Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.04.2014, Az. 26 W (pat) 48/13

26. Senat | REWIS RS 2014, 6440

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "LIBERTE/La LIBERTAD (Wortmarke)/La LIBERTAD (Wort-Bild-Marke)" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Zeichenserie - keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 12 250

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 9. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie der Richter [X.] und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Markenstelle für [X.] des [X.] ([X.]) hat mit Verfügung vom 12. April 2007 für die Markeninhaberin die Wort-/Bildmarke Nr. 307 12 250

Abbildung

2

mit den Farben blau, silber, weiß, rot für die Waren und Dienstleistungen

3

- der Klasse 25 (Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, soweit in Klasse 25 enthalten),

4

- der Klasse 30 [X.], Tapioka, Sago; Mehle und Getreidepräparate, Brot; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis) und

5

- der [X.] ([X.], verarbeiteter Tabak und Tabakprodukte, soweit in [X.] enthalten, insbesondere Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Feinschnitttabak, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Raucherartikel, insbesondere Tabakdosen, Zigarettenetuis, [X.], Aschenbecher (sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetall oder damit plattiert), Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen, [X.], [X.], Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Feuerzeuge, soweit in [X.] enthalten; Streichhölzer)

6

in das Register eingetragen.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Widersprechende am 6. August 2007 Widerspruch aus der

8

- Wortmarke 399 40 634 „[X.] [X.]AD“, die für die Waren und Dienstleistungen „Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten, insbesondere Aschenbecher, Zigarren- und Zigarettenetuis, Zigarren- und [X.]; Tabakwaren; Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen mit und ohne Filter, [X.]; Raucherartikel, nämlich Aschenbecher (nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert), Feuerzeuge, Zigarettendreh- und –stopfmaschinen; Streichhölzer“ eingetragen ist, und aus der

9

- Wort-/Bildmarke 301 63 729

Abbildung

mit den Farben rot, schwarz, weiß, [X.], gold, die für die Waren und Dienstleistungen „Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten, insbesondere Aschenbecher, Zigarren- und Zigarettenetuis, Zigarren- und [X.]; Tabakwaren; Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen mit und ohne Filter, [X.]; Raucherartikel, nämlich Aschenbecher (nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert), Feuerzeuge, Zigarettendreh- und -stopfmaschinen; Streichhölzer“ eingetragen ist,

erhoben.

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat mit Beschluss vom 27. Mai 2011 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes auf die Widersprüche aus den Marken 399 40 634 und 301 63 729 die Marke 307 12 250 teilweise gelöscht und zwar für die Waren

„[X.], verarbeiteter Tabak und Tabakprodukte, soweit in [X.] enthalten, insbesondere Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Feinschnitttabak, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Raucherartikel, insbesondere Tabakdosen, Zigarettenetuis, [X.], Aschenbecher (sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetall oder damit plattiert), Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen, [X.], [X.], Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Feuerzeuge, soweit in [X.] enthalten; Streichhölzer“,

weil zwischen der angegriffenen und den [X.] im angegebenen und beantragten Löschungsumfang die Gefahr der Verwechslung nach § 42 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bestehe.

Die Widersprechende – so führt die Markenstelle für [X.] aus – habe die Benutzung der beiden prioritätsälteren [X.] glaubhaft nachgewiesen. Hinsichtlich der Waren

„Zigarettenetuis, [X.], Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen, [X.], Feuerzeuge, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Streichhölzer“

bestehe zwischen den [X.] und der angegriffenen Marke Identität, hinsichtlich der Waren

„[X.], verarbeiteter Tabak und Tabakprodukte, soweit in [X.] enthalten, insbesondere Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Feinschnitttabak, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Raucherartikel, insbesondere Tabakdosen, [X.]“

bestehe zwischen ihnen eine hochgradige Ähnlichkeit.

