigaretten“ über eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft.

a) „[X.]“ ist zwar der Name eines Ortes jeweils in [X.] und in [X.] sowie mehrerer Orte in den [X.] (https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]), aber dem Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, ist die Bezeichnung „[X.]“ als die seit Jahrzehnten weltweit und in [X.] führende Zigarettenmarke bekannt (vgl. auch https://de.wikipedia.org/wiki/[X.]_(Zigarettenmarke)). Laut dem von der Widersprechenden vorgelegten [X.] Report „Top World Brands“ stand sie in den Jahren 1984 bis 2005 kontinuierlich auf Platz 1. Schon im Jahre 1995 ist das [X.] von der gerichtsbekannten Berühmtheit dieser [X.]ke für Zigaretten ausgegangen (26 W (pat) 175/93 – [X.]/[X.]). Die Zigarette „[X.] Red“ war ausweislich des [X.] „statista“ in den Jahren 2008 und 2009 in [X.] [X.]ktführer und 2011 die beliebteste [X.] Zigarettenmarke, wie die Zeitschrift „[X.]“ am 20. April 2011 berichtete. Nach „[X.]“ gehörte die [X.]ke „[X.]“ 2013 zu den sechs und 2014 zu den neun wertvollsten [X.]ken der Welt. Auch noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt gilt sie neben [X.]ken wie „[X.]“, „[X.]“, „Coca-Cola“ oder „[X.]“ als eines der klassischen Beispiele für berühmte und mit höchster Kennzeichnungskraft ausgestattete [X.]ken. In der Forbes-Liste der „2020 World´s Most Valuable Brands“ nimmt sie Platz 25 ein. Laut dem „Tabakatlas [X.] 2020“ ist sie auch 2020 im Inland [X.]ktführer gewesen.

b) Soweit die Inhaberin der angegriffenen [X.]ke die „Echtheit, inhaltliche Richtigkeit und Wichtigkeit“ der von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen bestritten hat, ist dieses pauschale Bestreiten gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 138 Abs. 2 ZPO unzulässig, im Hinblick auf die Gerichtsbekanntheit der sehr hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aber auch unerheblich.

c) Für die Stammwaren „Zigaretten“ als Unterbegriff des für die Widerspruchsmarke eingetragenen Oberbegriffs „Tabakfabrikate“ wird daher eine bis zur Berühmtheit gesteigerte Verkehrsbekanntheit des [X.]kenworts „[X.]“ zugrunde gelegt. Dabei handelt es sich um eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 291 ZPO. Diese weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft strahlt auf die eng verwandte Widerspruchsware „Tabakpfeifen“ aus.

4. Die jüngere [X.]ke hält den bei zumindest normal ähnlichen Vergleichswaren, leicht erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise und sehr hoher Kennzeichnungskraft der älteren [X.]ke gebotenen sehr deutlichen Abstand wegen durchschnittlicher klanglicher [X.]kenähnlichkeit nicht mehr ein.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] [X.], 922 [X.]. 35 – [X.]/Asda; [X.] 2020, 871 [X.]. 58 – [X.]/[X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine [X.]ke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen [X.]ke für den durch die [X.]ke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] GRUR 2005, 1042 [X.]. 28 f. – [X.] LIFE; [X.] [X.]. 37 – [X.]/[X.] Club m. w. N.; GRUR 2012, 64 [X.]. 14 – Maalox/[X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der [X.]ke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil [X.]ken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können ([X.] GRUR Int. 2010, 129 [X.]. 60 – [X.]/[X.]]; [X.] 2016, 382 [X.]. 37 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] ([X.] GRUR 2007, 700 [X.]. 35 – [X.]/Shaker [Limoncello/[X.]]; [X.] – [X.]/[X.]).

b) Die Vergleichsmarken sind phonetisch durchschnittlich ähnlich.

