Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2022, Az. 3 StR 398/21

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 834

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Gegenstand

Strafzumessung: Berücksichtigung drohender anwaltsgerichtlicher Sanktionen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2021 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verfahrensrüge dringt aus den in der Zuschrift des [X.] dargelegten Gründen nicht durch.

3

2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Hierzu hat der [X.] ausgeführt:

Die "Strafzumessungserwägungen der Kammer, die sich nur mit der Frage eines Berufsverbots nach § 70 StGB befasst und dessen Verhängung abgelehnt hat, lassen nicht erkennen, ob sie bei der Strafbemessung die - unabhängig von einem Berufsverbot - (möglicherweise) drohenden anwaltsgerichtlichen Sanktionen gemäß § 114 Abs. 1 [X.] in den Blick genommen hat. Die beruflichen Nebenwirkungen einer strafrechtlichen Verurteilung auf das Leben des Angeklagten sind jedenfalls dann als bestimmender Strafzumessungsgrund ausdrücklich anzuführen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert ([X.], Beschluss vom 11. April 2013 - 2 StR 506/12, [X.], 522 mwN). Dass dies hier der Fall sein könnte, lässt sich nicht nur nicht ausschließen, sondern ist wahrscheinlich: Nach den Feststellungen ist der Angeklagte jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Urteils als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei, insbesondere auch als Strafverteidiger, tätig gewesen. Dazu, ob dem Angeklagten Maßnahmen nach § 114 Abs. 1 [X.] drohen, verhalten sich die Feststellungen nicht. Angesichts dessen, dass es sich bei der Beteiligung eines Rechtsanwalts, zumal in der Eigenschaft als solchem, an einem [X.] um einen - wie die Kammer zu Recht ausführt - besonders schwerwiegenden Verstoß gegen eine Berufspflicht handelt, erscheint es naheliegend, dass ihm in Folge der strafgerichtlichen Verurteilung anwaltsgerichtliche Maßnahmen, zumindest ein zeitlich befristetes Vertretungsverbot (§ 114 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) oder sogar eine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§ 114 Abs. 1 Nr. 5 [X.]) drohen (vgl. § 113 Abs. 1 [X.]). Bei [X.]en, wie sie hier Gegenstand der Verurteilung sind, ist nach der anwaltsrechtlichen Rechtsprechung die Ausschließung aus der Anwaltschaft sogar der Regelfall, weil ein gravierender Verstoß gegen die Kernpflicht anwaltlicher Tätigkeit vorliegt (vgl. dazu [X.], [X.] 2020, 178 (181)). Auf Grund dessen droht dem Angeklagten der Verlust seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Basis. Daher hätte das Gericht sich mit etwaigen Folgen dieser Art auseinandersetzen und diese ggf. mildernd berücksichtigen müssen.

Die Feststellungen zum Strafausspruch können allerdings bestehen bleiben und dann um weitere - zu etwaigen eingeleiteten anwaltsgerichtlichen Verfahren - ergänzt werden. Denn bisher ist nur festgestellt, dass der Angeklagte bis zum Urteil noch als Anwalt, insbesondere Strafverteidiger tätig war."

4

Dem tritt der Senat bei.

Berg     

      

Paul     

      

Erbguth

      

Kreicker     

      

Voigt     

      

Meta

3 StR 398/21

08.03.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aurich, 3. Juni 2021, Az: 11 KLs 45/20

§ 46 StGB, § 113 Abs 1 BRAO, § 114 Abs 1 Nr 4 BRAO, § 114 Abs 1 Nr 5 BRAO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2022, Az. 3 StR 398/21 (REWIS RS 2022, 834)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 834

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 445/22

Zitiert

2 StR 506/12

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