Der zur Vermeidung von Verwechslungen zwischen den Marken erforderliche große Abstand bestehe nicht. Die angegriffene Marke „[X.]E brunes“ und die [X.] „[X.] [X.]AD“ würden durch die Bestandteile „[X.]E“ bzw. „[X.]AD“ geprägt. Der Wortbestandteil „brunes“ der angegriffenen Marke könne vernachlässigt werden, weil er im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden (Tabak-) Waren beschreibend sei. Gleiches gelte für den Artikel „[X.]“ in den beiden [X.], weil der Artikel hinter dem Substantiv zurücktrete und in der graphischen Ausgestaltung der Bildmarke einen untergeordneten Rang einnehme. Bei einem schriftbildlichen Vergleich der sich gegenüberstehenden Marken würden deshalb die Übereinstimmungen die Abweichungen deutlich überwiegen. In klanglicher Hinsicht würden sich die beiden Marken nur in den Endsilben „TE“ und „[X.]“ unterscheiden, weshalb auch insoweit Verwechslungsgefahr bestehe. Der begriffliche Aussagegehalt „Freiheit“ beider Marken sei identisch, was von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden würde, da die Begriffe „[X.]E“ bzw. „[X.]AD“ aus dem Grundwortschatz der [X.] bzw. [X.] stammen würden und den maßgeblichen Verkehrskreisen geläufig seien. Die Kennzeichnungskraft der angegriffenen und der [X.] sei jeweils als durchschnittlich zu qualifizieren.

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat mit Beschluss vom 18. Februar 2013 durch einen Beamten des höheren Dienstes auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 30. Juni 2011 den Beschluss der Markenstelle für [X.] vom 27. Mai 2011 aufgehoben, soweit darin die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren

„[X.], verarbeiteter Tabak und Tabakprodukte, soweit in [X.] enthalten, insbesondere Zigarren, Zigaretten, Zigarillos, Feinschnitttabak, Pfeifentabak, Kautabak, Schnupftabak, Tabakersatzstoffe (nicht für medizinische Zwecke); Raucherartikel, insbesondere Tabakdosen, Zigarettenetuis, [X.], Aschenbecher (sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetall oder damit plattiert), Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen, [X.], [X.], Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Feuerzeuge, soweit in [X.] enthalten; Streichhölzer“