aa) Der klangliche Gesamteindruck der angegriffenen [X.]ke wird durch das Fantasiewort „[X.]“ geprägt. Das nachgestellte Adjektiv „Red“ gehört zum [X.] Grundwortschatz [X.], Grund- und Aufbauwortschatz [X.], 2. Aufl. 1977, [X.]) und wird daher von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres mit „rot“ übersetzt. Bei den von der jüngeren [X.]ke beanspruchten Waren kann Rot als Hinweis auf die Farbe der elektronischen Inhalationsgeräte, des Liquids oder des Verdampfers aufgefasst werden, weil sie in einer Vielzahl von Farben angeboten werden, darunter auch Lebensmittelfarben zum Einfärben von Liquids. Darüber hinaus wird die Farbe Rot bei Liquids häufig als Hinweis auf einen fruchtigen, insbesondere beerigen Geschmack verwendet ([X.] 9 zum gerichtlichen Hinweis).

bb) Die sich damit beim phonetischen Vergleich gegenüberstehenden [X.]kenwörter „[X.]“ und „[X.]“ sind mindestens durchschnittlich ähnlich. Sie stimmen am stärker beachteten Wortanfang und in der Mitte weitgehend überein. Die Anfangssilbe „[X.]“ ist identisch. Ihr folgt in beiden [X.]kenwörtern die Silbe „bo“, weil der in der Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandene Konsonant „l“ auditiv untergeht. Denn er ist [X.] und zudem in die [X.] „[X.]“ eingebettet, so dass die Silben „[X.]-bo“ und „[X.]l-bo“ nahezu identisch klingen. Hinzu kommt, dass die Vokale „a“ und „o“ in gleicher Abfolge auftreten. Demgegenüber vermag die zusätzliche Schlusssilbe „ro“ der älteren [X.]ke keine wesentliche Änderung des klanglichen Gesamteindrucks zu bewirken. Sie ist [X.] und ihr einleitender Buchstabe „r“ wird englisch wenig prägnant ausgesprochen. Zudem wirkt das Suffix mit dem Vokal „o“ wie ein wiederholendes Aufgreifen der vorangehenden Silbe „bo“. Es handelt sich damit um eine klanglich völlig unauffällige kurze Endsilbe ohne wesentlichen Einfluss auf den Klangcharakter. Hinzu kommt, dass das jüngere [X.]kenwort „[X.]“ wie eine Abkürzung der Widerspruchsmarke „[X.]“ wirkt.

Nach alledem liegt entgegen der Auffassung der [X.]kenstelle bereits eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor, so dass dahingestellt bleiben kann, ob auch ein Löschungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vorliegt.

II. Widerspruch aus der international registrierten Wort-/Bildmarke Abbildung

Zwischen der angegriffenen Wortmarke „[X.]“ und der international registrierten Wort-/Bildmarke Abbildung

1. Ausgehend von der maßgeblichen [X.] können sich die Vergleichsmarken ebenfalls auf durchschnittlich ähnlichen Waren begegnen.

a) Die für die jüngere [X.]ke registrierten Waren „Aromen für elektronische Zigaretten, ausgenommen ätherische Öle; Elektronische Shishas; Elektronische Tabakpfeifen; Elektronische Zigaretten; Elektronische Zigarren; Liquide für elektronische Zigaretten; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus pflanzlichem Glyzerin; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus Propylenglykol; Nikotinliquide für elektronische Zigaretten; Zerstäuber für elektronische Zigaretten“ weisen aus denselben, bereits bei der Widerspruchsmarke zu 1.) dargelegten Gründen zu den Widerspruchsprodukten „[X.], manufactured; [X.], [X.], [X.], [X.], smokers' articles, including pipes” [übersetzt: Tabak, verarbeitet; Tabakerzeugnisse, einschließlich Zigarren, Zigaretten, Zigarillos; Raucherartikel, einschließlich Pfeifen] eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit auf.

2. Von den im Ähnlichkeitsbereich liegenden Produkten werden dieselben breiten inländischen Verkehrskreise angesprochen wie bei der Widerspruchsmarke zu 1.), die ihnen mit ebenso leicht erhöhter Aufmerksamkeit begegnen.

