Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.01.2011, Az. B 11 AL 137/10 B

11. Senat | REWIS RS 2011, 10324

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit - Arbeitslosengeld - Verfassungsmäßigkeit der Verkürzung der Anspruchsdauer zum 1.1.2004 - Übergangsregelungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 23. September 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz ([X.]) gebotenen Weise dargelegt.

2

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das [X.] bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur [X.]-1500 § 160a [X.] mwN). Diese Anforderungen gelten auch bei verfassungsrechtlichen Fragen (vgl [X.]-1500 § 160a [X.]; stRspr).

3

Der Kläger hat zwar drei Rechtsfragen zur Verfassungsmäßigkeit des § [X.] - ([X.]) idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 3002) und zu der Frage aufgeworfen, ob die §§ 434l und 434r [X.] eine ausreichende und schonende Übergangsregelung gewährleisten. Er hat es jedoch versäumt, die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfragen in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] gebotenen Weise aufzuzeigen.

4

Der Beschwerdebegründung lässt sich zwar noch hinreichend deutlich entnehmen, dass als Prüfungsmaßstab für die Verkürzung der Anspruchsdauer Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Übermaßverbot dienen soll. Es fehlen aber Ausführungen dazu, dass und weshalb sich die aufgeworfenen Fragen aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere des [X.] ([X.]) nicht beantworten lassen. Denn als höchstrichterlich geklärt muss eine Rechtsfrage auch dann angesehen werden, wenn das [X.] oder das [X.] sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, sich aber für ihre Beantwortung in anderen Entscheidungen zu vergleichbaren Problematiken bereits ausreichend Anhaltspunkte ergeben ([X.]-1500 § 160 [X.] 8; [X.] 3-1500 § 146 [X.] 2; [X.] vom 16.5.2007 - B 13 R 97/07 B; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 314). Der Kläger erwähnt zwar die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom [X.] (B 7 [X.] 23/09 R) und legt dar, dass es im Falle des dortigen Klägers nur um eine Verkürzung der Anspruchsdauer um effektiv zwei Monate gegangen sei, während es bei ihm um eine verkürzte Anspruchsdauer von 32 Monaten auf 18 Monate gehe und demzufolge die aufgeworfenen Rechtsfragen weiterhin klärungsbedürftig geblieben seien. Indes genügt es nicht, die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm zu behaupten (vgl BSG [X.] 1500 § 160a [X.] 17). Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage bedarf es vielmehr einer näheren Substanziierung der Verfassungswidrigkeit. Dabei muss ein Kläger - will er einen Verstoß gegen den Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG geltend machen - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] darlegen, worin er die wesentlichen Sachverhaltsmerkmale der Grundrechtsverletzung erblickt ([X.], aaO, Rd[X.] 352 mwN; [X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 45; [X.], 158 = [X.] 1500 § 160a [X.] 11; zuletzt [X.] vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - mwN; vgl auch [X.], jurisPR-[X.] 48/2004 [X.]). Diese Anforderungen sind allein mit der auszugsweisen Wiedergabe von Kommentarliteratur, die sich mit dem Eigentumsschutz von Anwartschaften befasst, und der Zitierung der Beschlüsse des [X.] vom 22.7.2009 (1 BvL 9/07 und 1 [X.] - NZ[X.]010, 152), nicht erfüllt.

5

Wegen des vom Kläger beanspruchten - angeblichen - Vertrauensschutzes in den Bestand einer langjährig unverändert gebliebenen Rechtslage bei den Anwartschaftsvoraussetzungen wäre nicht nur eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.] zur Frage des Eigentumsschutzes einer Anwartschaft (vgl nur [X.] [X.] 3-4100 § 242q [X.] 2; [X.]E 76, 220 = [X.] 4100 § 242b [X.] 3; [X.]E 72, 9 = [X.] 4100 § 104 [X.] 13) erforderlich gewesen; vielmehr hätte sich der Kläger auch mit der umfangreichen Rechtsprechung des [X.] zu der Frage befassen müssen, wann eine Rechtsänderung betreffend die Anspruchsvoraussetzungen für den (längeren) Bezug der Sozialleistung zu einem bestimmten Stichtag gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) verstößt (vgl hierzu nur [X.] vom 18.8.1997 - 9 BV 17/97 - sowie [X.] vom [X.] - B 7 [X.] 23/09 R - jeweils mit Zitaten zu dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung).

6

Schließlich versäumt die Beschwerdebegründung auch Ausführungen dazu, dass und welche Konsequenzen die angestrebte Entscheidung über die aufgeworfenen Rechtsfragen für den Ausgang des Rechtsstreits hat (vgl BSG [X.] 4-1500 § 160 [X.] 5). Denn der Kläger verlangt zwar Arbeitslosengeld ([X.]) "für die Dauer von mehr als 18 Monaten" (vgl [X.] der Beschwerdebegründung). Es ist indes weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er auch nach Erschöpfung des ihm von der Beklagen für die Dauer von 18 Monaten bewilligten [X.] weiterhin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf [X.] erfüllt (vgl § 117 Abs 1 [X.]) bzw keine anderen Sozialleistungen bezogen hat (vgl Senatsbeschluss vom 1.12.2010 - B 11 [X.] 61/10 B).

7

Die somit unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 [X.] ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 11 AL 137/10 B

19.01.2011

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 8. Februar 2007, Az: S 4 AL 217/06, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 127 Abs 2 SGB 3 vom 20.12.2001, § 127 Abs 2 SGB 3 vom 24.12.2003, § 434l Abs 1 SGB 3, § 434r Abs 1 SGB 3, Art 3 ArbMRefG, Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.01.2011, Az. B 11 AL 137/10 B (REWIS RS 2011, 10324)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10324

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