angeordnet worden ist und die Widersprüche aus den Marken 399 40 634 und 301 63 729 insgesamt zurückgewiesen, weil zwischen der angegriffenen und den [X.] keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Dem Beschluss vom 18. Februar 2013 – so führt die Markenstelle für [X.] aus – seien auf Seiten der [X.] nur die Waren „Zigarren“ und „Streichhölzer“ zugrunde zu legen, weil die Widersprechende nur für diese Waren eine ernsthafte Benutzung glaubhaft gemacht habe. Hinsichtlich dieser Waren bestehe zu den Waren der Markeninhaberin [X.]. Die übrigen mit den Widersprüchen angegriffenen Waren der [X.], nämlich „[X.]“ und „Raucherartikel“, lägen in einem mittleren Ähnlichkeitsbereich zu den Waren, deren Benutzung die Widersprechende glaubhaft gemacht habe. Die Kennzeichnungskraft der [X.] sei durchschnittlich, obwohl sich die Wortmarke im unteren Bereich des normalen Schutzumfanges bewege, weil der Ausdruck „Freiheit“ in Bezug auf Tabakwaren üblich sei. An den Abstand der Marken seien hinsichtlich der von den Vergleichsmarken identisch erfassten Waren hohe Anforderungen zu stellen, hinsichtlich der im mittleren Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren durchschnittliche Anforderungen. Diesen Anforderungen würden die Zeichen gerecht. In ihrer Gesamtheit würden sich die gegenüberstehenden Marken durch Wort- und Grafikelemente hinreichend deutlich unterscheiden. Auch im klanglichen und begrifflichen Gesamteindruck würden deutliche Abweichungen bestehen, die ein [X.] der Marken gewährleisten würden. Klanglich würden die [X.] von den Begriffen „[X.]“ (angegriffene Marke) und „[X.]“ ([X.]) geprägt. Der Wortbestandteil „brunes“ der angegriffenen Marke sei rein beschreibend und kaum kennzeichnungskräftig, weshalb er für den Gesamteindruck vernachlässigbar sei. Anders verhalte es sich dagegen bei dem Artikel „[X.]“ der [X.]. Denn dieser Artikel sei keine warenbeschreibende Angabe und an erster und damit prominenter Stelle der [X.] positioniert. Zwischen diesem Artikel und dem Substantiv bestehe eine enge grammatikalische Verbindung. Die Alliteration zwischen dem Artikel „[X.]“ und dem Substantiv „[X.]AD“ unterstreiche die Bedeutung des Artikels. Auf diese Weise verlängere sich das Klangbild der Widerspruchszeichen um eine Silbe und weiche sowohl am Anfang als auch am Ende von demjenigen der angegriffenen Marke ab. Die Übereinstimmungen in den beiden mittleren Silben („Libert“) würden nicht ausreichen, um klangliche Verwechslungen befürchten zu lassen. [X.] würden die [X.] das Wort „Freiheit“ anführen, was für die hier relevanten Tabakwaren wenig kennzeichnungskräftig sei, weil es als Werbefloskel verbraucht sei. Um einen übereinstimmenden Sinngehalt feststellen zu können, sei darüber hinaus ein doppelter Übersetzungsvorgang erforderlich. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe ebenso wenig wie die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Die Zeichen würden nicht über einen übereinstimmenden Wortstamm verfügen und würden angesichts der unterschiedlichen Sprachen, der Schreibweise mit und ohne Artikel sowie der abweichenden graphischen Gestaltung nicht den Eindruck erwecken, Teil eines Markenbildungskonzeptes desselben Unternehmens zu sein.

Die Widersprechende hat gegen den Beschluss der Markenstelle für die [X.] vom 18. Februar 2013 mit [X.] vom 26. März 2013 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, sie habe die Benutzung der [X.] auch für die Waren „Zigarillos“ und „Feuerzeuge“ nachgewiesen. Bei der visuellen Bewertung trete bei „[X.] [X.]AD“ die graphische Darstellung des Wortes „[X.]“ gegenüber „[X.]AD“ deutlich zurück. Das Wort „[X.]AD“ sei schwarz geschrieben, wohingegen das „L“ in dem Artikel „[X.]“ rot und das „a“ zwar schwarz, aber sehr klein geschrieben sei. Dem Betrachter falle das Wort „[X.]AD“ sofort ins Auge, während das „[X.]“ aufgrund seiner Gestaltung mit dem teilweise ebenfalls roten Hintergrund verschmelze und eher wie ein graphischer Schnörkel wirke. Bei beiden Zeichen seien die in Großbuchstaben geschriebenen Wortstämme „[X.]“ identisch und dominierend. Ihnen käme visuell die zentrale Position zu; sie würden den Gesamteindruck der jeweiligen Marke bestimmen. Auch klanglich würden die Marken von dem Wortstamm „[X.]“ geprägt. Die Betonung liege bei beiden Worten auf der ersten Silbe. Die Übereinstimmung der ersten beiden Silben und des daran sich anschließenden „T“ genüge, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Die übrigen Wortbestandteile der Marken würden auch wegen der graphischen Ausgestaltung vom Verkehr übersehen und weggelassen. Ein verständiger Betrachter, der einer der Weltsprachen spanisch, [X.] oder englisch mächtig sei, bedürfe keiner Übersetzung der Begriffe „Libertad“ bzw. „[X.]“, um ihre Ähnlichkeit festzustellen, weil es sich bei diesen Begriffen um international gebräuchliche Bezeichnungen handeln würde, die vom [X.] „Libertas“ abgeleitet seien. Insofern bestehe keine Notwendigkeit eines doppelten Übersetzungsvorganges durch den inländischen Verbraucher, weshalb die Gefahr der unmittelbaren Verwechslung der sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe. Auch hinsichtlich der graphischen Gestaltung der Marken bestehe die Gefahr unmittelbarer Verwechslung.