3. Die Widerspruchsmarke Abbildung[X.], manufactured; [X.], including [X.]“ im Inland über eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Denn sie wird von dem Wortelement „[X.]“ geprägt, das, wie bereits bei der Widerspruchsmarke zu 1.) erörtert, über eine sehr hohe Kennzeichnungskraft für Zigaretten verfügt, die auf die eng verwandten Waren „cigars, [X.], [X.], smokers' articles, including pipes” ausstrahlt. Auch wenn eine international mit Benennung der [X.] registrierte [X.]ke – wie hier – gemäß Art. 189 Abs. 2 UMV einer Unionsmarke gleichsteht, kommt es auch bei ihr für die Beurteilung der gesteigerten Kennzeichnungskraft ausschließlich auf das Verkehrsverständnis im Kollisionsgebiet an, hier also auf das Verkehrsverständnis in der Bundesrepublik [X.] (vgl. [X.] 2018, 79 [X.]. 24 – [X.]/[X.] Club; [X.], 1239 [X.]. 67 – [X.]/Volks.Inspektion).

a) Bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke ist von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die [X.]ke zu benennen (vgl. [X.] 2014, 378 [X.]. 39 – OTTO CAP).

b) Da die Wortgruppe „[X.]“ fast nicht lesbar ist, bietet sich nur das Wortelement „[X.]“ zur Benennung der Gesamtmarke an. Aber selbst wenn man diesen Zusatz wahrnimmt, hat er mit der für jeden Verkehrsteilnehmer verständlichen Bedeutung „Ausgewählte Qualitätstabake“ einen die Widerspruchswaren beschreibenden Charakter, so dass er auch aus diesem Grund in den Hintergrund tritt. Dies gilt auch für die einfachen Bildelemente, die erkennbar eine typische Zigarettenpackung mit dem bekannten roten [X.]-Dach wiedergeben.

c) Da das kennzeichnungsstärkste Element zugleich die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke bestimmt, liegt auch insgesamt eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vor.

4. Die jüngere [X.]ke hält den bei zumindest normal ähnlichen Vergleichswaren, leicht erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise und sehr hoher Kennzeichnungskraft der älteren [X.]ke gebotenen sehr deutlichen Abstand wegen durchschnittlicher klanglicher [X.]kenähnlichkeit nicht mehr ein.

Auch hier stehen sich phonetisch die [X.]kenwörter „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, so dass auf die Ausführungen zur Widerspruchsmarke zu 1.) verwiesen werden kann.

III. Widersprüche aus den drei Unionsmarken „[X.] [X.] [X.]“ (014 027 701, AbbildungAbbildung

Zwischen der angegriffenen Wortmarke „[X.]“ und den drei Unionsmarken „[X.] [X.] [X.]“, AbbildungAbbildung

1. Ausgehend von der maßgeblichen [X.] können sich die Vergleichsmarken teilweise auf identischen und teilweise auf überdurchschnittlich ähnlichen Produkten begegnen.

a) Die von der jüngeren [X.]ke beanspruchten Waren „Elektronische Zigaretten“ sind in den [X.] der drei [X.] identisch enthalten.

b) Die übrigen angegriffenen Waren „Aromen für elektronische Zigaretten, ausgenommen ätherische Öle; Elektronische Shishas; Elektronische Tabakpfeifen; Elektronische Zigarren; Liquide für elektronische Zigaretten; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus pflanzlichem Glyzerin; Liquide für elektronische Zigaretten [E-Liquide] aus Propylenglykol; Nikotinliquide für elektronische Zigaretten; Zerstäuber für elektronische Zigaretten“ weisen zu den in allen drei Verzeichnissen aufgeführten Widerspruchsprodukten „Elektronische Zigaretten; Elektronische Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen“ eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit auf.

aa) Die Widerspruchsware „Elektronische Zigaretten“ und die für die jüngere [X.]ke geschützten Produkte „Elektronische Shishas; Elektronische Tabakpfeifen; Elektronische Zigarren“ können in ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung übereinstimmen, so dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sind, sie stammen aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Hersteller elektronischer Zigaretten sowie elektronischer Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen, können auch elektronische Raucherartikel wie „Elektronische Shishas; Elektronische Tabakpfeifen; Elektronische Zigarren“ produzieren, da sie im Wesentlichen aus den gleichen Bauteilen bestehen. Ferner vermitteln sie einen vergleichbaren Rauchgenuss und werden nebeneinander im Fachhandel für elektronischen Raucherbedarf angeboten.

bb) Liquide für elektronische Zigaretten, die mit entsprechenden Aromen versetzt sind, stellen das eigentliche [X.] dar, weil es mit Hilfe elektronischer Inhalationsgeräte verdampft und inhaliert wird. Der Zerstäuber ist der Teil der E-Zigarette, in dem die Verdampfung physikalisch stattfindet ([X.], [X.] 7 zum gerichtlichen Hinweis). Es liegt daher nahe, dass die Produzenten elektronischer Zigaretten sowie elektronischer Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen, auch Aromen, Liquide und Zerstäuber bzw. Verdampfer herstellen und denselben Vertriebswegen zuführen.

