Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.12.2010, Az. B 11 AL 61/10 B

11. Senat | REWIS RS 2010, 877

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - unzureichende Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage - Verfassungswidrigkeit der Verkürzung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 6. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld [X.]) für eine längere Anspruchsdauer.

2

Der am 11.5.1944 geborene Kläger war von 1960 bis zum 30.11.2007 beschäftigt, unterbrochen durch [X.]en unbezahlten Streiks in der [X.] vom 21.2. bis [X.], vom 24.4. bis 5.5.2006 sowie vom 22.5.bis 31.5.2006. Die Beklagte bewilligte [X.] für die [X.] ab 1.12.2007 mit einer Anspruchsdauer von 450 Tagen (15 Monate). Der Widerspruch wegen ua einer längeren Anspruchsdauer von 540 Tagen (18 Monate) war erfolglos, weil die [X.] des Streiks nicht anwartschaftsbegründend gewesen sei (Bescheid vom 23.11.2007, Widerspruchsbescheid vom 4.1.2008). Einen erneuten Antrag auf [X.] mit einer längeren Anspruchsdauer nach dem ab dem 1.1.2008 geltenden Recht lehnte die Beklagte ebenfalls ab, weil die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 434r [X.] ([X.]) nicht vorlägen (Bescheid vom 23.4.2008, Widerspruchsbescheid vom 15.5.2008).

3

Vom 19.5. bis 8.9.2008 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Ab dem 30.6.2008 erhielt er Krankengeld. Für die [X.] vom [X.] bis zur Erschöpfung des Anspruchs am [X.] bewilligte die Beklagte erneut [X.] (Bescheid vom 13.10.2008). Seit dem [X.] ist der Kläger Altersrentner.

4

Klage und Berufung gegen die Widerspruchsbescheide waren erfolglos. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde und macht grundsätzliche Bedeutung geltend.

5

II. [X.] ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ([X.]) gebotenen Weise bezeichnet.

6

Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 [X.]) lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ([X.] § 160a [X.] und 65; [X.]-1500 § 160a [X.] mwN; vgl auch [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]). [X.]begründung hat deshalb auch auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll ([X.] § 160a [X.]). Die Behauptung der Verfassungswidrigkeit begründet keinen herabgesetzten Begründungsmaßstab ([X.] 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]; [X.] 3-1500 § 160a [X.]; auch BSG, Beschluss vom 5.5.1994 - 12 BK 38/94).

7

[X.]begründung vom [X.] wirft zwei Rechtsfragen auf, nämlich
1. ob die Verkürzung der Anspruchsdauer von [X.] für ältere Arbeitnehmer mit langen Vorbeschäftigungszeiten ab 1.2.2006 durch die Neufassung des § 127 [X.] durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 trotz erneuter Verlängerung der Anspruchsdauer durch das Siebte Gesetz zur Änderung des [X.] vom [X.] rückwirkend ab 1.1.2008 mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei, und
2. ob die Nichtberücksichtigung von [X.]en mit Bezug von [X.], die zusammenhängend länger als einen Monat dauern, bei der Berechnung der Versicherungspflichtverhältnisse im Rahmen des § 127 Abs 1, 2 [X.] in der Fassung bis zum 31.12.2007 gegen das GG verstoße.

8

Hinsichtlich der zuletzt gestellten Frage wird mit dem bloßen Hinweis auf Art 9 GG und die im 10. Senat anhängige Revision zur Berücksichtigung von [X.] bei der Bemessung des Elterngeldes (B 10 EG 17/09 R) der Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Denn die Beschwerdebegründung entbehrt jeder näheren Betrachtung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften des § 24 [X.] und des § 7 Abs 3 Sozialgesetzbuch - [X.] ([X.]) unter Einschluss des hierauf bezogenen Literaturzitats im angegriffenen Urteil und beschäftigt sich auch nicht mit der zu dieser Thematik in der Vergangenheit ergangenen Rechtsprechung und ihrer Übertragbarkeit auf die heutige Rechtslage (vgl [X.] 11, 79; auch [X.] 33, 254).