Die Markeninhaberin hat mit [X.] vom 10. September 2013 die Einrede der Nichtbenutzung aufrechterhalten, weshalb die [X.] nicht unstreitig sei. Die Widersprechende – so hat die Markeninhaberin weiter vorgetragen – habe die Benutzung der [X.] weder für „Zigarillos“ noch für „Feuerzeuge“ nachgewiesen. Der Einwand der Nichtbenutzung erstrecke sich auf alle Waren der [X.], auch auf „Zigarren“. Darüber hinaus bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr. Die Kennzeichnungskraft der Wortmarke 399 40 634 sei unterdurchschnittlich, weil der Ausdruck „Freiheit“ im Bereich von Tabakwaren üblich sei. Für den Verkehr komme es aufgrund von zahlreichen verschiedenen Marken nicht auf den identischen Bestandteil „[X.]“, sondern auf die Unterschiede an, die deshalb besonders deutlich wahrgenommen würden. Konsumenten von Tabakwaren würden eine sehr hohe Markentreue aufweisen. Der Bestandteil „[X.]“ sei eine verbrauchte Wortbildung von geringer Originalität, weil der Verkehr durch jahrelange Werbung mit Slogans wie zum Beispiel „[X.]E TOUJOURS“ an den Wortbestandteil „[X.]“ gewöhnt sei. Die geringe Kennzeichnungskraft des [X.] „[X.]“ komme auch dadurch zum Ausdruck, dass die Begriffe „[X.]“ und „[X.]“ zum Grundwortschatz der [X.] bzw. [X.] Alltagssprache zählen würden. Für den Vergleich der Zeichen sei auf deren Gesamtheit abzustellen, ohne dass einzelne Buchstaben der Wortbestandteile herausgegriffen und separat verglichen werden dürften. Bildlich seien die angegriffene und die [X.] völlig verschieden, weil sie völlig verschiedene Farben in völlig verschiedener Anordnung benutzen würden. Auch in klanglicher Hinsicht liege nur eine geringe Ähnlichkeit vor. Weil eine zergliedernde Betrachtungsweise unzulässig sei, stünden sich die Wortbestandteile der Marken „[X.] [X.]AD“ und „[X.]E brunes“ in ihrer Gesamtheit gegenüber. Die aus verschiedenen Sprachen stammenden Bezeichnungen würden unterschiedlich ausgesprochen. Der Artikel „[X.]“ der [X.] müsse bei der Gegenüberstellung mitberücksichtigt werden, weil er ein klingendes Vor- und Erkennungszeichen sei. Das Wort „brunes“ der angegriffenen Marke dürfe nicht völlig vernachlässigt werden, auch wenn es beschreibend sei. Hinsichtlich der begrifflichen Ähnlichkeit „Freiheit“ müsse das Erfordernis eines doppelten Übersetzungsvorgangs berücksichtigt werden. Der Durchschnittsverbraucher übersetze aber keine Marken. Die Bezeichnungen der Marken in unterschiedlichen Sprachen würden den [X.] vergrößern. Mit „[X.] [X.]AD“ verbinde der Verkehr ein Wort aus der [X.] Freiheitsbewegung, das für ein bestimmtes Lebensgefühl stehe. Mit „[X.]E“ identifiziere der Verkehr dagegen [X.] und die [X.]e Revolution mit ihren Schlagworten „[X.]E, [X.], [X.]“. Die Assoziationen seien mithin so verschieden, dass eine Verwechslung ausscheide.

Die Widersprechende und Beschwerdeführerin hat mit [X.] vom 26. März 2013 sinngemäß beantragt,

- den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 18. Februar 2013 aufzuheben,

- den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 27. Mai 2011 aufrecht zu erhalten und

- die angegriffene Marke für [X.] aus dem Markenregister zu löschen.