2. Von den im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich liegenden Produkten werden dieselben breiten inländischen Verkehrskreise angesprochen wie bei der Widerspruchsmarke zu 1.), die ihnen mit ebenso leicht erhöhter Aufmerksamkeit begegnen.

3. Auch die Unionswiderspruchsmarken „[X.] [X.] [X.]“, AbbildungAbbildung

a) Die Zusätze „[X.] [X.]/true red“ und „simply red“ treten wegen ihres beschreibenden Charakters und bei den beiden Wort-/Bildmarken auch größenmäßig vollständig zurück. Das Adjektiv „true“ mit den Bedeutungen „wahr; echt; treu“ gehört zum [X.] Grundwortschatz [X.], a. a. [X.], [X.]). Dies gilt auch für das Adverb „simply“, das mit „einfach; einfältig“ übersetzt wird [X.], a. a. [X.], [X.]). Die Zusätze bedeuten daher „wahres/echtes Rot“ bzw. „einfach rot“. Die Farbangabe „red“ weist bei Tabakzigaretten auf die Geschmacksrichtung und/oder die Stärke bzw. den Nikotingehalt hin. Bei Tabakzigaretten ist es üblich, innerhalb derselben [X.]ke durch Farbbezeichnungen wie z. B. „Red“, „[X.]“, „Gold“, „[X.]“ oder „White“ auf deren Geschmacksrichtung und/oder Stärke bzw. Nikotingehalt hinzuweisen ([X.] 10 zum gerichtlichen Hinweis). Bei der Zigarettenmarke „[X.]“ gibt der Zusatz „red“ an, dass es sich um Zigaretten mit einem hohen Nikotingehalt und einem kräftig-würzigen Geschmack handelt ([X.] 10 zum gerichtlichen Hinweis; Anlage 10 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 9. August 2018). Der (Wort-)Bestandteil „Red/red“ wird somit vom Verkehr als reine geschmackliche Kategorisierung und damit als beschreibende Angabe aufgefasst und tritt damit im Gesamteindruck zurück. Dies gilt gleichermaßen für die Zusätze „[X.]/true“ und „simply“, die nur dazu dienen, die Farbangabe Rot besonders zu betonen.

b) Auch die Bildelemente der beiden [X.] zu 4.) und 5.), die erkennbar den Deckel einer typischen Zigarettenpackung mit dem bekannten roten [X.]-Dach wiedergeben, werden von den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund der bekannten Zigarettenwortmarke „[X.]“ nicht gesondert benannt.

c) Da das kennzeichnungsstärkste Element „[X.]/[X.]“ zugleich die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke bestimmt, liegt auch eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der drei [X.] vor. Die Kennzeichnungskraft des [X.]kenworts „[X.]“ für Tabakzigaretten ist derart überragend, dass sie in der Lage ist, auf die ähnlichen Widerspruchsprodukte „Elektronische Zigaretten; Elektronische Geräte und deren Teile zum Erhitzen von Zigaretten oder Tabak, um nikotinhaltige Aerosole zum Einatmen freizusetzen“ auszustrahlen.

4. Die jüngere [X.]ke hält den bei teilweise identischen und teilweise überdurchschnittlich ähnlichen Vergleichswaren, leicht erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise und sehr hoher Kennzeichnungskraft der älteren [X.]ke gebotenen sehr deutlichen Abstand wegen normaler klanglicher [X.]kenähnlichkeit nicht mehr ein.

Auch hier stehen sich phonetisch die [X.]kenwörter „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, so dass auf die Ausführungen zur Widerspruchsmarke zu 1.) verwiesen werden kann.

III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind nicht gegeben.

Meta

26 W (pat) 20/20

13.09.2021

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 MarkenG vom 25.10.1994, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 114 MarkenG, § 119 Abs 1 MarkenG, § 124 MarkenG, § 125b Nr 1 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.09.2021, Az. 26 W (pat) 20/20 (REWIS RS 2021, 2690)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2690

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