9

Darüber hinaus wird aber auch die grundsätzliche Bedeutung der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Verkürzung der [X.]-Anspruchsdauer nicht substanziiert aufgezeigt. Der Beschwerdebegründung lässt sich zwar noch hinreichend deutlich entnehmen, dass als Prüfmaßstab für die Verkürzung der Anspruchsdauer letztlich Art 14 und 3 GG iVm dem Übermaßverbot dienen soll. Zweifelhaft ist aber schon, ob mit dem Verweis auf die zurzeit der Begründung anhängige Revision unter [X.] AL 23/09 R der Klärungsbedarf der aufgeworfenen Frage ausreichend dargelegt worden ist. Aber selbst wenn bei den Anforderungen an die Beschwerdebegründung berücksichtigt wird, dass die Vorinstanz insoweit schlicht auf die ihrerseits knappe Begründung des Sozialgerichts (SG) verwiesen hat, erschließt sich jedenfalls die Entscheidungserheblichkeit nicht. Insoweit versäumt die Beschwerdebegründung Ausführungen dazu, dass und welche Konsequenzen die angestrebte Entscheidung über die aufgeworfene Rechtsfrage für den Ausgang des Rechtsstreits hat (vgl BSG [X.] 4-1500 § 160a [X.]). Denn die als verfassungswidrig behauptete Konstellation, dass ein Kläger wegen seines höheren Lebensalters und der Dauer seines [X.] nach altem Recht den Höchstanspruch mit einer Dauer von 32 Monaten erworben hätte und jetzt - nicht allein, aber auch - infolge der Neuregelung, die die Verlängerung zum 1.1.2008 auf [X.] beschränkt, letztlich auf 15 Monate verwiesen wird, wirkt sich im Falle des Klägers wegen des - auch in der Beschwerdebegründung erwähnten - Eintritts der Altersrente ab dem [X.] nur für einen sehr kurzen Übergangszeitraum von 22 Tagen aus. Diesen Gesichtspunkt hat im Übrigen auch die Vorinstanz ausdrücklich angesprochen. [X.]begründung hätte sich deshalb damit beschäftigen müssen, dass der Anspruch auf [X.] begrenzt ist durch den Eintritt des Regelrentenalters (vgl § 117 Abs 2 [X.]) und hiervon ausgehend darlegen müssen, dass und warum die Ablehnung des [X.]-Anspruchs für die noch verbleibende Dauer von 22 Tagen gleichwohl von verfassungsrechtlicher Relevanz sein kann. Ausführungen dieser Art sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

Nur klarstellend - ohne dass die vorliegende Entscheidung hierauf beruht - sei darauf hingewiesen, dass die Frage, ob die zum 1.1.2004 bzw 1.2.2006 durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 3002) in [X.] getretene Verkürzung der Anspruchsdauer des [X.] gemäß § 127 Abs 2 [X.] unter Berücksichtigung der [X.] und der zum 1.1.2008 in [X.] getretenen Verlängerung der Anspruchsdauer durch das Siebte Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom [X.] ([X.] 681) Verfassungsrecht verletzt, durch die Entscheidung des 7. Senats vom [X.] ([X.] AL 23/09 R, zur [X.] vorgesehen) inzwischen für die Fallkonstellation entschieden und verneint worden ist, in der nach altem Recht ein [X.]-Anspruch mit einer Anspruchsdauer von 26 Monaten bestanden hätte, während nach neuem Recht unter Anwendung der [X.] (nur) ein [X.]-Anspruch mit einer Dauer von 24 Monaten gegeben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 11 AL 61/10 B

01.12.2010

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Berlin, 22. Juli 2009, Az: S 62 AL 572/08, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 127 Abs 2 SGB 3 vom 20.12.2001, § 127 Abs 2 SGB 3 vom 24.12.2003, § 127 Abs 2 SGB 3 vom 08.04.2008, § 127 Abs 2 SGB 3 vom 15.07.2009, § 434j Abs 3 SGB 3, § 434l Abs 1 SGB 3, § 434r Abs 1 SGB 3, ArbMRefG, SGB3uaÄndG 7, GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 01.12.2010, Az. B 11 AL 61/10 B (REWIS RS 2010, 877)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 877

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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