Die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin hat mit [X.] vom 10. September 2013 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 [X.] zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil hinsichtlich der nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] zu berücksichtigenden Waren für das Publikum keine Gefahr von Verwechslungen zwischen der angegriffenen und den [X.] im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] besteht.

Einrede mangelnder Benutzung, Entscheidung über den Widerspruch, § 43 Abs. 1 [X.]

Nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] sind bei der Entscheidung über den Widerspruch nur die Waren „Zigarren“, „Zigarillos“, „Streichhölzer“ und „Ein-Weg-Feuerzeuge“ zu berücksichtigen, nicht aber die Waren „Aschenbecher“, „Zigarrenabschneider/Cutter“ und die weiteren für die [X.] eingetragenen Waren.

Erhebung der Einrede, § 43 Abs. 1 [X.]

Die Markeninhaberin hat in ihren Schriftsätzen vom 7. Februar 2008 und 10. September 2013 die Einreden mangelnder Benutzung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] eindeutig und zulässig erklärt, zumal in einem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung regelmäßig die Erhebung beider Einreden zu verstehen ist (

Die maßgeblichen Benutzungszeiträume, § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]

Die Eintragung der angegriffenen Marke ist am 18. Mai 2007 veröffentlicht worden (§ 41 Satz 2 [X.]), die Widerspruchsmarke 399 40 634 ist am 16. August 1999 und die Widerspruchsmarke 301 63 729 ist am 28. Februar 2002 (jeweils ohne Widerspruch) in das Register eingetragen worden (§ 41 Satz 1 [X.]). Insofern muss die Widersprechende nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] glaubhaft machen, dass sie innerhalb des Zeitraums vom 18. Mai 2002 bis 18. Mai 2007 die [X.] gemäß § 26 [X.] benutzt hat.

Die Widersprechende hat zudem glaubhaft zu machen, dass die [X.] innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren (siehe dazu

Die einzelnen Waren/DL der [X.]

Bei der Entscheidung über den Widerspruch sind nach § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] nur die Waren „Zigarren“, „Zigarillos“, „Streichhölzer“ und „Ein-Weg-Feuerzeuge“ zu berücksichtigen, nicht aber die Waren „Aschenbecher“, „Zigarrenabschneider/Cutter“ und die weiteren für die [X.] eingetragenen Waren. Ausführungen im Einzelnen hierzu erübrigen sich, weil selbst unter Berücksichtigung der Waren, hinsichtlich derer Identität zwischen den Vergleichsmarken besteht, es an einer Verwechslungsgefahr zwischen ihnen fehlt.

Unmittelbare Verwechslungsgefahr, § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 [X.]

Zwischen der angegriffenen und den [X.] besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 [X.].

Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen

Hinsichtlich der Waren „Zigarren“, „Zigarillos“, „Streichhölzer“ und „Ein-Weg-Feuerzeuge“ besteht zwischen der angegriffenen und den [X.] Identität.

Kennzeichnungskraft der [X.]

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 301 63 729 (Wort-/Bildmarke) ist wegen ihrer graphischen Gestaltung durchschnittlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 399 40 634 (Wortmarke) ist unterdurchschnittlich, weil der Begriff „Freiheit“ für Tabakwaren üblich ist und für Waren dieser Art häufig in der Werbung benutzt wird (z. B. „[X.]“, „Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer“ ([X.]), „[X.] toujours“ (Gauloises Blondes)).

Zeichenvergleich und Grad der Zeichenähnlichkeit

Hinsichtlich des Grades der Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die [X.] dem angesprochenen Verkehr, also dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher vermitteln ([X.] GRUR 2004, 843, 845 Rn. 29 – [X.]; [X.], 700, 701 Rn. 35 - [X.]/Shaker; [X.]. 2010, 129, 132 Rn. 60 – [X.]/[X.] Espanola; [X.], 1098, 1099 Rn. 45 – [X.]/[X.]; [X.], 148, 149 Rn. 13 – [X.]; [X.], 833, 834 Rn. 12 - [X.]). Eine künstlich zergliedernde, analysierende Betrachtungsweise ist zu vermeiden, weil auch eine größere Anzahl von Übereinstimmungen im Einzelnen nicht notwendig zu einem übereinstimmenden Gesamteindruck führen muss. Der Verkehr nimmt eine Marke regelmäßig so auf, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 387, 390 Rn. 23 – Sabèl/[X.]; [X.]. 1999, 734, 735 Rn. 25 – [X.];

Bei – wie hier – kombinierten Zeichen kann eine Verwechslungsgefahr nur bejaht werden, wenn der übereinstimmend-ähnliche Bestandteil den maßgeblichen Gesamteindruck des betreffenden Zeichens derart prägt, dass die übrigen Bestandteile für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (sog. Prägetheorie, [X.], 353, 354 COLORBOY; GRUR 1996, 775, 777 - [X.]; GRUR 1996, 777, 778 – [X.]; [X.], 942, 943 – [X.]; GRUR 1999, 995, 997 – [X.]; GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865, 866 – [X.];

Der Gesamteindruck eines Zeichens kann nicht allein durch schutzunfähige Bestandteile, also insbesondere nicht durch beschreibende Angaben geprägt sein (arg. § 8 Abs. 2 [X.]; [X.] 2013, 68, 71 Rn. 43 – Castell/VIN [X.]; [X.], 1071, 1073 Rn. 36 – [X.]; [X.], 1066, 1069 Rn. 43 – Kinderzeit). Der Wortbestandteil „brunes“ der angegriffenen Marke ist für die Verkehrskreise eine rein beschreibende Angabe der Farbe der hier relevanten Tabakwaren, deshalb kaum kennzeichnungskräftig und daher für den Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens „[X.]E brunes“ zu vernachlässigen. Die angegriffene Marke wird vielmehr durch das Zeichen „[X.]E“ geprägt.

Der Artikel „[X.]“ in den [X.] „[X.] [X.]AD“ kann dagegen nicht vernachlässigt werden. Erstens handelt es sich bei dem Artikel nicht um eine warenbeschreibende Angabe. Zweitens werden Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachtet als die übrigen Markenteile ([X.] 2003, 1047, 1049 - [X.]´s/[X.]´s; EuG [X.]. 2007, 842, 844 Rn. 39 – [X.];

Insofern ist vorliegend das Zeichen „[X.]E“ der angegriffenen Marke mit dem Zeichen „[X.] [X.]AD“ der [X.] zu vergleichen. Der in beiden Marken übereinstimmende Bestandteil „[X.]“ prägt den maßgeblichen Gesamteindruck der Zeichen nicht derart, dass die übrigen Bestandteile vernachlässigt werden könnten.

Die Beurteilung des Gesamteindrucks getrennt in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht ergibt, dass keine hinreichenden Ähnlichkeiten in einer Wahrnehmungsrichtung festzustellen sind, die eine Verwechslungsgefahr der angegriffenen Marke „[X.]E“ mit den [X.] „[X.] [X.]AD“ begründen könnte.

In klanglicher Hinsicht ist festzustellen, dass namentlich im Blick auf den aus den angeführten Gründen nicht zu vernachlässigenden Artikel „[X.]“ die angegriffene Marke „[X.]E“ eine völlig andere Akustik aufweist als die [X.] „[X.] [X.]AD“. Ebenso ist das Bild der angegriffenen Marke nicht geeignet, mit den [X.] verwechselt zu werden. Die angegriffene Marke weist den blassblauen Schriftzug „[X.]E“ auf tiefblauen Hintergrund auf und ist rechts unten durch einen dunkelblau-rot-weiß-dunkelblau-roten Balken gekennzeichnet. Die Widerspruchsmarke 301 63 729 enthält den Schriftzug „[X.] [X.]AD“ in einem Rechteck, dessen oberes und unteres Viertel in einem hellen [X.] gehalten sind. Dabei ist der genannte Schriftzug unterhalb eines roten Balkens und oberhalb eines schwarzen, durch goldene Streifen weiter gekennzeichneten Balkens eingesetzt. Zudem ist das „L“ des Artikels „[X.]“ rotfarben. Angesichts dessen ist eine bildliche Verwechselung beider Marken ausgeschlossen.

[X.] verweisen beide Marken zwar auf den Begriff „Freiheit“. Doch wird - worauf die Markenstelle für [X.] in ihrem Beschluss vom 18. Februar 2013 zu Recht hingewiesen hat – dieser Begriff für Tabakwaren häufig als Werbefloskel gebraucht, weshalb ihm nur eine geringe Kennzeichnungskraft für diese Waren zukommt. Zudem stehen sich bei den [X.] Begriffe verschiedener Fremdsprachen gegenüber, nämlich das [X.]e Wort für Freiheit „[X.]“ und das [X.] Wort für Freiheit „Libertad“. Um den übereinstimmenden Sinngehalt „Freiheit“ festzustellen, müsste deshalb der inländische Verbraucher einen doppelten Übersetzungsvorgang vornehmen, wovon hier nicht ausgegangen werden kann (

Insgesamt betrachtet ist der [X.] zwischen der angegriffenen und den [X.] daher so groß, dass der Verkehr die beiden Marken auseinander hält und eine Verwechslungsgefahr ausscheidet, weshalb zwischen den Marken keine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht.

Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen, § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 [X.]

Mittelbare Verwechslungsgefahr wegen Benutzung einer Zeichenserie

Die hier maßgebenden Verkehrskreise werten den in den Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil „[X.]“ nicht als Stammzeichen des Inhabers der [X.], weil sie diesem Markenbestandteil für sich nicht schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und daher auch nicht die übrigen abweichenden Markenbestandteile („[X.]E brunes“, „[X.] [X.]AD“) nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der [X.] ansehen.

Allein der Umstand, dass die angegriffene und die Widerspruchsmarke übereinstimmende Elemente enthalten, genügt noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr. Vielmehr muss das übereinstimmende Element auf den Betrieb des Inhabers der älteren Marke hinweisen ([X.] [X.], 387, 389 Rn. 18-21 – Sabèl/[X.]; [X.]. 1999, 734, 736 Rn. 17 – [X.]; [X.]. 2000, 899, 901 Rn. 34 – [X.]/Adidas).

Hieran fehlt es vorliegend. Zweifelhaft ist bereits, ob die Widersprechende im Verkehr bereits mit dem Wortstamm „[X.]“ als Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken aufgetreten ist.

Gegen eine mittelbare Verwechselungsgefahr sprechen die abweichenden Markenbestandteile insbesondere dann, wenn sie sich mit dem gemeinsamen Bestandteil zu eigenen, in sich geschlossenen Gesamtbegriffen verbinden, die von der Vorstellung wegführen, es handle sich um Serienmarken eines Unternehmens ([X.] 2009, 484, 488 Rn. 40 – Metrobus; [X.], 672, 676 f. Rn. 40 - [X.];

Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne

Besondere Umstände, aufgrund derer der Durchschnittsverbraucher darauf schließen könnte, dass zwischen den Unternehmen der Markeninhaberin und der Inhaberin der [X.] Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen könnten ([X.] 2004, 779, 783 - Zwilling/[X.]; [X.], 772, 777 Rn. 69 – [X.]; [X.], 1055, 1057 Rn. 37 – [X.]; [X.], 729, 732 Rn. 43 - [X.];

Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 71 Abs. 1 [X.]

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung.

Meta

26 W (pat) 48/13

09.04.2014

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.04.2014, Az. 26 W (pat) 48/13 (REWIS RS 2014, 6440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6440

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